Verwaltungsgericht Hannover
v. 26.04.2006, Az.: 13 A 4126/05
Bibliographie
- Gericht
- VG Hannover
- Datum
- 26.04.2006
- Aktenzeichen
- 13 A 4126/05
- Entscheidungsform
- Gerichtsbescheid
- Referenz
- WKRS 2006, 44505
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGHANNO:2006:0426.13A4126.05.0A
Tenor:
Soweit die Klage übereinstimmend für erledigt erklärt worden ist, wird das Verfahren eingestellt. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Entscheidung über die Kosten ist vorläufig vollstreckbar. Der Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger zuvor Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.
Tatbestand
Die Klägerin, eine serbisch-montenegrinische Staatsangehörige, begehrt die Aufhebung eines Bescheides, mit dem ihr Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis abgelehnt wurde. Sie verfügt bislang noch über keinen Aufenthaltstitel.
Mit Bescheid vom 22.06.2005, zugestellt am 23.06.2005, lehnte der Beklagte einen Antrag der Klägerin auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis ab.
Seinerzeit lebte die Klägerin noch im Zuständigkeitsbereich des Beklagten. Im Laufe des Klageverfahrens verlegte sie ihren Wohnsitz dann in ein anderes Bundesland.
Zuvor, am 13.07.2005, hat die Klägerin Klage erhoben.
Sie hält die Ablehnung ihres Antrags für rechtswidrig.
Die Klägerin beantragte zunächst,
den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheides vom 22.06.2005 zu verpflichten, ihr eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen.
Mit Schriftsatz vom 22.02.2006 - nach ihrem Umzug - erklärte die Klägerin dann hinsichtlich des Verpflichtungsteiles der Klage die Hauptsache für erledigt.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen
Der Beklagte schloss sich der Teil-Erledigungserklärung an und tritt im Übrigen der Klage entgegen.
Die Kammer hat die Sache mit Beschluss vom 29.03.2006 dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.
Zu der Entscheidungsform Gerichtsbescheid wurden die Beteiligten gehört.
Wegen des weiteren Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Voraussetzungen zur Entscheidung durch Gerichtsbescheid liegen vor, § 84 VwGO.
Die Entscheidung ergeht durch den Einzelrichter, dem die Kammer den Rechtsstreit gemäß § 6 Abs. 1 VwGO zur Entscheidung übertragen hat.
Hinsichtlich des Verpflichtungsteiles haben die Beteiligten die Klage übereinstimmend für erledigt erklärt. Insoweit war das Verfahren einzustellen.
Die aufrechterhaltene isolierte Anfechtungsklage ist unzulässig.
Grundsätzlich ist eine isolierte Anfechtungsklage im Hinblick auf die Spezialität der Verpflichtungsklage unzulässig. So auch in dem hier vorliegenden Fall. Das Begehren der Klägerin richtet sich auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis. Nur weil die Verweigerung dieser Erlaubnis ebenfalls einen Verwaltungsakt darstellt, wäre zwangsläufig mit der Verpflichtung zu einer entsprechenden Regelung auch eine Aufhebung der bisherigen Ablehnung verbunden. Eine weitergehende eigenständige Beschwer der Klägerin ist mit der Ablehnung nicht verbunden.
Der Klägerin fehlt nach alledem das Rechtsschutzinteresse für eine isolierte Anfechtungsklage. Die Ablehnung des Antrages durch den Beklagten als solches allein entfaltet keinerlei Beschwer mehr. Die Ablehnung steht der Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung durch die nunmehr zuständige Freie und Hansestadt Hamburg nicht entgegen. Der Klägerin steht es frei, bei der für ihren jetzigen Wohnort zuständigen Behörde einen erneuten Antrag zu stellen.
Nur dann, wenn die Ablehnung des beantragten Verwaltungsaktes über die Verneinung des geltend gemachten Anspruchs hinaus eine für die Klägerin nachteilige materiellrechtliche Bedeutung aufweisen würde, könnte sich ausnahmsweise die Zulässigkeit einer isolierten Anfechtungsklage ergeben. In der Literatur wird als Beispiel für eine derartige Fallkonstellation allerdings u.a. auf den Fall des früheren § 62 Abs. 2 AuslG (der Vorgängernorm des § 81 Abs. 4 AufenthG) hingewiesen (Kopp/Schenke, VwGO, 12. Aufl. 2000, § 42Rdnr. 30).
Hier beruft sich die Klägerin auf § 81 Abs. 4 AufenthG. Diese Vorschrift regelt die Fiktion, dass ein bereits bestehender Aufenthaltstitel, der an sich bereits erloschen ist, infolge des Antrags erst einmal als fortbestehend anzusehen ist. Nach den eigenen Klagevortrag der Klägerin verfügt sie aber bislang nicht über einen Aufenthaltstitel iSd § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 bis 3 AufenthG. Damit kann im Fall der Klägerin kein Aufenthaltstitel nach § 81 Abs. 4 AufenthG fortgelten.
Im Übrigen hätte die Klägerin durchaus ihre Verpflichtungsklage in abgewandelter Form weiterverfolgen können, so dass auch von daher kein Rechtsschutzinteresse für eine nunmehr isolierte Anfechtung der Ablehnung besteht. Schon das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht Lüneburg hat in seinem Beschluss vom 16.12.2005 - 10 ME 165/05 - darauf hingewiesen, dass ein auf ein Verpflichtungsbegehren gerichtetes Verwaltungsverfahren erst dann seinen Abschluss findet, wenn über das Begehren unanfechtbar entschieden wurde (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 24.05.1995 - 1 C 7/94 -). Das bedeutet, die nunmehr zuständige Verwaltungsbehörde hätte das Verfahren in dem Stadium fortführen müssen, in dem es sich zum Zeitpunkt der Zuständigkeitswechsels befand. M. a. W., die Klägerin hätte, wenn sie denn das Verfahren fortführen und nicht einfach ein neues Verfahren in Hamburg beginnen wollte, den Zuständigkeitswechsel durch eine Klageänderung - nämlich Wechsel des Beklagten - Rechnung tragen können. Dass das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 31.03.1987 - 1 C 32/84 - diese Möglichkeit nicht erwähnte, dürfte in der Regelung des § 142 Abs. 1 VwGO begründet sein (Eine Klageänderung ist danach im Revisionsverfahren nicht mehr zulässig). Für die hier vertretene Lösung spricht weiterhin, dass das Verfahren nicht künstlich aufgespalten wird (einerseits isolierte Anfechtung der Ablehnung, anderseits Weiterverfolgung des Verpflichtungsbegehrens, wobei jeweils die gleichen Fragestellungen zu klären wären) und der Umstand, dass jedenfalls grundsätzlich der bisherige Beklagte auf Grund des Zuständigkeitsverlustes nicht mehr Herr des Verwaltungsverfahren ist und beispielsweise auch nicht mehr in der Lage wäre, die Klägerin nach Würdigung ihres Klagevortrages oder dem Ergebnis einer etwaigen Beweisaufnahme ggf. klaglos zu stellen.
Gründe für die Zulassung der Berufung gem. §§ 124a Abs. 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 und 4 VwGO sind nicht ersichtlich.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1. § 161 VwGO. Soweit das Verfahren für erledigt erklärt wurde, sind auch die Kosten der Klägerin aufzuerlegen. Zum Einen stellt die Erledigungserklärung eine verdeckte Klagerücknahme dar. Die Klägerin hätte auch durch eine Klageänderung nunmehr ihr Verpflichtungsbegehren gegen die Stadt Hamburg richten können. Zum Zweiten hat sie das erledigende Ereignis verursacht, indem sie umgezogen ist.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 Satz 1 ZPO.