Arbeitsgericht Hannover
Urt. v. 31.01.2002, Az.: 10 Ca 419/01
Anspruch auf Zustimmung zur Teilzeitbeschäftigung ; Verringerung und Neuverteilung der wöchentlichen Arbeitszeit ; Entgegenstehende betriebliche Gründe ; Nachvollziehbares unternehmerisches Konzept der Arbeitszeitgestaltung
Bibliographie
- Gericht
- ArbG Hannover
- Datum
- 31.01.2002
- Aktenzeichen
- 10 Ca 419/01
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2002, 10788
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:ARBGHAN:2002:0131.10CA419.01.0A
Verfahrensgang
Rechtsgrundlagen
- § 8 Abs. 4 TzBfG
- § 8 Abs. 4 S. 2 TzBfG
Fundstellen
- AuA 2002, 382
- NZA-RR 2002, 294-296 (Volltext mit red. LS)
Verfahrensgegenstand
Forderung
Redaktioneller Leitsatz
Ein Anspruch des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber auf Zustimmung zu einer Teilzeitbeschäftigung besteht nur dann, wenn die Verringerung der Arbeitszeit nur kostenneutrale Folgen für den Arbeitgeber hat, was dann nicht der Fall ist, wenn die Einrichtung eines weiteren Arbeitsplatzes und die damit verbundene Einarbeitungszeit mit einer unverhältnismäßigen Kostenbelastung verbunden ist. In einem solchen Fall steht der Zustimmung ein betrieblicher Grund entgegen.
In dem Rechtsstreit
hat das Arbeitsgericht in Hannover
auf die mündliche Verhandlung vom 31.01.2002
durch
den Richter am Arbeitsgericht ... als Vorsitzenden und
die ehrenamtlichen Richter ... und ... als Beisitzer
für Recht erkannt:
Tenor:
- 1.
Die Klage wird abgewiesen.
- 2.
D. Kl. trägt die Kosten des Rechtsstreits.
- 3.
Der Streitwert wird auf EUR 7.966,41 festgesetzt.
Tatbestand
Streitgegenstand der am 15.06.2001 erhobenen und zuletzt in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer am 31.01.2002 geänderten Klage ist ein Anspruch des Klägers auf Zustimmung zu der von ihm begehrten Verringerung und Neuverteilung seiner wöchentlichen Arbeitszeit (Anspruch auf Zustimmung zur Teilzeitbeschäftigung gemäß § 8 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG).
Der Kläger ist am ... geboren, ledig, und seit 01.04.1971 bei der Beklagten (schon bei deren Rechtsvorgängern) als Monteur im Außendienst beschäftigt. Die derzeitige regelmäßige (tarifliche) wöchentliche Arbeitszeit beträgt 35 Stunden bei einem festen Monatslohn in Höhe von DM 5.193,65 brutto (das sind nun 2.655,47 EUR).
Auf das Arbeitsverhältnis finden die Tarifverträge für die Metallindustrie Niedersachsen kraft beiderseitiger Verbandsmitgliedschaft Anwendung.
Der Kläger verlangte erstmals mit Schreiben vom 13.12.2000 Arbeitszeitverringerung nach § 8 des TzBfG (Bl. 7 d.A.). Er beansprucht erstmals zum 01.04.2001 die Verringerung der Arbeitszeit und ihre Neuverteilung auf insgesamt 26 Wochenstunden. In Ergänzung dieses Schreibens beantragte er noch einmal mit Schreiben vom 26.02.2001 die Verringerung und eine entsprechende Verteilung der Arbeitszeit nach seinen Vorstellungen (zwei mögliche Modelle). Die Beklagte lehnte mit Schreiben vom 27.02.2001 das Begehren des Klägers ab (Bl. 5, 6 d.A.).
Der Kläger wiederholte mit Schreiben vom 13.09.2001 seinen Antrag auf Arbeitszeitverringerung und schlägt der Beklagten nun insgesamt vier Varianten der Neuverteilung der reduzierten Arbeitszeit vor (s. Bl. 28 d.A.). Der Anspruch auf Verringerung der Wochenarbeitszeit (Teilzeitbeschäftigung) auf 26 Wochenstunden und die alternative Verteilung der reduzierten Wochenarbeitszeit entsprechend den vier Varianten ist Klagegrund und Streitgegenstand (s. den Antrag in der letzten mündlichen Verhandlung vor der Kammer am 31.01.2002 lt. Protokoll).
Die Beklagte leugnet einen entsprechenden Anspruch dem Grunde nach und lehnt die begehrte Zustimmung ab, einschließlich die vom Kläger verlangte Ausübung ihres Weisungsrechts, was die Verteilung der so verringerten Arbeitszeit anlangt.
Der Kläger trägt zur Begründung vor, er verlange die Verringerung der Arbeitszeit aus privaten Gründen (Betreuung seiner hoch betagten Eltern und des gemeinsamen Hausgrundstücks). Er arbeite zwar im Außendienst, die Beklagte könne aber die Arbeitszeit reduzieren und bezüglich der Abwesenheit des Klägers die Auftragsbearbeitung Subunternehmern überlassen. Neuerdings plane die Beklagte, aufgrund der Auftragslage zwei Vollzeitarbeitsplätze neu zu schaffen und zu besetzen. Insoweit könne die Beklagte seinen Teilzeitwunsch berücksichtigen.
Der Kläger beantragt (klageändernd),
- 1.
die Beklagte zu verurteilen, der vom Kläger zuletzt mit Schreiben vom 13.09.2001 begehrten Verringerung der Arbeitszeit auf 26 Wochenstunden zuzustimmen,
- 2.
die Beklagte zu verurteilen, die auf 26 Wochenstunden verringerte Arbeitszeit gemäß der Variante 1 im Schreiben vom 13.09.2001 auf die Wochentage und die einzelnen Arbeitstage zu verteilen und entsprechend Freizeitausgleich zu gewähren,
hilfsweise die verringerte Wochenarbeitszeit von 26 Stunden nach der Variante 2 auf die Wochentage und Arbeitstage zu verteilen und einen entsprechenden Zeitausgleich zu gewähren,
hilfsweise nach der Variante 3 mit der Verteilung der verringerten Arbeitszeit zu verfahren und entsprechend Freizeitausgleich zu gewähren,
hilfsweise nach der Variante 4 die verringerte Wochenarbeitszeit von 26 Stunden jeweils auf die erste bis dritte Woche und die vierte Woche eines Kalendermonats auf die Wochentage Montag bis Freitag zu verteilen und entsprechend die tägliche Arbeitszeit auf 8 Stunden zu begrenzen (mit Ausnahme des Mittwoch in der ersten bis zur dritten Woche), wiederum nach Maßgabe des Schreibens des Klägers vom 13.09.2001.
Die Beklagte beantragt
die Klage abzuweisen.
Sie trägt zur Begründung vor, der Kläger sei mit seinem Teilzeitwunsch und der entsprechend gewährten verringerten Arbeitszeit für sie nicht mehr planbar. Die Kundenbeziehung verlange, dass die Aufträge entsprechend abgearbeitet werden. Die Beklagte könne nicht neben dem Kläger einen weiteren Teilzeitarbeitsplatz im Umfang der fehlenden Wochenstunden einrichten, das sei nicht mehr kostenneutral, sondern mit einem unverhältnismäßigen Aufwand an zusätzlichen finanziellen Mitteln verbunden (weiterer Dienstwagen, kostspielige Betriebsmittel wie Laptop etc.). Sie könne dem Teilzeitwunsch des Klägers stattgeben, wenn er bereit sei, sich in den Service (Wartung) versetzen zu lassen. Dazu sei er aber nicht bereit. Dasselbe gelte für die geplanten zwei Vollzeitstellen, auch hier müsse die Beklagte sich an den Kundenwünschen orientieren.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird zur Darstellung des Sach- und Streitstandes Bezug genommen auf die gewechselten Schrittsätze und die Anlagen, die alle Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren. Auch wird Bezug genommen auf die Erklärungen der Parteien in der Güteverhandlung und in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer.
Gründe
Die zulässige Klage ist nicht begründet. Die Beklagte kann sich auf entgegenstehende betriebliche Belange gemäß § 8 IV TzBfG berufen, weshalb der Kläger nicht die Zustimmung zu der begehrten Verringerung der Wochenarbeitszeit auf 26 Wochenstunden (Teilzeitbeschäftigung) verlangen kann. Besteht schon dieser Anspruch dem Grunde nach nicht, kann der Kläger auch nicht die entsprechende Ausübung des Weisungsrechts der Beklagten verlangen, was die Verteilung dieser 26 Wochenstunden auf die Wochenarbeitstage und die einzelnen Arbeitstage anlangt (entsprechend den vorgeschlagenen Varianten 1 bis 4 im Schreiben des Klägers vom 13.09.2001).
1.
Die Klage ist zulässig.
Der Gesetzgeber hat mit dem neu geschaffenen Teilzeitbefristungsgesetz und dem darin geregelten Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit (§ 8 TzBfG) den Weg gewählt den Parteien die Verhandlungsoption einzuräumen, die gewünschte Verringerung der Arbeitszeit im Wege der Vertragsänderung zu erreichen. Gelingt das einvernehmlich nicht (s. jetzt § 311 I BGB n.F.), kann der Arbeitnehmer auf Erteilung der Zustimmung, also auf Abgabe der entsprechenden Willenserklärung klagen. Erst mit der Rechtskraft eines entsprechend dem Klagantrag stattgebenden Urteils gilt die entsprechende Willenserklärung (Zustimmung) als erteilt (§ 894 ZPO). Deshalb ist (zumindest bezüglich der ersten Instanz) dafür der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor der Kammer maßgeblich (hier der 31.01.2002). Deshalb ist Beurteilungsgegenstand das zuletzt vom Kläger eingebrachte Verlangen auf Verringerung der Arbeitszeit und ihre entsprechende Verteilung nach Maßgabe des Schreibens vom 13.09.2001 (s. Protokoll vom 31.01.2002).
Der Klagantrag des Klägers bezüglich Abgabe der entsprechenden Zustimmungserklärung (§ 894 ZPO) ist insoweit auch bestimmt genug (Verringerung auf 26 Wochenstunden - s. dazu Diller, NZA 2001, 589 ff.; Straub, ebenda 2001, 919 ff.; Hromadka, NJW 2001, 403).
Mit dem weiteren Antrag, die Beklagte zu verurteilen, die verringerte Arbeitszeit von 26 Wochenstunden entsprechend den Vorschlägen des Klägers (vier Varianten, hilfsweise gestaffelt) zu verteilen, handelt es sich um eine unechte Gestaltungsklage gemäß §§ 315 ff. BGB. Die Beklagte soll verpflichtet werden, die verringerte Arbeitszeit (nach Rechtskraft der Zustimmungsfiktion) entsprechend zu verteilen, also das arbeitgeberseitige Weisungsrecht entsprechend auszuüben (Ermessensbetätigung). Die Beklagte hat das abgelehnt, und zwar schon deshalb, weil sie den Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit (Teilzeitwunsch) nicht für begründet hält. Deshalb kann der Kläger das Gericht anrufen und für diesen Fall die Leistungsbestimmung durch Urteil erzwingen (Gestaltungsurteil).
Der Klagantrag ist auch insoweit bestimmt genug, weil der Kläger vier konkrete Varianten aufzeigt (hilfsweise gestaffelt), nach denen die Beklagte ihr Direktionsrecht ausüben soll.
Die Frage kann dahinstehen, ob der Kläger seine Leistungsklage insoweit eventualkumulativ gestellt hat also nur für den Fall, dass der Kläger mit der "Teilzeitklage" Erfolg haben sollte. Der Kläger hat seine Anträge im Wege der objektiven Klagehäufung gestellt weshalb auch dieser Leistungsantrag auf entsprechende Verteilung der verringerten Arbeitszeit als unbegründet abzuweisen war, weil dem Kläger ein Anspruch nach § 8 TzBfG nicht zusteht.
2.
Die Beklagte kann sich auf entgegenstehende betriebliche Gründe gemäß § 8 IV TzBfG berufen, weshalb ein Anspruch des Klägers auf Reduzierung der Wochenarbeitszeit (26 Stunden) nicht besteht.
a)
Das Gesetz nennt als betriebliche Ablehnungsgründe insbesondere eine wesentliche Beeinträchtigung der Organisation, des Arbeitsablaufs oder der Sicherheit im Betrieb oder das Entstehen unverhältnismäßig hoher Kosten für den Arbeitgeber (§ 8 IV 2 TzBfG). Durch die exemplarische Nennung dieser Ablehnungsgründe wird deutlich, dass einerseits der Arbeitgeber vor Überforderungen geschützt werden soll, andererseits nicht jeder Ablehnungsgrund ausreicht, sondern dass es sich um rationale, nachvollziehbare Gründe von gewissem Gewicht handeln muss (s. Viethen, NZA 2001, S. 5). Der Arbeitgeber kann das Teilzeitbegehren nicht allein mit der Begründung ablehnen, dass er Teilzeitarbeit in seinem Unternehmen nicht wolle. Insoweit ist die Möglichkeit des Arbeitgebers zur Ablehnung begrenzt. Andererseits lässt der unbestimmte Rechtsbegriff der betrieblichen Gründe hinreichend Spielraum für eine Auslegung, die den Belangen der Arbeitgeber Rechnung trägt. Die betrieblichen Gründe, die einen Teilzeitanspruch ausschließen, können je nach Branche so vielgestaltig sein, dass der Gesetzgeber sie nicht abschließend definieren kann (Viethen, a.a.O.).
Das Schrifttum beurteilt die gesetzliche Neuregelung ambivalent:
Riebler/Gutzeit sehen Nachteile nicht nur beim Arbeitgeber, sondern auch bei Arbeitskollegen, die vom Teilzeitwunsch nachteilig betroffen sein können (Arbeitsverdichtung, Überstunden, mit denen der Teilzeitwunsch kompensiert werden muss - NZA 2002, S. 7).
Hromadka lässt als erforderlich und ausreichend solche Gründe gelten, die aus der Sicht des Unternehmers einer rationalen Unternehmensführung entgegenstehen. Die Einrichtung eines Teilzeitarbeitsplatzes muss sich mit dem unternehmerischen Konzept vertragen. Die Verringerung um nur wenige Stunden scheidet aus, wenn die ausfallende Arbeitszeit nicht sinnvoll durch die Einstellung eines Arbeitnehmers ausgeglichen werden kann und andere Arbeitnehmer dafür Überstunden leisten müssten (NJW 2001, 402).
Richardi/Annuß sehen einen entgegenstehenden betrieblichen Grund darin, dass der Arbeitgeber nicht auf die Inanspruchnahme von Leiharbeitnehmern verwiesen werden kann (BB 2000, 2202). Beide Verfasser äußern Bedenken, inwiefern die Arbeitsgerichte berufen sind, in die unternehmerische Gestaltungsfreiheit des Arbeitgebers einzugreifen und ihm vorzuschreiben, Teilzeitarbeitsplätze einzurichten. Das könne das Arbeitsgericht nur, wenn sich die Begrenzung der Unternehmerfreiheit wenigstens in Umrissen unmittelbar aus dem Gesetz selbst ergeben würde. Insoweit bestehen nach deren Auffassung verfassungsrechtliche Bedenken (a.a.O., S. 2202 f.).
Nach Rolfs ist die Organisationsentscheidung des Arbeitgebers, bestimmte Arbeit nur von Vollzeitarbeitskräften verrichten zu lassen, nicht angreifbar und steht dem Teilzeitwunsch des Arbeitnehmers entgegen (betrieblicher Grund). Daran ist der Gesetzgeber wie auch das Arbeitsgericht gebunden, nur wenn in einem bestimmten Arbeitsbereich lediglich eine festgelegte Zahl von Arbeitsstunden abzuleisten ist, ohne dass eine Organisationsentscheidung dieser Art vorliegt, greift der Teilzeitanspruch des Arbeitnehmers nicht in den Kernbereich unternehmerischer Freiheit ein und ist folglich zu berücksichtigen, wenn nicht andere betriebliche Gründe entgegenstehen (RdA 2001, 133).
Nach Klimt bedarf es einer verfassungskonformen Auslegung des Begriffs der betrieblichen Gründe, ein Teilzeitwunsch des Arbeitnehmers ist nicht anzuerkennen, wenn der Änderungswunsch nicht in das arbeitgeberseitig vorgegebene Organisationskonzept passt. Es bedarf einer entsprechenden Güterabwägung grundrechtlicher Schutzpositionen (hier des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb gemäß Art. 14 GG). Daraus ergibt sich, dass die Einrichtung von Vollzeitarbeitsplätzen der freien unternehmerischen Entscheidung unterliegt (NZA 2001, 65).
Preis/Gotthardt verlangen vom Arbeitgeber, dass er ein Konzept darlegt, das von plausiblen wirtschaftlichen oder unternehmenspolitischen Gründen getragen ist. Es handelt sich (entgegenstehende betriebliche Gründe) aber nur um eine Missbrauchskontrolle. Das Konzept kann vom Arbeitsgericht keinesfalls auf seine Zweckmäßigkeit überprüft werden. Allerdings kann überprüft werden, ob der Arbeitgeber das Konzept auch entsprechend konsequent umsetzt (DB 2001, 148).
Von der gleichen Voraussetzung geht das Arbeitsgericht Stuttgart aus (05.07.2001, NZA 2001, 969 [ArbG Stuttgart 05.07.2001 - 21 Ca 2762/01]). Das vom Arbeitgeber vorgetragene organisatorische Konzept kann nicht auf seine Zweckmäßigkeit hin vom Gericht überprüft werden (entgegenstehender betrieblicher Grund). Allerdings verlangt das Arbeitsgericht Stuttgart, dass der Arbeitgeber konkrete Darlegungen zu einem nachvollziehbaren unternehmerischen Konzept der Arbeitszeitgestaltung vorlegt Allerdings schränkt das Arbeitsgericht Stuttgart die unternehmerische Freiheit insoweit ein, als es postuliert, der Arbeitgeber müsse konkret darlegen, wie sich im Falle der Erfüllung des Teilzeitwunsches die verringerte Arbeitszeit und die entsprechende Verteilung auf die entgegenstehenden betrieblichen Belange nachteilig auswirkten, also inwiefern nachvollziehbar die Organisation oder der Arbeitsablauf wesentlich beeinträchtigt würden (a.a.O., S. 969 re. Sp.).
b)
Die Frage, ob die Verringerung der Arbeitszeit und eine entsprechende Verteilung zu einer wesentlichen Beeinträchtigung der Organisation oder des Arbeitsablaufs fuhren, ist gerade eine Zweckmäßigkeitsprüfung, die das Arbeitsgericht nicht sachverständig durchführen kann. Fraglich ist schon unter verfassungsrechtlichem Aspekt, ob sich die Arbeitsgerichte (notfalls über Sachverständigenbeweis) selbst zum Unternehmer aufschwingen und dem Arbeitgeber ein entsprechendes Organisationskonzept ohne "wesentliche Beeinträchtigung von Arbeitsablauf und Organisation" aufzwingen dürfen. Insoweit verlässt das Arbeitsgericht Stuttgart die Grenzen zulässiger Rechtsanwendung.
Doch mag diese Frage dahinstehen. Die Beklagte beruft sich jedenfalls auf entgegenstehende betriebliche Gründe, die nachvollziehbar sind und ein entsprechendes Unternehmenskonzept belegen.
Beckschulze ist der einzige Autor, der in seinem Beitrag zur Durchsetzbarkeit des Teilzeitanspruchs in der betrieblichen Praxis konkrete Beispiele nennt, die eine Beurteilung zulassen, ob entsprechende nachteilige Auswirkungen bestehen und zumutbar sind (DB 2000, 2598 ff., insbesondere 2601 ff.).
Danach darf die Verringerung der Arbeitszeit nur kostenneutrale Folgen für den Arbeitgeber haben. Das bezieht sich vor allem auf die Einrichtung eines weiteren Arbeitsplatzes und auf die Frage der damit verbundenen Einarbeitungszeit (S. 2501 re. Sp.). Er sieht einen entgegenstehenden betrieblichen Grund in einer unverhältnismäßigen Kostenbelastung, wenn die Einrichtung eines weiteren Arbeitsplatzes kostspielig ist (Beispiel: technische Ausrüstung mit PC etc.). Hier verweist die Beklagte im anhängigen Rechtsstreit darauf, dass sie eine entsprechende Teilzeitkraft ausrüsten muss mit den gleichen Betriebsmitteln einschließlich Dienstwagen.
Dasselbe gilt für eine entsprechende Einarbeitungszeit. Der Kläger hält sich selbst für einen Spezialisten, was seine Aufgaben anbelangt. Er weigert sich, sich in den Service (Wartung) versetzen zu lassen. In der mündlichen Verhandlung vor der Kammer hat er darauf hingewiesen, dass seien nur Arbeitsplätze für einzuarbeitende Anfänger.
Deshalb ist davon auszugehen, dass ein entsprechender Teilzeitarbeitsplatz (weitere Arbeitskraft) erheblichen Einarbeitungsaufwand erfordert.
Was Organisation und Arbeitsablauf anlangt, sind für Beckschulze Kriterien maßgeblich, die mit der Auftragsbearbeitung selbst und mit der Kundenbeziehung im Zusammenhang stehen. Das Anforderungsprofil der Dienstleistung wird vertraglich bestimmt durch die Kundenbeziehung. Die Auftragsbearbeitung kann kostenintensive Übergabegespräche erfordern. Auch darauf verweist die Beklagte im anhängigen Rechtsstreit, wenn sie geltend macht, dass der Kläger, sofern der Auftrag nicht zeitlich konstant bearbeitet werden kann, die Arbeit an einen anderen Arbeitnehmer übergeben muss. Teilzeitarbeitsplätze sind danach in den Bereichen problematisch, in denen die wahrzunehmende Aufgabe es erfordert, einen erheblichen Teil der Arbeitszeit mit Informationsaufnahme oder -weitergabe zu verbringen, in denen komplexe Arbeitsvorgänge unter Termindruck zu bearbeiten sind, die nur unter Inkaufnahme von erheblichen Reibungsverlusten auf mehrere Mitarbeiter verteilt werden können, in denen Aufgaben regelmäßig im Außendienst wahrgenommen werden und bei denen Dienstreisen notwendig sind (ebenda S. 2602 f.).
Darauf verweist die Beklagte: Sie bestimmt selbst, ob und auf welche Weise sie ihre Dienstleistung anbietet, und wie sie die Kundenaufträge gestaltet. Der Kläger kann deshalb die Beklagte nicht darauf verweisen (Einwand in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer), sie könne ja innerhalb der fehlenden Zeit (Freizeitausgleich des Klägers) Subunternehmer einschalten. Denn der Kläger hat selbst zugestanden, dass die Subunternehmer nicht alle fachlich notwendigen Arbeiten (Spezialarbeiten) verrichten können. Darüber hinaus muss sich die Beklagte in der Kundenbeziehung nicht Subunternehmer in der Auftragsbearbeitung aufzwingen lassen. Sie selbst bestimmt, wie sie ihre Dienstleistung auf den Markt anbietet und welche Qualitätskriterien dafür maßgeblich sind (so BAG, 09.05.96, NZA 96, 1145 [BAG 09.05.1996 - 2 AZR 438/95] - Weight Watchers).
Soweit der Kläger die Beklagte auf die Tatsache verweist (Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor der Kammer), dass nun angesichts der verbesserten Auftragslage die Einrichtung zweier weiterer Vollzeitarbeitsplätze geplant ist, und diese Arbeitsplätze auch besetzt werden sollen, ändert sich an der rechtlichen Beurteilung nichts. Die Beklagte entscheidet selbst darüber, ob sie Vollzeit- und Teilzeitarbeitsplätze einrichten will, und inwiefern sie ihre Dienstleistung gegenüber den Kunden nur mit Vollzeitarbeitskräften erbringt (BAG, 19.05.93, NJW 93, 3218 = DB 93, 1879, 1880 lk. Sp.). Auch kann darüber hinaus das unternehmerische Konzept eine vom Arbeitnehmer hinzunehmende Leistungsverdichtung vorsehen. Auch das ist Sache der Unternehmerentscheidung und nicht auf Zweckmäßigkeit hin zu überprüfen (BAG, 24.04.97, NJW 98, 179 [BAG 24.04.1997 - 2 AZR 352/96] = NZA 97, 1048 [BAG 24.04.1997 - 2 AZR 352/97] lk. Sp.).
Zwar ist der Unternehmer aufgrund der gesetzlichen Neuregelung (Teilzeit- und Befristungsgesetz) nicht mehr frei, darüber zu entscheiden, ob er ausschließlich Vollzeitarbeitsplätze einrichtet Insoweit mögen verfassungsrechtlich keine Bedenken bestehen, dass aus übergeordneten Gesichtspunkten des Gemeinwohls (arbeitsmarktpolitische Gründe) der Unternehmer zur Schaffung von Teilzeitarbeitsplätzen gezwungen werden soll. Doch kann dies im anhängigen Rechtsstreit zu keiner anderen Beurteilung fuhren, weil - vom Standpunkt des Klägers ausgehend - die Einrichtung eines Teilzeitarbeitsplatzes im Zusammenhang mit der Besetzung zweier neuer Vollzeitarbeitsplätzen berücksichtigt werden kann, aber in Zukunft (Prognose) nicht auszuschließen ist, dass auch andere Arbeitnehmer Teilzeitwünsche äußern. Dann müsste diesen Mitarbeitern der Teilzeitwunsch mit der Begründung versagt werden, weil das nun funktionierende unternehmerische Organisationskonzept "gekippt" werden müsste (ein Teilzeitarbeitsplatz, wie vom Kläger gewünscht im Zusammenwirken und abgestimmt auf die anderen beiden Vollzeitarbeitsplätze).
Das bedeutet in der Konsequenz, dass die betriebliche Organisation, der Arbeitsablauf und das unternehmerische Konzept (auch im Außenverhältnis zum Kunden) generell die Einrichtung von Teilzeitarbeitsplätzen ermöglichen muss, und zwar unabhängig von anderen Vollzeitarbeitsplätzen. Nur so kann davon ausgegangen werden, dass die betriebliche Organisation und das unternehmerische Konzept die Verwirklichung des Teilzeitwunsches, wie in § 8 TzBfG geregelt, ermöglichen. Wechselseitige Abhängigkeiten, d. h. die Einrichtung eines Teilzeitarbeitsplatzes nur in Abhängigkeit und im Zusammenwirken mit Vollzeitarbeitsplätzen, wäre ein entgegenstehender betrieblicher Grund, weil sich so ein plausibles Organisationskonzept in der Erledigung der Arbeiten und der Kundenaufträge nicht umsetzen ließe. Denn dieses Organisationskonzept stünde jeweils unter dem Vorbehalt, dass andere Arbeitnehmer von ihrem Teilzeitwunsch nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz Abstand nehmen. Das ist aber für die Beklagte als Unternehmerin und Arbeitgeberin nicht planbar.
3.
Nach alledem war die Klage als unbegründet abzuweisen. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 46 II ArbGG, 91 ZPO, die Streitwertfestsetzung aus §§ 61 I, 12 VII ArbGG. Der Streitwert richtet sich nach dem 36-fachen Differenzbetrag zwischen der Vergütung 39 Wochenstunden und der verringerten Vergütung bei 26 Wochenstunden, allerdings begrenzt durch das 3-fache Bruttomonatsgehalt, gerechnet in Euro (s. dazu Klient, NZA 2001, 63; Ennemann, NZA 2001, 1190; Straub, NZA 2001, 925 re. Sp.).
Streitwertbeschluss:
Der Streitwert wird auf EUR 7.966,41 festgesetzt.