Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 18.12.2018, Az.: 3 Ws 222/18

Selbständige Einziehung des aus der Tat Erlangten nach Teileinstellung gemäß § 154a StPO; Abzug von Aufwendungen aus Gegenleistungen eines durch Betrug zustande gekommenen Austauschsvertrags bei Berechnung des Wertes des Taterlangten

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
18.12.2018
Aktenzeichen
3 Ws 222/18
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2018, 65249
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
LG Stade - 13.03.2018 - AZ: 50 KLs 9/17

Fundstellen

  • StraFo 2019, 123-125
  • ZWH 2019, 60-64
  • wistra 2019, 294-297

Amtlicher Leitsatz

1. Der selbstständigen Einziehung des Erlangten aus nach § 154a Abs. 2 StPO abgetrennten Teilen der Tat ist das seit dem 1. Juli 2017 geltende Recht der Vermögensabschöpfung auch dann zu Grunde zu legen, wenn vor Inkrafttreten des neuen Rechts bereits ein Urteil über andere abtrennbare Teile der Tat ergangen ist, in dem eine Verfallsanordnung wegen entgegenstehender Ansprüche der Verletzten unterblieben ist.

2. Nach § 73d Abs. 1 Satz 2 letzter Halbsatz StGB n.F. unterliegen dem Abzugsverbot nicht solche Aufwendungen, die eine synallagmatische Verbindung mit der Leistung des Geschädigten aufweisen, die sich also etwa als Gegenleistung eines durch Betrug zustande gekommenen Austauschvertrages darstellen.

Tenor:

1. Die sofortigen Beschwerden werden mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass

a) die gegen die Betroffenen M. und H. sowie die Einziehungsbeteiligte T. A. GmbH i. L. angeordnete Einziehung des Wertes des Taterlangten jeweils auf 584.427,93 Euro herabgesetzt wird und

b) die gegen die Betroffenen M. und H. sowie die Einziehungsbeteiligte T. A. GmbH i. L. angeordnete erweiterte Einziehung des Wertes des Taterlangten jeweils auf 84.279,64 Euro angehoben wird.

2. Die Beschwerdeführer haben die Kosten der Beschwerdeverfahren zu tragen.

Gründe

I.

1. Mit Beschluss vom 13. März 2018 hat die 5. große Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Stade im selbstständigen Einziehungsverfahren die Einziehung des Wertes des Taterlangten unter Anordnung der gesamtschuldnerischen Haftung gegen die Betroffenen M. und H. sowie die Einziehungsbeteiligte T. T. A. GmbH i. L. in Höhe von jeweils 607.733,12 Euro, gegen die Einziehungsbeteiligte I. I. T. M./N. Ltd. in Höhe von 90.533,51 Euro, gegen die Einziehungsbeteiligte T. T. A. Ltd. in Höhe von 63.861,96 Euro und gegen die Einziehungsbeteiligte D. N. Ltd. in Höhe von 203.946,88 Euro angeordnet. Des Weiteren hat das Landgericht - ebenfalls unter Anordnung der gesamtschuldnerischen Haftung - die erweiterte Einziehung des Wertes des Taterlangten gegen die Betroffenen M. und H. sowie die Einziehungsbeteiligte T. T. A. GmbH i. L. in Höhe von jeweils 60.974,45 Euro angeordnet.

Dem lagen im Wesentlichen folgende Feststellungen zu Grunde:

a) Der Betroffene H. gründete am 14. Juli 1989 die T. T. A. GmbH mit Sitz in Celle. Durch diese bot er gemeinsam mit dem Betroffenen M. unter der zu ihren Gunsten im Markenregister eingetragenen Wort- und Bildmarke "I. M. I." an, Forderungen einzuziehen. Sie warben damit, dass sie im Gegensatz zu anderen mit dem Forderungseinzug befassten Unternehmen oder Rechtsanwälten effektivere Wege auch jenseits einer reinen Bürobearbeitung beschritten. Die Zahlungsbereitschaft der Schuldner ihrer Vertragspartner sollte durch die gezielte persönliche Ansprache am jeweiligen Wohnort oder im sozialen Umfeld durch mehrere, in der Außendarstellung stets schwarz gekleidete Mitarbeiter eines sogenannten Außendienstes gefördert werden. Die T. T. A. GmbH bot mehrere Arten von Vertragspartnerschaften an, die sich hinsichtlich ihrer Laufzeit und des zu entrichtenden Entgelts unterschieden. Gemeinsam war ihnen der vertraglich zugesagte "Außendiensteinsatz". Die Durchführung dieser Außendienste übertrug die T. T. A. GmbH im Oktober 2005 der kurz zuvor im Handelsregister in C. (England) eingetragenen I. I. T. M./N. Ltd., die ebenfalls von den Betroffenen H. und M. geleitet wurde.

b) Um einen Auftrag erteilen zu können, mussten die - als Mitglieder bezeichneten - Kunden sogenannte Vertragspartnerschaften mit der I. M. I. eingehen. Es konnten Vertragspartnerschaften mit einer Laufzeit von 12, 24 oder 36 Monaten eingegangen werden, für die neben einer einmaligen Aufnahmegebühr von 150 Euro monatliche Beiträge zwischen 25 und 100 Euro sowie bei Realisierung einer Forderung Erfolgshonorare in unterschiedlicher Höhe zu entrichten waren. Der Einzug der "Mitgliedsbeiträge" erfolgte zunächst durch Rechtsanwalt P. über dessen Konto bei der Dresdner Bank, von dem er sie an die T. T. A. GmbH weiterleitete. Ab Juli 2007 wurde der Beitragseinzug von der am 15. Mai 2007 nach britischen Recht gegründeten D. N. Ltd. mit eingetragenem Sitz in B. über ihr Konto bei der HypoVereinsbank durchgeführt. Von dort wurden die eingezogenen Beiträge auf andere, für die diversen Unternehmen des Betroffenen H. eingerichteten Bankkonten weitergeleitet. Daneben bestand für den Betroffenen H. über die am 19. Mai 2005 nach britischen Recht gegründete T. T. A. Ltd. nach Übertragung von Geschäftsanteilen eine Möglichkeit des Zugriffs auf das Vermögen der T. T. A. GmbH.

c) Aufgrund des infolge erheblichen Medieninteresses an diesem Geschäftsmodell erlangten Bekanntheitsgrades stieg die Zahl der Vertragspartnerschaften so rasant an, dass spätestens mit Beginn des Jahres 2004 die Betroffenen, wie diesen auch bewusst war, mit ihren Unternehmen den vertraglich zugesicherten "Außendiensteinsatz", der für die Vertragspartner regelmäßig von entscheidender Bedeutung für den Vertragsabschluss war, mangels ausreichenden Personals nicht zu erbringen vermochten. Dennoch machten die Betroffenen weiter Werbung und gingen neue Vertragspartnerschaften in steigender Anzahl ein, um an die Zahlungen ihrer Kunden zu gelangen.

d) In dem Zeitraum von Januar 2002 bis Juni 2007 wurden auf diese Weise insgesamt 7455 Vertragspartnerschaften geschlossen, die Zahl der von allen Vertragspartnern insgesamt erteilten Schuldneraufträge belief sich auf 22219. Insgesamt erzielten die T. T. A. GmbH sowie die mit ihr verbundenen Unternehmen, die wirtschaftlich dem Betroffenen H. zuzurechnen waren und von ihm gelenkt wurden, insbesondere die I. I. T. M./N. Ltd., die D. N. Ltd. und die T. T. A. Ltd., auf diese Weise Erlöse in Höhe von 9.156.601,88 Euro.

e) Mit Abschlussverfügung der Staatsanwaltschaft vom 12. März 2012 wurde die Strafverfolgung gemäß § 154 Abs. 1 StPO auf Taten beschränkt, bei denen die Laufzeit der Vertragspartnerschaften mit dem 1. Januar 2005 begann. Unter dem gleichen Datum wurde gegen die Betroffenen H. und M. Anklage wegen Betruges in 1438 Fällen erhoben. Durch Beschluss des Landgerichts vom 29. Oktober 2015 wurde das Verfahren "nach §§ 154 Abs. 2, 154a Abs. 2 StPO" auf den Vorwurf des Betruges in 461 tateinheitlichen Fällen beschränkt. Mit Urteil vom gleichen Tag wurden die Betroffenen H. und M. wegen Betruges in 461 tateinheitlich zusammentreffenden Fällen schuldig gesprochen; H. wurde zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren, M. zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten verurteilt. Die Vollstreckung der Freiheitsstrafen wurde zur Bewährung ausgesetzt. Weiter wurde festgestellt, dass H. und M. aus der Tat insgesamt 291.743,53 Euro erlangt haben und dass Ansprüche Verletzter einer Verfallsanordnung entgegenstehen. Das Urteil ist seit dem 29. November 2016 rechtskräftig.

f) Gegenstand des selbstständigen Einziehungsverfahrens waren Erlöse, die die Betroffenen über die von Ihnen gelenkten Unternehmen auf die vorbeschriebene Weise in weiteren 861, seinerzeit von der Verfolgungsbeschränkung betroffenen Fällen erzielt haben. Diese beliefen sich nach den Feststellungen des Landgerichts auf insgesamt 607.733,12 Euro. In dieser Höhe hat das Landgericht die Einziehung des Wertes des Taterlangten gegen die Betroffenen M. und H. sowie die Einziehungsbeteiligte T. T. A. GmbH i.L. angeordnet. Aufwendungen hat das Landgericht nicht abgezogen, weil diese ausschließlich für die Begehung der Tat angefallen seien. Die Einziehung des Wertes des Taterlangten gegen die Einziehungsbeteiligten I. I. T. M./N. Ltd., T. T. A. Ltd. und D. N. Ltd. hat das Landgericht jeweils in der Höhe der bei diesen vorläufig gesicherten Kontenguthaben angeordnet, weil es sich insoweit um Erlöse aus den vorbezeichneten Fällen handelte, die auf Veranlassung des Betroffenen H. auf die Konten dieser Gesellschaften verschoben wurden.

g) Darüber hinaus hat das Landgericht die erweiterte Einziehung des Wertes des Taterlangten angeordnet, weil bei den Betroffenen H. und M. sowie den Einziehungsbeteiligten insgesamt Vermögenswerte in Höhe von 978.196,98 Euro gesichert wurden und nach Abzug des bereits im Urteil vom 29. Oktober 2015 festgestellten Erlangten in Höhe von 291.743,53 Euro, des Erlöses aus den vorgenannten 861 Fällen in Höhe von 607.733,12 Euro sowie des bereits an Geschädigte ausgezahlten Betrages in Höhe von 17.745,88 Euro ein Betrag in Höhe von 60.974,45 Euro an gesichertem Vermögen verblieb, welcher aus anderen Teilen der vorbeschriebenen Tat der Betroffenen H. und M. stammte. Grundlage waren insoweit die in den Fallakten 1815 bis 2307 dokumentierten Fälle, die bereits durch die Staatsanwaltschaft in einem frühen Verfahrensstadium gemäß § 154 Abs. 1 StPO vorläufig eingestellt worden waren. Gestützt auf die Schätzung, dass mindestens zwei Drittel der Vertragspartner in diesen Fällen die Aufnahmegebühr von 150 Euro und den Mitgliedsbeitrag von jeweils 40 Euro für drei Monate gezahlt haben, hat das Landgericht einen in diesen Fällen entstandenen Gesamtschaden in Höhe von mindestens 90.000 Euro festgestellt. Aufwendungen hat das Landgericht nicht abgezogen.

2. Gegen diesen - ihren Vertretern am 20., 21. bzw. 26. März 2018 zugestellten - Beschluss wenden sich die Betroffenen M. und H. sowie die Einziehungsbeteiligten T. T. A.GmbH i. L. und D. N. Ltd. mit ihren sofortigen Beschwerden vom 25., 27. bzw. 28. März 2018, die jeweils am selben Tag beim Landgericht eingegangen sind.

Der Betroffene M. macht über seinen Vertreter geltend, dass dem Beschluss die Regelungen des § 316h EGStGB und § 14 EGStPO entgegenstünden. Im Urteil vom 29. Oktober 2015 habe das Landgericht festgestellt, dass Ansprüche Verletzter einer Verfallsanordnung entgegenstehen. Das Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung sei zum 1. Juli 2017 in Kraft getreten und solle auf sämtliche Fälle Anwendung finden, über die bis zu diesem Zeitpunkt nicht rechtskräftig entschieden worden sei. Demgegenüber gelte "altes Recht" fort, sofern bereits eine erstinstanzliche Entscheidung über die Anordnung oder Nichtanordnung des Verfalls oder Wertersatzverfalls getroffen worden sei. Die Entscheidung über die Nichtanordnung des Verfalls sei nach dem Willen des Gesetzgebers Inhalt und Gegenstand des § 316h EGStGB, so dass hier eine rechtskräftige Entscheidung des Instanzgerichts vorliege und diese der Anwendung der neuen Einziehungsvorschriften entgegenstehe.

II.

Die nach §§ 436 Abs. 2, 434 Abs. 2 StPO statthaften sowie form- und fristgerecht eingelegten sofortigen Beschwerden haben in der Sache keinen Erfolg.

Die selbständige Einziehung des Wertes des Taterlangten und die selbständige erweiterte Einziehung des Wertes des Taterlangten sind dem Grunde nach nicht zu beanstanden. Die Rechtsmittel führen lediglich dazu, dass wegen des rechtsfehlerhaft in erster Instanz unterbliebenen Abzugs von Aufwendungen die Höhe der gegen die Betroffenen M. und H. sowie die Einziehungsbeteiligte T. A. GmbH i. L. angeordneten Einziehung des Wertes des Taterlangten herabzusetzen war, wodurch sich indes im gleichen Umfang der Wert des der erweiterten Einziehung unterliegenden Taterlangten erhöht hat.

1. Der selbständigen Einziehung steht hier nicht entgegen, dass in dem rechtskräftigen Urteil vom 29. Oktober 2015 darauf erkannt worden ist, dass Ansprüche der Verletzten einer Verfallsanordnung einschließlich Verfall von Wertersatz oder erweitertem Verfall entgegenstehen. Das Landgericht hat der selbstständigen Einziehung hier zu Recht das seit dem 1. Juli 2017 geltende Recht zu Grunde gelegt, welches einen Ausschluss strafrechtlicher Vermögensabschöpfung durch Ansprüche Verletzter (§ 73 Abs. 1 Satz 2 StGB a.F., § 73d Abs. 1 Satz 3 StGB a.F.) nicht mehr vorsieht.

Nach der Übergangsvorschrift des Art. 316h Satz1 EGStGB in der Fassung vom 13. April 2017 sind auch dann, wenn über die Anordnung der Einziehung des Tatertrages oder des Wertes des Tatertrages wegen einer Tat, die vor dem 1. Juli 2017 begangen worden ist, nach diesem Zeitpunkt entschieden wird, abweichend von § 2 Abs. 5 StGB die Vorschriften in der Fassung des Gesetzes zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13. April 2017 (BGBl. I S. 872) anzuwenden. Die Ausnahmeregelung in Satz 2, nach der das neue Recht nicht in Verfahren anzuwenden ist, in denen bis zum 1. Juli 2017 bereits eine Entscheidung über die Anordnung des Verfalls oder des Verfalls von Wertersatz ergangen ist, greift hier nicht. Die in dem rechtskräftigen Urteil vom 29 Oktober 2015 enthaltene Entscheidung über die Nichtanordnung des Verfalls von Wertersatz betrifft lediglich die 461 tateinheitlich zusammentreffenden Fälle, die nach der erfolgten Beschränkung gemäß § 154a Abs. 2 StPO noch Gegenstand der Urteilsfindung waren. Sie erfasst hingegen nicht die ausgeschiedenen Teile der Tat.

Allerdings handelte es sich insoweit nicht um eine vorläufige Einstellung des Verfahrens hinsichtlich einzelner Taten nach § 154 Abs. 2 StPO, welche zur Folge gehabt hätte, dass insoweit eine Verfahrenstrennung eingetreten wäre (vgl. LR-Beulke, StPO, 26. Aufl., § 154 Rn. 52) und schon aus diesem Grund nicht mehr von einer Entscheidung in demselben Verfahren gesprochen werden könnte. Denn aus zutreffenden tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen hat das Landgericht die Tatbeiträge der Betroffenen H. und M. beim Aufbau und der Aufrechterhaltung eines auf Straftaten ausgerichteten Geschäftsbetriebes zu einem uneigentlichen Organisationsdelikt zusammengefasst, durch welches mehrere Einzelhandlungen oder mehrere natürliche Handlungseinheiten rechtlich verbunden und hiermit die aus der Unternehmensstruktur heraus begangenen Straftaten in den Personen der Betroffenen zu einer einheitlichen Tat im Sinne des § 52 Abs. 1 StGB verknüpft worden sind (vgl. BGH, Urteil vom 17. Juni 2004 - 3 StR 344/03 -, BGHSt 49, 177). Diese Erwägungen gelten in gleichem Maße für die seinerzeit als abgrenzbare Teile der Tat gemäß § 154a Abs. 2 StPO aus dem subjektiven Verfahren ausgeschiedenen und nunmehr vom selbständigen Einziehungsverfahren erfassten Fälle. Zwar hat eine Beschränkung nach § 154a StPO zur Folge, dass auch die ausgeschiedenen Tatteile bis zur Rechtskraft der gerichtlichen Entscheidung rechtshängig bleiben und sich anschließend der Strafklageverbrauch auch auf diese Tatteile erstreckt (BGHSt 29, 316 [BGH 12.08.1980 - 1 StR 422/80]; LR-Beulke aaO § 154a Rn. 29). Dies hindert jedoch die selbstständige Einziehung des durch diese Tatteile Erlangten nach § 76a Abs. 3 StGB nicht. Unter die dort genannten Einstellungen von Verfahren nach dem Ermessen der Staatsanwaltschaft oder des Gerichts oder im Einvernehmen beider fallen auch Beschränkungen nach § 154a Abs. 1 und 2 StPO (vgl. LK-Schmidt StGB 12. Aufl. § 76a Rn. 14). Der Strafklageverbrauch steht dem nicht entgegen, weil die Vermögensabschöpfung keinen Strafcharakter besitzt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. Januar 2004 - 2 BvR 564/95 - BVerfG 110, 1, Rn. 81 ff.).

Entgegen dem Beschwerdevorbringen ändert sich an dieser Beurteilung auch nichts dadurch, dass eine "Entscheidung über die Anordnung des Verfalls und des Verfalls von Wertersatz" im Sinne von Art. 316h Satz 2 EGStGB auch in dem nicht begründeten Unterbleiben der Anordnung einer dieser Maßnahmen in einem tatrichterlichen Urteil zu sehen ist (vgl. BGH, Urteil vom 29. März 2018 - 4 StR 568/17 - NJW 2018, 1831 [BGH 29.03.2018 - 4 StR 568/17]). Diese Rechtsprechung ist nicht auf das Unterbleiben einer Entscheidung über vermögensabschöpfende Maßnahmen in Bezug auf nach § 154a StPO ausgeschiedene Tatteile zu übertragen. Das Gleichsetzen des begründungslosen Unterbleibens einer Verfalls- oder Wertersatzverfallsanordnung mit einer ausdrücklichen Nichtanordnung beruht darauf, dass ansonsten Fallkonstellationen eintreten könnten, in denen das erstinstanzliche Urteil insoweit allein wegen der Gesetzesänderung aufgehoben werden müsste oder eine parallele Anwendung von altem und neuem Recht in demselben Verfahren geboten sein könnte, wenn sich der Tatrichter etwa teilweise zum Verfall verhält und sich teilweise hierzu rechtsfehlerhaft nicht äußert (BGH aaO). Das Unterbleiben einer Entscheidung über vermögensabschöpfende Maßnahmen in Bezug auf nach § 154a StPO ausgeschiedene Tatteile ist indes nicht rechtsfehlerhaft, sondern gerade Folge der vom Gesetz ermöglichten Beschränkung der sonst allgemein geltenden umfassenden Kognitionspflicht zum Zweck der Verfahrensvereinfachung und -beschleunigung. Es besteht daher auch nicht die Gefahr, dass die erstinstanzliche Entscheidung im Rechtsmittelverfahren allein wegen der Gesetzesänderung aufgehoben werden müsste. Allein um dies zu vermeiden, hat der Gesetzgeber aber die Ausnahmeregelung des Art. 316h Satz 2 EGStGB geschaffen. Die Gesetzesmaterialien belegen, dass der Gesetzgeber mit der Schaffung der Übergangsvorschrift den Zweck verfolgt, "die Vermögensabschöpfung für Gerichte und Staatsanwaltschaften erheblich (zu) vereinfachen und dadurch die Akzeptanz des neuen Rechts deutlich (zu) stärken" (vgl. BT-Drucks. 18/11640, S. 84). Deshalb sind im Grundsatz und unter Ausschluss des Meistbegünstigungsprinzips (§ 2 Abs. 5 StGB) mit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung ausschließlich die neuen Regelungen auch auf bereits laufende Verfahren anzuwenden. Dadurch soll "die Strafrechtspraxis insbesondere von der unter Umständen komplizierten Frage entbunden (werden), welches Recht im Einzelfall als das mildere anzuwenden ist" und "ein jahrelanges Nebeneinander von altem und neuem Recht" vermieden werden. Mit der Ausnahmeregelung in Satz 2 soll lediglich verhindert werden, dass erstinstanzliche Entscheidungen im Rechtsmittelverfahren allein wegen der Gesetzesänderung aufgehoben werden müssten (vgl. BT-Drucks. aaO). Besteht indes - wie hier - diese Gefahr nicht, so bleibt es bei dem Grundsatz der Anwendung des neuen Rechts.

2. Die Voraussetzungen für die Anordnung der selbständigen Einziehung des Wertes des Taterlangten gegen die Beschwerdeführer nach §§ 73 Abs. 1, 73c, 76a Abs. 1 und Abs. 3 StGB sind erfüllt.

a) Die Betroffenen H. und M. haben durch die rechtswidrige Tat des Betruges in weiteren 861 tateinheitlich zusammentreffenden Fällen zum Nachteil der im angefochtenen Beschluss näher bezeichneten Vertragspartner jeweils von diesen Zahlungen erlangt, die sich aus Aufnahmegebühren, Monatsbeiträgen, Gebühren für Schuldneraufträge sowie Sonderzahlungen zusammensetzten. Die jeweiligen Vertragspartner leisteten ihre Zahlungen entweder direkt auf Konten der Einziehungsbeteiligten T. T. A. GmbH oder auf Konten, die auf Veranlassung der Betroffenen H. und M. für den Beitragseinzug eingerichtet oder genutzt wurden. Diese Zahlungen der Vertragspartner gelangten über verschiedene Einzugsstellen in das Vermögen der T. M. GmbH und wurden teilweise auf Konten der Einziehungsbeteiligten I. I. T. M./N. Ltd., T. T. A. Ltd. und D. N. Ltd. sowie auf das Konto des Betroffenen M. bei der Sparkasse Gifhorn-Wolfsburg oder die von dem Betroffenen H. verwaltete Barkasse (Schließfach bei der Sparkasse Celle) verschoben. Wegen der weiteren Einzelheiten des Tatablaufs und der Zahlungsströme wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Feststellungen und die Beweiswürdigung des angefochtenen Beschlusses Bezug genommen, denen der Senat beitritt und die auch seiner Entscheidung zu Grunde legt.

Aufgrund des Akteninhalts und des in den Gründen des Urteils vom 29. Oktober 2015 dokumentierten Ergebnisses der Beweisaufnahme kommt der Senat im Wesentlichen zu den gleichen Feststellungen wie das Landgericht. Abweichungen haben sich nach Auswertung der Fallakten und der elektronisch vorliegenden Bankauskünfte (Tabelle 1 Bl. 11 bis 14 Sonderheft "Antrag § 76a") lediglich zur Höhe der in einigen Fällen feststellbaren Zahlungen von Vertragspartnern ergeben. Hiernach sind zur Überzeugung des Senats als Erlöse festzustellen hinsichtlich

Fallakte 1192, Mitgliedsnummer 340505: 820,70 Euro,

Fallakte 1369, Mitgliedsnummer 600506: 783,60 Euro,

Fallakte 1504, Mitgliedsnummer 589906: 358,00 Euro,

Fallakte 1854, Mitgliedsnummer 271105: 1.385,60 Euro,

Fallakte 1866, Mitgliedsnummer 581806: 767,04 Euro,

Fallakte 1921, Mitgliedsnummer 771606: 415,03 Euro.

Der Gesamterlös aus den 861 tateinheitlich zusammentreffenden Fällen des Betruges erhöht sich damit auf 608.109,52 Euro.

b) Soweit das Landgericht den Abzug von Aufwendungen abgelehnt hat, kann ihm allerdings nicht gefolgt werden. Zwar verbietet § 73d Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 StGB n.F. es, Aufwendungen des Täters für die Begehung der Tat oder für ihre Vorbereitung bei der Bestimmung des Wertes des Erlangten zugunsten des rechtswidrig Bereicherten zu berücksichtigen. Dies gilt nach § 73 d Abs. 1 Satz 2 letzter Halbsatz StGB n.F. jedoch nicht, soweit es sich bei den Aufwendungen um Leistungen zur Erfüllung einer Verbindlichkeit gegenüber dem Verletzten der Tat handelt. Diese Rückausnahme soll verhindern, dass die Vermögensabschöpfung bei strafrechtswidrig zustande gekommenen Austauschverträgen zu einer strafähnlichen Maßnahme wird (vgl. Köhler, NStZ 2017, 497, 509). Sie beinhaltet eine Sonderregelung für Austauschverträge, die durch eine synallagmatische Verbindung des strafrechtswidrigen Vermögenszuflusses in Gestalt der Leistung des Geschädigten mit einer Gegenleistung des strafrechtswidrig Bereicherten gekennzeichnet sind (vgl. Saarländisches OLG, Urteil vom 16. Juli 2018 - Ss 44/2018 (27/18) -, Rn. 26, juris; Köhler aaO). Demgemäß sind solche Aufwendungen abzuziehen, die sich als "Gegenleistung eines durch Betrug zustande gekommenen Austauschvertrages" darstellen (vgl. Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung, BT-Drucks. 18/9525 S. 68).

Vor diesem Hintergrund konnte im vorliegenden Fall das Unterbleiben jeglichen Abzugs von Aufwendungen keinen Bestand haben. Zwar ist auch zur Überzeugung des Senats der Großteil der Personal- und Betriebskosten, soweit diese überhaupt angefallen sind und es sich nicht - wie etwa bei fingierten Reisekosten für Scheinmitarbeiter - um lediglich vorgetäuschte Positionen handelte, dafür aufgewandt worden, neue Kunden unter Vorspiegelung des tatsächlich nicht durchgeführten Außendiensteinsatzes anzuwerben, Kundendaten und -gelder zu verwalten sowie unzufriedene Kunden durch wahrheitswidrige Dokumentationen von tatsächlich nicht erbrachten Leistungen, Beschwichtigungsschreiben und -telefonate zu weiteren Zahlungen zu veranlassen. Andererseits wurden aber auch Tätigkeiten entfaltet, die der vertraglich geschuldeten Leistung zuzurechnen sind und damit eine synallagmatische Verbindung zur Beitragszahlung aufweisen, auch wenn sie nur in wenigen Ausnahmefällen tatsächlich zu Zahlungen der Schuldner an die Vertragspartner führten. So ist den Fallakten zu entnehmen, dass bei der Bearbeitung nahezu aller Schuldneraufträge, wie es auch das vom Landgericht bereits festgestellte Geschäftsmodell vorsah, zunächst der oder die von dem Vertragsvertragspartner bezeichnete Schuldner/in angeschrieben und aufgefordert wurde, zu der von dem jeweils namentlich bezeichneten Mitglied erhobenen Forderung Stellung zu nehmen. Weiter ergibt sich aus den Fallakten, dass in einer Vielzahl von Fällen bei Unzustellbarkeit des Anschreibens Anfragen an Einwohnermelde- und Gewerberegister gestellt wurden, für die neben Briefporto auch Verwaltungsgebühren zwischen 3,58 Euro und 25,00 Euro aufgewendet werden mussten. Schließlich entwickelte sich in einigen Fällen auch ein Briefwechsel mit Schuldnern, so dass es zu weiteren Schreiben und gelegentlich auch zu Ratenzahlungsvereinbarungen kam. Darüber hinaus ist den Fallakten zu entnehmen und entspricht es auch der allgemeinen Lebenserfahrung, dass einige der Angeschriebenen telefonischen Kontakt aufgenommen haben und insoweit ein Teil der Arbeitszeit für Gespräche mit Schuldnern aufgewendet worden ist.

Umfang und Wert der insoweit vom Erlös abzuziehenden Aufwendungen hat der Senat gemäß § 73d Abs. 2 StGB geschätzt. Anhand der Fallakten ist festzustellen, dass in den 861 Fällen an Schuldner der Vertragspartner insgesamt 2671 Schreiben und 62 schriftliche Ratenzahlungsvereinbarungen versandt sowie 373 Anfragen an Einwohnermelde- und Gewerberegister zu Schuldneranschriften gestellt wurden. Das hierfür aufzuwendende Briefporto hat der Senat mit 1.708,30 Euro (3106 x 0,55 Euro) angesetzt. Die Verwaltungsgebühren für Registeranfragen, die sich überwiegend im Bereich zwischen 5 und 15 Euro bewegten, hat der Senat mit 10 Euro pro Anfrage, mithin insgesamt 3.730,00 Euro angesetzt. Darüber hinaus waren auch anteilig auf die vorgenannten Tätigkeiten entfallende Personal- und Betriebskosten anzusetzen. Ausweislich der von der Buchprüferin G-M aufgestellten Betriebswirtschaftlichen Auswertung vom 19. Mai 2008 beliefen sich die Personalkosten auf lediglich 10 % der erzielten Erlöse (Bl. 10 Sonderband "BWA"). Da nicht zuletzt der in den Fallakten dokumentierte Schriftverkehr belegt, dass der weit überwiegende Anteil des Personaleinsatzes der Auseinandersetzung mit den Vertragspartnern und der Realisierung von Beitragszahlungen galt, hat der Senat für die im Synallagma stehende Bearbeitung der Schuldneraufträge ein Viertel der auf die hier betroffenen 861 Vertragspartnerschaften entfallenden Personalkosten, mithin 2,5 % der erzielten Erlöse angesetzt. Hiernach ergibt sich auf der Grundlage des vorstehend ermittelten Gesamterlöses in Höhe von 608.109,52 Euro ein Ansatz von abzuziehenden Personalaufwendungen in Höhe von 15.202,74 Euro. Den Anteil der als abziehbare Aufwendungen anzusetzenden sonstigen Betriebskosten hat der Senat aus den vorgenannten Gründen ebenfalls niedrig, nämlich mit weiteren 0,5 % des Gesamterlöses, mithin 3.040,55 Euro angesetzt.

Hiernach ergibt sich folgende Berechnung:

Gesamterlös:

608.109,52 Euro

abzuziehende Aufwendungen:

Briefporto

./. 1.708,30 Euro

Gebühren

./. 3.730,00 Euro

anteilige Personalkosten

./. 15.202,74 Euro

sonstige Betriebskosten

./. 3.040,55 Euro

Wert des Erlangten:

584.427,93 Euro

Auf diesen Betrag war die gegen die Betroffenen M. und H. sowie die Einziehungsbeteiligte T. A. GmbH i. L. angeordnete Einziehung des Wertes des Taterlangten zu reduzieren.

c) Das Landgericht hat zu Recht gemäß § 73b Abs. 1 Nr. 1 StGB die Anordnung der Einziehung des Wertes des Taterlangten auch gegen die Einziehungsbeteiligten gerichtet, weil diese zumindest in der angeordneten Höhe auf die bereits beschriebene Art und Weise Erlöse aus der Tat der Betroffenen H. und M. erzielt haben. Die Betroffenen haben bei der Tatbegehung auch für die Einziehungsbeteiligten gehandelt - der Betroffene M. als bestellter Geschäftsführer der T. M. A. GmbH, der Betroffene H. als wirtschaftlicher Berechtigter und faktischer Geschäftsführer der T. M. A. GmbH und der anderen Gesellschaften. Wegen der Einzelheiten der Vermögensverschiebungen auf Bankkonten der Einziehungsbeteiligten wird auf die zutreffenden Gründe des angefochtenen Beschlusses Bezug genommen, die der Senat auch seiner Entscheidung zugrunde legt.

Der vom Senat vorgenommene Abzug von Aufwendungen wirkt sich auf die Einziehung des Wertes des Taterlangten bei den Einziehungsbeteiligten I. I. T. M./N. Ltd., T. T A. Ltd. und D. N. Ltd. nicht aus, weil die insoweit der Einziehung unterliegenden Beträge nicht den Wert des insgesamt nach Abzug der Aufwendungen Erlangten von 584.427,93 Euro erreichen.

3. Die Voraussetzungen für die Anordnung der selbständigen erweiterten Einziehung des Wertes des Taterlangten gegen die Beschwerdeführer nach §§ 73, 73a Abs. 1, 76a Abs. 1 und Abs. 3 StGB sind erfüllt.

Bei den Betroffenen H. und M. sowie den Einziehungsbeteiligten wurden insgesamt Vermögenswerte in Höhe von 978.196,98 Euro gesichert. Zur Überzeugung des Senats stammt auch der nach Abzug des bereits im Urteil vom 29. Oktober 2015 festgestellten Erlangten in Höhe von 291.743,53 Euro, des Erlöses aus den vorgenannten 861 Fällen in Höhe von 584.427,93 Euro sowie des bereits an Geschädigte ausgezahlten Betrages in Höhe von 17.745,88 Euro verbleibende Betrag in Höhe von 84.279,64 Euro an gesichertem Vermögen aus anderen Teilen der Tat der Betroffenen H. und M. nach dem oben beschriebenen Muster. Grundlage sind insoweit die in den Fallakten 1815 bis 2307 dokumentierten Fälle, die bereits durch die Staatsanwaltschaft gemäß § 154a Abs. 1 StPO beschränkt worden waren. Maßgeblich ist dabei die zutreffende rechtliche Einordnung der Beschränkung, auch wenn die Staatsanwaltschaft seinerzeit noch von eigenständigen Taten ausgegangen ist und daher § 154 Abs. 1 StPO angewendet hat (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt StPO 61. Aufl. § 154a Rn. 29 mwN).

Die Schätzung des Landgerichts, dass mindestens zwei Drittel der Vertragspartner in diesen 492 Fällen die Aufnahmegebühr von 150 Euro und den Mitgliedsbeitrag von jeweils 40 Euro für drei Monate gezahlt haben, beruht angesichts der Auswertung der Fallakten auf einer tragfähigen Grundlage und ist dementsprechend von § 73d Abs. 2 StGB gedeckt. Der Senat tritt ihr bei. Hiernach ergibt sich ein in diesen Fällen erzielter Gesamterlös in Höhe von 88.560,00 Euro (328 x 270 Euro). Auch von diesem sind allerdings aus den vorgenannten Gründen Aufwendungen für die Bearbeitung der Schuldneraufträge abzuziehen, die der Senat im gleichen Verhältnis zum Gesamterlös ansetzt wie bei den vorgenannten 861 Fällen. Die dort durch Schätzung ermittelten 23.681,59 machen 3,89 % des Gesamterlöses von 608.109,52 Euro aus. Dementsprechend sind auch hier 3,89 % des Gesamterlöses, mithin 3.444,98 Euro an Aufwendungen abzuziehen, so dass sich ein Gesamtertrag von 85.115,02 Euro ergibt. Da hiernach der geschätzte Gesamtertrag den verbleibenden Betrag an gesichertem Vermögen von 84.279,64 Euro übersteigt, unterliegt Letzterer in voller Höhe der erweiterten Einziehung.

Damit hat sich auch für die Betroffenen M. und H. sowie die Einziehungsbeteiligte T. A. GmbH i. L. der Gesamtbetrag der Einziehung mit 668.707,57 Euro gegenüber der angefochtenen Entscheidung nicht geändert.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 473 Abs. 1 StPO.

IV.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 304 Abs. 4 StPO).