Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 28.12.2018, Az.: 2 Ws 472/18

Vortrag zur Verletzteneigenschaft als unverzichtbarer Teil des Anspruches auf Klageerzwingung

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
28.12.2018
Aktenzeichen
2 Ws 472/18
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2018, 66541
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Fundstelle

  • StV 2020, 736

Amtlicher Leitsatz

Ist der durch einen Betrug Getäuschte nicht auch Geschädigter, ist er nur dann Verletzter im Sinne des Klageerzwingungsverfahrens, wenn ihm wegen der schädigenden Vermögensdisposition eine Ersatzforderung droht.

Tenor:

Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung wird als unzulässig verworfen.

Gründe

I.

Die Anzeigeerstatterin betreibt eine Website, auf welcher deutsche und österreichische Verbraucher die Möglichkeit haben, über das Online-Portal einen Rahmenkredit zu erhalten. Der Beschuldigte registrierte sich am 02.05.2017 auf der Online-Plattform und schloss in der Folge einen Rahmenkreditvertrag über einen Kredit in Höhe von 1500,- € ab. Der Vertrag kam mit der D. K. P. AG zustande, während die Antragstellerin als Kreditvermittlerin aufgeführt wurde. Durch den Vertragsschluss verpflichtete sich der Beschuldigte zur monatlichen Rückzahlung eines Betrages von mindestens 3 % des in Anspruch genommenen Kreditrahmens. Die Antragstellerin zog die fälligen Raten für die Monate Juni 2017 und Juli 2017 vertragsgemäß im Wege der Lastschrift ein, jedoch widersprach der Beschuldigte den Lastschriften am 10.08.2017 und am 22.08.2017 gegenüber seiner Hausbank, woraufhin ihm die Beträge wieder gutgeschrieben wurden. Auf mehrfache Nachfrage der Antragstellerin nach dem Grund des Widerspruchs antwortete der Beschuldigte nicht. Auf Mahnungen reagierte er ebenfalls nicht, sodass die Antragstellerin das gerichtliche Mahnverfahren betrieb. Das auf die Strafanzeige der Antragstellerin wegen Betruges eingeleitete Ermittlungsverfahren stellte die Staatsanwaltschaft Hannover am 10.08.2018 mangels hinreichenden Tatverdachts gemäß § 170 Abs. 2 StPO ein. Zur Begründung wurde unter anderem ausgeführt, dass allein der Umstand, dass der Beschuldigte seinen Verpflichtungen als Darlehensnehmer nicht nachgekommen ist, noch nicht den hinreichenden Tatverdacht des Betruges begründe. Etwaige weitere Anhaltspunkte, wie etwa ein bestehendes Insolvenzverfahren oder Vollstreckungstitel zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses hätten nicht vorgelegen. Die fristgerecht eingelegte Beschwerde hatte keinen Erfolg. Die Generalstaatsanwaltschaft Celle erließ am 13.11.2018 einen ablehnenden Bescheid. Gegen diesen richtet sich der fristgerecht eingereichte Antrag auf gerichtliche Entscheidung.

II.

Der nach § 172 Abs. 2 StPO statthafte Antrag auf gerichtliche Entscheidung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen. Gemäß § 172 Abs. 3 Satz 1 StPO muss ein Klageerzwingungsantrag die Tatsachen, die die Erhebung der öffentlichen Klage begründen sollen, und die sie belegenden Beweismittel angeben. Dazu bedarf es einer in sich geschlossenen und aus sich heraus verständlichen Darstellung des Sachverhalts, aus dem sich der gegen die Beschuldigten erhobene strafrechtlich relevante Tatvorwurf ergibt und der bei Unterstellung hinreichenden Tatverdachts die Erhebung der öffentlichen Klage in materieller und formeller Hinsicht rechtfertigen würde (vgl. BVerfG, Beschluss vom 27. Juli 2016, 2 BvR 2040/15). Dabei ist auch die Verletzteneigenschaft, sofern sie nicht ohne weiteres ersichtlich ist, zu begründen (OLG Bamberg NStZ-RR 2012, 248 [OLG Bamberg 08.03.2012 - 3 Ws 4/12]; OLG Stuttgart Justiz 2004, 213; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 61. Auflage, 2018, § 172, Rn. 27c).

Diesen Anforderungen wird der vorliegende Antrag nicht gerecht.Verletzter ist, wer durch die Straftat bei Unterstellung ihrer tatsächlichen Begehung unmittelbar in seinen Rechten, Rechtsgütern oder rechtlich anerkannten Interessen beeinträchtigt ist (OLG Celle, Beschluss vom 01.02.2008, 1 Ws 32/08; vgl. Meyer/Goßner/Schmitt, § 172, Rn. 9; Karlsruher Kommentar zur StPO, 7. Auflage, 2013, Moldenhauer, § 172, Rn. 19). Beim Tatbestand des Betruges kann neben dem an seinem Vermögen Geschädigten oder Gefährdeten auch der bloß Getäuschte als Verletzter anzusehen sein (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 01.02.2008, 1 Ws 32/08; Karlsruher Kommentar - Moldenhauer, StPO, 7. Aufl., § 172, Rn. 27), wenn ihm wegen der schädigenden Vermögensdispositionen eine Ersatzforderung droht (Löwe/Rosenberg - Graalmann-Scheerer, Kommentar zur StPO, 27. Auflage, 2018, § 172, Rn. 91). Denn Rechtsgut des Tatbestandes ist das Vermögen, die Dispositionsfreiheit des Vermögensinhabers nur insoweit, als sie ihrerseits einen geldwerten Vermögensanteil beinhaltet (vgl. BGH, Beschlüsse vom 16.06.2016, 1 StR 20/16 und vom 08.10.2014, 1 StR 359/13; BGH NJW 1983, 1917 [BGH 24.02.1983 - 1 StR 550/82]; Fischer, StGB, 66. Auflage, 2019, § 263, Rn. 3). An entsprechendem Vortrag fehlt es vorliegend. Ausweislich des in der Antragsschrift zitierten Kreditvertrages kam dieser zwischen dem Beschuldigten und der D. K. P. AG und damit nicht mit der Antragstellerin zustande. Die Antragstellerin, die Getäuschte, wirkte lediglich als Kreditvermittlerin. Durch die ausbleibende Rückzahlung des Darlehens wurde folglich die D. K. P. AG in ihrem Vermögen geschädigt. Zu einem bei der Antragstellerin eingetretenen oder drohenden Vermögensschaden, etwa aufgrund von vertraglichen Verpflichtungen mit der Bank, erfolgt jedoch kein konkreter Vortrag. Die Ausführungen in der Antragsschrift beschränken sich lediglich auf die pauschale Behauptung, dass der Antragstellerin nach der Kündigung des Darlehens ein Vermögensschaden in Höhe des Auszahlungsbetrages entstanden sei.

Gegen diese Entscheidung ist keine Beschwerde gegeben (§ 304 Abs.4 StPO).