Verwaltungsgericht Oldenburg
Beschl. v. 08.12.2021, Az.: 15 B 3556/21
Bibliographie
- Gericht
- VG Oldenburg
- Datum
- 08.12.2021
- Aktenzeichen
- 15 B 3556/21
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2021, 70989
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 64 Abs 4 SOG ND
- § 64 Abs 5 SOG ND
- § 66 Abs 1 S 1 SOG ND
- § 80 V S 1 VwGO
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Für die Beurteilung der Angemessenheit einer Fristsetzung zur Erfüllung einer Verpflichtung im Rahmen der Androhung einer Ersatzvornahme ist der Zeitpunkt der letzten behördlichen Entscheidung maßgeblich (ex-ante-Betrachtung). Sich anschließende Änderungen der Sach- und Rechtslage können die zum Erlasszeitpunkt bestehende Angemessenheit der Frist nicht nachträglich in Frage stellen, weil dies dem sich dem Vollstreckungsverfahren aus Gründen der Effektivität der Gefahrenabwehr innewohnenden und insbesondere aus § 64 Abs. 1, 4 und 5 NPOG ableitbaren Bedürfnis zuwiderliefe, gefahrenabwehrrechtliche Anordnungen zeitnah zu vollstrecken.
Treten nachträglich Gründe ein, die die Durchführung einer dem Betroffenen auferlegten Verpflichtung innerhalb einer bestimmten Frist als unverhältnismäßig erscheinen lassen, lässt sich dieser Einwand im Anschluss daran bei der Überprüfung des Kostenfestsetzungsbescheides berücksichtigen, da dessen Rechtmäßigkeit neben dem ordnungsgemäßen Kostengrund, also der Rechtmäßigkeit der behördlichen Maßnahme, auch die ordnungsgemäße Kostenhöhe zur Voraussetzung hat.
Nachträglich auftretende Vollstreckungshindernisse, wie der Wegfall der Vollstreckungsvoraussetzungen, die Unmöglichkeit der Erfüllung der zu erzwingenden Leistung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen oder das Erreichen des Vollzugszwecks, können im Rahmen der Prüfung der Ersatzvornahme selbst berücksichtigt werden.
Tenor:
Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird auf 625,00 € festgesetzt.
Gründe
Der Antragsteller begehrt im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines am 7. Oktober 2021 eingelegten Widerspruchs gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 6. September 2021, mit welchem die Ersatzvornahme im Falle der Nichtvornahme der sich aus Ziffer 1 des Bescheides des Antragsgegners vom 31. Mai 2021 ergebenden Verpflichtung zur Entsorgung von Grünabfällen bis zum 6. Oktober 2021 angedroht wurde.
Der Antrag hat keinen Erfolg. Er ist zulässig, aber unbegründet.
Der Antrag ist zulässig.
Der Antrag ist nach dem Rechtsschutzbegehren des Antragstellers – auch in seinem Kosteninteresse – einschränkend dahingehend auszulegen, dass die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des eingelegten Widerspruchs nur bezüglich Ziffer 2 des Bescheids des Antragsgegners vom 6. September 2021 begehrt wird. Dieses Verständnis lässt sich der Antragsbegründung entnehmen, in welcher das Begehren auf die Abwehr der Androhung der Ersatzvornahme konzentriert wird und ausschließlich Vortrag in Bezug auf die angedrohte Ersatzvornahme erfolgt. Hierfür spricht auch der Umstand, dass der Antragsteller das in Ziffer 1 des Bescheids vom 6. September 2021 festgesetzte Zwangsgeld bereits bezahlt hat (Bl. 26 BA004 zu 15 A 2848/21). Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung in Bezug auf Ziffer 3 des Bescheids vom 6. September 2021, in welcher dem Antragsteller die Kosten des Verfahrens auferlegt wurden, wäre nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, § 80 Abs. 6 Satz 1 VwGO ohnehin unzulässig, da der Antragsteller zuvor keinen Antrag bei dem Antragsgegner auf Aussetzung der Vollziehung gestellt hat und in Bezug auf die Kosten auch keine Vollstreckung droht (§ 80 Abs. 6 Satz 2 Nr. 2 VwGO).
Der so verstandene Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ist nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 2 VwGO statthaft, da der vom Antragsteller am 7. Oktober 2021 eingelegte Widerspruch gegen den Bescheid vom 6. September 2021 hinsichtlich der Ziffer 2 wegen § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 64 Abs. 4 Niedersächsisches Polizei- und Ordnungsbehördengesetzes (NPOG) keine aufschiebende Wirkung nach § 80 Abs. 1 VwGO hat.
Der Antrag ist jedoch unbegründet.
Nach § 80 Abs. 1 VwGO haben Widerspruch und Klage aufschiebende Wirkung, sofern diese nicht nach § 80 Abs. 2 VwGO entfällt. Nach § 80 Abs. 2 Nr. 3 VwGO entfällt die aufschiebende Wirkung in den durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen. Eine solche gesetzliche Regelung liegt hier vor. Gem. § 64 Abs. 4 NPOG haben Rechtsbehelfe gegen die Androhung oder Festsetzung von Zwangsmitteln keine aufschiebende Wirkung.
Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht aber auf Antrag die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Ob die aufschiebende Wirkung des Rechtsbehelfs im Antragsverfahren anzuordnen oder ob ein darauf gerichteter Antrag abzulehnen ist, entscheidet das Gericht im Rahmen einer eigenen Ermessensentscheidung nach Abwägung der widerstreitenden Interessen. Im Rahmen der gerichtlichen Interessenabwägung sind regelmäßig die Erfolgsaussichten des im Hauptsacheverfahren eingelegten Rechtsbehelfs insoweit zu berücksichtigen, als sie bei summarischer Prüfung bereits überschaubar sind. Ergibt sich dabei, dass das Rechtsschutzbegehren in der Hauptsache offensichtlich unbegründet, also im vorliegenden Fall die Androhung der Ersatzvornahme offensichtlich rechtmäßig ist, ist der auf die Anordnung der aufschiebenden Wirkung gerichtete Antrag abzulehnen, weil in Bezug auf einen offensichtlich rechtmäßigen Verwaltungsakt kein schutzwürdiges Interesse an der Aussetzung dessen sofortiger Vollziehung gegeben sein kann. Ist die Androhung der Ersatzvornahme offensichtlich rechtswidrig, gebührt dem Anordnungsinteresse des Antragstellers der Vorrang, weil an der sofortigen Vollziehung eines offensichtlich rechtswidrigen Verwaltungsaktes kein öffentliches Interesse bestehen kann. Ist weder die Rechtmäßigkeit noch die Rechtswidrigkeit der angefochtenen Verfügung offensichtlich, so sind die Erfolgsaussichten im Rahmen der Interessenabwägung zu gewichten. Lassen sich die Erfolgsaussichten des gegen die angefochtene Verfügung erhobenen Rechtsbehelfs bei summarischer Beurteilung nicht hinreichend sicher beurteilen, hat das Gericht maßgebend mit zu berücksichtigen, ob der Gesetzgeber für die jeweils in Rede stehende Fallgruppe das Regel-/ Ausnahmeverhältnis zu Gunsten oder zu Lasten des Suspen-siveffektes des Rechtsbehelfes entschieden hat. Zusätzlich sind diejenigen Nachteile, die ein Sofortvollzug einer sich im Rechtsbehelfsverfahren als rechtswidrig erweisenden Androhung der Ersatzvornahme für den Antragsteller hätte, mit denjenigen Nachteilen abzuwägen, die sich für das öffentliche Interesse infolge eines Unterbleibens des Sofortvollzuges bei einer sich später als rechtmäßig erweisenden Androhung ergäben.
Nach Maßgabe dessen kommt die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nicht in Betracht. Die nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO gebotene Abwägung des Interesses des Antragstellers, einstweilen von einer Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts verschont zu bleiben, mit dem Interesse der Allgemeinheit, den Verwaltungsakt sofort vollziehen zu können, geht zugunsten der Allgemeinheit aus. Die Androhung der Ersatzvornahme ist offensichtlich rechtmäßig.
Nach § 64 Abs. 1 NPOG kann ein Verwaltungsakt, der auf die Vornahme einer Handlung oder auf Duldung oder Unterlassung gerichtet ist, mit Zwangsmitteln durchgesetzt werden, wenn er unanfechtbar ist oder wenn ein Rechtsbehelf keine aufschiebende Wirkung hat.
Ein vollstreckbarer Verwaltungsakt liegt hinsichtlich Ziffer 1 des Bescheids des Antragsgegners vom 31. Mai 2021 (Beseitigungsanordnung) vor, weil der Antragsteller mit Ziffer 3 dieses Bescheids die sofortige Vollziehung nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO angeordnet hat. Auch handelt es sich bei der Beseitigungsanordnung, mit welcher der Antragsgegner dem Antragsteller die Entsorgung der auf seinem Grundstück abgelagerten Grünabfälle bis zum 31. August 2021 aufgegeben hat, um einen Verwaltungsakt, der auf die Vornahme einer Handlung gerichtet ist. Auf die Rechtmäßigkeit der Beseitigungsanordnung kommt es hier gem. § 64 Abs. 5 NPOG nicht an (vgl. BVerwG, Urteil vom 29. April 1983 - 1 C 19.79 -, juris; OVG Bautzen, Beschluss vom 21. August 2009 - 1 B 291/08 -, juris, m.w.N.).
Die besonderen Voraussetzungen der Androhung der Ersatzvornahme aus § 66 Abs. 1 Satz 1, § 70 NPOG liegen vor.
Nach § 66 Abs. 1 Satz 1 NPOG kann, sofern die Verpflichtung, eine Handlung vorzunehmen, deren Vornahme durch eine andere Person möglich ist (vertretbare Handlung), nicht erfüllt wird, die Verwaltungsbehörde die Handlung selbst ausführen oder eine andere Person mit der Ausführung beauftragen. Weil die Entsorgung der Grünabfälle auch durch andere Personen als den Antragsteller persönlich möglich ist, handelt es sich um eine vertretbare Handlung im Sinne dieser Norm.
Die gemäß § 70 Abs. 1 Satz 1 NPOG schriftlich erfolgte Androhung bezieht sich auf die Ersatzvornahme und damit gem. § 70 Abs. 3 Satz 1 NPOG auf ein bestimmtes Zwangsmittel. Auch wurden die voraussichtlichen Kosten der Ersatzvornahme nach § 70 Abs. 4 NPOG mit einer Höhe von 2.500 EUR angegeben.
Ebenso war die dem Antragsteller gesetzte einmonatige Frist für die Beseitigung der Grünabfälle bis zum 6. Oktober 2021 angemessen (§ 70 Abs. 1 Satz 2 NPOG). Bei der Beurteilung der Angemessenheit sind insbesondere die Dringlichkeit der konkreten Sache und die tatsächlichen Handlungsmöglichkeiten des Betroffenen zu berücksichtigen (Heinemann, in Möstl/Weiner, BeckOK Polizei- und Ordnungsrecht Niedersachsen, 21. Edition, § 70 NPOG Rn. 2). Dabei ist das am baldigen Vollzug bestehende öffentliche Interesse gegenüber Umfang der Verpflichtung und der Möglichkeit ihrer Erfüllung abzuwägen (VG Würzburg, Urteil vom 7. April 2006 - W 2 S 05.775 -, juris Rn. 35).
Die hier seitens des Antragsgegners gesetzte Frist von einem Monat ist diesen Interessen gerecht geworden. Sie hat dem Antragsteller hinreichend Zeit geboten, um die angeordnete Handlung, also die Entsorgung der Grünabfälle, selbst vorzunehmen bzw. durch ein Unternehmen seiner Wahl durchführen zu lassen. Auch war die Frist hinreichend lang bemessen, um die Entsorgung den tatsächlichen Gegebenheiten entsprechend und auf dem vom Antragsteller präferierten Wege mit den von ihm präferierten Mitteln (durch Maschinen oder per Handarbeit) durchzuführen. Nicht unberücksichtigt bleiben kann dabei, dass der Antragsgegner dem Antragsteller bereits in der für sofort vollziehbar erklärten abfallrechtlichen Beseitigungsanordnung vom 31. Mai 2021 eine Frist von 3 ½ Monaten gesetzt hat, um der ihm auferlegten Verpflichtung nachzukommen.
Der Einwand des Antragstellers, die Entsorgung sei innerhalb dieser Monatsfrist nicht möglich gewesen, weil die maschinelle Entsorgung der Grünabfälle ausschließlich über den Pflegestreifen des E. durchgeführt werden könne, welcher aufgrund zwischenzeitlicher Niederschläge jedoch derart aufgeweicht sei, dass eine Überfahrung ohne große Flurschäden nicht möglich sei, lässt die ihm gesetzte Frist zur Entsorgung der Grünabfälle nicht unangemessen erscheinen.
Maßgeblich für die Beurteilung der Angemessenheit einer Fristsetzung zur Erfüllung einer Verpflichtung im Rahmen der Androhung einer Ersatzvornahme ist der Zeitpunkt der letzten behördlichen Entscheidung (ex-ante-Betrachtung). Die Behörde hat in ihrer dabei anzustellenden Prognoseentscheidung für die Möglichkeit und Zumutbarkeit der vorzunehmenden Handlung die tatsächlichen Gegebenheiten und rechtlichen Möglichkeiten zum Erlasszeitpunkt zu berücksichtigen. Die Androhung soll den Betroffenen dazu anhalten, die gebotene Handlung selbst innerhalb der Frist vorzunehmen. Sich anschließende Änderungen der Sach- und Rechtslage können dabei nicht nachträglich die zum Erlasszeitpunkt bestehende Angemessenheit der Frist in Frage stellen, weil dies dem sich dem Vollstreckungsverfahren aus Gründen der Effektivität der Gefahrenabwehr innewohnenden und insbesondere aus § 64 Abs. 1, 4 und 5 NPOG ableitbaren Bedürfnis zuwiderliefe, gefahrenabwehrrechtliche Anordnungen zeitnah zu vollstrecken. Hierdurch werden die dem Pflichtigen zur Verfügung stehenden Rechtsschutzmöglichkeiten nicht eingeschränkt. Nachträglich auftretende Vollstreckungshindernisse, wie der Wegfall der Vollstreckungsvoraussetzungen, die Unmöglichkeit der Erfüllung der zu erzwingenden Leistung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen oder das Erreichen des Vollzugszwecks, können im Rahmen der Prüfung der Ersatzvornahme geltend gemacht werden. Treten nachträglich Gründe ein, die die Durchführung einer dem Betroffenen auferlegten Verpflichtung innerhalb einer bestimmten Frist als unverhältnismäßig erscheinen lassen, lässt sich dieser Einwand im Anschluss daran bei der Überprüfung des Kostenfestsetzungsbescheides berücksichtigen, da dessen Rechtmäßigkeit neben dem ordnungsgemäßen Kostengrund, also der Rechtmäßigkeit der behördlichen Maßnahme, auch die ordnungsgemäße Kostenhöhe zur Voraussetzung hat.
Hiernach bestehen keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass im maßgeblichen Zeitpunkt der letzten behördlichen Entscheidung, also dem Erlass des Bescheids am 6. September 2021, eine Entsorgung der Grünabfälle innerhalb der Frist von einem Monat durch den Antragsteller selbst bzw. durch ein von ihm beauftragtes Unternehmen nicht möglich gewesen wäre. Laut der Auftragsbestätigung des Gartenbauunternehmens F. D. GmbH & Co. KG vom 20. August 2021, die der Antragsteller am 25. August 2021 seinerseits bestätigt hat, war zumindest zum damaligen Zeitpunkt eine Abfuhr der auf dem Grundstück gelagerten 25 m3 Kompost und Grünabfälle unter Einsatz eines „Baggers Kompakt 8 to“ sowie eines Schleppers mit Anhänger zum Preis von 2.445,45 EUR möglich. Die einer geplanten Abfuhr der Grünabfälle entgegenstehenden Bodenverhältnisse wurden ausweislich des Schreibens des Unternehmens vom 4. Oktober 2021 (Bl. 9 BA004 im Verfahren 15 A 2848/21) erst in der 39. Kalenderwoche, und damit erst Ende September 2021 festgestellt. Ursächlich hierfür soll ein Starkregenereignis gewesen sein, das sich am 10. September 2021 und damit ebenfalls nach Bescheiderlass ereignet haben soll.
Unabhängig davon ist zwischen den Beteiligten unstreitig, dass eine Entsorgung der Grünabfälle jedenfalls manuell mittels Handkarren über das Wohngrundstück des Antragstellers zu jedem Zeitpunkt möglich war und ist. Allein der Umstand, dass diese Art der Entsorgung deutlich höhere Kosten zur Folge hat, kann jedoch nicht dazu führen, die gem. § 70 Abs. 1 Satz 2 NPOG gesetzte Frist - aus ex-post-Sicht - als unangemessen anzusehen. Die Konsequenz dessen wäre, dass die dem Antragsteller gesetzte Frist zur Entsorgung zumindest bis zum Frühjahr 2022 laufen müsste, um entsprechend der Feststellungen des Unternehmens F. (Bl. 9 BA004 im Verfahren 15 A 2848/21) eine Entsorgung über den Arbeitsstreifen im Bruchbachtal zu ermöglichen, weil danach auch im Herbst 2021 nicht mit trockenem Wetter zu rechnen sei. Eine dahingehende Frist, die vom Zeitpunkt der Androhung der Ersatzvornahme aus gesehen ca. sechs Monate laufen würde und die sich selbst dann immer noch als zu kurz erweisen könnte, falls der anstehende Winter zu nass und zu feucht wird und der erhoffte Bodenfrost ausbleibt, würde dem aus Gründen der Effektivität der Gefahrenabwehr bestehenden Interesse an einer zeitnahen Vollstreckung nicht gerecht und würde überdies den Antragsgegner dem Vorwurf widersprüchlichen Verhaltens aussetzen. Denn eine derart lange Frist ließe sich nicht mit der von dem Antragsgegner gesehen Dringlichkeit der Maßnahme vereinbaren, die ihn dazu veranlasst hat, gem. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO die sofortige Vollziehung seiner Entsorgungsverfügung vom 31. Mai 2021 anzuordnen. Die Frage, ob eine manuell mittels Handkarren durchgeführte Ersatzvornahme einen unverhältnismäßigen Mehraufwand bedeutet, wäre, wie bereits ausgeführt, bei der Rechtmäßigkeit des Kostenfestsetzungsbescheides zu prüfen.
Auch fehlt es bereits an einer überzeugenden Begründung, warum eine Entsorgung – wie es der Antragsgegner vorschlägt – nicht auch über das Wohngrundstück des Antragstellers, A-Straße, A-Stadt, möglich sein soll. Zwar dürfte es nach dem in den Verwaltungsvorgängen befindlichen Bildmaterial und dem zuletzt durch den Antragsteller mit Schriftsatz vom 6. Dezember 2021 übersandten Foto von dessen Carport zutreffen, dass die seitens des Unternehmens F. vorgeschlagene Entsorgung mit einem „Bagger Kompakt 8 to“ (Bl. 2 BA004 im Verfahren 15 A 2848/21) über das Wohngrundstück nicht möglich ist, weil die Zuwegung für eine solche Maschine zu schmal ist. Der Antragsteller hat jedoch schon nicht hinreichend dargelegt, dass eine Entsorgung mit einem Minibagger, welche ausweislich des Vortrags des Antragsgegners in einem ähnlichen Zeit- und insbesondere Kostenaufwand steht, über das private Grundstück nicht möglich sein soll. Der Vortrag, dass aufgrund des Carports nicht genügend Platz für den Einsatz eines Baggers gegeben sei, lässt sich bereits dadurch entkräften, dass ein solches erforderlichenfalls zurückgebaut werden könnte. Dass ein solcher Rückbau außer Verhältnis stünde, ist weder von Seiten des Antragstellers vorgetragen noch sonst ersichtlich.
Die Androhung der Ersatzvornahme war auch verhältnismäßig, Ermessensfehler sind nicht ersichtlich.
Insbesondere war eine weitere Zwangsgeldandrohung und -festsetzung nicht erforderlich. Der Androhung der Ersatzvornahme vorweg erging mit Ziffer 4 des Bescheids vom 31. Mai 2021 bereits die Androhung eines Zwangsgeldes in Höhe von 1.000 EUR für den Fall, dass der Antragsteller der Anordnung zur Entsorgung des Grünabfalls aus Ziffer 1 des Bescheids vom 31. Mai 2021 bis zum 31. August 2021 nicht nachkommen würde. Die Festsetzung dieses Zwangsgeldes erging sodann mit Ziffer 1 des Bescheids vom 6. September 2021, nachdem der Antragsteller der Entsorgungsverpflichtung nicht nachgekommen ist. Weil der Antragsteller unter Verweis auf ihm vermeintlich fehlende Handlungsmöglichkeiten eine Entsorgung des Grünabfalls vor Frühjahr 2022 weiterhin nicht beabsichtigt, ist auch nicht davon auszugehen, dass ihn eine weitere Androhung und Festsetzung eines Zwangsgeldes zu einer zeitnahen Durchführung der angeordneten Maßnahme bewegen könnte.
Überdies geht auch die eigenständige, von den Erfolgsaussichten unabhängige Abwägung der widerstreitenden Interessen zulasten des Antragstellers aus. Maßgeblich für die Frage der Folgeabwägung ist, ob die Durchführung der Ersatzvornahme zumutbar wäre, und damit, ob das Interesse des Antragstellers, die Entsorgung selbst durchzuführen bzw. durchzuführen lassen, oder das Interesse des Antragsgegners, die Voraussetzungen für die Ersatzvornahme zu schaffen, überwiegt. Das aus Art. 14 GG abgeleitete Interesse des Antragstellers, eigenständig für die Entsorgung der in seinem Eigentum stehenden Abfälle zu sorgen sowie mit seinem Grund und Boden, über welchen die Entsorgung führen würde, zu verfahren, überwiegt das öffentliche Interesse nicht.
Für den von ihm befürchteten Eintritt von Beschädigungen im Falle der unsachgemäßen Durchführung der Ersatzvornahme, welche er bei einer durch ihn veranlassten Entsorgung meint verhindern zu können, bestehen keinerlei Anhaltspunkte; etwaige auf einer pflichtwidrigen Durchführung der Maßnahme beruhende Beschädigungen wären ohnehin im Rahmen von Schadensersatzansprüchen auszugleichen.
Auch spricht gegen das Interesse des Antragstellers an einer eigenständigen Durchführung der Entsorgung, dass er ausweislich der Darstellung des Antragsgegners (Bl. 59 BA002 im Verfahren 15 A 2848/21) selbst vorgetragen hat, es sei ihm gleich, wer die Entsorgung durchführt. Insofern hat er schon kein hinreichendes Interesse daran bekundet, die Ersatzvornahme selbst durchzuführen. Das ergibt sich auch aus seiner an den Antragsgegner gerichteten Mail vom 9. November 2021, in der es heißt: „Ich bitte Sie daher dringend, während Ihrer Arbeiten Sorge dafür zu tragen, dass die Zufahrt zum Carport und die Fahrzeuge des Mieters nicht beschädigt werden. Aus diesem Grund ist der Abtransport der Grünabfallreste von der G. aus nur händisch mit Personal und Schubkarren zu erledigen. (…) Wenn Sie weiterhin darauf bestehen, werde ich selbstverständlich Sorge dafür tragen, dass Ihnen der Abtransport der Grünabfälle händisch ermöglicht bleibt. Für diesen Fall schlage ich vor, dass Sie für den Abtransport nicht meine 1. Einfahrt (mit der Pforte) nutzen, sondern meine 2. Einfahrt zur G.. Diese Einfahrt ist gepflastert. Sie können Ihr Fahrzeug zum Abtransport entweder auf der Straße stehen lassen oder mein Angebot annehmen, die Pflasterung der Einfahrt zu benutzen, um einige Meter näher an den Grünabfällen zu sein. Ich möchte Sie allerdings auch darauf hinweisen, dass ich Ihre Aktion als unverhältnismäßig und überzogen empfinde.“
Hinzukommt, dass die Ersatzvornahme nicht notwendigerweise höhere Kosten auslöst, als durch ein eigens vom Antragsteller beauftragtes Unternehmen anfallen würden. Insoweit weichen die seitens des Antragsgegners angekündigten Kosten der Ersatzvornahme mit 2.500 EUR von denen des Unternehmers F. mit 2.445,45 EUR (Bl. 61 BA002 im Verfahren 15 A 2848/21) nur unwesentlich ab. Die Frage, ob im Falle der manuellen Entsorgung auch die hierdurch entstehenden höheren Kosten noch verhältnismäßig sind und damit dem Antragsteller auferlegt werden können, hängt dabei von den sich zu diesem Zeitpunkt ergebenen tatsächlichen Handlungsmöglichkeiten ab und wäre, wie ausgeführt, in einem sich ggf. anschließenden verwaltungsbehördlichen bzw. -gerichtlichen Verfahren zu klären. Vor diesem Hintergrund legt die Kammer den Beteiligten bereits an dieser Stelle nahe, im Falle der Durchführung der Ersatzvornahme die Arbeiten selbst und die Situation vor Ort ausreichend zu dokumentieren, um die Fragen, die sich im Verfahren 15 A 2848/21 betreffend die Entsorgungsverfügung und in einem sich ggf. anschließenden weiteren Verfahren gegen einen zu erlassenden Kostenbescheid stellen, auf ausreichender Grundlage klären zu können.
Die Höhe des Streitwerts beruht auf § 52 Abs. 1, Abs. 3 Satz 1 GKG i.V.m. Nr. 1.5 und Nr. 1.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung der am 31. Mai/ 1. Juni 2012 und am 18. Juli beschlossenen Änderungen. Danach ist im Rahmen der Vollstreckung bei der Androhung von Zwangsmitteln die Hälfte der geschätzten Kosten der Ersatzvornahme als Streitwert anzusetzen. Im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes beträgt der Streitwert die Hälfte des für das Hauptsacheverfahren anzunehmenden Streitwertes. Demzufolge beträgt der Streitwert ein Viertel der voraussichtlichen Kosten der Ersatzvornahme, welche der Antragsgegner in seiner Verfügung vom 6. September 2021 mit 2.500 EUR angegeben hat, und damit 625,00 EUR.