Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 14.02.2023, Az.: 13 K 10/20

Bibliographie

Gericht
FG Niedersachsen
Datum
14.02.2023
Aktenzeichen
13 K 10/20
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2023, 37333
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE::2023:0214.13K10.20.00

Fundstellen

  • NZI 2023, 1011-1014
  • ZInsO 2023, 2664-2667

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.

    Lastet auf einem Grundstück eine vorrangige Grundschuld und wird zugunsten des Steuergläubigers eines Zwangssicherungshypothek eingetragen, so kommt ein Duldungsbescheid wegen der Einräumung der (vorrangigen) Grundschuld in Betracht.

  2. 2.

    Im Falle der Anfechtung nach dem Anfechtungsgesetz muss der Duldungsbescheid die Art und Weise der Rückgewähr entsprechend § 13 AnfG bestimmt bezeichnen. Insoweit ist - je nach Verfahrensstadium und Einzelfall - ein Vielzahl von Rechtsfolgen denkbar. Im Regelfall hat der Ausspruch dahin zu lauten, dass der Anfechtungsgegner verpflichtet wird, von seinem Recht dem anfechtenden Gläubiger gegenüber keinen Gebrauch zu machen.

  3. 3.

    Beschränkt sich das Finanzamt im Duldungsbescheid darauf, zu erklären, die Grundschulden würden angefochten bzw. es werde in die eingetragenen Grundschulden vollstreckt und führt es zur Begründung der Gläubigerbenachteiligung aus, diese folge daraus, dass die Grundschuld des Empfängers des Duldungsbescheids im Falle der Zwangsvollstreckung der Befriedigung des Finanzamtes aus der von diesem eingetragenen, nachrangigen Sicherungshypothek vorgehe, so genügt dies den Bestimmtheitsanforderungen des § 119 Abs. 1 AO iVm. § 13 AnfG nicht. Der Duldungsbescheid ist jedenfalls rechtswidrig, wenn nicht bereits nichtig.

  4. 4.

    Eine Heilung des Formmangels im Leistungsgebot kommt - selbst wenn der Duldungsbescheid nicht nichtig ist - nicht in Frage, als die Klarstellung in der Form erfolgen muss, die für den Verwaltungsakt selbst gilt. Das Leistungsgebot hat indes einen vom Duldungsbescheid zu trennenden Regelungsgegenstand. Konkretisierungen darin erfolgen deshalb nicht in der gleichen Form.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit des Duldungsbescheids vom 13. August 2019.

Herr A (im Folgenden: Vollstreckungsschuldner) schuldet dem Land B ungefähr 500.000,00 €. Die Summe rührt maßgeblich aus einer im Februar 2018 begonnenen Betriebsprüfung für die Jahre 2013 bis 2016 und gründet auf - nach durchgeführtem Klagefahren - mittlerweile bestandskräftigen Festsetzungen.

Zur Durchsetzung der Steuerforderungen unternahm der Beklagte diverse Vollstreckungsversuche. Dabei blieben Kontopfändungen ohne nennenswerten Erfolg und aus der Pfändung des Arbeitslohns ergaben sich aufgrund von unterhaltsberechtigten Personen keine pfändbaren Beträge. Unter dem 13. September 2019 gab der Vollstreckungsschuldner die Vermögensauskunft ab, im Rahmen derer er (nur) das Bestehen von Außenständen gegenüber dem Beklagten und der Stadt C an Eides statt versicherte.

Der Vollstreckungsschuldner ist Eigentümer der im Grundbuch des Amtsgerichts D Blatt X und Blatt Y verzeichneten Grundstücke. Das Grundvermögen hatte er in 2004 zunächst zusammen mit Frau E (jeweils zu 1/2) erworben. Im Rahmen dessen wurde zugunsten der Bank F eine Gesamtgrundschuld auf beiden Grundbuchblättern iHv. 400.000,00 € eingetragen, welche in 2014 an die Bank G abgetreten wurde. Aufgrund Auflassung vom 13. Juni 2018 erwarb der Vollstreckungsschuldner schließlich mit Eintragung am 31. August 2018 das Alleineigentum an den Grundstücken.

Unter dem 13. Juni 2018 und 26. Juni 2018 bestellte der Vollstreckungsschuldner zugunsten der Klägerin jeweils eine brieflose Gesamt-Buchgrundschuld auf beiden Grundstücken iHv. jeweils 400.000,00 € (eingetragen jeweils am 28. Oktober 2018).

Mit Ersuchen vom 28. Dezember 2018 ließ wiederum das Land B am 08. Januar 2019 eine Zwangssicherungshypothek iHv. 365.205,55 € eintragen. Ebenso verfuhr die Stadt C und erwirkte mit Ersuchen vom 22. Februar 2019 am 28. Februar 2019 die Eintragung einer Zwangssicherungshypothek iHv. 110.000,00 €.

Mit Duldungsbescheid vom 13. August 2019 nahm der Beklagte die Klägerin wegen der Abgabenforderung des Vollstreckungsschuldners gemäß § 4 Anfechtungsgesetz (AnfG), aufschiebend bedingt auf die Bestandskraft der Festsetzung, in Anspruch und kündigte an, die Klägerin zu gegebener Zeit durch gesondertes Leistungsgebot zur Leistung aufzufordern. Inzidenter erklärte der Beklagte die Anfechtung der zugunsten der Klägerin eingetragenen Grundschulden. In der beigefügten Anlage wurden die zu vollstreckenden Abgabenforderungen im Einzelnen ausgewiesen (Einkommensteuer, Zinsen auf Einkommensteuer, Solidaritätszuschlag, Umsatzsteuer sowie Zinsen auf Umsatzsteuer jeweils 2013 bis 2016 sowie entsprechende Vorauszahlungen für die Folgezeiträume).

In der Begründung führte der Beklagte im Obersatz aus, dass nach § 191 Abs. 1 AO derjenige durch Duldungsbescheid in Anspruch genommen werden könne, der Kraft Gesetztes verpflichtet sei, die Vollstreckung zu dulden. Das sei der Fall, "wenn die Duldungspflicht auf einer Anfechtung nach dem AnfG beruh[e], die einen gesetzlichen Rückgewähranspruch oder - subsidiär - Wertersatz begründ[e], in den der Anfechtende vollstrecken [dürfe]".

Eine Anfechtung sei im konkreten Fall nach § 4 AnfG möglich, da in den Eintragungen der Grundschulden anfechtbare Rechtshandlungen zu sehen seien. Diese seien auch unentgeltlich erfolgt, da die Klägerin keine Gegenleistung habe erbringen müssen und ihr auch sonst keine gleichwertige Gegenleistung zugeflossen sei.

Durch Bewilligung und Eintragung der Grundschulden sei das Land B als Gläubiger benachteiligt. "Denn die zugunsten der Klägerin eingetragenen Grundschulden gingen im Falle der Zwangsvollstreckung der Befriedigung des Finanzamtes aus der von diesem eingetragenen, nachrangigen Sicherungshypothek vor."

Die Rechtshandlungen seien auch innerhalb der Vier-Jahres-Frist erfolgt.

Der Beklagte führte weiter aus, er halte es für ermessensgerecht, die Klägerin "zur Duldung der Vollstreckung in die zu [i]hren Gunsten eingetragenen Grundschulden heranzuziehen", da die beiden Grundstücke die einzigen Vermögensgegenstände seien, in die vollstreckt werden könne. Die Vollstreckung in das sonstige Vermögen des Vollstreckungsschuldners werden nicht zu einer vollständigen Befriedigung führen.

Eine konkretere Anordnung der Rechtsfolge enthielt der Duldungsbescheid nicht.

Die Zustellung des Bescheids erfolgte unter dem 27. September 2019. Mit Schreiben vom 30. September 2019 legte die Klägerin - ohne Begründung - Einspruch gegen den Duldungsbescheid ein.

Als auch auf entsprechende Aufforderung vom 21. September 2019 keine Begründung einging, wies der Beklagte den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 18. Dezember 2019 (zugestellt am 20. Dezember 2019) zurück und wiederholte bzw. vertiefte z.T. die Subsumtion der Tatbestandsvoraussetzungen. Eine Konkretisierung der Rechtsfolge erfolgte nicht. Vielmehr fehlten der obersatzmäßige Hinweis auf "Rückgewähr oder - subsidiär - Wertersatz" und die Ausführungen zum Ermessen, es werde "in die [...] eingetragenen Grundschulden" vollstreckt.

Gegen die Zurückweisung wendet sich die Klägerin mit ihrer Klage vom 14. Januar 2020 (eingegangen am selben Tage).

Sie behauptet, die Einräumung der Grundschulden sei nicht unentgeltlich iSd. § 4 AnfG erfolgt. Vielmehr dienten sie zur Absicherung eines Darlehens iHv. insgesamt 800.000,00 €. Zum Beweis legt sie zwei "Einzahlungsbelege" in türkischer Sprache (auch als "Abholquittungen" oder "Schuldschein" bezeichnet), datiert auf den 16. Februar 2018, vor.

Der Sohn der Klägerin habe nach der Darlehensgewährung "hier in Deutschland" durch Dritte in Erfahrung gebracht, dass sich der Vollstreckungsschuldner in Schwierigkeiten befinde und es "sicherer [sei], sich abzusichern", woraufhin es zur Grundschuldbestellung gekommen sei, nachdem sich der Vollstreckungsschuldner lange Zeit dagegen "verwehrt" habe.

Die Klägerin beantragt,

den Duldungsbescheid vom 13. August 2019 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 18. Dezember 2019 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er meint, die Einräumung der Grundschulden sei unentgeltlich iSd. § 4 AnfG erfolgt. Der Vortrag der Klägerin hinsichtlich Mittelherkunft, Darlehensgewährung sowie Besicherungsablauf sei unglaubhaft. Selbst wenn er, der Beklagte, beweisbelastet sei, genüge die Klägerin damit nicht der ihr dann obliegenden sekundären Darlegungslast.

Im Ergebnis habe die Klägerin die Vollstreckung in die bestellten Grundschulden so zu dulden, als gehe der Anspruch des Beklagten dem Anspruch der Klägerin im Range vor.

In diesem Sinne sei angeordnete Rechtsfolge durch den Duldungsbescheid hinreichend bestimmt. Dies ergebe sich - wie er im Rahmen der mündlichen Verhandlung herausstellte - bereits aus demjenigen Absatz, der die Benachteiligung des Landes B (dort: "Befriedigung des Finanzamtes"; s.o.) behandele.

Entscheidungsgründe

I. Die zulässige Klage ist begründet.

II. Die Klägerin verfolgt ihr Begehren zulässigerweise als Anfechtungsklage gemäß § 100 Abs. 1 S. 1 Hs. 1 FGO. Dass sich der angefochtene Verwaltungsakt im Ergebnis u.U. gar als nichtig erweist (s.u.) steht einer Anfechtungsklage auch im Lichte des § 41 Abs. 1 FGO nicht entgegen. Die Nichtigkeit eines Verwaltungsakts kann zwar ausdrücklich gemäß § 41 Abs. 1 FGO im Wege der Feststellungsklage geltend gemacht werden. Es kann jedoch auch Anfechtungsklage mit dem Ziel der Aufhebung des nichtigen Verwaltungsakts erhoben werden (BFH, Urteil vom 7. November 1974, IV R 108/70, NV; vom 11. Oktober 1978, II R 31/74, BFH/NV 1987, 19 [BFH 26.06.1985 - IV R 62/83]); dies ist schon deshalb erforderlich, weil zweifelhaft sein kann, ob ein Verwaltungsakt nichtig oder lediglich anfechtbar ist.

Sodann kommt es nur darauf an, dass die besonderen Sachurteilsvoraussetzungen der Anfechtungsklage, namentlich die Durchführung des Vorverfahrens sowie die Einhaltung der Klagefrist erfüllt sind. Das ist in Ansehung der Einspruchsentscheidung vom 18. Dezember 2019, zugestellt am 20. Dezember 2019 bei Klageerhebung am 14. Januar 2020 der Fall.

III. Die Klage ist auch begründet, da sich der Duldungsbescheid vom 13. August 2019 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 18. Dezember 2019 jedenfalls als rechtswidrig erweist und daher aufzuheben ist.

1. Der Duldungsbescheid genügt den Bestimmtheitsanforderungen des § 119 Abs. 1 AO nicht.

a. Wie alle Verwaltungsakte müssen auch Duldungsbescheide dem Bestimmtheitserfordernis genügen. Aus ihrem Inhalt muss für den zweifelsfrei zu bezeichnenden Adressaten deutlich werden, welches Verhalten von ihm verlangt wird. Dazu gehört, dass aus dem Duldungsbescheid die ggf. nach Erhebungszeiträumen aufgeschlüsselten Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis sowie die Schuldner der Erstschuld und die der Vollstreckung unterliegenden Vermögensgegenstände klar hervorgehen müssen. Die Forderungen sowie die Beträge, bis zu denen die Vollstreckung zu dulden ist, sind im Einzelnen aufzuführen. Im Falle der Anfechtung nach dem AnfG muss der Bescheid darüber hinaus die Art und Weise der Rückgewähr (z.B. Duldung der Zwangsvollstreckung oder Leistung von Wertersatz bei Unmöglichkeit der Herausgabe) bestimmt bezeichnen (§ 13 AnfG; noch zu § 9 AnfG a.F.: BFH, Beschluss vom 08. Februar 2001, VII B 82/00, BFH/NV 2001, 1003).

b. Die Anforderungen kann der Duldungsbescheid vom 13. August 2019 nicht - auch nicht in Gestalt der Einspruchsentscheidung - erfüllen. Denn es mangelt an denjenigen Angaben, die nach § 13 AnfG für den Klageantrag gefordert werden.

aa. Der Duldungsbescheid enthält im "Tenor" zur Rechtsfolge im weitesten Sinne nur die Angabe, dass die Klägerin "in Anspruch genommen" werde. Zudem regelt der Bescheid, dass die Grundschuldbestellungen angefochten würden. Was daraus folgen soll, ergibt sich indes nicht.

Nun steht das Gebot der genauen Bezeichnung des Anfechtungsgegenstandes bzw. der hinreichenden inhaltlichen Bestimmtheit des Duldungsbescheids einer Auslegung des Duldungsbescheids mitsamt des darin bezeichneten Anfechtungsgegenstands nach den üblichen Auslegungsregeln der §§ 133, 157 BGB nicht entgegen (BFH, Beschluss vom 08. Februar 2001, VII B 82/00, BFH/NV 2001, 1003).

Unklarheiten und Ungenauigkeiten des Regelungsinhalts eines Verwaltungsakts können stets durch Auslegung geklärt und behoben werden, wobei es grundsätzlich keinen Unterschied macht, ob es sich dabei um einen begünstigenden oder um einen belastenden Verwaltungsakt handelt. In allen Fällen eines Verwaltungsakts kommt es entscheidend darauf an, wie der Betroffene nach den ihm bekannten Umständen den materiellen Gehalt des Verwaltungsakts unter Berücksichtigung von Treu und Glauben verstehen durfte, wobei nicht am buchstäblichen Sinn des Ausdrucks gehaftet werden darf und im Zweifel allerdings das den Betroffenen weniger belastende, bei einem begünstigenden Verwaltungsakt mithin das ihn mehr begünstigende, Auslegungsergebnis vorzuziehen ist.

Doch auch gemessen daran und unter der gebotenen Heranziehung des übrigen Inhalts des Duldungsbescheids sowie der Einspruchsentscheidung bleibt unklar, welche Rechtsfolge angeordnet werden soll.

Aus der Begründung des Duldungsbescheids ergibt sich für die Rechtsfolge zunächst nur die obersatzmäßige Feststellung, dass aus § 191 Abs. 1 AO derjenige durch Duldungsbescheid in Anspruch genommen werden kann, der Kraft Gesetzes verpflichtet ist, die Vollstreckung zu dulden, was wiederum der Fall sei, wenn die Duldungspflicht auf einer Anfechtung nach dem AnfG beruhe, die "einen gesetzlichen Rückgewähranspruch oder - subsidiär - Wertersatz [begründe], in den der Anfechtende vollstrecken [dürfe]". Auch hier bleibt, ungeachtet des Umstandes, dass die Annahme, dass in den Anspruch vollstreckt wird, nicht zutreffend sein dürfte, unklar, welche Rechtsfolge angeordnet werden soll. Stattdessen wird gar in einer "oder"-Verknüpfung von Rückgewähranspruch und Wertersatz gesprochen. Das kann ersichtlich nicht zur Erkenntnis beitragen, was zu dulden oder gar zu leisten ist.

Nun ließe sich dazu anführen, dass sich die Begründung insoweit ausschließlich mit den Tatbestandsvoraussetzungen und deren Erfüllung befasst und dass die Rechtsfolgenbegründung zu fokussieren ist. Diese beschränkt sich indes auf Ausführungen zum Ermessen und enthält nur en passant den Hinweis, es werde "in die zu [...] Gunsten [der Klägerin] eingetragenen Grundschulden" vollstreckt. Für die Klägerin ist damit indes nicht erkennbar, welches Verhalten von ihr verlangt wird. Denn wenn schon aus fachkundiger Sicht nicht zweifelsfrei erkennbar ist, was mit "Duldung der Vollstreckung in die Grundschulden" gemeint ist, muss dies aus laienhafter Sicht erst recht gelten. Die Unklarheit wird noch dadurch verstärkt, dass offenbar auch aufseiten des Beklagten Unbehagen im Hinblick auf die Formulierung bestand, als sie in die ansonsten weit überwiegend wortgleiche Einspruchsentscheidung keinen Eingang gefunden hat.

Ferner hat der Beklagte seinerseits in der mündlichen Verhandlung nicht die Ermessensbegründung zum Zwecke der Bestimmung der Rechtsfolge herausgestellt, sondern den Absatz zur Begründung der Gläubigerbenachteiligung. Ungeachtet des Umstandes, dass auch dieser Absatz die Tatbestands- und nicht die Rechtsfolgenseite behandelt, vermag der Senat hierin keine konkrete Rechtsfolgeanordnung zu erkennen. Es wird lediglich der Umstand, nämliche die benachteiligende Wirkung, beschrieben, der sich aus der Nachrangigkeit der Zwangssicherungshypothek ergibt. Wenn der Beklagte nun meint, daraus ergebe sich, was es rückgängig oder zu beseitigen gelte, so stellt sich unmittelbar die Frage danach, wie dies geschehen soll. Damit wiederum wird der Mangel einer bestimmten Rechtfolge offenkundig.

bb. Die Unklarheiten können vorliegend auch nicht deshalb von der Hand gewiesen werden, als für jedermann und so auch für die Klägerin hätte erkennbar sein müssen, welchen Fortgang die Angelegenheit nehmen würde.

Denn die vorliegende Konstellation weist erheblich von den Standardfällen ab und ist im Hinblick auf den zutreffenden (zivilrechtlichen) Anfechtungsantrag auch besonders diffizil und damit auch fehleranfällig.

Denn die Vollstreckung im hiesigen Fall erfolgt gerade anders als in Überlassungsfällen nicht durch Vollstreckung in das erworbene Recht. Der Anfechtungsanspruch geht allgemein formuliert - entgegen des missverständlichen Wortlauts des § 11 AnfG - auf Wiederherstellung der ursprünglichen Zugriffslage. Im klassischen Übertragungsfall muss sich der Anfechtungsgegner, allein im Verhältnis zum anfechtenden Gläubiger, so behandeln lassen als gehöre der anfechtbar überlassene Gegenstand noch zum Vermögen des Vollstreckungsschuldners (Huber, in Huber/AnfG, § 11 Rn. 8). Eine Vollstreckung "in" eine anfechtbar gewährte Grundschuld, falls dies deren Verwertung meinte, führte erkennbar zu einem anderen Ergebnis. Aus dem gleichen Grund geht der Anfechtungsanspruch bei anfechtbaren Belastungen von Grundstücken auch nicht auf Abtretung des anfechtbar erworbenen dinglichen Rechts. Ferner kann auch nicht die Löschung begehrt werden, weil lediglich die dem Zugriff auf das Pfandobjekt entgegenstehenden Hindernisse zu beseitigen sind. Der Klageantrag hat vielmehr grundsätzlich dahin zu lauten, dass der Anfechtungsgegner von seinem Recht dem anfechtenden Gläubiger gegenüber keinen Gebrauch macht (Huber, in Huber/AnfG § 13 Rn. 25).

Damit ist aber auch nur der Regelfall beschreiben. In Ausnahmefällen kann sich ein Anspruch auf Beseitigung des Rechts aus einer unerlaubten Handlung des Anfechtungsgegners ergeben, falls über den Anfechtungstatbestand hinaus besondere erschwerende Umstände vorliegen (BGH, Urteil vom 09. Mai 1996, IX ZR 50/95, NJW 1996, 2231).

Wird die Anfechtungsklage gegen die Bewilligung einer Grundschuld wiederum nach Einleitung des Zwangsversteigerungsverfahrens erhoben, so lautet der Klageantrag, wenn das angefochtene Recht in das geringste Gebot fällt und es sich bei dem Recht um die einzige oder letzte Grundstücksbelastung handelt dahin, dass der Beklagte verurteilt wird, darin einzuwilligen, dass wegen der Forderung des Klägers die Rechte des Anfechtungsgegners im Zwangsversteigerungsverfahren gegen den Schuldner bei der Feststellung des geringsten Gebotes außer Betracht bleiben. Stehen dem angefochtenen Recht andere ebenfalls in das geringste Gebot aufgenommene Grundpfandrechte im Range nach, so kann (da die Anfechtung ein Aufrücken der Nachberechtigten nicht zur Folge hat, die Nichtberücksichtigung des Rechts also nicht verlangt werden darf) der Anfechtungsgläubiger vom Anfechtungsgegner nur Ersatz des Wertes der Position des Anfechtungsgegners verlangen. In diesem Fall muss er also auf Zahlung (bis zum Betrage seiner befriedigungsbedürftigen Forderung gegen den Schuldner) klagen (Huber, Huber/AnfG § 13 Rn. 27).

Fällt das anfechtbare Grundpfandrecht dagegen nicht in das geringste Gebot und ist es durch Zuschlag erloschen, so geht, wenn zurzeit der Erhebung der Anfechtungsklage das Verteilungsverfahren noch nicht stattgefunden hat, die Anfechtungsklage auf Einwilligung in die Auszahlung des bei der Zwangsversteigerung auf die angefochtene Position entfallenden Erlöses, und zwar bis zum Betrage der Forderung des Gläubigers gegen den Schuldner (Huber, in Huber/AnfG § 13 Rn. 28).

Im Verteilungsverfahren ist der Anfechtungsgläubiger schließlich nach §§ 115, 9 Nr. 2 ZVG widerspruchsberechtigt. Sein Klageantrag geht darauf, den Teilungsplan dahin abzuändern, dass die Teilungsmasse (bis zur Höhe der Forderung gegen den Schuldner) vor der Berücksichtigung des Anfechtungsgegners an ihn (den Anfechtungskläger) auszuhändigen ist. Ist der Erlös für das anfechtbare Recht an den Anfechtungsgegner bereits ausgezahlt, so ist mit der Anfechtungsklage die Verurteilung des Anfechtungsgegners zur Zahlung (in Höhe der Forderung des Anfechtungsklägers gegen den Schuldner) zu verlangen. Hat der Ersteher des versteigerten Grundstücks den Erlös nicht bezahlt und das Gericht die Forderung des Anfechtungsgegners auf Zahlung des Steigerungserlöses entsprechend dem Teilungsplan nach §§ 118, 120 ZVG durch Eintragung einer Sicherungshypothek angeordnet, so ergreift der Anfechtungsanspruch dieses Recht selbst. Der Klageantrag geht jetzt dahin, die dem Anfechtungsgegner im Zwangsversteigerungsverfahren übertragene Forderung an ihn, den Anfechtungskläger, in Höhe seiner Forderung gegen den Schuldner abzutreten (Huber, in Huber/AnfG, § 13 Rn. 29).

Diese Zusammenstellung von Huber (a.a.O.) illustriert eindrucksvoll, dass eine Vielzahl von Rechtsfolgen abstrakt denkbar ist. Freilich wird die Klägerin als betroffene Anfechtungsgegnerin wissen, in welchem Verfahrensstadium sich die Versteigerung befindet, so dass sich Zahl der Optionen etwas verringert. Es bleibt aber dabei, dass schon mehrerlei an rechtmäßigen Vorgehensweisen denkbar sind. Hinzukommen diverse unrichtige bzw. unzulässige Anträge (im zivilgerichtlichen Verfahren) bzw. Tenorierungen (im Duldungsbescheid).

cc. Schließlich verhilft dem Duldungsbescheid auch nicht zur hinreichenden Bestimmtheit, dass die Rechtsfolge im Nachgang durch den Beklagten konkretisiert worden ist.

Dies gilt zunächst für die Einspruchsentscheidung, als von dieser gerade keine weitergehende Konkretisierung ausgeht. Sie enthält sich vielmehr noch weitergehend einer Anordnung einer Rechtsfolge.

Der Beklagte verwies auf den telefonischen Hinweis des Senats, es bestehe ein Bestimmtheitsproblem, entsprechend auch nicht auf die Einspruchsentscheidung, sondern legte das Leistungsgebot vom 06. Oktober 2021 vor, in dem es heißt, die Klägerin habe die Vollstreckung in die zu ihren Gunsten bestellten Grundschulden "so zu dulden, als gehe der Anspruch des Steuergläubigers [ihrem] Anspruch im Range vor".

Gleichlautend hat der Beklagte sein Begehren bereits im Schreiben vom 22. Juli 2020 formuliert. Und noch deutlicher wird sein Begehren in dem als Anlage vorgelegten Schreiben an die Bevollmächtigten des Vollstreckungsschuldners vom 28. Februar 2022. So heißt es darin nämlich, dass der Beklagte im Fall des Obsiegens (im hiesigen Verfahren) mit "seinen Sicherungshypotheken [...] jeweils vor die Grundschulden der [Klägerin] rücken würde".

Dies kommt - wie oben gesehen - der Rechtsfolge eines hinreichend bestimmten rechtmäßigen Duldungsbescheids nahe und der Duldungsbescheid wäre, hätte er jene Formulierung bereits enthalten, u.U. auch der Auslegung dergestalt zugänglich, dass von hinreichender Bestimmtheit auszugehen wäre.

Allen dreien gemein ist indes, dass sie zeitlich erst während des rechtshängigen finanzgerichtlichen Verfahrens verfasst worden sind. Und eine Heilung nach Abschluss des Einspruchsverfahrens kommt im finanzgerichtlichen Verfahren nicht in Betracht.

Ausgeschlossen ist eine Heilung per se bei einem zur Nichtigkeit führenden Mangel, dies sogar im späteren Einspruchsverfahren (BFH, Urteil vom 26. März 1991, VIII R 210/85, BFH/NV 1992, 73) oder durch Anwendung des § 126 I Nr. 2 AO. Bei solchen Mängeln, die lediglich die Rechtswidrigkeit zur Folge hätten, gilt dies nicht in gleicher Strenge. Vielmehr kann der ausnahmsweise nicht nichtige, sondern nur rechtswidrige und anfechtbare (aufhebbare) Verwaltungsakt durch nachträgliche Klarstellung geheilt werden. Dies muss bei wesentlichen Unklarheiten indes in der Form erfolgen, die für den Verwaltungsakt selbst gilt, z.B. durch eine fehlerfreie Einspruchsentscheidung (Söhn, in H/H/Sp, § 119 AO, Rn. 206).

In diesem Lichte konnte der Beklagte den unbestimmten Duldungsbescheid durch sein Leistungsgebot vom 06. Oktober 2021 bzw. die im hiesigen Verfahren vorgelegten Schreiben nicht mehr retten.

Denn eine Konkretisierung im Leistungsgebot erfolgt gerade nicht in derjenigen "Form", die für den Verwaltungsakt gilt. Das Leistungsgebot hat einen vom Duldungsbescheid zu trennenden Regelungsumfang. Sie regelt lediglich, dass die mit dem Duldungsbescheid ausgesprochene und bestimmt bezeichnete Rechtsfolge nunmehr, weil die übrigen Voraussetzungen eingetreten sind, eintreten soll und dass die Vollstreckung beginnen solle. Im Rahmen dessen erfolgte Konkretisierungen erfolgen mithin "an der falschen Stelle" und verhelfen dem Duldungsbescheid nicht zu hinreichenden Bestimmtheit.

Für an Dritte gerichtete Schreiben und Schriftsätze im finanzgerichtlichen Verfahren gilt dies sodann erst recht. Sie haben gerade nicht die erforderliche "Form".

2. Im konkreten Fall führt die Unbestimmtheit jedenfalls zur Rechtswidrigkeit. § 119 AO sieht keine Rechtsfolge vor. Folge mangelnder Bestimmtheit eines Verwaltungsaktes ist regelmäßig gar dessen Nichtigkeit sein (BFH, Urteil vom 26. Juni 1985, IV R 62/83, BFH/NV 1987, 19; Urteil vom 15. April 2010, BFH/NV 2010, 1606 [BFH 15.04.2010 - IV R 67/07]). Das ist jedenfalls dann der Fall, wenn es sich zugleich um einen besonders schwerwiegenden und offenkundigen Mangel iSv. § 125 AO handelt. Im Übrigen führt die mangelnde Bestimmtheit zur Anfechtbarkeit des Verwaltungsaktes. Die Abgrenzung kann im vorliegenden Fall daher offen bleiben.

IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

VI. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO iVm. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

VII. Die Revision war nicht zuzulassen. Die Frage, ob das Bestimmtheitserfordernis erfüllt ist, hängt von den Umständen des hiesigen Einzelfalls ab, so dass ihr keine grundsätzliche Bedeutung i.S.v. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zukommt (gar "nicht zukommen kann": Jatzke, in Gosch/AO/FGO, § 191 Rn. 29; "regelmäßig": BFH, Urteil vom 8. Februar 2001, VII B 82/00, BFH/NV 2001, 1003). Und auch im Übrigen hat der Fall keine grundsätzliche Bedeutung.