Verwaltungsgericht Stade
Urt. v. 20.01.1995, Az.: 6 A 742/94

Anspruch einer syrischen Kurdin auf Anerkennung als Asylberechtigte; Verfolgung von PKK-Anhängern in Syrien; Asylrelevante Gruppenverfolgung von Kurden in Syrien; Verfolgung von Jesiden in Syrien

Bibliographie

Gericht
VG Stade
Datum
20.01.1995
Aktenzeichen
6 A 742/94
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1995, 18305
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGSTADE:1995:0120.6A742.94.0A

Verfahrensgegenstand

Asylrecht, Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung

Prozessführer

Syrischen Staatsangehörige ...

Prozessgegner

...

Sonstige Beteiligte

...

Redaktioneller Leitsatz

  1. 1.

    Der Umstand, den Angehörigen der PKK Geld gespendet und ihnen auch einmal die Wäsche gewaschen zu haben, begründet die Annahme einer individuellen Verfolgungsgefahr eines aus Syrien stammenden kurdischen Asylsuchenden nicht.

  2. 2.

    Die ethnische Minderheit der Kurden ist in Syrien keiner asylrelevanten Gruppenverfolgung unterworfen. Mitglieder der kurdischen Minderheit werden in Syrien nur dann verfolgt, wenn sie sich konkret gegen den syrischen Staat betätigen. Die PKK als solche, wird hingegen in Syrien geduldet.

  3. 3.

    Die jesidische Religionsgruppe unterliegt keiner Verfolgung durch den syrischen Staat. Es besteht daher keine asylrechtlich relevante Gruppenverfolgung.

  4. 4.

    Es besteht kein hinreichender Anhalt dafür, das das Leben oder die Freiheit von Angehörigen einer Minderheiten bei deren Rückkehr nach Syrien dort wegen ihrer Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Überzeugung gegenwärtig oder in absehbarer Zukunft bedroht ist.

Das Verwaltungsgericht Stade hat
aufgrund der mündlichen Verhandlung am 20. Januar 1995
durch
Richter am Verwaltungsgericht Lassalle als Einzelrichter der 6. Kammer
für Recht erkannt:

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Die Klägerin trägt die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Kostenbetrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Den Beteiligten steht gegen dieses Urteil die Berufung zu, wenn sie vom Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

Tatbestand

1

Die Klägerin ist syrische Staatsangehörige. Sie bezeichnet sich als kurdische Volkszugehörige jesidischer Religion. Mit Schreiben ihres Prozeßbevollmächtigten vom 16. November 1992 begehrte sie gegenüber der Zentralen Ausländerbehörde der Stadt die Anerkennung als Asylberechtigte.

2

Bei ihrer Anhörung im Rahmen der Vorprüfung vor der Außenstelle ... des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge am 10. Januar 1994 gab die Klägerin an, mit dem Kläger des Asylrechtsstreits 6 A 1077/94 ... nach jesidischem Ritus verheiratet zu sein. Einer ihrer Brüder sei der in der Bundesrepublik Deutschland lebende Asylbewerber ... Im November 1992 habe sie Syrien verlassen und sei in die Bundesrepublik Deutschland eingereist. Die Reise habe ihr Vater organisiert und dafür 6.000,- DM aufgewendet. Er habe ihr auch über Araber in Syrien einen libanesischen, auf ihren Namen lautenden Reisepaß beschafft. Einer ihrer Brüder sei vier Jahre vor diesem Anhörungstermin zur kurdischen Befreiungsbewegung gegangen und vor derzeit sechs Monaten von den Türken ermordet worden. Sie selbst sei in Syrien nicht Mitglied einer Partei oder Organisation gewesen. Sie habe sich jedoch ebenso wie ihre Familie für die kurdische Sache eingesetzt. Ihre Tätigkeit habe darin bestanden, den Angehörigen der PKK Geld zu spenden und ihnen auch einmal die Wäsche zu waschen. Die PKK-Mitglieder seien immer spät nachts bewaffnet und vermummt auf Motorrädern zu ihnen nach Hause gekommen. Diese hätten sie dann während stets nur kurzer Aufenthalte über ihre Rechte aufgeklärt. Ihr selbst sei in Syrien nie etwas geschehen, man habe sie nicht festgenommen und geschlagen, sie habe aber in ständiger Angst gelebt, daß ihr so etwas täglich passieren könne. Deswegen sei sie geflohen. Ihr Verlobter habe damals schon in der Bundesrepublik Deutschland gelebt. Sie habe mit ihm telephoniert und sich ihm dann angeschlossen. Bei einer Rückkehr nach Syrien befürchte sie, festgenommen und geschlagen zu werden.

3

Den Asylantrag lehnte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge mit Bescheid vom 17. Januar 1994 ab und stellte zugleich fest, daß weder die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG noch Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG vorliegen. Es forderte die Klägerin unter Fristsetzung zur Ausreise auf und drohte ihr die Abschiebung an. In dem Bescheid wurde im wesentlichen ausgeführt, weder die kurdische Volkszugehörigkeit noch das jesidische Glaubensbekenntnis der Klägerin gäben jeweils für sich Anlaß zu der Annahme einer politischen Verfolgung. Sie sei darüber hinaus auch keinerlei Behelligungen ausgesetzt gewesen. Ihre Angaben, Angehörige der PKK unterstützt zu haben, sei gänzlich unglaubhaft, da sie hierzu keine näheren Einzelheiten habe schildern können. Bei einer Rückkehr nach Syrien habe sie keine asylerheblichen Maßnahmen zu befürchten, da sie sich vor ihrer Ausreise in keiner latenten Verfolgungssituation befunden habe. Auch die Tatsache der Asylantragstellung werde vom syrischen Staat nicht zum Anlaß genommen, den Asylbewerber zur Rechenschaft zu ziehen. Die Entscheidung wurde am 8. Februar 1994 zugestellt.

4

Am 22. Februar 1994 ist die vorliegende Klage erhoben worden. Die Klägerin hat eine Bescheinigung, ausgestellt vom Oberhaupt der jesidischen Religion in Europa am 8. März 1994, über ihre Religionszugehörigkeit vorgelegt. Sie beruft sich zur Begründung auf die Einzelheiten ihrer Anhörung vor dem beklagten Bundesamt und legt eine Anerkennungsentscheidung des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 27. April 1994 vor, deren Feststellungen nach ihrer Auffassung auch für sie gültig seien. Sie macht im übrigen Ausführungen zur Lage der Jesiden in Syrien.

5

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 17. Januar 1994 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die Klägerin als Asylberechtigte anzuerkennen und festzustellen, daß in ihrer Person die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG, hilfsweise Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG, vorliegen.

6

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

7

Sie verweist auf die Begründung der angefochtenen Entscheidung.

8

Der Bundesbeauftragte hat sich zur Sache nicht geäußert.

9

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten und des Landkreises ... Bezug genommen.

10

Die Klägerin ist im Termin zur mündlichen Verhandlung informatorisch angehört worden. Wegen des Ergebnisses wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

11

Die zulässige Klage ist unbegründet.

12

Die Klägerin hat keinen Anspruch darauf, als Asylberechtigte gemäß Art. 16 a Abs. 1 des Grundgesetzes - GG - anerkannt zu werden. Auch liegen weder die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG noch Abschiebungshindernisse nach § 51 Abs. 1 AuslG in der Person der Klägerin vor.

13

1.

Die Klägerin hat Syrien im November 1992 unverfolgt verlassen. Sie war dort vor ihrer Ausreise politischer Verfolgung im Sinne von Art. 16 a Abs. 1 GG nicht ausgesetzt; eine solche hat ihr zum Zeitpunkt ihrer Ausreise auch nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit gedroht.

14

Die Klägerin hat Syrien nicht wegen einer erlittenen oder ihr unmittelbar bevorstehenden individuellen politischen Verfolgung verlassen. Soweit die Klägerin geltend macht, sie habe befürchtet, ihr könne es in Syrien genau so ergehen wie ihrem in der Bundesrepublik Deutschland als Asylbewerber lebenden Bruder dem Kläger zu 1) des vor dem erkennenden Gericht entschiedenen Verfahrens 6 A 1349/94, kann sie aus dessen angeblichem Verfolgungsschicksal für sich keine Gründe herleiten, die zu ihrer Anerkennung als Asylberechtigter führen. In dem Urteil vom 18. November 1994 hat der entscheidende Einzelrichter jenes Verfahrens zur Begründung der Klagabweisung im einzelnen mit überzeugenden und ausführlichen Erwägungen unter anderem festgestellt, das Vorbringen des Bruders der Klägerin, er sei in Syrien mehrmals wegen eines arideren Bruders, der sich der PKK angeschlossen habe und Ende Juni von türkischen Soldaten erschossen worden sei, festgenommen und verhört worden, unglaubhaft. Das diesbezügliche Vorbringen des Bruders der Klägerin sei in unauflösbarer Weise derart widersprüchlich und ungereimt, daß es als dessen freie Erfindung gewertet werden müsse. Auch der Umstand, daß der Bruder der Klägerin Syrien über den streng bewachten Flughafen Damaskus verlassen habe, spreche gegen ein Verfolgungsinteresse syrischer Stellen am Bruder der Klägerin. Auch der Vortrag der Klägerin, den Angehörigen der PKK Geld gespendet und ihnen auch einmal die Wäsche gewaschen zu haben, begründet die Annahme einer individuellen Verfolgungsgefahr nicht. Mit seiner vom Gericht in dem Verfahren 6 A 261/92 eingeholten Auskunft vom 26. April 1993 hat das Auswärtige Amt dargelegt, das bloße Nähen von Kleidungsstücken für Angehörige eines kurdischen Widerstandes gebe keinen Anlaß zu Verfolgungsmaßnahmen seitens des syrischen Staates. In seiner Auskunft an das VG Gelsenkirchen vom 19. April 1990 stellt das Auswärtige Amt ausdrücklich fest, daß kurdische Gruppen in der Türkei, wie im übrigen auch im Irak, von syrischen Kurden u.a. durch Versorgung mit Munition und Waffen unterstützt werden, die syrische Regierung jedoch nicht einmal solchen Aktivitäten entgegenwirkt bzw. diese in bezug auf die irakischen Kurden sogar eher unterstützt (vgl. auch die Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 9.11.1990 an das VG Oldenburg - 5. Kammer Osnabrück -). In Berichten entsprechenden Inhalts hat das Auswärtige Amt seitdem wiederholt darauf hingewiesen, daß die kurdische Bewegung als solche ausdrücklich vom syrischen Staat unterstützt wurde, so etwa durch Treffen kurdischer Widerstandsgruppen in Damaskus, die von dort aus in die außenpolitischen Ziele der syrischen Regierung gegenüber den türkischen und irakischen Gegenspielern eingespannt wurden. Der syrische Staat scheint nach Einschätzung des Auswärtigen Amtes auf türkischen Druck hin diese Unterstützung in neuester Zeit teilweise eingestellt zu haben (s. u.a. die neueren Lageberichte Syrien vom 8.1.1993, Stand: 15.12.1992; vom 2.6.1992, Stand: 1.5.1992; vom 14.2.1992, Stand: 1.2.1992; vom 8.6.1993, Stand: 30.4.1993; vom 13.10.1993, Stand: 1.9.1993; vom 28.2.1994, Stand: 1.2.1994; vom 17.8.1994, Stand: 1.7.1994). Das Auswärtige Amt hebt in diesen Berichten hervor, daß Mitglieder der kurdischen Minderheit nur dann verfolgt werden, wenn sie sich - was die Klägerin von sich nicht behauptet - konkret gegen den syrischen Staat betätigen. Die PKK wird in Syrien geduldet; Ihr Generalsekretär verfügt über eine Wohnung in Damaskus (Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 26.10.1993 an das VG Köln). Im übrigen gibt die Klägerin an, ihr selbst sei in Syrien nie etwas geschehen, man habe sie nicht festgenommen und geschlagen.

15

Die Klägerin war vor ihrer Ausreise auch nicht wegen ihrer kurdischen Volkszugehörigkeit oder wegen ihres jesidischen Glaubens einer dem syrischen Staat unmittelbar oder auch mittelbar zuzurechnenden asylerheblichen Verfolgung ausgesetzt; ebensowenig hat ihr eine solche Verfolgung zu diesem Zeitpunkt - November 1992 - unmittelbar bevorgestanden.

16

Die ethnische Minderheit der Kurden ist in Syrien keiner asylrelevanten Gruppenverfolgung unterworfen. Dem AA sind bereits seit etlichen Jahren keine Fälle bekannt, in denen Kurden in Syrien allein wegen ihrer Volkszugehörigkeit politischen Maßnahmen seitens der Regierung ausgesetzt waren (vgl. die Auskunft an das VG Berlin vom 10. Januar 1990; siehe auch die Auskünfte an das VG Oldenburg - 5. Kammer Osnabrück - vom 1. Juni 1988 und die beiden Auskünfte an das VG Köln vom 25. März 1988). Ebensowenig sind amnesty international Fälle politischer Verfolgung syrischer Kurden bekannt geworden, die allein auf Ihrer Volkszugehörigkeit beruhten (vgl. die Stellungnahmen vom 13. Oktober 1987 an das VG Köln und vom 29. September 1988 an das VG Oldenburg - 5. Kammer Osnabrück -). Auch nach Einschätzung des Deutschen Orient-Instituts - Dr. El-Gebali - (vgl. etwa die Stellungnahmen vom 24. Juli 1991 an das VG Köln, vom 9. Januar 1992 an das VG Ansbach, vom 19. August 1992 an das VG Aachen, vom 16. April 1993 und vom 29. September 1993 an das VG Köln) unterliegen die Kurden wegen ihrer ethnischen Eigenart keiner politisch-ethnisch motivierten Verfolgung in Syrien. Dies liege daran daß die gegenwärtigen Machthaber und ihr Clan der schiitischen Volksgruppe der Alawiten entstammen, die ihrerseits nur 10 % der syrischen Bevölkerung ausmacht. Deshalb habe das syrische Regime sich stets der Loyalität der anderen Minderheiten zu versichern gesucht, indem es diese wohlwollend behandelt habe. Dies gelte insbesondere seit 1976, als die Syrer sich im Libanon zu engagieren begannen und daher daran interessiert gewesen seien, innersyrische Konflikte weitgehend zu entschärfen. Von dieser Politik hätten die syrischen Kurden in besonderem Maße profitiert. Die in den 60er Jahren von der damals regierenden syrischen Führung begonnene und von 1970 bis 1976 durch Präsident Assad zunächst noch fortgeführte Politik der "Arabisierung" der kurdischen Siedlungsgebiete Syriens (Zwangsumsiedlung und Enteignung) ist bereits 1976 von der Assad-Regierung eingestellt worden (vgl. die Auskunft des AA an das VG Berlin vom 10. Januar 1990 und das Gutachten des Dr. E. Franz, Deutsches Orient-Institut, vom 9. Februar 1984). Zwar betont die Ideologie der Baath-Partei den arabischen Charakter Syriens, doch sind jedenfalls seit Ende der 70er Jahre keine Bestrebungen zur Zwangs-Arabisierung ethnischer Minderheiten oder staatliche Repressionen gegen nichtarabische Minderheiten allein aufgrund der Volkszugehörigkeit mehr feststellbar (vgl. etwa den Lagebericht Syrien des AA vom 18. August 1989). Bei derart weit zurückliegenden Geschehnissen fehlt es an dem erforderlichen Kausalzusammenhang zwischen Verfolgung und Flucht (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Juli 1991 - 9 C 154.90 -, BVerwGE 88, 367 f.). In der offiziellen Terminologie wird allerdings die ethnische und kulturelle Eigenständigkeit solcher Minderheiten häufig dadurch in Abrede gestellt, daß sie der arabischen Kultur zugerechnet werden. Den ethnischen Minderheiten ist der Gebrauch ihrer Sprache (Kurdisch, Aramäisch, Armenisch) jedoch auch in der Öffentlichkeit gestattet; Amts- oder Unterrichtssprache - abgesehen von konfessionellen und privaten Schulen - ist aber ausschließlich das Arabische (vgl. etwa die Lageberichte Syrien des AA vom 14. Februar 1992, 2. Juni 1992, 8. Januar 1993, 8. Juni 1993, 13. Oktober 1993, 28. Februar 1994 und vom 17. August 1994). Das Assad-Regime, dessen Führung sich - wie bereits erwähnt - selbst aus Mitgliedern einer religiösen Minderheit zusammensetzt, betreibt gegenüber den Minderheiten weiterhin eine Politik der "langen Leine". Bei aller politischen Repression und islamischen Geprägtheit des Landes kann sich das kulturelle Leben unter dem laizistisch ausgerichteten Assad-Regime relativ frei entfalten. So werden Vereinigungen religiöser und ethnischer Minderheiten geduldet, soweit sie sich auf die Pflege von Sprache, Kultur und Brauchtum beschränken und nicht den Verdacht erwecken, unter dem Deckmantel kultureller Betätigung politische Opposition zu betreiben (vgl. die bereits genannten Lageberichte). Auch die jährlichen Newroz-Feiern der kurdischen Volksgruppe sind in Syrien erlaubt (vgl. die Stellungnahme des Deutschen Orient-Instituts vom 29. September 1993). Mitglieder der ethnischen Minderheit der Kurden werden nur dann verfolgt, wenn sie sich konkret gegen den syrischen Staat betätigen (vgl. auch hierzu die bereits erwähnten Lageberichte des AA). Im Gegensatz hierzu wurde die kurdische Bewegung bis vor kurzer Zeit als solche ausdrücklich vom syrischen Staat unterstützt, so etwa durch Treffen kurdischer Widerstandsgruppen in Damaskus, die von dort aus in die außenpolitischen Ziele der syrischen Regierung gegenüber den türkischen und irakischen Gegenspielern eingespannt werden. Syrien scheint auf türkischen Druck hin diese Unterstützung inzwischen teilweise eingestellt zu haben (vgl. auch dazu die bereits genannten Lageberichte, insbesondere vom 8. Juni 1993, 13. Oktober 1993, 28. Februar 1994 und 17. August 1994). Dem syrischen Parlament gehören derzeit drei Abgeordnete an, die die Interessen kurdischer Gruppen vertreten. Seit Anfang 1991 hat sich eine lockere Allianz aus acht syrischen Kurdengruppierungen gebildet, der es bisher erlaubt ist, offen Hilfe an Kurden im Irak zu organisieren (vgl. die eben genannten Lageberichte des AA).

17

Allerdings sind einige ethnische Gruppen, darunter die Kurden, in Syrien insgesamt wirtschaftlich und sozial benachteiligt (vgl. die Auskunft des AA an das VG Gelsenkirchen vom 19. April 1990). Dies gilt insbesondere für die etwa (90.000 bis) 150.000 (manche bzw. viele Quellen sprechen von 120.000) Kurden, die seit der Volkszählung 1962 als staatenlos gelten und denen staatsbürgerliche Rechte, der Besitz von Land sowie selbständige Gewerbe verwehrt bleiben (vgl. die erwähnten Lageberichte und ferner die Auskünfte des AA vom 7. Dezember 1988 an den Landkreis Harburg und vom 17. April 1989 an das Bundesamt). Zu diesem Personenkreis der staatenlosen Kurden gehört die Klägerin indessen nach ihren Angaben nicht. Sie besitzt danach vielmehr die syrische Staatsangehörigkeit. Abgesehen davon lösen die geschilderten Benachteiligungen insbesondere der staatenlosen Kurden noch keinen Asylanspruch aus; sie verletzen - nach ihrer Intensität und Schwere - nicht zugleich die Menschenwürde.

18

Die Klägerin ist auch wegen ihres jesidischen Glaubens vor ihrer Ausreise einer dem syrischen Staat unmittelbar oder auch mittelbar zuzurechnenden Verfolgung im Sinne von Art. 16 a Abs. 1 GG nicht ausgesetzt gewesen. Die Klägerin hat eine solche Verfolgung auch in absehbarer Zukunft nicht zu befürchten.

19

In Syrien genießen alle religiösen Minderheiten Religionsfreiheit (vgl. die erwähnten Lageberichte des AA und dessen Auskunft an das VG Ansbach vom 19. Mai 1988). Die syrische Verfassung vom 1973 gewährleistet in Art. 35 die Glaubensfreiheit und die ungestörte Religionsausübung. Auch in der Verfassungswirklichkeit stellt die subtile, auf Befriedigung der Interessen der einzelnen Gruppen ebenso wie auf die Erhaltung des Gleichgewichts zwischen den Gruppen bedachte Minderheitenpolitik des seit 1970 herrschenden Alawiten-Regimes den Schutz aller religiösen und ethnischen Minderheiten sicher (vgl. etwa den Lagebericht des AA vom 1. Oktober 1987). Das laizistische Baath-Regime stellt die Freiheit der Religionsausübung und die Rechte der Religionsgemeinschaften nicht, in Frage, sondern respektiert deren freie Religionsausübung und das konfessionsspezifische Ehe- und Familienrecht (vgl. etwa die Lageberichte des AA vom 28. Februar 1994 und vom 17. August 1994). Es sind auch keine Anhaltspunkte dafür erkennbar, daß speziell im Fall der Jesiden etwas anderes gelten könnte. So hat das AA in seiner Auskunft an den Bay. VGH vom 19. September 1986 festgestellt, daß eine politische Verfolgung syrischer Staatsangehöriger aufgrund ihrer Zugehörigkeit zur Gruppe der Jesiden nicht zu befürchten sei, es sei nicht einmal eine wirtschaftliche Benachteiligung festzustellen (vgl. auch die Auskünfte des AA vom 26. August 1991 an das VG Braunschweig und vom 4. August 1992 an das VG Bremen). In seiner Auskunft vom 2. November 1982 an das VG Hannover hat das AA mitgeteilt, daß sich Jesiden der wohlwollenden Duldung der syrischen Behörden erfreuen. In seiner Auskunft an das VG Berlin vom 10. Januar 1990 weist das AA darauf hin, daß ihm Fälle politischer Maßnahmen der syrischen Regierung gegen Kurden allein wegen ihrer Volkszugehörigkeit nicht bekannt sind, und betont dabei, daß dies auch für die Jesiden gilt, die mit etwa 5 % eine geringe religiöse Minderheit unter den Kurden bilden. Auch außerhalb ihrer Siedlungsgebiete wird den Jesiden in Syrien nach Einschätzung des AA (vgl. die angeführten Auskünfte vom 26. August 1991 und vom 4. August 1992) die Ausübung ihrer Religion nicht verwehrt. Auch die Stellungnahme von Prof. Dr. Wießner vor dem VG Hannover (vgl. die Sitzungsniederschrift vom 9. Dezember 1993 - 6 A 2701/91 -) gibt für eine unmittelbare staatliche Verfolgung der Jesiden in Syrien nichts her. Nach seiner Einschätzung sind die Jesiden als Religion in der staatlichen Ordnung zwar nicht vorgesehen; neben dem Islam seien Christen und Juden anerkannt, die Jesiden stünden außerhalb und müßten für bestimmte Rechtsakte ihre Zugehörigkeit zu einer der anerkannten Religionen, insbesondere dem Islam, erklären: die Gewährleistung der Religionsfreiheit stehe für sie auf dem Papier. Andererseits gibt es nach den Ausführungen Prof. Wießners jedoch keine unmittelbare staatliche Gruppenverfolgung der Jesiden im Hinblick auf die Beschränkung des "religiösen Existenzminimums" durch staatliche Maßnahmen. Nach Einschätzung Prof. Wießners ist. im Osten, also auch im Bereich Hassake, aus dem die Klägerin stammt, ein religiöses überleben der Jesiden noch möglich. Die Gruppen sind dort noch stark genug. Im übrigen ist die jesidische Religion nach Prof. Wießners Darlegungen von ihrem Ursprung her keine auf öffentliche Ausübung gerichtete Religion. Deshalb konnten die Jesiden ihre religiöse Praxis innerhalb ihrer Religionsfamilie üben und auch in der Symbiose beispielsweise mit muslimischen Kurden überdauern (vgl. hierzu auch VG Hannover, Urteil vom 14. Dezember 1993 - 6 A 2701/91 -; in diesem Urteil hat das VG Hannover übrigens seine im Urteil vom 11. Februar 1993 - 6 A 251/90 - getroffene Einschätzung, wonach Jesiden in Syrien einer mittelbaren Gruppenverfolgung ausgesetzt seien, nicht mehr aufrechterhalten).

20

Auch von einer mittelbar staatlichen Verfolgung der syrischen Jesiden kann nicht gesprochen werden. Es fehlen hinreichende Anhaltspunkte dafür, daß der syrische Staat Kurden der jesidischen Religion in asylerheblicher Weise schutzlos läßt. Richtig ist allerdings, daß die Jesiden wegen ihrer Religion, namentlich wegen ihrer Verehrung des Melek Taus ("Engel Pfau"), eines in göttliche Ungnade gefallenen, seiner Reue wegen von Gott wieder aufgenommenen Engels, in moslemischer Sicht als "Teufelsanbeter" gelten (vgl. zu den Grundzügen der jesidischen Religion die Darstellung in dem Beschluß des BVerfG vom 10. November 1989 - 2 BvR 403/84 und 2 BvR 1501/84 -, InfAuslR 1990, 34 ff.) und daß die Religion der Jesiden von den (strenggläubigen) Moslems auch in Syrien als Ketzerei betrachtet, wird (vgl. die Auskunft des AA an das VG Berlin vom 10. Januar 1990). Jesiden haben daher unter der Verachtung insbesondere strenggläubiger Moslems zu leiden. So hat Prof. Dr. Khoury bei seiner Vernehmung als sachverständiger Zeuge vor dem VG Oldenburg - 4. Kammer Osnabrück - am 16. April 1984 davon berichtet, daß Jesiden in Syrien Diskriminierungen und Unterdrückungen ausgesetzt seien, und zwar nach den islamischen Glaubensfesten. Das AA hat in seiner Auskunft an das VG Berlin vom 10. Januar 1990 mitgeteilt, daß die jesidischen Kurden von Seiten der sunnitischen Mehrheit der Kurden Feindseligkeiten ausgesetzt sind. Auch Dr. El-Gebali (in der Stellungnahme des Deutschen Orient-Instituts vom 30. August 1991 an das VG Braunschweig) und Prof. Wießner (in seiner Vernehmung als Sachverständiger vor dem VG Hannover am 9. Dezember 1993) haben die religiöse Verachtung der Muslime - einschließlich der Kurden - gegenüber den Jesiden beschrieben. Andererseits liegen weder amnesty international (Stellungnahme an das VG Braunschweig vom 18. Dezember 1991) noch Dr. El-Gebali (Stellungnahme an das VG Braunschweig vom 30. August 1991) dokumentierbare Einzelfälle bzw. konkrete Informationen über etwaige übergriffe von moslemischen Mitbürgern oder sonstigen Dritten auf Kurden jesidischer Religionszugehörigkeit in Syrien vor. Prof. Wießner hat in seinem mündlich erstatteten Gutachten vor dem VG Hannover am 9. Dezember 1993 erklärt, daß übergriffe auf Kurden oder Jesiden statistisch nicht festzumachen seien. Das AA schließlich hat in seinen Auskünften vom 26. August 1991 an das VG Braunschweig und vom 4. August 1992 an das VG Bremen betont, daß nach seiner Auffassung Kurden jesidischer Religionszugehörigkeit in Syrien keinen übergriffen von dritter Seite ausgesetzt seien.

21

Eine mittelbare staatliche Verfolgung der Jesiden als Gruppe scheidet auch deswegen aus, weil der syrische Staat grundsätzlich den Kurden jesidischer Religionszugehörigkeit effektiven Schutz gegen übergriffe von asylerheblicher Intensität gewährt. Eine grundsätzliche Schutzbereitschaft des Staates bei Übergriffen Privater besteht dann, wenn Polizei und Sicherheitsbehörden zur Schutzgewährung ohne Ansehen der Person verpflichtet und dazu von der Regierung auch landesweit angehalten sind, vorkommende Fälle von Schutzversagung mithin ein von der Regierung nicht gewolltes Fehlverhalten der Handelnden in Einzelfällen sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 5. Juli 1994 - 9 C 1.94 -). Eine solche grundsätzliche Schutzbereitschaft des syrischen Staates ist hier zu bejahen. Gegen eine grundsätzliche Schutzbereitschaft des syrischen Staates spricht nicht die Mitteilung des AA in der Auskunft vom 10. Januar 1990, daß die syrischen Sicherheitsorgane gegen Feindseligkeiten, denen die jesidischen Kurden von Seiten der sunnitischen Mehrheit ausgesetzt seien, oft nicht einschritten. Abgesehen davon, daß bloßen "Feindseligkeiten" für sich allein noch kein asylerhebliches Gewicht zukommt, geht ein solches Stillhalten nicht auf die Politik des syrischen Staates zurück, sondern stellt vielmehr ein eigenmächtiges Fehlverhalten der örtlichen Stellen dar, das von den übergeordneten Regierungsinstanzen nicht geduldet wird. Ebensowenig wie andere islamisch geprägte Staaten ist auch der syrische Staat in der Lage, Hänseleien, moslemisches Eiferertum und wirtschaftliche Bedrängung gegenüber Kurden jesidischen Glaubens von seiten moslemischer Kurden oder einzelner örtlicher Sachwalter lückenlos abzustellen. Es kommt vielmehr darauf an, ob der syrische Staat mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln im großen und ganzen den Jesiden Schutz gegen rechtswidrige Übergriffe von asylerheblicher Intensität, namentlich gegen körperliche Mißhandlungen oder vergleichbar schwerwiegende menschenverachtende Behandlungen durch ihre moslemische Umwelt, gewährt, und zwar notfalls durch Anrufung übergeordneter Polizeidienststellen. Dies aber ist, aufs ganze gesehen, in Syrien nach Einschätzung des Gerichts der Fall (vgl. die Urteile vom 16. Oktober 1990 - 6 A 145/89, 18. August 1993 - 6 A 253/92 - 23. Dezember 1993 - 6 A 270/93 -, 9. Mai 1994 - 6 A 295/93 - und vom 20. Mai 1994 - 6 A 190/93 -; im Ergebnis ebenso: OVG Lüneburg, Urteil vom 4. März 1991 - 22 L 18/89 -; VG Braunschweig, Urteil vom 19. März 1992 - 1 A 1041/91 -). Der Einschätzung von Dr. El-Gebali (Stellungnahme vom 30. August 1991), es werde rein praktisch an der Möglichkeit effektiven rechtlichen oder polizeilichen Schutzes für die Jesiden in Syrien im allgemeinen fehlen, vermag sich das Gericht nicht anzuschließen. Diese Annahme beruht, wie sich aus seiner Stellungnahme ergibt, nicht auf Informationen über die konkrete Lage der Jesiden in Syrien. Ebensowenig teilt das Gericht die Einschätzung des L. Nabo (in seiner Zeugenaussage vom 11. Februar 1993 vor dem VG Hannover), "Jesiden, also Kurden", würden in Syrien vom Staat nicht in Schutz genommen oder hätten "keine Chance auf irgendeine Position". Diese Einschätzung des L. Nabo wird schon durch dessen weitere Angaben relativiert. So berichtet er davon, daß seine - jesidische - Familie in Syrien um ihre Zuordnung zu den Christen statt zu den Muslimen einen Prozeß geführt und diesen schließlich auch - "mit großer Mühe" - gewonnen habe. Auch räumt er ein, daß man es im Verhältnis zu den Behörden, wenn man Geld oder Beziehungen zu Alawiten habe, meistens besser habe. In seiner Vernehmung als Sachverständiger vor dem VG Hannover am 9. Dezember 1993 hat L. Nabo ausdrücklich erklärt, er teile die Meinung Prof. Wießners, daß es keine organisierte Massenverfolgung der Jesiden in Syrien gibt.

22

Das Gericht, schließt sich im Ergebnis der Einschätzung des AA in seinen Auskünften vom 26. August 1991 an das VG Braunschweig und vom 4. August 1992 an das VG Bremen an. Danach wird der Schutz syrischer Polizei- und Sicherheitsorgane - im Rahmen des Möglichen - jesidischen Kurden in gleicher Weise wie anderen Bevölkerungsgruppen gewährt. Zwar verfügen die untersten Ordnungsbehörden danach gerade in den entlegenen Verwaltungsregionen des Landes über weite Handlungsspielräume, örtliche Amtswalter, die den Jesiden feindlich gesonnen sind, werden diese womöglich hart und willkürlich behandeln; syrische Amtsträger ohne eine solche feindliche Einstellung werden viel toleranter mit den Jesiden umgehen (vgl. Wießner, a.a.O.). Die Zentralverwaltung und hier insbesondere das Innenministerium haben jedoch jederzeit die Möglichkeit, Disziplinarmaßnahmen durchzuführen und Weisungen zu erteilen (vgl. die Auskünfte des AA vom 26. August 1991 und vom 4. August 1992). Dafür, daß sie von diesen Befugnissen auch zugunsten der jesidischen Kurden Gebrauch machen, spricht auch, daß nach Mitteilung des AA (vgl. die bereits mehrfach erwähnten Lageberichte, zuletzt vom 17. August 1994) Fälle mittelbarer staatlicher Verfolgung durch Handlungen Dritter aus Syrien nicht bekannt sind. Die Kontrolle durch die staatlichen Sicherheitskräfte erstreckt sich über das ganze Staatsgebiet. Wo kurdische Gruppierungen im nördlichen Grenzgebiet einen gewissen eigenen Spielraum entfalten können, bleiben sie jedenfalls unter der Überwachung und Kontrolle durch die syrischen Geheimdienste.

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Es gibt auch keine Anhaltspunkte dafür, daß dem - nach alledem nicht vorverfolgten - Kläger nach einer Rückkehr nach Syrien bei einer erstmaligen Einreise dort die Gefahr einer politischen Verfolgung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohen könnte. Die Klägerin hat eine politische Verfolgung nach den vorstehenden Ausführungen nicht wegen ihres kurdischen Volkstums oder ihres jesidischen Glaubens zu befürchten. Auch die Tatsache, daß die Klägerin in der Bundesrepublik Deutschland um Asyl nachgesucht hat, begründet nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit die Befürchtung, der syrische Staat werde sie deshalb politisch verfolgen. Bei der Asylantragsteilung handelt es sich nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts um einen subjektiven Nachfluchtgrund, der nur ausnahmsweise beachtlich ist, wenn sich der Ausländer während seines verfolgungserheblichen Nachfluchtverhaltens in einer ausweglosen Lage befand; der Ausländer muß sich bei der Asylantragstellung jedenfalls in einer "latenten Gefährdungslage" befunden haben, die durch politische Gründe bedingt war (BVerwG. Urteil vom 17. Januar 1989 - 9 C 56.88 -, DVBl 1989, 722, 727). Eine solche Sachlage hat bei der Klägerin jedoch, wie sich aus den vorstehenden Ausführungen ergibt, zum Zeitpunkt der Asylantragstellung nicht vorgelegen. Abgesehen davon besteht aber auch in tatsächlicher Hinsicht nach den Stellungnahmen des Deutschen Orient-Instituts - Dr. El-Gebali - vom 28. Juli 1988 und vom 2. Februar 1993 (jeweils) an das VG Ansbach und vom 14. April 1993 an das VG Schleswig und nach Auskunft des AA vom 13. Dezember 1989 an den Bay. VGH und dessen bereits angeführten Lageberichten keine beachtliche Wahrscheinlichkeit, daß die Stellung eines Asylantrages in der Bundesrepublik Deutschland für sich genommen vom syrischen Staat zum Anlaß für Verfolgungsmaßnahmen genommen wird. Vielmehr gilt der Antrag auf politisches Asyl in einem Land wie der Bundesrepublik Deutschland als legitimes Mittel, den Aufenthalt in diesem Land zu erreichen. Insbesondere ist den syrischen Behörden bekannt, daß der Asylantrag eine der wenigen Möglichkeiten für einen aus Syrien Stammenden ist, eine vorübergehende Aufenthaltsgestattung in der Bundesrepublik Deutschland zu erlangen, und sie werten den Asylantrag nicht als Anhaltspunkt für eine gegen den syrischen Staat gerichtete oppositionelle Betätigung. Außerdem kommen Asylbewerber - seien diese nun anerkannt oder nicht. - über kurz oder lang als Devisenbringer in Betracht, weil sie in aller Regel ihre Familien in Syrien in Hartwährung unterstützen können und dies auch tun. Schließlich entschärft jeder Syrer, der sein Auskommen - und sei es nur zeitweise - im Ausland zu finden weiß, die angespannte wirtschaftliche Lage in Syrien. An diesem "Entlastungseffekt" der Asylbeantragung sind die Syrer durchaus interessiert (Dr. El-Gebali, Stellungnahmen vom 2. Februar und vom 14. April 1993).

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2.

Auch die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG liegen bei der Klägerin nicht vor. Es besteht kein hinreichender Anhalt dafür, daß das Leben oder die Freiheit der Klägerin bei einer Rückkehr nach Syrien dort wegen ihrer Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Überzeugung gegenwärtig oder in absehbarer Zukunft bedroht ist. Hinreichende Anhaltspunkte für eine derartige Gefährdung ergeben sich insbesondere weder aus der Asylantragstellung noch aus dem Umstand, daß sich abgeschobene Personen bei ihrer Einreise nach Syrien in der Regel einem Verhör durch die Sicherheitsbehörden unterziehen müssen (vgl. die bereits erwähnten neueren Lageberichte Syrien des AA). Die Tatsache der Asylantrag- Stellung löst für sich allein, wie bereits festgestellt, keine staatlichen Maßnahmen aus.

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3.

Auch Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG liegen bei der Klägerin nicht vor.

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Insbesondere stehen ihrer Abschiebung nach Syrien keine Abschiebungshindernisse nach § 53 Abs. 1 AuslG bzw. nach § 53 Abs. 4 AuslG i.V.m. Art. 3 EMRK entgegen. Nach diesen Vorschriften darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem für diesen Ausländer konkrete Gefahr besteht, der Folter (53 Abs. 1 AuslG) bzw. der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung (§ 53 Abs. 4 AuslG i.V.m. Art. 3 EMRK) unterworfen zu werden. Allein die Feststellung, daß in Syrien Folter und sonstige körperliche Mißhandlungen sowie andere schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen verbreitete Erscheinungen sind und daß die herrschenden Kräfte sich rigoroser Methoden der Machterhaltung bedienen und tatsächliche oder vermeintliche Gegner mit allen nur erdenklichen Mitteln bekämpfen (vgl. nur die bereits mehrfach zitierten neueren Lageberichte des AA sowie den Bericht des AA zur Lage der Menschenrechte in Syrien - Stand: 1. Dezember 1993 - vom 10. Januar 1994), reicht nicht aus, um Abschiebungshindernisse zugunsten der Klägerin anzunehmen. Vielmehr muß eine konkrete Prognose im Hinblick auf eine individuelle Gefährdung des betroffenen Ausländers angestellt werden. Eine unmenschliche Behandlung muß aufgrund tatsächlicher Anhaltspunkte ernsthaft zu befürchten sein. Eine solche konkrete Gefahr ist im Falle der Klägerin nicht feststellbar. Sie ergibt sich auch nicht daraus, daß sich nach den neueren Lageberichten des AA abgeschobene Personen bei der Einreise nach Syrien in der Regel einer Befragung durch syrische Sicherheitsbehörden zu unterziehen haben, wobei der Abgeschobene mit Inhaftierung rechnen muß, wenn er unter dem konkreten Verdacht einer gegen Syrien gerichteten politischen Betätigung im Ausland oder einer nach syrischem Recht strafbaren Handlung steht. Eine solche Sachlage ist hier jedoch nach den vorstehenden Ausführungen für die Klägerin nicht gegeben.

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Schließlich liegen bei die Klägerin auch Abschiebungshindernisse nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG nicht vor. Zur Feststellung eines Abschiebungshindernisses nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG reichen allgemeine Gefahren nicht aus (Amtliche Begründung, BT-Drs. 11/6321, S. 75). Es setzt vielmehr eine sich aus den besonderen Umständen des Einzelfalles ergebende erhebliche individuell- konkrete Gefahr voraus (Hess. VGH, Beschluß vom 27. Oktober 1992 - 12 TH 1409/92 -, AuAS 1993, 28, 29). Dafür ist bei der Klägerin nichts ersichtlich.

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4.

Die Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung in dem angefochtenen Bescheid des beklagten Bundesamtes sind nicht zu beanstanden. Diese Entscheidungen finden ihre Rechtsgrundlage in den §§ 34, 38 Abs. 1 AsylVfG, 50 AuslG.

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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, 83 b Abs. 1 ÄsylVfG. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit und die Abwendungsbefugnis folgt aus den §§ 167 Abs. 2 VwGO, 708

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Nr. 11, 711 ZPO.

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