Verwaltungsgericht Göttingen
Urt. v. 25.09.1996, Az.: 3 A 3288/94
Anforderung von Nutzungsentgelt in Form von Sachkosten; Nutzungsentgelt bei Nebentätigkeiten in der Krankenversorgung in humanmedizinischen Einrichtungen der Hochschulen des Landes; Über die Besoldung hinausgehenden Vorteil eines Beamten durch Ermöglichung der Inanspruchnahme sächlicher und persönlicher Mittel; Differenzierung zwischen Zahn- und Humanmedizin; Pauschalierte Sachkostenerstattung und Vorteilsausgleich; Erhebung eines Anteils der GOZ-Einfachsätze
Bibliographie
- Gericht
- VG Göttingen
- Datum
- 25.09.1996
- Aktenzeichen
- 3 A 3288/94
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1996, 15822
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGGOETT:1996:0925.3A3288.94.0A
Rechtsgrundlagen
- § 75c Abs. 3 BeamtG,NI
- § 75c Abs. 4 BeamtG,NI
- § 63 HG,NI
- § 1 Abs. 1 HNEVO,NI
Verfahrensgegenstand
Nutzungsentgelt bei ärztlicher Nebentätigkeit
Prozessführer
Universitätsprofessor Dr. ...
Redaktioneller Leitsatz
Wenn die Sachkostenerstattung nach § 1 Abs. 1 S.1 Nr. 1 HNEVO,NI bei den zahnärztlichen Sachleistungen nicht zum "Selbstkostenpreis" der Klinik, sondern nach einem angemessenen einheitlichen Prozentsatz des jeweiligen Tarifs für ambulante Leistungen unter Zugrundelegung der Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) in Höhe von 35 % des Einfachsatzes abzurechnen ist, so ist dies rechtlich unbedenklich. Soweit zwischen dem Maß der Sachkostenerstattung und dem Maß der Inanspruchnahme ein nachvollziehbarer Zusammenhang besteht, ist das Abrechnungsverfahren nicht zu beanstanden.
In der Verwaltungsrechtssache
hat die 3. Kammer des Verwaltungsgerichts Göttingen
auf die mündliche Verhandlung vom 25. September 1996
durch
den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht Lichtenfeld,
die Richter am Verwaltungsgericht Rühling und Dr. Möller sowie
die ehrenamtlichen Richterinnen Seguin und Steinhoff
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 2.700,- DM vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen die Anforderung von Nutzungsentgelt in Form von Sachkosten durch die Beklagte für das Jahr 1992.
Der Kläger ist niedersächsischer Landesbeamter auf Lebenszeit und versieht seinen Dienst als Universitätsprofessor bei der Beklagten. Er ist Vorsteher der Abteilung Kieferorthopädie im Fachbereich Medizin. Ihm ist aufgrund einer Nebentätigkeitsgenehmigung gestattet, bei Privatpatienten ärztliche Leistungen durchzuführen. Seine diesbezüglichen ärztlichen Dienste erbringt er ambulant und rechnet sie nach der Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) ab. Für diese Nebentätigkeiten nimmt der Kläger Einrichtungen, Material und Personal der beklagten Universität in Anspruch und entrichtet hierfür an seinen Dienstherrn ein Nutzungsentgelt, das nach eigenen Angaben über die von den Privatpatienten bezogene Vergütung bemessen wird.
Mit Bescheid vom 17.05.1993 setzte die Beklagte für das Jahr 1992 ein Nutzungsentgelt in Höhe von 170.260,11 DM fest. Unter Zugrundelegung von Rechnungsbeträgen in einer Gesamthöhe von 533.308,77 DM ermittelte die Beklagte vom Kläger zu erstattende Sachkosten in Höhe von 79.090,78 DM und unter Berücksichtigung uneinbringlicher Forderungen in Höhe von 3.583,48 DM sowie der vorstehenden Sachkosten einen vom Kläger an die Beklagte zu erstattenden Vorteilsausgleichs in Höhe von 90.126,90 DM.
Den hiergegen mit Schriftsatz vom 10.06.1993 eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 06.05.1994 zurück.
Am 03.06.1994 hat der Kläger Klage erhoben. Er macht geltend:
Er wende sich - lediglich - gegen die Berechnung der Sachkosten durch die Beklagte, weil ihm klar sei, daß er in einer gewissen Höhe Sachkosten zu erstatten habe.
Er wolle daher lediglich 39.900,05 DM, also ca. 60 % der von der Beklagten aufgeführten Sachkosten in Streit stellen. In der Sache selbst halte er eine Abrechnung unter Heranziehung der Hochschulnutzungsentgeltverordnung Medizin vom 26.01.1990 - im folgenden: HNEVO - (Nds. GVBl. S. 40) für nicht zulässig, da die Geltendmachung von Nutzungsentgelt dem Privatrecht zuzurechnen sei. Denn die Sachkosten beruhten auf Tätigkeiten aus einem privaten Arztvertragsverhältnis zwischen ihm, dem Kläger, und seinen Patienten. Selbst wenn man dies nicht so sähe, stellte die HNEVO keine geeignete Rechtsgrundlage für die Forderung der Beklagten dar, weil sie ausschließlich für Nutzungsentgeltabrechnungen in humanmedizinischen, nicht aber zahnmedizinischen Einrichtungen, in denen er seinen Dienst versehe, anzuwenden sei. Ließe man diese rechtlichen Bedenken dahingestellt, so widerspräche aber die in § 1 Abs. 1 HNEVO aufgeführte Aufspaltung in Sachkosten und Vorteilsausgleich der gesetzlichen Regelung der §§ 63 Abs. 6 Nr. 3 NHG, 75 c NBG. Die Beklagte hätte nicht die Sachkosten prozentual nach einem Tarif, den Vorteilsausgleich dagegen prozentual aus dem der Nebentätigkeit entstammenden Einkommen berechnen dürfen. Zudem gehe die Beklagte zu Unrecht davon aus, daß es vorliegend überhaupt einen Tarif im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 1 HNEVO gäbe. Dieser dürfte allein vom Landesministerium erlassen werden, was aber nicht geschehen sei. Das Ministerium für Wissenschaft und Kunst - ein Fachministerium - sei hierfür nicht zuständig.
Sachwidrig sei im übrigen die Berechnungsgrundlage des Nutzungsentgelts. Eine pauschale Abführung von 35 % der Gebühren nach der GOZ sei nicht kostenneutral, sondern erbringe der Beklagten einen Gewinn. Die GOZ als Grundlage eines Nutzungsentgelttarifs zu nutzen, sei zudem sachwidrig, weil ein wesentlicher Teil der Gebühren nach der GOZ nicht Sachkosten, sondern zahnärztliche Leistungen enthalte. Zudem würden durch die gewählte Abrechnungsweise auch Leistungen des Arztes einbezogen, bei denen gar keine oder nur geringe Sachkosten entstehen würden. So beträfen die Ziffern 004, 601, 603 bis 609 GOZ ausschließlich "gedankliche" Arbeit des Klägers. Materialkosten fielen hier nicht an. Insgesamt gesehen verstoße ein pauschaler Sachkostenanteil von 35 % des Einfachsatzes der GOZ gegen das Äquivalenzprinzip.
Der Kläger beantragt,
- 1.
den Nutzungsentgeltbescheid der Beklagten vom 17.05.1993 i.d.F. ihres Widerspruchsbescheides vom 06.05.1994 aufzuheben, soweit darin für das Jahr 1992 ein Nutzungsentgelt für die ambulante Behandlung von Privatpatienten von mehr als 130.360,06 DM festgesetzt ist,
- 2.
die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie tritt den Ausführungen des Klägers im einzelnen entgegen und verteidigt die streitbefangenen Bescheide.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsvorgänge der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.
Gründe
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der Nutzungsentgeltbescheid vom 17.05.1992 und der Widerspruchsbescheid vom 06.05.1994 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Rechtsgrundlage der Heranziehung des Klägers zur Zahlung von Nutzungsentgelt sind §§ 75 c Abs. 3 und 4 Nds. Beamtengesetz i.d.F. v. 11.12.1985 (Nds. GVBl. S. 493 - im folgenden: NBG -), § 63 Abs. 2, 5 und 6 Nr. 3 Nds. Hochschulgesetz i.d.F. v. 14.06.1989 (Nds. GVBl. S. 223 - im folgenden: NHG -) i.V.m. § 1 Abs. 1 und 4 der Verordnung über das Nutzungsentgelt bei Nebentätigkeiten in der Krankenversorgung in humanmedizinischen Einrichtungen der Hochschulen des Landes (Hochschulnutzungsentgeltverordnung Medizin vom 26.01.1990 (Nds. GVBl. S. 40 - im folgenden: HNEVO-)).
Entgegen der Auffassung des Klägers besteht zwischen ihm und dem Land Niedersachsen, für das die Beklagte tätig wird, ein öffentlich-rechtliches Rechtsverhältnis auch hinsichtlich der Zahlung von Nutzungsentgelt. Die Pflicht des Beamten zur Entrichtung eines Nutzungsentgelts ist Teil der durch das Beamtenverhältnis begründeten besonderen Rechtsbeziehung und ist in dieses gewissermaßen "eingebettet". Mit der Zahlung des Nutzungsentgelts findet ein Ausgleich dafür statt, daß der Dienstherr dem Beamten einen über die Besoldung, Versorgung und sonstigen Alimentationsleistungen hinausgehenden Vorteil durch die Ermöglichung der Inanspruchnahme der ansonsten ausschließlich im Verwaltungsgebrauch stehenden sächlichen und persönlichen Mittel gewährt. Dies löst für den Beamten eine - neben seinen sonstigen beamtenrechtlichen Verpflichtungen stehende - Nebenpflicht aus, die spezifisch beamtenrechtlichen Inhalts ist (vgl. OVG Münster, Beschl. v. 16.10.1985 - 6 B 1892/84 -, ZBR 1986, 172 = DVBl. 1986, 475). Das Bundesverfassungsgericht spricht in diesem Sinne von "zusätzlicher Vergütung", von "Einnahmen ..., die gewissermaßen einen variablen Teil der Besoldung darstellen", die "Privatliquidation" sei ein "mögliches Strukturprinzip der Vergütung für die chefärztliche Dienstleistung" (BVerfGE 52, 303/343/346).
Durch § 63 Abs. 5 Nr. 2 und Abs. 6 Nr. 4 NHG ist das Landesministerium ermächtigt worden, Regelungen des Nebentätigkeitsrechts des NBG für Professoren zu erlassen und dabei insbesondere das Nähere zur Ausführung des § 75 c NBG im Rahmen der in dieser Vorschrift erteilten Ermächtigung zu bestimmen. § 75 c Abs. 1 NBG betont ausdrücklich, daß der Beamte bei der Ausübung von Nebentätigkeiten Einrichtungen, Personal und Material seines Dienstherrn nur gegen Entrichtung eines "angemessenen" Entgelts in Anspruch nehmen darf. § 75 c Abs. 3 Satz 1 NBG ordnet an, daß das Entgelt sich nach den dem Dienstherrn entstehenden Kosten zu richten hat und den besonderen Vorteil berücksichtigen muß, der dem Beamten durch die Inanspruchnahmemöglichkeit entsteht. Nach § 75 c Abs. 4 NBG kann das Nähere, insbesondere unter welchen Voraussetzungen und in welcher Höhe ein Entgelt für die Inanspruchnahme zu entrichten ist, durch Verordnung geregelt werden.
Dieser Zusammenhang der vorstehenden gesetzlichen Regelungen bildet die Grundlage für die HNEVO, deren § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 die Professoren verpflichtet, dem Land als Entgelt die "Sachkosten" zu erstatten. Sie bilden, wie es sich aus Nr. 2 derselben Vorschrift sowie aus der Definition in § 1 Abs. 4 HNEVO ergibt, einen Ausschnitt aus den "dem Dienstherrn entstehenden Kosten" i.S.d. § 75 c Abs. 3 Satz 1 NBG. Im 2. Halbsatz enthält § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HNEVO die Bestimmung, daß das Ministerium "hierfür", also für die Sachkosten, einen Tarif erlassen oder für anwendbar erklären kann.
Wenn der Kläger meint, die HNEVO könne auf ihn nicht angewendet werden, da er Zahnmediziner und nicht Humanmediziner sei, geht diese Auffassung fehl. Dem Kläger ist zwar zuzugeben, daß im universitären Bereich, insbesondere bei Fragen der Hochschulzulassung, zwischen "Humanmedizin" und "Zahnmedizin" unterschieden wird, doch ist dies für den vorliegenden Fall unerheblich. Die HNEVO betrifft die humanmedizinischen Einrichtungen der Hochschulen des Landes Niedersachsen. Bereits der allgemeine Sprachgebrauch unterscheidet nicht zwischen "Humanmedizin" und "Zahnmedizin", da beide den Menschen als Behandlungssubjekt betrachten, vielmehr wird der Begriff "Humanmedizin" von der "Veterinärmedizin" abgegrenzt. Diese Unterscheidung findet sich bereits in dem den Beteiligten bekannten Runderlaß des Nds. Ministers für Wissenschaft und Kultur vom 18.11.1965 (Nds. MBl. S. 1222 f.) wieder. Dort wird unter II. zwischen Behandlung von Kranken (= Menschen) und der Benutzung der Tierkliniken zur Behandlung von Tieren differenziert. Bei der Differenzierung zwischen Zahn- und Humanmedizin findet hingegen (zu Recht) nicht statt. Nichts anderes ergibt sich unter Heranziehung des § 111 NHG, der Aufgaben und Organisation im Bereich Humanmedizin betrifft. In Abs. 1 dieser Norm ist geregelt, daß die humanmedizinischen Fachgebiete einen Fachbereich bilden. Geht man der Frage nach, wie z.B. die Universität ... die vorgenannte Norm umgesetzt hat, so finden sich im Fachbereich Medizin auch die vielfältigen Fachgebiete der Zahnheilkunde wieder. Nichts anderes spiegelt letztlich die HNEVO in ihrer Begrifflichkeit wieder.
Nach § 75 c Abs. 3 Satz 1 hat das Nutzungsentgelt sich nach den dem Dienstherrn entstehenden Kosten zu richten und muß den besonderen Vorteil berücksichtigen, der dem Beamten durch die Inanspruchnahme entsteht Es muß also "angemessen" sein (Nds. OVG, Urt. v. 23.01.1996 - 2 L 396/93 -, S. 14 des amtlichen Umdrucks).
Auch hiergegen ist im vorliegenden Fall nichts zu erinnern. Den in § 75 c Abs. 3 Satz 1 NBG festgelegten Kostendeckungsgrundsatz hat die HNEVO ebenso wie die Pflicht zur Vorteilsabgeltung berücksichtigt. Beide Berechnungsansätze (Sachkostenerstattung und Vorteilsausgleich) sind in § 1 Abs. 1 Nr. 1 und 2 HNEVO miteinander verknüpft worden. Nach Auffassung des Nds. Oberverwaltungsgerichts (Urt. v. 23.01.1996, a.a.O.) muß in diesem Fall die Sachkostenerstattung nach dem strikten Kostendeckungsgrundsatz stattfinden, d.h. es darf neben dem Vorteilsausgleich nicht noch eine weitere Wertvergütung (ein Preis für die Sachleistung) erhoben werden. Die Ermächtigung, einen Tarif zu erlassen oder für anwendbar zu erklären, kann sich deshalb nur auf einen Sachkostentarif beziehen, der auf dem Prinzip der Kostendeckung für den Leistenden beruht, also z.B. nicht einen diesem gebührenden Preisaufschlag umfaßt.
Von dieser Ermächtigung, die auch schon Gegenstand der insoweit nahezu gleichlautenden Hochschulnutzungsentgeltverordnungen vom 27.12.1983 (Nds. GVBl. S. 326) und vom 15.11.1988 (Nds. GVBl. S. 205) war, hat der zuständige Niedersächsische Minister für Wissenschaft und Kunst auch Gebrauch gemacht, indem er durch Erlasse vom 30.03.1988 bzw. 10.03.1989 (S. 41/42 der Gerichtsakte) festgelegt hat, daß ab dem 01.01.1988 den liquidationsberechtigten Zahnärzten auf der Grundlage des § 1 Abs. 1 der HNEVO Sachkosten nach der Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) in Höhe von 35 % des Einfachsatzes zu berechnen seien.
Der Niedersächsische Minister für Wissenschaft und Kunst war auch organisationsrechtlich zur Festlegung dieses Tarifs befugt, denn § 1 Abs. 1 Nr. 1 HNEVO regelt, daß insoweit das "Ministerium" einen Tarif erlassen oder für anwendbar erklären kann. Entgegen der Auffassung des Klägers ist mit "Ministerium" nicht das Landesministerium, also die gesamte Landesregierung, gemeint, sondern das einzelne (zuständige) Fachministerium. Dies ergibt sich unzweifelhaft aus dem gewählten Begriff "Ministerium". Die Formulierung berücksichtigt im übrigen den Beschluß des Landesministeriums über die Einführung neutraler Behördenbezeichnungen für den Ministerpräsidenten und die Ministerien vom 04./18.04.1989 (Nds. MBl. S. 530), der am 01.06.1989 in Kraft trat. Dieser Tarif brauchte auch nicht wie eine Rechtsnorm veröffentlicht zu werden; er mußte nur, wie bei sonstigen für Beamte geltenden Verwaltungsvorschriften oder Allgemeinverfügungen, die Betroffenen so informieren, daß ihnen die maßgeblichen Regelungen zugänglich sind. Der Tarif wirkt dann gleichsam als einschränkende Nebenbestimmung zu der Genehmigung oder generellen Zulassung der Nebentätigkeit (vgl. Nds. Oberverwaltungsgericht, a.a.O. S. 15). Da die Erlasse vom 30.03.1988 und vom 10.03.1989 der Beklagten bekannt wurden und diese wiederum ihre Bediensteten und auch den Kläger entsprechend informiert hat, bestehen an der Anwendbarkeit der vorgenannten Erlasse für die Kammer keinerlei Zweifel.
Die Kammer hat auch materiell, insbesondere gegen die Pauschalierung der Sachkosten als solche, keine rechtlichen Bedenken. Sie vermag in diesem Zusammenhang nicht der Argumentation des Klägers zu folgen, daß es nicht zulässig sei, einerseits die Sachkosten prozentual pauschal nach einem festen Tarif zu berechnen, andererseits aber auch den Vorteilsausgleich pauschal prozentual entsprechend dem Nebentätigkeitsbruttoeinkommen des Klägers zu berechnen. Denn diese Verfahrensweise steht im Einklang mit der HNEVO, § 1 Abs. 1 Nr. 1 HNEVO verpflichtet das Ministerium lediglich dazu, auf eine Sachkostenerstattung hinzuwirken. Ob die Sachkosten "spitz auf Knopf" oder pauschal nach Tarifen abgerechnet werden, steht im pflichtgemäßen Ermessen des Ministeriums. Es ist für die Kammer nichts dafür ersichtlich, daß die Bemessung nicht nach einem einheitlichen Vomhundertsatz - hier: 35 % des Einfachsatzes der GOZ - erfolgen dürfte. Bei der Bemessung der Sachkostenerstattung hat der Verordnungsgeber durch die Ermächtigungsgrundlage des § 1 Abs. 1 Nr. 1 HNEVO zugelassen, daß die Erstattung nicht nach Maßgabe eines Wirklichkeitsmaßstabes, sondern - pauschalierend - nach den Grundsätzen eines (zulässigen) Wahrscheinlichkeitsmaßstabes stattfindet. Demzufolge besteht auch für das zuständige Ministerium im Rahmen des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 - 2. Halbs. - HNEVO keine Verpflichtung, einen Tarif für die pauschalierende Sachkostenerstattung für anwendbar zu erklären, der der Wirklichkeit insoweit möglichst nahe kommt. Die Pauschalierung als solche dient der Vereinfachung und der Beschleunigung der Berechnung. Sie führt zwangsläufig dazu, daß auch nicht gleichliegende Sachverhalte gleich behandelt werden. Eine derartige Pauschalierung ist insbesondere dort zulässig, wo konkrete Berechnungen mit einem hohen Aufwand und/oder mit Unsicherheiten verbunden sind. Ob der Vorschriftengeber eine Pauschalierung für notwendig hält, liegt regelmäßig in seiner Gestaltungsfreiheit, solange diese Entscheidung nicht willkürlich ist (vgl. BVerfG, Beschl. v. 17.02.1981 - 2 BvR 303/78 -; OVG Münster, Urt. v. 22.05.1992 - 12 A 2277/89 -, NWVBl. 1993, 55/56). Hiervon ausgehend ist die vom Nds. Ministerium für Wissenschaft und Kunst gewählte und von der Beklagten nachvollzogene Pauschalierungsregelung zulässig. Sie beruht darauf, daß die Nebentätigkeit in der Krankenversorgung innerhalb eines komplexen und teuren Systems stattfindet und daß die Berechnung sowohl der Kosten des Dienstherrn als auch des Nutzungsvorteils des Beamten auf große Schwierigkeiten stößt. Diesen Schwierigkeiten kann nach Auffassung des Nds. Oberverwaltungsgerichts (Urt. v. 23.01.1996, S. 33 f.; Urt. v. 18.06.1990 - 2 OVG A 157/87 -, S. 18 ff. des Urteilsumdrucks), der die erkennende Kammer im vollem Umfange folgt, damit begegnet werden, daß die Punktansätze der (zahn-)ärztlichen Gebührenordnungen - im vom Nieders. OVG entschiedenen Fällen: der GOÄ -, die die Sachkosten umfassen, zur Berechnung des Nutzungsentgeltes herangezogen werden. Das Nds. OVG ist insoweit in beiden vorgenannten Entscheidungen zur Auffassung gelangt, daß die Sachkosten im Rahmen der GOÄ durchschnittlich die Hälfte der geltend gemachten Gebühr betrügen. Wenn demgegenüber im vorliegenden Fall lediglich 35 % des Einfachsatzes der GOZ als Sachkosten abzuführen sind, so erscheint dieser Anteilssatz noch hinreichend angemessen, jedenfalls nicht evident unsachlich oder gar willkürlich. Ob die in früheren Jahren geltenden Regelungen demgegenüber für beamtete Ärzte günstiger waren als die Regelungen der HNEVO vom 26.01.1990, spielt aus Rechtsgründen keine Rolle, weil die HNEVO - wie oben aufgezeigt - mit höherrangigem Recht vereinbar ist und der Kläger nicht rechtlich schutzwürdig darauf vertrauen konnte, die für ihn günstigere frühere Bemessungsgrundlage für die Sachkostenerstattung werde unverändert bleiben (vgl. BVerwG, Beschluß vom 17.07.1989 - 8 B 159.88 -, NVwZ 1989, 1175 [BVerwG 17.07.1989 - 8 B 159/88]/1176).
Nicht durchzugreifen vermag der in diesem Zusammenhang vom Kläger erhobene Einwand, die Erhebung eines Anteils der GOZ-Einfachsätze stelle keinen Sachkostentarif dar, da in den einzelnen GOZ-Ziffern auch zahnärztliche Leistungen (und nicht nur Sachkosten) enthalten seien. Soweit der Kläger geltend macht, die Beklagte berücksichtige bei der Sachkostenabrechnung auch Positionen, die mit gar keinen oder nur geringen Sachkosten verbunden seien, vermag die Kammer dieser Argumentation nicht zu folgen. Denn die Beklagte hat unter Berufung auf eine Stellungnahme des Bundesministeriums für Gesundheit vom 07.03.1996 gegenüber dem Nds. Sozialministerium (Bl. 110, 110 R u. 111 d. Gerichtsakte) nachvollziehbar und vom Kläger unwiderlegt vorgetragen, daß es aller Erfahrung nach keine in den Gebührenverzeichnissen der GOÄ und GOZ beschriebenen und im Rahmen von Behandlungsverhältnissen erbrachten ärztlichen und zahnärztlichen Leistungen gebe, auf die nicht mindestens ein bestimmter Praxisanteil entfiele. Jede nach der GOÄ oder GOZ berechnungsfähige Gebühr enthalte somit einen - mehr oder weniger hohen - Kostenanteil. Unter Berücksichtigung dieser sachverständigen Stellungnahme, an deren Richtigkeit zu zweifeln die Kammer keinen Anlaß sieht, erscheint die Berücksichtigung aller in der GOZ enthaltenen Leistungen bei der Sachkostenerstattung durch die Beklagte sachgerecht und wird von dem Gedanken der Pauschalierung gedeckt. Wäre die Beklagte insoweit gezwungen, jede einzelne Position daraufhin zu überprüfen, in welchem Umfang im Einzelfall Sachkosten anfallen, wäre der Rationalisierungsgewinn aus der Pauschalierung vertan.
Nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung sieht die Kammer keinerlei Anhaltspunkte dafür, daß die seit 1988 vom Ministerium vorgeschriebene pauschalierte Sachkostenerstattung in Höhe von 35 % des Einfachsatzes der GOZ zu hoch sein könnte. Die gegenteilige Ansicht des Klägers beruht maßgeblich auf der Annahme, zu erstattende Sachkosten seien "nur reine Materialkosten". Dies ist rechtsirrig, wie sich zweifelsfrei aus der - auch für zahnärztliche Privatliquidationen geltenden - Legaldefinition des § 1 Abs. 4 Satz 1 HNEVO ergibt. Danach sind Sachkosten die allgemeinen Kosten personeller und sächlicher Art und die durch die Benutzung von ärztlichen Instrumenten und Apparaturen entstandenen Kosten sowie die Kosten für Material und sonstige Leistungen, die dem Land durch die Nebentätigkeit entstanden sind, wobei Investitionskosten sowie die Kosten der Inanspruchnahme von Ärzten und Arztschreibkräften nicht berücksichtigt sind. Die neue Verfahrensweise zur pauschalierten Erstattung der Sachkosten im vorgenannten Sinne war maßgeblich dadurch bedingt, daß die mit Wirkung vom 01.01.1988 völlig neu gestaltete GOZ das bis dahin praktizierte Verfahren dergestalt, daß die Sachkosten von der Universität direkt den Privatpatienten in Rechnung gestellt wurden, nicht mehr zuließ. Wie die Beklagte in der mündlichen Verhandlung in für die Kammer hinreichend nachvollziehbarer Weise dargelegt hat, wurde die ab 1988 geltende 35 % - Pauschale vom Ministerium nicht etwa mehr oder weniger willkürlich "gegriffen", sondern basierte auf einer rechtlich nicht zu beanstandenden Kalkulationsgrundlage, nämlich auf den vom Land in den Jahren 1986 und 1987 im Klinikum der Universität ... und in der Medizinischen Hochschule Hannover vereinnahmten (bzw. nach der einschlägigen Erlaßjage zu vereinnahmenden) Sachkosten alten Rechts. Mit der neuen, ab 1988 geltenden Abrechnungsweise wollte das Ministerium im Bereich der Sachkostenerstattung im rechnerischen Endergebnis den "Status quo" erhalten (also eine nach § 75 c Abs. 3 Satz 1 NBG verbotene Kostenunterdeckung vermeiden), nicht aber die Gesamtheit der Sachkostenerstattungspflichtigen ungünstiger stellen als nach der bisherigen Rechtslage. Daß ein geänderter Abrechnungsmodus bei einem Teil der Erstattungspflichtigen möglicherweise zu einer Schlechterstellung, bei einem anderen Teil möglicherweise zu einer Besserstellung führt, ist gleichsam systemimmanent und demzufolge aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Die vom Ministerium getroffene typisierende und pauschalierende Regelung, wonach dem Land 35 % des Einfachsatzes der GOZ als Sachkosten zu erstatten sind, steht noch in einem zulässigen Verhältnis zu der mit der Typisierung notwendig verbundenen Ungleichheit der Höhe der Sachkostenerstattung, wobei im Falle des Klägers möglicherweise auftretende Härten unbeachtlich und vom Vorschriftengeber im Interesse der Praktikabilität und Beschleunigung des Abrechnungsverfahrens bewußt in Kauf genommen sind. Wenn die Sachkostenerstattung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HNEVO bei den zahnärztlichen Sachleistungen nicht zum "Selbstkostenpreis" der Klinik, sondern nach einem angemessenen einheitlichen Prozentsatz des jeweiligen Tarifs für ambulante Leistungen unter Zugrundelegung nur des Einfachsatzes der GOZ abzurechnen ist, so ist dies rechtlich unbedenklich (vgl. auch BayVGH, Urteil vom 04.12.1985 - Nr. 3 N 84 A. 3237 -, DVBl. 1986, 1159/1161). Besteht hiernach zwischen dem Maß der Sachkostenerstattung und dem Maß der Inanspruchnahme im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 HNEVO ein nachvollziehbarer, von den wirklichen Verhältnissen nicht gänzlich gelöster Zusammenhang, so kann das vom Ministerium ab 1988 vorgegebene und von der Beklagten seither durchgängig angewandte Abrechnungsverfahren entgegen der Ansicht des Klägers rechtlich nicht beanstandet werden.
Schließlich vermag der Kläger seiner Klage nicht damit zum Erfolg zu verhelfen, daß er einwendet, die Beklagte würde Sachkosten "doppelt" geltend machen, nämlich einmal als Sachkostenerstattung und zum anderen im Wege des Vorteilsausgleichs. Dieser Argumentation kann die Kammer nicht folgen, denn die Beklagte hat - entsprechend der Regelung des § 1 Abs. 1 Nr. 2 HNEVO - zunächst den Sachkostenanteil von den Bruttoeinnahmen abgezogen und nach weiterem Abzug der uneinbringlichen Forderungen vom dem Kläger verbleibenden Bruttonebentätigkeitseinkommen 20 % errechnet und in Ansatz gebracht. Eine rechtlich unzulässige "Verquickung" von Sachkostenerstattung und Vorteilsausgleich kann die Kammer nicht erkennen. Während die Sachkostenerstattung auf Leistungen zurückzuführen ist, die nicht vom Arzt/Zahnarzt selbst, sondern - durch ihn - von der Klinik den Patienten gegenüber erbracht werden (z.B. Material, Medikamente, Benutzung von Räumen und Apparaten), bezieht sich der Vorteilsausgleich auf die durch die eigene Leistung erwirtschafteten Bruttoeinnahmen und dient als Ausgleich für diejenigen Vorteile, die der Arzt/Zahnarzt bei der Erbringung seiner eigenen Leistungen aus der Nutzung der öffentlichen Einrichtungen zieht. Diese bestehen in erster Linie aus der Möglichkeit der Inanspruchnahme nachgeordneter Ärzte und der Arztschreibkräfte sowie der Ersparnis von Investitionskosten, aber auch aus dem nicht im Einzelfall meßbaren Vorteil, den die Nutzung der Einrichtungen der Klinik auch dann noch bietet, wenn der liquidationsberechtigte Arzt/Zahnarzt die Sachkosten der Klinik tarifgemäß erstattet.
Da der Kläger mit seinem Begehren unterliegt und somit keinen Kostenerstattungsanspruch gegen die Beklagte hat, besteht keine Veranlassung, die Hinzuziehung seines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.
Nach alledem ist die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 709 Satz 1 ZPO.
Rühling,
Dr. Möller