Verwaltungsgericht Osnabrück
Urt. v. 26.07.2001, Az.: 2 A 142/99

Zahlung von Zinsen auf rückerstattete Beträge der Abfallabgabe; Öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch; Zu Unrecht gezahlte Abfallabgaben

Bibliographie

Gericht
VG Osnabrück
Datum
26.07.2001
Aktenzeichen
2 A 142/99
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2001, 25652
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGOSNAB:2001:0726.2A142.99.0A

Fundstelle

  • NdsVBl 2002, 334-335

Verfahrensgegenstand

Zinszahlungen für erstattete Beträge der Abfallabgabe

Prozessführer

Firma A. AG, B.

Prozessgegner

Bezirksregierung D.

Redaktioneller Leitsatz

Bei einem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspurch hat der "bereicherte" Hoheitsträger die im Rahmen eines öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnisses ohne rechtlichen Grund von einem anderen erbrachten Leistungen wieder an diesen herauszugeben.

In der Verwaltungsrechtsache
hat das Verwaltungsgericht Osnabrück - 2. Kammer -
ohne mündliche Verhandlung am 26. Juli 2001
durch
den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht Mädler,
den Richter am Verwaltungsgericht Kohring,
den Richter am Verwaltungsgericht Fister,
sowie die ehrenamtlichen Richter E. und F.
für Recht erkannt:

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1

Die Klägerin fordert von der Beklagten die Zahlung von Zinsen auf rückerstattete Beträge der Abfallabgabe.

2

In den Jahren 1992, 1993, 1995, 1996 und 1997 zahlte die Klägerin aufgrund entsprechender Festsetzungsbescheide der Beklagten Abgaben nach dem Nieders. Abfallabgabengesetz in Höhe von insgesamt 211.994,70 DM. Nachdem das Bundesverfassungsgericht das Nieders. Abfallabgabengesetz durch Urteil vom 07.05.1998 (2 BvR 1876/91 u.a. - NJW 1998, 2346) für verfassungswidrig erklärt hatte, hob die Beklagte die genannten Festsetzungsbescheide mit Bescheiden vom 30.07.1998 auf und erstattete der Klägerin die insoweit geleisteten Zahlungen, wobei die Klägerin den gezahlten Gesamtbetrag am 12.08.1998 - unverzinst - zurückerhielt.

3

Bereits am 26.05.1998 hatte die Klägerin Ansprüche auf Zinszahlungen in Höhe von 3 % über dem jeweiligen Diskontsatz seit dem 07.05.1998 geltend gemacht. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 25.03.1999 unter Hinweis darauf, dass eine Anspruchsgrundlage für die geltend gemachte Zinsforderung nicht bestehe, ab. Den hiergegen erhobenen Widerspruch, mit dem die Klägerin ihre Zinsforderung auf 6 % Zinsen p.a. für den gesamten Zeitraum von der Zahlung der Einzelbeträge bis zur Rückerstattung dieser Zahlungen am 12.08.1998 erweiterte, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 20.08.1999 zurück.

4

Die Klägerin hat daraufhin am 23.09.1999 Klage erhoben. Sie ist der Auffassung, dass sich der geltend gemachte Zinsanspruch aus dem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch ergebe, der immer dann eingreife, wenn - wie hier - eine anderweitige gesetzliche Regelung fehle. Danach seien ohne rechtlichen Grund erbrachte Leistungen herauszugeben, was hier - soweit es die Hauptleistung betreffe - auch geschehen sei, nachdem die Beklagte die ursprünglichen Festsetzungsbescheide aufgehoben habe und damit der Rechtsgrund für die von ihr (der Klägerin) zunächst gezahlten Abfallabgaben entfallen sei. Allerdings habe die Beklagte die rückerstatteten Beträge zu Unrecht nicht verzinst. Eine entsprechende Verzinsungspflicht ergebe sich jedoch aus einer entsprechenden Anwendung des § 818 Abs. 1 BGB, wonach sich die Verpflichtung auf Herausgabe des zu Unrecht Erlangten auch auf die gezogenen Nutzungen erstrecke. Zwar habe sich das Bundesverwaltungsgericht auf den Standpunkt gestellt, dass ein entsprechender Zinsanspruch des Bürgers gegen den Staat regelmäßig nicht in Betracht komme, weil der Staat öffentlich-rechtlich erlangte Einnahmen in der Regel nicht Gewinn bringend anlege, sondern über die ihm zur Verfügung stehenden Mittel stets im Interesse der Allgemeinheit verfüge. Diese im Grundsatz durchaus zutreffende These ändere jedoch ebenso wenig wie das dem öffentlichen Haushaltsrecht zugrunde liegende Prinzip der Gesamtdeckung von Einnahmen und Ausgaben etwas daran, dass auch der Staat mit den vorhandenen liquiden Mitteln wirtschaftlich umgehen, insbesondere den Kreditbedarf gering halten und etwaige Überschüsse nach Möglichkeit ertragsbringend anlegen müsse. Angesichts dessen sei davon auszugehen, dass der Staat mit den unrechtmäßigerweise erlangten Geldbeträgen unabhängig davon, wie diese im Einzelnen tatsächlich verwendet worden seien, entweder Zinsen erwirtschaftet oder aber eigene Zinszahlungen für ansonsten aufzunehmende Kredite erspart habe. Die insoweit tatsächlich gezogenen Nutzungen müssten daher an den Erstattungsgläubiger herausgegeben werden; dafür spreche nicht zuletzt der Umstand, dass dieser das Geld zwischenzeitlich selbst Zins bringend hätte anlegen können und dass eine Verzinsung von Erstattungsbeträgen auch anderen (öffentlich-rechtlichen) Rechtsgebieten, etwa dem Steuerrecht, durchaus nicht fremd sei. Einem entsprechenden Zinsanspruch stehe auch nicht entgegen, dass der einzelne Bürger die konkrete Verwendung der von ihm zu Unrecht geleisteten Zahlungen im Rahmen der öffentlichen Haushaltsführung einschließlich der Frage, ob und ggf. in welchem Umfang der Staat insoweit tatsächlich entsprechende Nutzungen gezogen habe, im Regelfall nicht oder nur mit erheblichen Schwierigkeiten nachweisen könne. Vielmehr komme insoweit eine Schätzung nach § 287 Abs. 2 ZPO in Betracht, die sich an in vergleichbaren Fällen getroffenen gesetzlichen Regelungen, hier insbesondere an § 238 AO orientieren könne; daraus ergebe sich die Höhe des geltend gemachten Zinsanspruchs.

5

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 25.03.1999 und ihres Widerspruchsbescheides vom 20.08.1999 zu verpflichten, ihr auf rückerstattete Beträge der Abfallabgabe Zinsen zu einem Zinssatz von 6 % p.a. ab dem Zeitpunkt der Zahlung, mithin

  • 6 % auf 1.993,50 DM ab dem 11.10.1994,

  • 6 % auf 760,00 DM ab dem 11.10.1994,

  • 6 % auf 1.836,00 DM ab dem 11.10.1994,

  • 6 % auf 869,70 DM ab dem 11.10.1994,

  • 6 % auf 2.485,10 DM ab dem 22.11.1996,

  • 6 % auf 197.417,80 DM ab dem 06.04.1998,

  • 6 % auf 2.306,30 DM ab dem 16.04.1998,

  • 6 % auf 2.456,20 DM ab dem 04.05.1998,

bis zum Zeitpunkt der Rückzahlung des gesamten Betrages am 12.08.1998 zu zahlen.

6

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

7

Sie ist der Auffassung, dass es für die geltend gemachte Zinsforderung keine Anspruchsgrundlage gebe. Eine spezielle Regelung über die Verzinsung zu Unrecht gezahlter Abgaben existiere nicht; dies gelte insbesondere für die Vorschriften der Abgabenordnung, die ausschließlich andere, speziellere Sachverhalte beträfen. Aus dem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch könne ein entsprechender Zinsanspruch ebenfalls nicht hergeleitet werden, weil nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts von der Erwirtschaftung von Gewinnzinsen durch die öffentliche Hand nicht ausgegangen worden könne und deshalb Nutzungen im Sinne des § 818 Abs. 1 BGB erst gar nicht anfielen. Im Übrigen widerspreche es dem Gesamtdeckungsprinzip des Haushaltsrechts, einzelne Haushaltseinnahmen isoliert zu betrachten und dann ihre Eignung zur Erwirtschaftung von Gewinnzinsen zu postulieren. Vielmehr könne bei einem im Ganzen erheblich defizitären Haushalt von der Erzielbarkeit von Gewinnzinsen nicht die Rede sein, so dass auch kein Grund bestehe, im Wege der Schätzung die Entstehung von Zinsen schlicht zu unterstellen.

8

Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet (§ 101 Abs. 2 VwGO).

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Klage ist nicht begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Verzinsung der von ihr zunächst (zu Unrecht) gezahlten und anschließend rückerstatteten Abfallabgaben.

10

Eine spezielle gesetzliche Regelung für den von der Klägerin geltend gemachten Zinsanspruch existiert - wovon diese offenbar auch selbst ausgeht - nicht. Dies gilt insbesondere für die eine Verzinsungspflicht in bestimmten Fällen regelnden Vorschriften der Abgabenordnung (vgl. §§ 233 a, 236, 238 AO), da diese sich (unmittelbar) allein auf Steuern (vgl. § 1 AO), zum Teil auch nur auf ganz bestimmte Steuerarten (vgl. § 233 a AO) beziehen; demgemäß kommt es für die Entscheidung des vorliegenden Falles auch nicht darauf an, ob eine entsprechende Verzinsungspflicht - wie die Klägerin meint - auch dann besteht, wenn der eigentliche (auf Rückzahlung der zu Unrecht gezahlten Abgaben gerichtete) Erstattungsanspruch - wie hier - nicht rechtshängig geworden (vgl. den Wortlaut des § 236 Abs. 1 AO), sondern außergerichtlich erfüllt worden ist. Für eine analoge Anwendung der genannten Vorschriften fehlt es an einer entsprechenden Verweisungsnorm, wie sie ursprünglich im - zwischenzeitlich für nichtig erklärten - Nieders. Abfallabgabengesetz enthalten war; angesichts dessen kann die Klägerin hier auch nichts aus dem von ihr zitierten - noch unter der Geltung des (im Wesentlichen inhaltsgleichen) Schleswig-Holsteinischen Abfallabgabengesetzes ergangenen - Beschluss des OVG Schleswig vom 10.10.1997 (2 M 4/97) herleiten. Soweit die Klägerin den geltend gemachten Zinsanspruch möglicherweise auf den Gesichtspunkt des Verzuges stützen will - worauf ihr Vorbringen im Klageverfahren allerdings eher weniger hindeutet -, könnte sie einen solchen Anspruch allein im Rahmen eines Amtshaftungsprozesses vor den ordentlichen Gerichten geltend machen (vgl. BVerwG, U. v. 18.05.1973 - VII C 21/72 -, NJW 1973, 1854), weil es insoweit ebenfalls an speziellen gesetzlichen Anspruchsgrundlagen fehlt und ein allgemeiner verwaltungsrechtlicher Grundsatz, wonach für rückständige Geldleistungen Verzugszinsen zu zahlen seien, nicht existiert (vgl. BVerwG, U. v. 03.11.1988 - 5 C 38/84 -, NVwZ 1989, 870).

11

Als Anspruchsgrundlage kommt daher allein der allgemeine öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch in Betracht. Danach hat der "bereicherte" Hoheitsträger die im Rahmen eines öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnisses ohne rechtlichen Grund von einem anderen erbrachten Leistungen wieder an diesen herauszugeben (was hier zumindest hinsichtlich der Rückzahlung der in den Jahren 1992, 1993, 1995, 1996 und 1997 von der Klägerin gezahlten Abfallabgaben auch geschehen ist), wobei sich der Erstattungsanspruch - dem in § 818 Abs. 1 BGB zum Ausdruck kommenden Rechtsgedanken entsprechend - grundsätzlich auch auf die Herausgabe von Nutzungen, die der Hoheitsträger zwischenzeitlich (ggf.) gezogen hat, erstreckt (vgl. BVerwG, U. v. 18.05.1973, aaO; U. v. 18.05.1973 - VII C 3/72 -, NJW 1973, 2122; U. v. 27.10.1998 - 1 C 38/97 -, NJW 1999, 1201). Zu diesen Nutzungen gehören grundsätzlich auch (Gewinn- oder Schuld-)Zinsen, die der Bereicherte durch die Anlegung der zu Unrecht erhaltenen Geldmittel erzielt oder durch die Verwendung dieser Mittel zur Schuldentilgung erspart hat; Voraussetzung für einen entsprechenden Herausgabeanspruch ist allerdings, dass der Bereicherte - wofür grundsätzlich der Bereicherungsgläubiger, hier also die Klägerin, beweispflichtig ist - derartige Nutzungen tatsächlich gezogen hat (vgl. Palandt-Thomas, BGB, 59. Aufl., § 818 Rn. 9, 10 u. 55 m.w.N.). Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze steht der Klägerin der geltend gemachte Zinsanspruch nicht zu.

12

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. die bereits zitierten Urteile vom 18.05.1973, aaO) - die zwischenzeitlich auch nicht aufgegeben worden ist (vgl. U. v. 27.10.1998, aaO) - ist davon auszugehen, dass der Staat seine öffentlich-rechtlich erlangten Einnahmen in der Regel nicht Gewinn bringend anlegt, sondern über die ihm - auf welche Weise auch immer - zur Verfügung gestellten Mittel stets im Interesse der Allgemeinheit verfügt; angesichts dessen fallen Nutzungen in Form erzielter oder ersparter Zinsen, die im Rahmen des § 818 Abs. 1 BGB ggf. herauszugeben wären, regelmäßig nicht an. Dass im vorliegenden Fall (ausnahmsweise) etwas anders gilt, d.h. die Beklagte aus den von der Klägerin zu Unrecht gezahlten Abfallabgaben tatsächlich Nutzungen im o.g. Sinne gezogen hat, hat die Klägerin nicht nachgewiesen. Ein derartiger Nachweis ist ihr - wie sie letztlich selbst einräumt - offenbar auch nicht möglich und wird insbesondere auch nicht durch ihre Argumentation im vorliegenden Verfahren ersetzt. Zwar wird in einem Teil der Literatur (vgl. insbes. Schön, Bereicherungszinsen der öffentlichen Hand, NJW 1993, 3289) und der zivilgerichtlichen Rechtsprechung (vgl. BayObLG, B. v. 09.12.1998 - 3 Z BR 273/98 -, NJW 1999, 1194; a.A. allerdings OLG Hamm, B. v. 02.08.2000 - 6 WF 66/00 -, NJW 2001, 1287) die - auch von der Klägerin für sich in Anspruch genommene - Auffassung vertreten, "es könne nicht einfach geleugnet" bzw. "es könne davon ausgegangen" werden, dass der Staat mit unberechtigt erhaltenem Geld in irgendeiner Form arbeite und daher auch entsprechende Nutzungen aus diesem Geld ziehe, weil diese Geldbeträge zu einer faktischen Erhöhung der Liquidität oder zu einer faktischen Verminderung eines etwaigen Fehlbestandes in den öffentlichen Kassen führten und der Staat deshalb entweder - nämlich dann, wenn er derartige Beträge als Überschüsse Zins bringend anlege - Gewinnzinsen erziele oder - sofern er diese Beträge zur Schuldentilgung, d.h. zur Verringerung des Fehlbestandes in den öffentlichen Kassen, verwende - nur entsprechend geringere Kredite am Kapitalmarkt aufzunehmen brauche und daher in diesem Umfang Kreditzinsen erspare. Diese Argumentation ist jedoch nicht geeignet, die Ausgangsthese des Bundesverwaltungsgerichts, nämlich dass der Staat die ihm zur Verfügung stehenden Einnahmen regelmäßig nicht Gewinn bringend anlege, sondern ausschließlich zur Erfüllung der ihm im Interesse der Allgemeinheit obliegenden (vielfältigen) Aufgaben verwende - begründet in Zweifel zu ziehen. Denn auch wenn es im Ausgangspunkt zutreffen mag, dass der Staat - unter Berücksichtigung der für ihn verbindlichen haushaltsrechtlichen Vorgaben, wonach insbesondere alle Einnahmen als Deckungsmittel für alle Ausgaben dienen (Grundsatz der Gesamtdeckung, vgl. § 8 NLHO) und nicht sofort benötigte Kassenmittel so anzulegen sind, dass über sie bei Bedarf verfügt werden kann (vgl. § 43 Abs. 2 NLHO) - mit den ihm zur Verfügung stehenden Geldmitteln grundsätzlich "wirtschaftlich umgehen" muss, bedeutet dies nicht gleichzeitig, dass er dadurch auch Nutzungen im Sinne des § 818 Abs. 1 BGB zieht. Vielmehr liegt der entscheidende Unterschied zu einem "privaten Bereicherungsschuldner" gerade darin, dass dieser (sei es ein Privatmann, Kaufmann, Gewerbetreibender o.ä.) die von ihm vereinnahmten Geldbeträge in aller Regel "nutzbringend" - nämlich zur Mehrung seines privaten Vermögens - verwendet, während der Staat derartige Geldmittel selbst dann, wenn er sie im Rahmen seiner Haushaltsführung im o.g. Sinne "wirtschaftlich einzusetzen" hat (und damit ggf. das allgemeine Haushaltsdefizit vorübergehend etwas verringert bzw. zumindest nicht weiter anwachsen lässt), regelmäßig nicht im eigenen (wirtschaftlichen) Interesse, sondern zur Erfüllung seiner vielfältigen, letztlich allein im Interesse der Allgemeinheit liegenden Aufgaben einsetzt (vgl. dazu auch BVerwG, U. v. 18.05.1973 - VII C 3/72 -, aaO).

13

Abgesehen von diesen grundsätzlichen Erwägungen kann der Klägerin die geltend gemachte Zinsforderung auch aus einem anderen Grund nicht zugesprochen werden. Da die Klägerin - wie dargelegt - den konkreten Nachweis, dass die Beklagte aus den zu Unrecht vereinnahmten Abfallabgaben tatsächlich Nutzungen gezogen, d.h. entweder Zinsen erzielt oder erspart hat, nicht erbracht hat, geht dies nach allgemeinen Beweislastregeln zu ihren Lasten. Ob von diesem Grundsatz im Hinblick auf die von der Klägerin geltend gemachten - in tatsächlicher Hinsicht möglicherweise nicht von der Hand zu weisenden - Beweisschwierigkeiten in Fällen der vorliegenden Art ggf. abzuweichen und statt dessen auf eine Schätzung gemäß § 287 Abs. 2 ZPO zurückzugreifen wäre, bedarf im vorliegenden Verfahren keiner abschließenden Entscheidung. Denn selbst wenn man eine derartige Schätzung grundsätzlich für zulässig halten wollte, würde es im vorliegenden Fall jedenfalls an geeigneten tatsächlichen Anhaltspunkten fehlen, um den dadurch eröffneten "Schätzungsspielraum" sachgerecht auszufüllen. Die von der Klägerin in diesem Zusammenhang (unter Berufung auf den Beschluss des BayObLG vom 09.12.1998, aaO) allein herangezogene Vorschrift des § 238 Abs. 1 AO bildet nach Auffassung der Kammer keine geeignete Grundlage für eine entsprechende Schätzung. Denn der dort - für den hier allein vergleichbaren Fall einer Steuernachforderung oder Steuererstattung - vorgesehene Zinssatz von monatlich 0,5 % gilt sowohl für die Verzinsung einer Steuernachforderung zulasten des Bürgers als auch für die Verzinsung einer nachträglichen Steuererstattung zugunsten des Bürgers (vgl. im Einzelnen § 233 a AO). Ein derartiges "Gegenseitigkeitsverhältnis" besteht im vorliegenden Fall jedoch nicht, da die Klägerin für den Fall, dass sie die gegen sie ursprünglich festgesetzten Abfallabgaben nicht fristgerecht gezahlt (und aus diesen - jedenfalls zunächst - zu Unrecht zurückbehaltenen Geldbeträgen entsprechende Nutzungen gezogen) hätte, aufgrund dieser "Säumnis" gerade keine Zinsen zu leisten gehabt hätte. Angesichts dessen erscheint es hier nicht gerechtfertigt, die Vorschrift des § 238 Abs. 1 AO entsprechend bzw. ihrem Rechtsgedanken nach im Rahmen einer (etwaigen) Schätzung nach § 287 Abs. 2 ZPO anzuwenden (in diesem Sinne auch OLG Hamm, B. v. 02.08.2000, aaO).

14

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Streitwertbeschluss:

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 5.500,00 DM festgesetzt.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 13 Abs. 2 GKG; der insoweit angesetzte Wert entspricht (in etwa) der Höhe des geltend gemachten Zinsanspruchs.

Gegen diesen Beschluss ist die Beschwerde an das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht in 21335 Lüneburg, Uelzener Str. 40, statthaft, wenn der Beschwerdewert 100,- DM übersteigt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von 6 Monaten nach Rechtskraft der Entscheidung in der Hauptsache oder nach anderweitiger Erledigung des Verfahrens bei dem

Verwaltungsgericht Osnabrück,

Hakenstraße 15,

49074 Osnabrück,

schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird. Die Beschwerdefrist ist auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist bei dem Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht eingeht.

Mädler,
RiVG Kohring ist wegen Urlaubs gehindert, seine Unterschrift beizufügen Mädler,
Fister