Landgericht Hildesheim
Beschl. v. 28.08.1990, Az.: 5 T 310/90
Zahlung eines Kostenvorschusses als Bedingung für die Terminsbestimmung; Anwendung der Vorschrift des § 12 Abs. 4 S. 2 Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG); Verbot der Bevorschussung
Bibliographie
- Gericht
- LG Hildesheim
- Datum
- 28.08.1990
- Aktenzeichen
- 5 T 310/90
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 1990, 15111
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LGHILDE:1990:0828.5T310.90.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- AG Hildesheim
In der Zwangsvollstreckungssache
hat die 5. Zivilkammer des Landgerichts Hildesheim
auf die sofortige Beschwerde der Gläubigerin vom 17. Juli/01. August 1990
gegen die Zwischenverfügung vom 02. Juli 1990
in der Sitzung vom 28. August 1990
beschlossen:
Tenor:
Die angefochtene Zwischenverfügung wird aufgehoben, soweit die Terminsbestimmung von der Zahlung der Gerichtskosten abhängig gemacht worden ist.
Das Amtsgericht wird angewiesen, insoweit von seinen bisherigen Bedenken Abstand zu nehmen.
Die Beschwerdeentscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.
Gründe
Die Gläubigerin hat beantragt, Termin zur Abnahme der ergänzenden eidesstattlichen Versicherung nach § 903 ZPO zu bestimmen. Durch die angefochtene Verfügung hat das Amtsgericht Hildesheim die Terminsbestimmung von der Zahlung eines Kostenvorschusses in Höhe von 25,00 DM abhängig gemacht. Die dagegen gerichtete Erinnerung ist zulässig und begründet.
Die Gläubigerin vollstreckt wegen einer Geldforderung aus einem arbeitsgerichtlichen Titel. Nach § 12 Abs. 4 Satz 2 Arbeitsgerichtsgesetz werden Kostenvorschüsse nicht erhoben; dies gilt für die Zwangsvollstreckung auch dann, wenn das Amtsgericht Vollstreckungsgericht ist. Bei der vom Amtsgericht angeforderten Gerichtsgebühr handelt es sich nicht um einen Kostenvorschuß im Sinne des § 12 Abs. 4 Satz 2 Arbeitsgerichtsgesetz, sondern um eine Vorauszahlung einer Gerichtsgebühr, denn die nach Nr. 1152 des Kostenverzeichnisses als Anlage zu § 11 GKG zu erhebende Verfahrensgebühr wird mit der Antragstellung nach § 903 ZPO fällig. Nach Eintritt der Fälligkeit kann jedoch kein Vorschuß mehr erhoben werden, sondern lediglich die entstandene Gebühr angefordert werden. Wenn auch für diesen Fall der vorauszuzahlenden Gerichtsgebühr eine gesetzliche Regelung entsprechend § 12 Abs. 4 Satz 2 Arbeitsgerichtsgesetz fehlt, wendet die Kammer diese Vorschrift auf den vorliegenden Fall analog an. Das Verbot der Bevorschussung ist vom Gesetzgeber mit Rücksicht auf die wirtschaftliche Lage der Mehrheit der Arbeitnehmer eingeführt worden (Rohlfing/Rewolle, Arbeitsgerichtsgesetz, § 12 Anm. IV. 2). Diese Überlegung gilt in gleichem Maße für den Fall der vor Verfahrensbeginn vorauszuzahlenden (wenn auch bereits entstandenen) Gebühr nach Nr. 1152 des Kostenverzeichnisses. Auch in diesem Fall wird dem Antragsteller zugemutet, eine Vorleistung zu erbringen, die ihn wirtschaftlich belastet. Zur Vermeidung wirtschaftlicher Härten ist es aus den sozialen Überlegungen, die zur Schaffung des § 12 Abs. 4 Satz 2 Arbeitsgerichtsgesetz geführt haben, erforderlich, diese Vorschrift ausdehnend auf den gesetzlich nicht geregelten Fall der Gebührenvorauszahlungspflicht anzuwenden.
Eine Einschränkung dieser ausdehnenden Auslegung dahin, daß im Einzelfall auf die Leistungsfähigkeit des Gläubigers abgestellt wird (so: Landgericht München in Rechtspfleger 1990, 227), erscheint demgegenüber systemwidrig. Auch § 12 Abs. 4 Satz 2 Arbeitsgerichtsgesetz macht seine Entscheidung nicht von einer Billigkeitsprüfung abhängig; eine solche Prüfung widerspricht in erheblichem Maße der sozialen Grundentscheidung, die der Regelung des § 12 Abs. 4 Satz 2 Arbeitsgerichtsgesetz zugrunde liegt.
Die angefochtene Zwischenverfügung war daher aufzuheben und das Amtsgericht anzuweisen, von seinen Bedenken Abstand zu nehmen.
Der Kostenausspruch für das Beschwerdeverfahren folgt aus Nr. 1181 des Kostenverzeichnisses als Anlage zu § 11 GKG.