Verwaltungsgericht Hannover
Beschl. v. 07.10.2002, Az.: 6 B 4159/02
Schüler; Schülerbeförderung; Sorgerecht; Wohnsitz; Wohnung
Bibliographie
- Gericht
- VG Hannover
- Datum
- 07.10.2002
- Aktenzeichen
- 6 B 4159/02
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2002, 43689
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 63 SchulG ND
- § 63 Abs 1 SchulG ND
- § 63 Abs 3 SchulG ND
- § 114 Abs 1 SchulG ND
- § 11 BGB
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
1. Der Begriff der "Wohnung" in § 114 lässt sich sinnvoll nur im Zusammenhang mit der Schulpflicht nach § 63 Abs. 3 NSchG auslegen.
2. Die "Wohnung" als Ausgangspunkt der Schülerbeförderung nach § 114 NSchG ist dort, wo der Schüler seinen Wohnsitz hat.
3. Schüler, deren getrennt lebende Eltern mit ihrer Scheidung gemeinsam das Recht zur Personensorge übetragen worden ist, haben nach § 11 Satz 1 BGB zwei Wohnsitze und sind deshalb sowohl von der Wohnung ihrer Mutter als auch von der ihres Vaters zur Schule zu befördern.
Gründe
I. Der Antragsteller begehrt im Wege eines Antrages auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes vom Antragsgegner, seine zeitweise bei ihm und zeitweise bei seiner von ihm getrennt lebenden geschiedenen Ehefrau lebenden Kinder im Rahmen der Schülerbeförderung nach § 114 des Niedersächsischen Schulgesetzes (NSchG) auch von seiner Wohnung aus zur Schule zu befördern oder ihm die hierfür notwendigen Aufwendungen zu erstatten, hilfsweise: ihm entsprechend höhere Leistungen der Sozialhilfe zu gewähren.
Der Antragsteller, der durch die vom Antragsgegner hierfür herangezogene Gemeinde N. Sozialhilfe in Form von laufender Hilfe zum Lebensunterhalt erhält, war mit Frau A. verheiratet. Aus der Ehe sind zwei Kinder hervorgegangen, die am 08.08.1994 geborene C. und der am 10.06.1996 geborene R.. Die Ehe wurde geschieden. Frau S. wohnt getrennt von dem Antragsteller in N. (M.-weg), während der Antragsteller im Ortsteil B. wohnt. Eine gerichtliche Entscheidung über das Sorgerecht für die Kinder ist bislang, soweit ersichtlich, nicht ergangen, so dass das Sorgerecht weiterhin von dem Antragsteller und der Mutter der Kinder gemeinsam ausgeübt wird. Auch für das Umgangsrecht wurde bislang, soweit ersichtlich, noch keine gerichtliche Entscheidung getroffen. Diesbezüglich besteht jedoch nach dem unbestrittenen Vorbringen des Antragstellers eine einverständliche Regelung zwischen dem Antragsteller und der Mutter der Kinder. Danach wohnen die Kinder regelmäßig alle zwei Wochen von Mittwoch nach Schulschluss bis Montag vor Schulbeginn bei dem Antragsteller. Hierzu legte der Antragsteller im Verfahren 6 B 3067/02 eine Ablichtung eines Sitzungsprotokolls des Amtsgerichts E. - Familiengericht - vom 17.10.2001vor, wonach der Antragsteller und die Mutter der Kinder gegenüber dem Familiengericht bestätigt haben, dass insoweit Einvernehmen zwischen ihnen besteht und der Umgang mit den Kindern auch tatsächlich so ausgeübt wird.
Die beiden Kinder besuchen die 1. und 2. Klasse der Grundschule in N.. Diese Schule ist sowohl für den Bereich N. selbst als auch für den Bereich des Ortsteils B. die zuständige Grundschule. Eine eigene Grundschule für den Bereich des Ortsteils B. besteht nicht. Die Wohnung der Mutter der Kinder in N. befindet sich in einer Entfernung von weniger als 2 km zur Grundschule; dieses ist die vom Antragsgegner nach § 114 Abs. 2 NSchG festgelegte Mindestentfernung für das Bestehen der Beförderungs- oder Erstattungspflicht nach § 114 Abs. 1 NSchG.
Mit Schreiben vom 24.08.2002 beantragte der Antragsteller bei dem Antragsgegner für den Schulweg seiner beiden Kinder von B. nach N. die Ausstellung von zwei Busfahrkarten. Diesen Antrag lehnte der Antragsgegner mit Bescheid vom 16.09.2002 ab. Hiergegen erhob der Antragsteller mit Telefaxschreiben vom 17.09.2002 Widerspruch. Über diesen Widerspruch wurde, soweit ersichtlich, bislang nicht entschieden.
Ebenfalls 17.09.2002 hat der Antragsteller um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht.
Zur Begründung macht er im Wesentlichen geltend, seine beiden Kinder lebten nahezu abwechselnd bei ihm und bei ihrer Mutter. Der Antragsgegner müsse die Kinder daher auch von seiner Wohnung in B. aus zur Schule in N. befördern oder ihm zumindest die dafür notwendigen Aufwendungen erstatten. Die Ablehnung des Antragsgegners verstoße gegen Art. 3 Abs. 1 und Art. 6 des Grundgesetzes (GG) sowie gegen Art. 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK).
Der Antragsteller beantragt,
den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, Busfahrkarten für die Schülerbeförderung seiner beiden Kinder auszustellen,
hilfsweise: die Kosten für die Schülerbeförderung zu erstatten,
hilfsweise: ihm eine um die Kosten der Schülerbeförderung erhöhte Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) auszuzahlen.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung vertritt der Antragsgegner im Wesentlichen die Auffassung, im Rahmen der Schülerbeförderung nach § 114 NSchG könne die Beförderungs- oder Erstattungspflicht nur in Bezug auf eine Wohnung bestehen. Dies sei die melderechtliche Hauptwohnung, also die Wohnung, in der sich die Kinder überwiegend aufhielten. Dies sei im vorliegenden Fall die Wohnung der Mutter in N.. Für diese Wohnung bestehe jedoch keine Beförderungs- oder Erstattungspflicht, weil sie innerhalb der Mindestentfernung nach § 114 Abs. 2 NSchG zur Schule liege. Im Übrigen sei zu berücksichtigen, dass die Kinder nur zeitweise bei dem Antragsteller wohnten. Daher komme eine Ausstellung einer auch darüber hinaus gültigen Zeitfahrkarte ohnehin nicht in Betracht. Vielmehr könne allenfalls eine Erstattung der notwendigen Aufwendungen für die jeweiligen Schultage erfolge, an denen sich die Kinder tatsächlich bei dem Antragsteller aufhielten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Antragsgegners (Beiakte A) verwiesen.
II. Der als Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung in Form einer sog. Regelungsanordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO zu verstehende Antrag des Antragstellers ist als solcher statthaft (vgl. § 123 Abs. 5 VwGO) und auch im Übrigen zulässig.
Dabei geht die Kammer davon aus, dass das Begehren des Antragstellers so zu verstehen sein soll, dass er einerseits im Wege eines Hauptantrages einen Beförderungs- oder Erstattungsanspruch nach § 114 NSchG und andererseits lediglich im Wege eines Hilfsantrages hierzu insgesamt einen Anspruch auf entsprechend erhöhte Sozialhilfegewährung nach §§ 11 ff. BSHG geltend machen will. Ferner legt die Kammer den genannten Hauptantrag wiederum dahingehend aus, dass nicht, wie es der Wortlaut des Antrages nahe legen könnte, mit dem Hauptantrag nur ein Beförderungsanspruch, gerichtet auf die Ausstellung einer Busfahrkarte (vgl. dazu Seyderhelm/Nagel/Brockmann, NSchG, Kommentar, Stand: 19. Nachlieferung Januar 2002, § 114 Erl. 2.3), und lediglich hilfsweise dazu ein Anspruch auf Erstattung der notwendigen Aufwendungen geltend gemacht wird. Vielmehr versteht die Kammer den Antrag grundsätzlich so, dass im Rahmen des Hauptantrages ein einheitlicher Beförderungs- oder Erstattungsanspruch nach § 114 Abs. 1 Satz 2 NSchG geltend gemacht wird. Diese Form der Antragstellung erscheint sachgerecht, weil es ggf. im Ermessen des Antragsgegners als Träger der Schülerbeförderung stünde, ob er sich bei Bestehen eines Anspruches aus § 114 Abs. 1 NSchG für eine Beförderung oder eine Erstattung entscheidet. Der Beförderungs- oder Erstattungsanspruch nach § 114 Abs. 1 NSchG stellt sich mithin praktisch als „Wahlschuld“ (vgl. §§ 262 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches - BGB -) des Trägers der Schülerbeförderung dar. Der Anspruchsberechtigte selbst hingegen hat keinesfalls ein Wahlrecht zwischen Beförderung oder Erstattung (Seyderhelm/Nagel/ Brockmann, a.a.O., § 114 Erl. 5.1), so dass die Antragstellung insoweit letztlich auch nicht in Form eines echten Haupt- und Hilfsantrages, sondern nur in Form eines Alternativantrages möglich ist.
Aus diesem Verständnis heraus ergibt sich jedoch auch unmittelbar, dass der Antrag hinsichtlich des Zeitraumes zwischen Eingang der Antragsschrift bei Gericht und Bekanntgabe dieses Beschlusses, also für den in der Vergangenheit liegenden Zeitraum, abzulehnen ist. Denn für die Vergangenheit ist die Erbringung der wahlweise geschuldeten Beförderungsleistung tatsächlich unmöglich, so dass sich die Verpflichtung des Trägers der Schülerbeförderung insoweit auf die Erstattung der notwendigen Aufwendungen für den Schulweg beschränkt (vgl. § 265 Satz 1 BGB). Im Rahmen eines Antrages auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO muss der Antragsteller jedoch Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund glaubhaft machen (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO). Um einen Anordnungsanspruch hinsichtlich eines Erstattungsanspruches aus § 114 Abs. 1 NSchG für die Vergangenheit glaubhaft zu machen, ist es daher erforderlich, dass der Antragsteller darlegt und glaubhaft macht, dass ihm in diesem Zeitraum tatsächlich Aufwendungen für den Schulweg entstanden sind. Hierzu hat der Antragsteller jedoch überhaupt nichts vorgetragen, geschweige denn irgendwelche Aufwendungen auch der Höhe nach glaubhaft gemacht.
Im Übrigen, soweit sich der Antrag auf den Zeitraum ab Bekanntgabe dieses Beschlusses, mithin auf die Zukunft richtet, ist er demgegenüber begründet. Insoweit hat der Antragsteller nämlich zum einen glaubhaft gemacht, dass ihm als Erziehungsberechtigtem aus § 114 Abs. 1 Satz 2 NSchG ein Anspruch auf Beförderung seiner Kinder von seiner Wohnung in B. zur Grundschule in N. oder auf Erstattung der für diesen Schulweg notwendigen Aufwendungen gegen den Antragsgegner als Träger der Schülerbeförderung zusteht, solange die Kinder bei ihm wohnen und die Grundschule in N. besuchen.
Nach § 114 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 NSchG haben die Landkreise und kreisfreien Städte als Träger der Schülerbeförderung (§ 114 Abs. 1 Satz 1 NSchG) die in ihrem Gebiet wohnenden Schülerinnen und Schüler der 1. bis 10. Schuljahrgänge der allgemeinbildenden Schulen unter zumutbaren Bedingungen zur Schule zu befördern oder ihnen oder ihren Erziehungsberechtigten (§ 55 NSchG) die notwendigen Aufwendungen für den Schulweg zu erstatten, wobei dieser Anspruch insgesamt, also auch hinsichtlich der Beförderung, auch von den Erziehungsberechtigten im eigenen Namen geltend gemacht werden kann.
Der Antragsteller ist Erziehungsberechtigter im Sinne von § 55 Satz 1 NSchG, denn ihm steht das Personensorgerecht für seine beiden Kinder – gemeinschaftlich mit der Mutter der Kinder – zu, so dass er auch selbst anspruchsberechtigt ist.
Im Übrigen liegen auch die inhaltlichen Anspruchsvoraussetzungen vor.
Nach § 114 Abs. 1 Satz 2 NSchG besteht der Beförderungs- oder Erstattungsanspruch für die Wegstrecke zwischen der „Wohnung“ der Schülerin bzw. des Schülers (vgl. § 114 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 1 NSchG) und der zu besuchenden Schule (Schulweg). „Wohnung“ in diesem Sinne ist im vorliegenden Fall für die Kinder des Antragstellers sowohl seine Wohnung in B. als auch die Wohnung der Mutter der Kinder in N..
Dies ergibt sich aus folgenden Erwägungen: Was unter dem Begriff der „Wohnung“ i.S.v. § 114 NSchG zu verstehen ist, wird zwar in dieser Vorschrift selbst nicht ausdrücklich geregelt. Da § 114 NSchG jedoch insgesamt im unmittelbaren Zusammenhang mit den Vorschriften über die Schulpflicht in § 63 NSchG zu verstehen ist (vgl. § 114 Abs. 3 Sätze 2 und 3 NSchG), ist „Wohnung“ i.S.v. § 114 NSchG jedenfalls der Aufenthaltsort der Schülerin bzw. des Schülers, an dem die Schulpflicht nach § 63 NSchG begründet wird. Dies wiederum ist nach § 63 NSchG in erster Linie der „Wohnsitz“. Für die Bestimmung des „Wohnsitzes“ i.d.S. gelten schließlich die Bestimmungen der §§ 7 bis 11 BGB (Nr. 3.1.2 der „Ergänzenden Bestimmungen zur Schulpflicht und zum Rechtsverhältnis zur Schule“ – Erg.Best. – zu §§ 58, 59 und 63 bis 68 NSchG, Erlass des Niedersächsischen Kultusministeriums – MK – vom 29.08.1995, SVBl. S. 223 i.d.F. vom 16.03.1999, Nds. MBl. S. 181, abgedruckt u.a. bei Seyderhelm/Nagel/Brockmann, a.a.O., bei § 63; im Ansatz ebenso auch OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 15.08.1994 – 16 A 4241/92 – OVGE 44, 155 [156] = FamRZ 1995, 701; a.A. VG Oldenburg, Urteil vom 24.09.1998 – 5 A 2886/95 – V.n.b.: Hauptwohnung i.S.v. § 8 Abs. 1 des Niedersächsischen Meldegesetzes – Nds. MeldeG – ). Nach § 11 BGB teilt ein minderjähriges Kind des Wohnsitz der Eltern. Sind beide Eltern personensorgeberechtigt, wohnen sie jedoch getrennt voneinander, so hat das Kind einen doppelten Wohnsitz (vgl. Seyderhelm/Nagel/Brockmann, a.a.O., Erl. 2.1 zu § 63). Dies kann möglicherweise dazu führen, dass auch die Schulpflicht an verschiedenen Orten begründet wird, wobei dann allerdings wohl über eine Ausnahmegestattung nach § 63 Abs. 3 Satz 4 NSchG sichergestellt werden müsste, dass im Ergebnis nur eine Schule zu besuchen ist.
Dieser Regelung ist auch im Rahmen des § 114 NSchG Rechnung zu tragen, indem jedenfalls dann, wenn – wie hier – ein Wohnsitz i.S.v. § 63 NSchG i.V.m. § 11 BGB sowohl bei dem einen als auch bei dem anderen personensorgeberechtigten Elternteil begründet wird, die Schulwege von beiden Elternteilen aus jeweils Gegenstand gesonderter Ansprüche nach § 114 Abs. 1 Satz 2 NSchG sein können, soweit jeweils auch die Übrigen Anspruchsvoraussetzungen gegeben sind, was hier jedenfalls für den Schulweg von der Wohnung des Antragstellers in B. aus der Fall ist.
Der in diesem Zusammenhang vom OVG Nordrhein-Westfalen in seiner zitierten Entscheidung (a.a.O.) für das nordrhein-westfälische Landesrecht vertretenen Auffassung, es dürfe nicht nur unter dem Gesichtspunkt der Schulpflicht nur eine zuständige Schule für einen Schüler, sondern auch nur eine Wohnung im schülerbeförderungsrechtlichen Sinne geben, vermag sich die Kammer für die niedersächsische Regelung in § 114 NSchG nicht anzuschließen. Auch die zitierte Entscheidung des VG Oldenburg (a.a.O.), nach der es „aus Gründen der Rechtssicherheit einer allgemein verbindlichen Regelung darüber“ bedürfe, „welche der Wohnungen für die Bestimmung der Schulträger- und Schülerbeförderungsträgerschaft maßgeblich sein“ solle, ist nach Ansicht der Kammer nicht überzeugend. Denn zum einen berücksichtigt diese Entscheidung nicht, dass § 114 NSchG unmittelbar an die Vorschriften über die Schulpflicht in § 63 NSchG anknüpft und das MK selbst zur Bestimmung des „Wohnsitzes“ i.S.v. § 63 NSchG die Vorschriften der §§ 7 bis 11 BGB und nicht die Regelungen des Melderechts für anwendbar hält. Zwar sind die Erg.Best. als norminterpretierende Verwaltungsvorschriften insoweit für die gerichtliche Auslegung des Begriffes der „Wohnung“ nicht bindend. Sie erscheinen jedoch sachgerecht, zumal das VG Oldenburg auch keine zwingenden Gründe für die Anwendung der melderechtlichen Regelungen anzuführen vermag. Zum anderen würde das Abstellen auf die melderechtliche Hauptwohnung i.S.v. § 8 Abs. 1 Nr. 2 Nds. MeldeG im vorliegenden Fall zum gleichen Ergebnis führen: Denn § 8 Abs. 1 Nr. 2 Nds. MeldeG sieht vor, dass Hauptwohnung einer minderjährigen Person die von der oder dem Personensorgeberechtigten vorwiegend benutzte Wohnung ist. Auch danach ist mithin bei getrennt wohnenden Personensorgeberechtigten ein doppelter Hauptwohnsitz des Kindes anzunehmen.
Schließlich würde das Abstellen auf nur eine Wohnung, etwa die, in der der Schüler im Bewilligungszeitraum „in zeitlicher Hinsicht überwiegend seinen nicht nur vorübergehenden, gewöhnlichen Aufenthalt an Unterrichtstagen hat“ (so z.B. OVG Nordrhein-Westfalen, a.a.O.), außer acht lassen, dass jeder Personensorgeberechtigte als Erziehungsberechtigter nach § 55 Satz 1 NSchG gemäß § 71 Abs. 1 Satz 1 NSchG verpflichtet ist, dafür zu sorgen, dass die Schülerin bzw. der Schüler am Unterricht teilnimmt, d.h. grundsätzlich auch für den Transport zur Schule verantwortlich ist (vgl. Seyderhelm/Nagel/ Brockmann, a.a.O., Erl. 1 zu § 114). Wird jedoch, wie dargelegt, grundsätzlich am Wohnsitz jedes Personensorgeberechtigten auch die Schulpflicht nach § 63 NSchG begründet, so muss dem im Ergebnis auch dadurch Rechnung getragen werden, dass auch die Wohnung jedes Personensorgeberechtigten zum Anknüpfungspunkt für die Beförderungs- oder Erstattungspflicht nach § 114 Abs. 1 Satz 2 NSchG gemacht wird.
Nach alledem ist die aus dem Tenor ersichtliche einstweilige Anordnung, deren Inhalt das Gericht nach freiem Ermessen bestimmt (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 938 Abs. 1 ZPO), nötig, um wesentliche Nachteile von dem Antragsteller abzuwenden (§ 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO). Dabei sieht die Kammer jedoch davon ab, dem Antragsgegner im Einzelnen vorzugeben, auf welche Weise er den Beförderungs- oder Erstattungsanspruch des Antragstellers zu erfüllen hat, da dem Antragsgegner insoweit, wie dargelegt, ein Wahlrecht zusteht.