Arbeitsgericht Celle
Urt. v. 14.05.2001, Az.: 2 Ca 73/01
Fristgerechte arbeitgeberseitige Kündigung; Soziael Rechtfertigung; Anforderungen an die Darlegung des Rechtfertigungsgrundes; Unzureichende Arbeitsleistung einer Reinigungskraft
Bibliographie
- Gericht
- ArbG Celle
- Datum
- 14.05.2001
- Aktenzeichen
- 2 Ca 73/01
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2001, 11599
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:ARBGCE:2001:0514.2CA73.01.0A
Rechtsgrundlagen
- § 1 Abs. 2 KSchG
- § 1 Abs. 1 KSchG
Fundstellen
- AUR 2002, 72-73
- AuR 2002, 72-73
- NZA-RR 2001, 478-481 (Volltext mit amtl. LS)
Verfahrensgegenstand
Feststellung hat die 2. Kammer des Arbeitsgerichts Celle
Redaktioneller Leitsatz
- 1.
Für den Bereich verhaltensbedingter Kündigung gilt, dass der Arbeitnehmer keine "Dauer-Spitzenleistung" schuldet, sondern eine Arbeitsleistung, die er bei angemessener Anspannung seiner individuellen Kräfte und Fähigkeiten erbringen kann, wozu eine Tätigkeit von mittlerer Art. und Güte ausreicht.
- 2.
Für den Bereich der Kündigung wegen personenbedingter Leistungsmängel ist eine "erhebliche Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen" erforderlich und eine 30 %ige Leistungsminderung kündigungsrelevant.
In dem Rechtsstreit
auf die mündliche Verhandlung vom 14.05.2001
durch
den Richter am Arbeitsgericht als Vorsitzenden und
die ehrenamtlichen Richter als Beisitzer
für Recht erkannt:
Tenor:
- 1.
Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 23.01.2001 nicht beendet wird.
- 2.
Der weitergehende Feststellungsantrag wird abgewiesen.
- 3.
Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens zu unveränderten Bedingungen als Hauswirtschaftsgehilfin weiterzubeschäftigen.
- 4.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits insgesamt.
- 5.
Der Streitwert wird festgesetzt auf 8.840,00 DM.
- 6.
Die Berufung wird nicht gesondert zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer fristgerechten arbeitgeberseitigen Kündigung.
Die Klägerin ist seit dem 15.05.1991 mit einem Wochenarbeitszeitvolumen von 30 Wochenstunden als Hauswirtschaftsgehilfin bei der Beklagten, die ein Krankenhaus betreibt, beschäftigt. Die Klägerin ist zuständig für die Reinigung des sogenannten Reinigungsreviers Nr. 56, welches ein Schwesternwohnheim und einen Verwaltungstrakt umfasst. Zwischen den Parteien ist umstritten, ob das Schwesternwohnheim 100 oder 79 Insassen beherbergt. Unstreitig erstreckt es sich über drei Wohnetagen sowie eine Kelleretage, in der sich jedoch auch Wohnräume befinden. Im Kellerbereich befinden sich neben mehreren Kellerräumen eine Waschküche, zwei Toiletten, zwei Duschen, eine Küche, 11 oder 12 Schwesternzimmer, ein großer Flur; in den anderen langen Fluren des Schwesternwohnheimes befinden sich 14 Toiletten, Waschbecken. 19 Duschen, eine Badewanne sowie 6 Küchen. Das Schwesternwohnheim wird überwiegend von Schwesternschülerinnen bewohnt. Die Beklagte hat im Kammertermin angegeben, dass jährlich eine Fluktuation von etwa 5 % stattfinde. In diesem Fall hat die Klägerin das jeweilige Schwesternzimmer grob zu reinigen und zu saugen. Gesonderte Reinigungszeiten werden der Klägerin dafür nicht zugebilligt. Die Gesamtreinigungszeit für die Klägerin beläuft sich auf 5,19 Stunden pro Tag, wovon 2,87 Stunden für das Wohnheim kalkuliert sind und 2,32 Stunden für das Verwaltungsgebäude.
Restliche 0,81 Stunden sind reserviert für das sogenannte Eindecken mit den Tätigkeiten des Kaffeekochens, Aufdeckens und Abdeckens bei Ärztebesprechungen im Verwaltungstrakt; zwischen den Parteien ist umstritten, ob das tatsächliche Eindecken 20 Minuten täglich oder durchschnittlich, wie von der Klägerin in einer Arbeitszeit auf Schreibung in der Zeit vom 06.03. bis 12.04.2001 ermittelt. 40 bis 50 Minuten in Anspruch nimmt.
Bei der Prüfung einer möglichen Fremdvergabe der Reinigungstätigkeiten hat die Beklagte 1997 Angebote von sechs Gebäudereinigungsunternehmen eingeholt nach Maßgabe eines von der Beklagten errichteten Leistungsverzeichnisses. Die entsprechenden Angebote sind geordnet in sieben verschiedene Raumgruppen, beispielsweise Raumgruppe S für WC?s, Duschräume und Küchen in den Personalwohnheimen, Gruppe T für Flure und Eingangshallen in den Wohnheimen, Raumgruppe B Büroräume in den verwaltungs- und ärztlichen Bereichen, Funktions- und sonstige Räume und Raumgruppe E für Wach-, Intensiv- und Infektionsstationen. Sanitäts-Bäder, WC?s, Spülräume, Stations- und Teeküchen.
Der gesamte Reinigungsbereich der Klägerin umfasst eine Grundfläche von 1063 qm an Innenräumen. Die entsprechenden Angebote der Reinigungsunternehmen waren einheitlich strukturiert nach genannten Reinigungsgruppen, wobei die Angebote basierten auf der Angabe derjenigen Quadratmeterzahl, die nach Auffassung des betreffenden Unternehmens in der jeweiligen Reinigungsgruppe pro Stunde gereinigt werden konnten. Für den Bereich S schwankten beispielsweise die Angebote zwischen 104 qm Reinigungsfläche (arbeitsintensivster Anbieter) und 165 qm Reinigungsfläche je Arbeitsstunde (günstigster Anbieter). Die Beklagte legte für ihre Kalkulation künftig 110 qm zu Grunde. Teilweise sind die Diskrepanzen der einzelnen Angebote der Anbieter noch größer. Im Reinigungsbereich T(Flure und Eingangshallen in den Wohnheimen) etwa veranschlagt der personalintensivste Anbieter 200 qm Reinigungsfläche je Stunde, während der günstigste Anbieter von 450 zu reinigenden qm je Arbeitsstunde ausgegangen ist; die Beklagte legte künftig in diesem Bereich etwa 300 qm zu Grunde.
Die erste aktenkundige Reinigungsbeanstandung gegenüber der Klägerin erfolgte unter dem 25.07.1997, die erste Abmahnung unter dem 16.11.1998 mit der Begründung, dass die Klägerin - betreffend das Büro des Direktoriumsassistenten und das Büro der Wohnungsverwaltung - auch vorübergehend nicht belegte Räume zu inspizieren und nach Bedarf zu reinigen habe. Eine weitere Abmahnung erfolgte unter dem 30.07.1999. Die Berechtigung dieser Beanstandungen ist teilweise umstritten.
Die Klägerin hat in der Vergangenheit die zuständige Vorarbeiterin oftmals darauf hingewiesen, dass Küchenanlagen und -einrichtungen in ungebührlicher Weise von den Küchenbenutzern, beispielsweise mit Spaghettisoße, verschmutzt worden seien, daraufhin jedoch lediglich ein Schulterzucken erfahren. Die Klägerin hat ferner darauf hingewiesen, dass bei dem vorhandenen Zeitkontingent die Arbeitsmenge in der geforderten und gewünschten Qualität nicht geleistet werden könne. In einem Gespräch am 10.01.2001 hat sie geltend gemacht, dass sie ihre Arbeit körperlich nicht bewältigen könne, darüber hinaus habe der Verwaltungsleiter ... geäußert, dass auch dem Treppenhaus Priorität zugesprochen werden müsse, während die stellvertretende Leiterin des Reinigungsdienstes, besondere Aufmerksamkeit für den Sanitärbereich erfordert hatte, worauf der Verwaltungsleiter bemerkte, dass alle Punkte, die in den Zuständigkeitsbereich der Klägerin fielen, ordnungsgemäß gereinigt werden müssten.
Kündigungsrelevant waren - im Einzelnen teilweise streitige - Reinigungsmängel bei einer Begehung vom 04.01.2001. Der Klägerin wird im Einzelnen Folgendes zur Last gelegt:
"Teppichböden, sichtlich nicht gesaugt;
verfilzter Rand der Teppiche an den Wänden (wo man mit der normalen Düse nicht herankommt);
Heißwasserzubereiter oben sehr staubig bzw. schon klebrig;
Treppenränder sehr sandig;
an verschiedenen Stellen Spinnenweben (älterer Herkunft);
eine Lampe im Keller sehr stark von Spinnenweben umgeben;
Heizungsrohre im Keller sehr staubig;
Blätteransammlung auf dem Kellerboden;
Heizkörper in den Küchen sahen so aus, als ob sie monatelang nicht gereinigt wurden;
Lampen in einigen Duschen und Toiletten defekt."
Im Zuge des Kündigungsgeschehens bewarb sich eine Reinigungsmitarbeiterin um das Revier der Klägerin; diese Bewerberin arbeitet gegenwärtig lediglich im Rahmen eines 18-Stunden-Vertrages.
Die Klägerin hält dafür, dass in der ihr zur Verfügung stehenden Zeit eine hinreichend sorgfältige Reinigungsleistung auf Grund der Reviergröße nicht möglich sei.
Die Klägerin beantragt,
- 1.)
festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten von 23.01.2001 nicht beendet wird,
- 2.)
festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis auch nicht durch andere Beendigungstatbestände endet, sondern auf unbestimmte Zeit fortbesteht,
- 3.)
für den Fall des Obsiegens mit der Feststellungsantrag zu 1), die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens zu unveränderten Bedingungen als Hauswirtschaftsgehilfin weiterzubeschäftigen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie behauptet, die Wohnheimbewohnerinnen seien mit den Reinigungsleistungen der Klägerin sehr unzufrieden, jedoch mit den Leistungen der Vertreterinnen während Urlaubs- oder krankheitsbedingter Abwesenheit der Klägerin sehr zufrieden. Die Beklagte meint, das der Klägerin zur Verfügung stehende Zeitkontingent sei ausreichend bemessen, um eine qualitativ zufriedenstellende Arbeitsleistung zu ermöglichen.
Wegen der Einzelheiten wird auf den gesamten Akteninhalt verwiesen.
Gründe
Die Klage ist ganz überwiegend - bis auf den allgemeinen Fortbestehensantrag - begründet.
A
I.
Die Kündigung vom 23.01.2001 ist sozial ungerechtfertigt i. S.v. § 1 Abs. 2 und daher rechtsunwirksam gem. § 1 Abs. 1 KSchG.
1.)
Nach § 1 Abs. 2 KSchG ist eine Kündigung sozial ungerechtfertigt, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, bedingt ist. Das Vorhandensein dieser Voraussetzungen hat die Beklagte nicht hinreichend dargetan.
2.)
Es fehlt bereits an Darlegungen dazu, dass die Reinigungsleistungen der Klägerin von Quantität und Qualität her unzureichend seien.
a)
Die Beklagte kann sich in diesem Zusammenhang nicht auf die von ihr eingeholten Vergleichsangebote von sechs Gebäudereinigungsunternehmen stützen. Dies scheitert zum einen bereits daran, dass das Leistungsverzeichnis, welches die Beklagte bei diesen Fremdangeboten als ihre Vorgabe zu Grunde gelegt wissen wollte, nicht einmal all diejenigen Leistungen beinhaltet, die von der Klägerin zu erbringen sind. Beispielsweise wurde der Klägerin kündigungsbegründend zur Last gelegt, dass eine Lampe im Keller sehr stark von Spinnenweben umgeben war. Die Klägerin hat auf Nachfrage des Gerichts im Kammertermin unwidersprochen dargelegt, dass es sich bei den Lampen im Keller ausschließlich um Deckenlampen handelt. Das von der Beklagten für die Einholung der Fremdangebote selbst erstellte Leistungsprofil jedoch nimmt sowohl im Verwaltungstrakt (Bl. 68 Gerichtsakte) als auch im Trakt der Kellerflure (Bl. 74 d. A.) die Deckenleuchten ausdrücklich von der Reinigung aus, möglicherweise im Hinblick auf die Tatsache, dass hierzu eine Leiter erforderlich sein dürfte. Die Beklagte kann in diesem Zusammenhang nicht damit gehört werden, dass die Kellerräumlichkeiten nicht so hoch seien und eine Leiter daher entbehrlich sei, denn wenn die Kellerräume unstreitig teilweise bewohnt werden, folgt hieraus zwingend eine für Aufenthaltsräume gültige Mindesthöhe von 2,40 m (§ 43 Abs. 2 NBauO). Auch der weitere Kündigungsvorwurf gegenüber der Klägerin, die Heizungsrohre im Keller seien sehr staubig gewesen, beinhaltet keine Reinigungsleistung, die im genannten Leistungsverzeichnis enthalten war. Auch auf Grund der Bewohner- bzw. Benutzerzahl und der Größe der Gebäude kann nicht davon ausgegangen werden, dass es nur wenige Kellerlampen bzw. nur wenige oder kurze Heizungsrohre gäbe mit der Folge, dass derartige Leistungen zu vernachlässigen wären. Aus diesen Erwägungen ergibt sich bereits, dass die Angebote nicht repräsentativ für den Umfang der offenbar von der Klägerin erwarteten Reinigungsleistung sind.
Das Gleiche ergibt sich daraus, dass die Klägerin die Zimmer ausziehender Bewohnerinnen grundreinigt. Da die Bewohnerinnen überwiegend Schwesternschülerinnen sind, dürfte insofern nach Ende der jeweiligen Lehrzeiten eine nicht unerhebliche Fluktuation und damit entsprechendes Reinigungsvolumen anfallen, welches ebenfalls in den Fremdangeboten nicht enthalten ist und für das die Klägerin keinerlei zusätzliche Zeiten zugestanden bekommen hat. Gleiches gilt für die unstreitig immer wieder vorgekommenen "Grundreinigungen" verdreckter Herde, für die an sich die jeweiligen Bewohner verantwortlich gewesen wären bezüglich derer die Klägerin von ihrer Vorarbeiterin lediglich ein Schulterzucken als Reaktion erfuhr.
Darüber hinaus ist festzustellen, dass die Beklagte bei der Mittlung der sich aus den einzelnen Fremdangeboten ergebenden, in einer Arbeitsstunde zu reinigenden Grundflächen in Aufteilung zu den sieben verschiedenen Raumgruppen zwar lediglich von einem gewissen "unteren Mittelwert" ausgegangen sein mag. dieser jedoch wiederum auf den Fremdangeboten basiert mit den dort angegebenen teilweise eklatanten Bewertungsdifferenzen, von denen weder dargelegt noch ohne weiteres gerichtsverständlich ist, dass und ggf. welche Werte realistisch sind und noch ausreichende bzw. beanstandungsfreie Reinigungsleistungen ermöglichen. Wenn etwa im Bereich Tee (Flure und Eingangshalle in Wohnheimen) die von den Fremdanbietern angegebenen Quadratmeterzahlen für eine Stundenreinigung von 200 bis 450 schwanken, so bedeutet dies eine Schwankung von 125 %. Derartige Differenzen hat die Beklagte nicht ansatzweise plausibilisiert. Sie hat selbst berechnet und 300 qm je Stunde zu Grunde gelegt, dementsprechend wird der Klägerin kündigungsbegründend vorgeworfen, sie habe Teppichböden sichtlich nicht gesaugt, der Rand der Teppiche sei an den Wänden, wo man mit der Düse nicht herankomme, sichtlich verfilzt, die Treppenränder sehr sandig. Dies betrifft insgesamt drei Spiegelstriche der insgesamt 10 Spiegelstriche, mit denen die Beklagte die angeblichen Reinigungsmängel der Klägerin aufgelistet hat. Der von der Beklagten zu Grunde gelegte Wert von 300 qm je Stunde liegt immerhin um 50 % über dem Anbieter mit der personalintensivsten Schätzung. Für seinen Realitätsbezug ist nichts dargelegt.
Insgesamt fällt auf, dass die Schwankungen der Anbieter in den "heiklen" Reinigungsgruppen S (WC?s, Duschräume und Küchen) sowie E (Wach-, Intensiv- und Infektionsstationen) geringer sind als in den weniger "heiklen" Reinigungsbereichen wie etwa T (Flure und Eingangshallen in Wohnheimen). Dies könnte - die Beklagte hat dies nicht näher plausibilisiert - sehr gut damit zu erklären sein, dass - aus zahlreichen Verfahren gerichtsbekannt - im Gebäudereinigerhandwerk ein extremer Preiskampf herrscht, am Markt kaum Gewinnmargen (5 % vor Steuer und weniger) erzielbar sind und Angebote daher vielfach auf das Allerknappste kalkuliert werden. Zurzeit verhält es sich dabei sogar so, dass auf Grund generell steigender Stundenlöhne im Rahmen der Tariferhöhungen der allgemeinverbindlichen Vergütungsverträge die Arbeitsvolumina geringfügig Beschäftigter permanent heruntergefahren werden müssen, damit nicht die sozialversicherungsfreien Verdienstobergrenzen von zurzeit 630,00 DM monatlich überschritten werden. Reinigungstätigkeiten, die in der Vergangenheit mit zwei Stunden täglich bereits knapp kalkuliert waren, werden gegenwärtig bereits - obwohl fachlich-qualitativ kaum vertretbar - mit geringerer Stundenzahl ausgeführt, weil der Markt bereits auf Grund der in der Vergangenheit extrem knapp kalkulierten Angebote es vielen mit einem wesentlichen Anteil an geringfügig Beschäftigten kalkulierenden Unternehmen unmöglich macht, anderweitig zu disponieren. Die enormen Diskrepanzen im Bereich der weniger sensiblen Reinigungsgruppen können daher, was jedoch auf Grund der fehlenden Darlegungen der Beklagten im Einzelnen dahinstehen kann, darauf zurückzuführen sein, dass diese weniger sensiblen Bereiche als "Spielmasse" zur Erlangung des Angebots gedient haben. Auf zu knappe Zeitvorgaben deutet auch die von der Beklagten vorgelegte Stellungnahme des Reinigungsunternehmens ... vom 23.03.01 hin, welches zwar ausführt, die internen Vorgaben seien moderat und ließen für Rüst- und Wegezeiten bei einem arbeitstäglichen 6-stündigen Einsatz im Objekt ausreichend Zeit: Der Klägerin stehen eben für Reinigungstätigkeiten einschließlich Rüstzeiten und Wegezeiten zwischen den beiden verschiedenen Gebäuden nicht täglich 6 Stunden zur Verfügung, sondern wegen der Eindecktätigkeiten für Ärztebesprechungen nur 5.19 Stunden, also 0,81 Stunden oder 13,5 % weniger.
b)
Auch der Verweis der Beklagten darauf, dass sich bereits eine andere Mitarbeiterin für das Reinigungsrevier der Klägerin beworben habe, verfängt nicht, um anzunehmen, die Klägerin leiste qualitativ/quantitativ unzureichende Arbeit. Die Bewerbung der genannten Mitarbeiterin kann ebenso gut damit zusammenhängen, dass diese ihren Verdienst entsprechend der Anhebung von 18 auf 30 Wochenstunden erhöhen wollte. Ebenso wenig verfängt der Verweis der Beklagten darauf, dass bei Urlaubs- und krankheitsbedingter Abwesenheit der Klägerin die Bewohnerinnen des Wohnheims sehr zufrieden seien. Dies gibt zum einen für die Reinigungsqualität im Verwaltungstrakt nichts her, lässt zum anderen aber auch keinen sicheren Schluss im Hinblick auf das Reinigungsverhalten der Vertretungskräfte bzw. der Klägerin zu, weil nicht ersichtlich wird, welche Reinigungstätigkeiten im Einzelnen sich bei Abwesenheit der Klägerin verbessern. Ein subjektiv empfundenes verbessertes Reinigungsergebnis einzelner Bewohner bedeutet nicht, dass das Gesamtergebnis der Vertretungskraft besser wäre als dasjenige, welches die Klägerin abgeliefert hat. Es ist nicht ersichtlich, dass und ggf. welcher einzelne Bewohner wann welchen repräsentativen Gesamteindruck der Reinigungsleistung der Vertretungskräfte einerseits und der Klägerin andererseits gewonnen hätte. Darüber hinaus kann der subjektiven Zufriedenheit der Wohnheim-Bewohnerinnen auch deshalb keine kündigungsrelevante Aussage entnommen werden, weil aus den gesamten Darlegungen der Beklagten zum einen nicht zu entnehmen ist, welche (zu allen Zeiten fehlerfreie?) Reinigungsqualität eine durchschnittliche Reinigungskraft im betreffenden Revier bei den vorhandenen Gesamtumständen hätte leisten können und zum anderen auch nicht erkennbar ist, welches Leistungsniveau die von der Beklagten angeführten Vertretungskräfte aufwiesen: Sollte es sich etwa um besonders fähige Reinigerinnen mit einem Vergleichspotential von 120 % handeln und die Klägerin etwa "nur" 100 % leisten, wäre dies (dazu sogleich näher unter 3.) der Gründe) noch längst kein Kündigungsgrund.
3.)
In rechtlicher Hinsicht ist darauf zu verweisen, dass eine - hier einmal für eine Rechtsprüfung unterstellte - unzureichende Reinigungsleistung der Klägerin auf verschiedenen Ursachen beruhen kann. Es kann sich zum einen handeln um "in der Person" des Arbeitnehmers liegende Umstände i. S.v. § 1 Abs. 2 KSchG als solche Leistungsmängel, die auf Grund der körperlichen und geistigen Vorgaben dem Arbeitnehmer nicht zum Vorwurf gemacht werden können; es handelt sich dabei nicht um ein vom Arbeitnehmer steuerbares Verhalten, weshalb bei der abschließenden Interessenabwägung eine für den Arbeitnehmer günstigere Position besteht (vgl. Kittner/Däubler/Zwanziger. Kündigungsschutzrecht, 4. Aufl., § 1 KSchG Rz. 66). Zum anderen kann stattdessen jedoch vorliegen eine Minderleistung aus "in dem Verhalten des Arbeitnehmers" liegenden Gründen, bei denen dann auf Grund Steuerbarkeit eine Abmahnung erforderlich ist bei jedoch gegenüber voriger Fallkonstellation für den Arbeitgeber günstigeren Interessenabwägung (vgl. Kittner/Däubler/Zwanziger a.a.O. Rz. 66, 67, 69 sowie KR-Etzel, § 1 KSchG Rz. 470, jeweils m.w.N.).
Für den Bereich verhaltensbedingter Kündigung gilt dabei, dass der Arbeitnehmer keine "Dauer-Spitzenleistung" schuldet, sondern eine Arbeitsleistung, die er bei angemessener Anspannung seiner individuellen Kräfte und Fähigkeiten erbringen kann, wozu eine Tätigkeit von mittlerer Art. und Güte ausreicht (vgl. Etzel a.a.O. Rz. 470). Für den Bereich personenbedingter Leistungsmängel hat die Rechtsprechung eine "erhebliche Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen" gefordert und eine 30 %ige Leistungsminderung als kündigungsrelevant angesehen (vgl. die Nachweise bei Kittner/Däubler/Zwanziger a.a.O. Rz. 67).
a)
Das Vorbringen der Beklagten lässt nicht erkennen, ob - was erhebliche Unterschiede bei der Rechtsbewertung ausmacht - die Klägerin nach Meinung der Beklagten bewusst mit der Arbeitleistung zurückgehalten haben soll (wogegen schon die Tatsache spricht, dass die Klägerin mehrfach geäußert hat, dass die Reinigungszeit, die ihr zur Verfügung stehe, nicht ausreiche, wogegen ferner spricht, dass die Klägerin solches noch im Gespräch vom 10.01.2001 gegenüber dem stellvertretenden Verwaltungsdirektor Zinowsky äußerte) oder ob die Klägerin von ihren individuellen Kräften und Fähigkeiten schlichtweg nicht besser/mehr reinigen konnte. Letzteres kann nach dem Sachverhalt keinesfalls ausgeschlossen werden. Die Beklagte bemängelt nämlich insbesondere nicht, dass die Klägerin unnötige "Leerlaufzeiten" oder überlange Pausen mache. Kann demnach - immer zu Gunsten der Beklagten für eine Rechtsüberprüfung die zwischen den Parteien umstrittene Frage unterstellt, dass die Klägerin schlecht/zu wenig reinige - keinesfalls ausgeschlossen werden, dass die Grundsätze personenbedingter Kündigung Anwendung finden, weil die Klägerin zwar nach individuellen Kräften und Fähigkeiten, im Ergebnis aber nicht hinreichend reinige, so musste für die Kündigungsprüfung vorliegend auch darauf abgestellt werden, ob die Tätigkeiten der Klägerin noch von mittlerer Art. und Güte im genannten Rechtssinne sind. Es kann nicht darauf ankommen, ob es eine, zwei oder drei Reinigungskräfte bei der Beklagten gibt, die möglicherweise besser reinigen als die Klägerin. Wenn das Leistungsspektrum von 20 Reinigungskräften schwankt ausgehend von einem mit 100 anzusetzenden Mittelwert zwischen 80 und 120, so bedeutet dies nicht ohne Weiteres, dass all denjenigen Kräften, die "lediglich" eine Reinigungsleistung von 80 aufweisen, gekündigt werden könnte. Insofern bedarf es vielmehr einer wertenden und vergleichenden Darstellung des Leistungsvermögens. Solches hat die Beklagte nicht geleistet, vermag sie möglicherweise auf Grund der Sachverhaltsschwierigkeiten auch nicht zu leisten, entbindet sie jedoch nicht von ihrer Rechtspflicht gem. § 1 Abs. 2 S. 4 KSchG, als Arbeitgeberin die Tatsachen darzulegen und zu beweisen, die die Kündigung bedingen. Das ist der Beklagten deutlich nicht gelungen; sie hat angesichts des erheblichen Revierumfanges der Klägerin mit mehr als 1000 qm Reinigungsfläche nicht Glauben machen können, dass deren Leistung unterdurchschnittlich und nicht von mittlerer Art. und Güte in Qualität und Quantität sei. Addiert man beispielsweise allein die im Schwesternwohnheim vorhandenen 16 Toiletten, 19 Duschen und 1 Badewanne zu 36 nach dem von der Beklagten erstellten Reinigungsverzeichnis täglich zu reinigenden Sanitärobjekten (vorgesehen: Entfernung der Spritzer im Spritzbereich auf Wandfliesen, Trennwänden, Mobiliar, Nachfüllen von WC-Papier, Handtuch-, Desinfektionsmittel- und Seifenspender, Feuchtreinigung der Oberflächen von Handtuch-, Desinfektionsmittel- und Seifenspendern, Reinigung der Urinale, WC-Becken sowie Sitzfläche und Abdeckung vollflächig nass, Reinigung von Dusche/Badewanne inklusive Abtrennungen vollflächig nass, jeweils verbunden mit Feuchtwischen des Fussbodenbelages, alle Tätigkeiten fünfmal wöchentlich), so ergibt sich bei der Klägerin für das Wohnheim zur Verfügung stehenden 2 Stunden und 52,2 Minuten täglich und 36 Sanitärobjekten eine Reinigungszeit einschließlich Böden für diesen Bereich von 4,78 Minuten je Sanitärobjekt, wobei diese Berechnung völlig außer acht lässt jedwede sonstige Reinigungstätigkeit der Klägerin in den vier Etagen umfassenden Schwesternwohnheim. Ohne nähere Darlegung der Beklagten kann nicht von einer Reinigungsleistung zumindest mittleren Umfanges der Klägerin ausgegangen werden.
b)
Im übrigen fällt auf, dass die der Klägerin zur Last gelegten angeblichen Reinigungsmängel sich ausschließlich auf weniger sensible Bereiche beziehen und die Sanitärreinigung/Reinigung von Wach-, Intensiv- und Infektionsstationen und der Sanitätsbäder nicht kündigungsrelevant beanstandet wurde. Auch dies deutet darauf hin, dass die Klägerin eher nach besten persönlichen Kräften gereinigt und eben ihre persönlichen Kräfte auf besonders arbeitsintensive und heikle Reinigungsbereiche verwendet hat.
c)
Irrelevant ist, dass die Beklagte darauf verwiesen hat, dass man der Klägerin gestattet habe, eine sogenannte Sichtreinigung, d. h. eine Reinigung nach Sichterfordernis, durchzuführen. Zum einen ist nicht quantifiziert, welche Zeitvorteile für die Gestaltung sich hieraus ergeben sollten (soll das Vorbringen der Beklagten bedeuten, dass die Angebote der Fremdanbieter zu großzügig kalkuliert sind und eine geringere Reinigungsfrequenz ausreicht?). Zum anderen führte die Beklagte in der Betriebsratsanhörung selbst an, dass die Klägerin teilweise widersprüchliche Vorgaben erhielt, wonach einerseits die Sanitärbereiche vorrangig, andererseits aber auch Treppenhaus und alle Punkte als relevant angeführt worden seien. Darüber hinaus ist zweifelhaft, ob auf Grund der hohen Anzahl der Sanitärobjekte die Beklagte wirklich ernsthaft und nennenswerten Umfanges mit nennenswerten freien Zeitkapazitäten auf die Möglichkeiten der Sichtreinigung verweisen kann; eine solche Reinigung im Sanitärbereich (Reinigung erst bei sichtbarer Verschmutzung) dürfte für einen Gesundheitsbereich unzulänglich sein. Ist aber - so auch die stellvertretende Leiterin des Reinigungsdienstes, ... jedenfalls dem Sanitärbereich erhebliche Aufmerksamkeit durch tägliches Reinigen zu widmen - so auch das von der Beklagten erstellte Leistungsverzeichnis für die Fremdanbieter -, erscheint auf Grund der Zahl der Sanitärobjekte bereits ausgeschlossen, dass der Klägerin hinreichend Zeit zur Verfügung stünde, oder, anders formuliert: Die Beklagte im Falle der Beauftragung eines Fremdunternehmens nicht auch einmal auf Grund knapper Vorgaben Beanstandungsanlass gefunden hätte.
II.
Infolge Unwirksamkeit der Kündigung schuldet die Beklagte vorläufige Weiterbeschäftigung der Klägerin für die Dauer des Kündigungsrechtsstreits.
B
Der weitergehende Feststellungsantrag der Klägerin, gerichtet gegen andere Beendigungstatbestände, unterlag der Abweisung, da hierfür ein gesondertes Rechtsschutzbedürfnis nicht ersichtlich ist; die Beklagte beruft sich auf keine weiteren Beendigungstatbestände.
C
Infolge ihres Unterliegens hat die Beklagte gem. § 91 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Da die Zuvielforderung der Klägerin hinsichtlich des allgemeinen Feststellungsantrages verhältnismäßig geringfügig war und keine besonderen Kosten verursacht hat, hat die Kammer gem. § 92 Abs. 2 ZPO von einer Kostenquotierung abgesehen.
Die Streitwertfestsetzung folgt mit drei Bruttomonatsgehältern für den Kündigungsschutzantrag aus § 12 Abs. 7 ArbGG und einem weiteren Bruttomonatsgehalt für den Weiterbeschäftigungsantrag aus § 3 ZPO, wobei die Kammer einen geschätzten Stundenlohn von 17,00 DM zu Grunde gelegt hat.
Gründe zur Berufungszulassung wie etwa grundsätzliche Bedeutung sind nicht gegeben.
Streitwertbeschluss:
Der Streitwert wird festgesetzt auf 8.840,00 DM.