Landgericht Stade
Beschl. v. 29.12.2017, Az.: 7 T 151/17
wesentliche Schlechterstellung; Liquidationsszenario; übertragene Sanierung; Insolvenzplan
Bibliographie
- Gericht
- LG Stade
- Datum
- 29.12.2017
- Aktenzeichen
- 7 T 151/17
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2017, 53794
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- AG - 14.09.2017 - AZ: 12 IN 168/16
Rechtsgrundlagen
- § 251 InsO
- § 253 Abs 2 Nr 3 InsO
Tenor:
Die sofortige Beschwerde der Beschwerdeführerinnen gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Insolvenzgericht - Cuxhaven vom 14.09.2017 wird auf ihre Kosten verworfen.
Der Beschwerdewert wird auf € 16.500 festgesetzt.
Gründe
I.
Das Amtsgericht - Insolvenzgericht - Cuxhaven hat auf den Antrag der Beschwerdegegnerin (Bl. 1 ff. Bd. I) mit Beschluss vom 05.12.2016 gem. § 270 a InsO die vorläufige Eigenverwaltung angeordnet und Frau Rechtsanwältin S. zur vorläufigen Sachwalterin bestellt.
Die Sachwalterin hat ihr Gutachten vom 24.02.2017 erstattet und beantragt, dass Insolvenzverfahren zu eröffnen und zugleich gem. § 270 Abs. 1 S.1 InsO die Eigenverwaltung anzuordnen und das Verfahren im mündlichen Regelverfahren durchzuführen (Bl. 191 ff. Bd. I d.A.). Daraufhin hat das Insolvenzgericht mit Beschluss vom 01.03.2017 (Bl. 236 ff. Bd. I) das Insolvenzverfahren eröffnet und die Eigenverwaltung der Schuldnerin angeordnet. Gleichzeitig hat es Berichts- und Prüfungstermin auf den 09.05.2017 bestimmt. In diesem wurde die Beibehaltung der Sachwalterin sowie die Fortführung des Betriebes in Eigenverwaltung beschlossen (Bl. 140 ff.Bd. II d.A.).
Die Beschwerdegegnerin legte den Insolvenzplan in der Fassung vom 17.07.2017 mit Schreiben vom 21.07.2017 dem Insolvenzgericht vor (Bl. 1 ff. Bd. III). .Dieser ist mit der Sachwalterin abgestimmt und von dieser ausdrücklich befürwortet worden (Bl. 83 f. Bd. III).
Das Insolvenzgericht hat daraufhin Erörterungs- und Abstimmungstermin gem. § 235 Abs. 1 InsO auf den 24.08.2017 bestimmt (Bl. 85 d.A.).
Mit Schreiben vom 23.08.2017 haben die Beschwerdeführerinnen beantragt, die Eigenverwaltung gem. § 272 Abs. 1 Nr. 2 InsO aufzuheben (Bl. 1 ff. Bd. IV). Mit Schreiben vom gleichen Tage haben sie angekündigt, im Erörterungstermin Widerspruch gegen den Insolvenzplan erheben und Antrag auf Versagung der Planbestätigung stellen zu wollen, da der Insolvenzplan gegen § 250 Nr. 1 und 2 InsO verstoße (Bl. 5 ff. Bd. IV).
Im Erörterungs- und Abstimmungstermin am darauf folgenden Tag wurde der Insolvenzplan von den Gläubigern der fünf Gruppen mehrheitlich angenommen. Die Beschwerdeführerinnen, die Gläubigerinnen zu lfd. Nr.n. 16 und 28, erhoben Widerspruch gegen den Plan, stellten den Antrag auf Versagung der Bestätigung des Insolvenzplans und beantragten die Aufhebung der Eigenverwaltung (Bl. 30 Bd. IV).
Mit dem angefochtenen Beschluss vom 14.09.2017 hat das Amtsgericht - Insolvenzgericht - den Insolvenzplan in der im Erörterungs- und Abstimmungstermin am 24.08.2017 geänderten Fassung gem. § 248 InsO bestätigt und die Anträge der Beschwerdeführerinnen zurückgewiesen. Der Beschluss wurde am 22.09.2017 zugestellt.
Gegen ihn wenden sich die Beschwerdeführerinnen mit ihrer sofortigen Beschwerde vom 25.09.2017, eingegangen am 26.09.2017 (Bl. 189 ff. Bd. IV), der das Amtsgericht nicht abgeholfen hat.
Die Beschwerdegegnerin und die Eigenwalterin erhielten Gelegenheit zur Stellungnahme.
II.
Die sofortige Beschwerde ist statthaft. Sie ist der gem. § 253 InsO (allein) statthafte Rechtsbehelf gegen den Bestätigungsbeschluss, mit dem gleichzeitig der Antrag auf Versagung der Bestätigung des Insolvenzplans zurückgewiesen worden ist.
Sie ist jedoch unzulässig, da die Beschwerdeführerinnen eine materielle Beschwer durch die Planbestätigung nicht glaubhaft gemacht haben, § 253 Abs. 2 Nr. 3 InsO.
Es bedarf insoweit der Glaubhaftmachung einer konkreten und wesentlichen wirtschaftlichen Schlechterstellung der Beschwerdeführer durch die Planbestätigung. Nach § 253 Abs. 2 Nr. 3 InsO muss der Beschwerdeführer zu seiner materiellen Beschwer konkrete Tatsachen vortragen und dadurch glaubhaft machen, dass er durch den Plan wesentlich schlechter gestellt wird, als er ohne einen Plan stünde (Thies in Hamburger Kommentar zum Insolvenzrecht, 6. Aufl., § 253 Rn. 18). Das gilt auch dann, wenn die Begründetheit der Beschwerde auf einen Verstoß gegen Verfahrensvorschriften gestützt wird (BGH, ZInsO 2014, 1552 Rn. 26 ff.). Für die Beurteilung der Schlechterstellung ist demzufolge allein auf einen Vergleich der wirtschaftlichen Ergebnisse des Insolvenzplans mit den wirtschaftlichen Ergebnissen einer Abwicklung im Regelverfahren abzustellen, wohingegen das Szenario eines Alternativplans nicht herangezogen werden kann. Ein die Versagung der Planbestätigung begründender Verstoß gegen § 251 Abs. 1 Nr. 2 InsO ist mithin weder durch alternative Planszenarien noch sonstige alternative Sanierungsszenarien zu begründen (Thies a.a.O., § 253 Rn. 18 und § 251 Rn. 9). Vergleichsmaßstab der Schlechterstellung ist vielmehr das Liquidationsszenario (Pleister in Kübler/Prütting/Bork, Komm. zur InsO, § 251 Rn. 8). Eine wesentliche Schlechterstellung soll dabei nach der Gesetzesbegründung erst vorliegen, wenn die Abweichung von dem Wert, den der Beschwerdeführer voraussichtlich bei einer Verwertung ohne Insolvenzplan erhalten hätte, mindestens 10 % beträgt (Thies, a.a.O.).
Eine derartige Schlechterstellung im Falle des Liquidationsszenarios haben die Beschwerdeführerinnen weder dargetan noch glaubhaft gemacht, dies auch unter Berücksichtigung ihres weiteren Vorbringens im Beschwerdeverfahren.
Zwar trifft zu, dass mit Rücksicht auf seine Eilbedürftigkeit die Aussetzung eines Insolvenzverfahrens nicht in Betracht kommt (BGH, Beschl. v. 29. März 2007 - IX ZB 141/06, WM 2007, 1132, 1133 Rn. 12) und eine Glaubhaftmachung daher gemäß § 4 InsO, § 294 Abs. 2 ZPO nur auf präsente Beweismittel gestützt werden und dem Antragsteller im Rahmen des § 251 Abs. 2 InsO keine weitere Frist zur Glaubhaftmachung seiner wirtschaftlichen Schlechterstellung zugebilligt werden kann (BGH, Beschluss vom 17. Dezember 2009 – IX ZB 124/09 –, Rn. 11, juris). Die Glaubhaftmachung i.S.d. § 251 Abs. 2 InsO hat mithin spätestens im Abstimmungstermin zu erfolgen.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, die sich auf die Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 17/5712 S. 35 f) stützt, hat die Glaubhaftmachung der Schlechterstellung allerdings erst als Bestandteil der Beschwerdebegründung zu erfolgen, nicht bereits mittels eines Minderheitenschutzantrags nach § 251 InsO vor der Planbestätigung. Die Regelung des § 253 Abs. 2 Nr. 3 InsO lässt nicht erkennen, dass der Beschwerdeführer vor Einlegung des Rechtsmittels einen Minderheitenschutzantrag gestellt haben muss, sondern begnügt sich ausdrücklich mit einem Vortrag in der Beschwerdebegründung zu einer Schlechterstellung nebst Glaubhaftmachung (BGH, Beschluss vom 17. Juli 2014 – IX ZB 13/14 –, BGHZ 202, 133-150, Rn. 16).
Auch in der Beschwerdebegründung haben die Beschwerdeführerinnen ihre Schlechterstellung jedoch nicht in der gebotenen Weise glaubhaft gemacht.
Denn sie haben sich zur Glaubhaftmachung ihrer Schlechterstellung allein auf das indikative Angebot vom 30.08.2017 (Bl. 82 ff. Bd. IV d.A.) gestützt. Zum einen haben die Beschwerdeführer den obigen Grundsätzen folgend daher ihre Schlechterstellung nicht durch eine wirtschaftlichen Gegenüberstellung der Ergebnisse des Insolvenzplans mit den wirtschaftlichen Ergebnissen einer Abwicklung im Regelverfahren glaubhaft gemacht, sondern ein alternatives Sanierungsszenario aufgemacht. Zum anderen kann bei der Bewertung der Frage, ob die Beschwerdeführer durch den Insolvenzplan eine wesentliche Schlechtstellung erleiden, nicht unberücksichtigt bleiben, dass zum Zeitpunkt der Abstimmung über den Plan ein konkretes Kaufangebot der Beschwerdeführer oder anderer Interessenten gerade nicht vorgelegen hat. Das Szenario einer Gesamtveräußerung (übertragene Sanierung) kommt nur unter der Voraussetzung als Vergleichsmaßstab in Betracht, dass konkrete Angebote hierfür vorlagen und im Beurteilungszeitraum noch vorliegen. Abstrakte Übertragungs- und Gesamtverkaufsmöglichkeiten müssen gerade nicht als Vergleichsmaßstab herangezogen werden (Lüer/Streit in Uhlenbruck, InsO, 14. Aufl., § 245 Rn. 13). Insbesondere besteht auch keine Pflicht, einen M&A Prozess durchzuführen (Schmidt, InsO, 19. Aufl., § 245 Rn. 41).
Dessen ungeachtet ist das vorgelegte Angebot aus den von der Eigenverwalterin zutreffend herausgearbeiteten Gründen auch schon nicht hinreichend konkretisiert, da es nicht rechtsverbindlich ist und kein Finanzierungs- und Eigenkapitalnachweis vorliegt.
Die weiteren Einwendungen der Beschwerdeführerinnen, insbesondere die gerügten Verfahrensverstöße, unterliegen daher nicht der Prüfung des Beschwerdegerichts, da auch sie voraussetzen, dass sie zu einer wesentlichen Benachteiligung der Beschwerdeführerinnen, die zu substantiieren und glaubhaft zu machen ist, führen. Dies ist nicht geschehen.
Da die Beschwerde demnach bereits als unzulässig zu verwerfen ist, ist der Antrag nach § 253 Abs. 4 InsO gegenstandslos.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO. Die Entscheidung zur Höhe des Beschwerdewertes aus § 3 ZPO (Thies, a.a.O., § 253 Rn. 30).
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen nicht vor.