Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 25.05.2005, Az.: L 3 KA 60/03
Bemessung von qualifikationsgebundenen Zusatzbudgets nach dem Honorarverteilungsmaßstab; Unzulässige Kürzung der für orthopädische Tätigkeit zustehenden qualifikationsgebundenen Zusatzbudgets unter dem Eindruck des neuen Praxisbudgets für physikalisch-rehabilitative Leistungen; Erforderlichkeit einer ausdrücklichen normativen Grundlage für vergütungsbeschränkende Regelungen; Folgen einer ärztlichen Doppelzulassung für die Honorarberechnung
Bibliographie
- Gericht
- LSG Niedersachsen-Bremen
- Datum
- 25.05.2005
- Aktenzeichen
- L 3 KA 60/03
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2005, 15530
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LSGNIHB:2005:0525.L3KA60.03.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- SG Hannover - AZ: S 16 KA 1557/00
Rechtsgrundlagen
- § 3 Abs. 1a HVM
- Art. 12 Abs. 1 GG
Redaktioneller Leitsatz
Bei einem Arzt, der in zwei Fachgebieten zugelassener Vertragsarzt ist, ist es nicht möglich, seine Vergütung auf Grund von beide Fachgebiete umfassenden Mittelwerten zu berechnen,
Tenor:
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Klägerin im Berufungsverfahren sind von der Beklagten zu erstatten.
Im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Bemessung von qualifikationsgebundenen Zusatzbudgets.
Die Klägerin führt eine Gemeinschaftspraxis, die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnimmt. Sie bestand im hier fraglichen III. Quartal des Jahres 1999 aus der Fachärztin für Orthopädie Dr. E. und Dr. F., der Facharzt für Orthopädie und Facharzt für Physikalische und Rehabilitative Medizin ist. Der Honorarbescheid der Beklagten für das Quartal II/1999 wies zu Gunsten der Klägerin ein ausgezahltes Gesamthonorar in Höhe von 249.186,42 DM aus, dem die Behandlung von insgesamt 1.963 Fällen zu Grunde lag. Für die orthopädischen Leistungen war zum einen ein Praxisbudget mit Fallpunktzahlen (FPZen) von 654,7 (M/F) bzw. 968,6 (R) in Ansatz gebracht; zum anderen waren für beide Ärzte qualifikationsgebundene Zusatzbudgets in den Bereichen Chirotherapie, physikalische Therapie und Teilradiologie (jeweils mit überdurchschnittlichen FPZen in Höhe von 154,0, 142,3 bzw. 326,5) sowie Sonographie (unterdurchschnittliche FPZ: 26,4) anerkannt. Die 276 Fälle, die Dr. G. im Bereich physikalisch-rehabilitative Medizin behandelt hatte, blieben - den Vorgaben des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für vertragsärztliche Leistungen (EBM) entsprechend - unbudgetiert.
Zum Quartal III/1999 änderte die Beklagte ihren Honorarverteilungsmaßstab (HVM) in der Weise, dass auch für nicht nach dem EBM budgetierte Arztgruppen Praxisbudgets unter entsprechender Anwendung diesbezüglicher EBM-Vorschriften eingeführt wurden. Der der Klägerin gegenüber erlassene Honorarbescheid für das III. Vierteljahr 1999 wies - bei insgesamt 2.015 Fällen - danach nur noch ein ausgezahltes Gesamthonorar von 184.131,21 DM aus, wobei ein Praxisbudget mit FPZen von 848,2 (M/F) bzw. 1.141,8 (R ) ausgewiesen worden war. Die FPZen der Zusatzbudgets Chirotherapie, physikalische Therapie und Teilradiologie waren gegenüber der Abrechnung von II/1999 halbiert (auf 77,0, 71,2 bzw. 163,3), während für das Zusatzbudget Sonographie eine FPZ von 35,1 in Ansatz gebracht wurde. Die Halbierung war das Ergebnis einer Berechnung des arithmetischen Mittelwerts der FPZen für die orthopädischen Zusatzbudgets, wobei die Beklagte den Arzt Dr. G. auf Grund seiner Doppelzulassung mit 0 ansetzte. Außerdem enthielt der Honorarbescheid die sachlich-rechnerische Berichtigung mehrerer EBM-Ziffern.
Mit Schreiben vom 26. Juni 2000 legte die Klägerin gegen die Honorarabrechnung Widerspruch ein, mit dem sie auf den Abfall der FPZen der Zusatzbudgets und auf einen Verlust von rund 600.000 Punkten hinwies. Außerdem wandte sie sich gegen die Berichtigung von vier EBM-Ziffern. Den Widerspruch wegen sachlich-rechnerischer Berichtigungen wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 28. November 2000 - an die Klägerin abgesandt am 6. Dezember 2000 - zurück.
Hiergegen hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 20. Dezember 2000 Klage erhoben, die am 27. Dezember 2000 bei dem Sozialgericht (SG) Hannover eingegangen ist. Während des Klageverfahrens hat die Beklagte unter dem 14. Mai 2001 auch den Widerspruch im Übrigen zurückgewiesen. Auf Grund der nunmehr eingeführten Budgetierung auch der Fachärzte für Physikalische und Rehabilitative Medizin sei eine Neueinstufung der einzelnen Zusatzbudgets erfolgt. Dabei habe man nach Maßgabe der Ziffer 4.4 der Allgemeinen Bestimmungen des EBM einen arithmetischen Mittelwert errechnet, wobei bei Doppelzulassungen der dort genannte Berechnungsweg entsprechend gelte. Dies habe zu einer 50%igen Reduzierung führen müssen.
Die Klägerin hat erstinstanzlich hiergegen eingewendet, dass die Einführung von Budgets durch Vorschriften des HVM gegen Ziffer 1.5 der Allgemeinen Bestimmungen Teil B des EBM verstoße. Die Arztgruppe der Fachärzte für Physikalische und Rehabilitative Medizin habe schon deshalb nicht budgetiert werden können, weil es hiervon nur insgesamt 12 Fachärzte in Niedersachsen gebe, sodass eine statistische Verwertbarkeit auszuschließen sei. Außerdem sei die Berechnung der Praxis- und Zusatzbudgets offensichtlich rechtswidrig, weil sie gegen verbindliche Bestimmungen des EBM und gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz aus Artikel 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) verstoße.
Unter dem 18. Dezember 2002 hat das SG die Beklagte verurteilt, "dem Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts einen neuen Bescheid zu erteilen, soweit der Zuschnitt des Zusatzbudgets des Klägers zu 1. betroffen ist" und im Übrigen die Klage abgewiesen. Die Einführung der Budgetierung bei einer nach dem EBM nicht budgetierten Arztgruppe sei rechtmäßig, weil auch der HVM mengenbegrenzende Regelungen enthalten könne, um medizinisch nicht begründbare Leistungsausweitungen zu verhindern. Auch die inhaltliche Ausgestaltung der Budgetregelungen im HVM der Beklagten sei (noch) rechtmäßig. Rechtswidrig sei dagegen die Kürzung des Zusatzbudgets des Arztes Dr. G., weil die FPZen bei Doppelzulassung nicht arithmetisch gemittelt werden könnten. So sehe zwar die Ziffer 1.6 der Allgemeinen Bestimmungen Teil B EBM für die Praxisbudgets die arithmetische Mittelung in Bezug auf Gemeinschaftspraxen und auf Ärzte mit Doppelzulassung vor; bei den Zusatzbudgets sei dies gemäß Ziffer 4.4 jedoch nur für Gemeinschaftspraxen geregelt, während Ärzte mit Doppelzulassung dort nicht erwähnt würden. Fehle es an einer entsprechenden Rechtsgrundlage, sei die arithmetische Mittelung rechtswidrig, wie das Bundessozialgericht (BSG) zur Frage der Mittelung von Laborbudgets von Ärzten mit Doppelzulassung mit Urteil vom 20. Januar 1999 (BSG SozR 3-2500 § 87 Nr. 20) bereits entschieden habe.
Gegen das ihr am 27. Januar 2003 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 21. Februar 2003 Berufung eingelegt. Zu Unrecht habe das SG seine Entscheidung auf das BSG-Urteil vom 20. Januar 1999 gestützt, weil der dortige Streitgegenstand die Quartale IV/1994 und I/1995 betroffen habe; die nunmehr vorliegende umfassende Budgetierung ärztlicher Leistungen sei erst danach eingeführt worden. Außerdem entstehe dem betroffenen Arzt mit Doppelzulassung durch die Bildung eines arithmetischen Mittelwerts keine Benachteiligung, weil sich nur die Zusammensetzung der Anteile der unterschiedlichen Leistungskomplexe innerhalb der Budgets verändere. So habe die fehlende Einführung eines Zusatzbudgets "physikalische Therapie" für rehabilitative Medizin die Konsequenz, dass die auf diese Leistungen entfallenden Punktzahlen bei der Bemessung des Praxisbudgets erhöhend ins Gewicht fielen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 18. Dezember 2002 zu ändern und die Klage insgesamt abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Das SG habe zutreffend erkannt, dass es für die Berechnung der Zusatzbudgets für den unter zwei Gebietsbezeichnungen zugelassenen Dr. G. keine Rechtsgrundlage gebe. Im Übrigen habe der Wegfall eines Zusatzbudgets im vorliegenden Zusammenhang nicht immer die Erhöhung des Praxisbudgets im anderen Fachgebiet zur Folge, weil die Leistungen der einen Gebietsbezeichnung für die andere auch fachfremd sein könnten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der Verwaltungsunterlagen der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung der Beklagten ist zulässig. Sie ist insbesondere gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft, weil der Wert des Beschwerdegegenstands 500,- EUR übersteigt. Wie die Beklagte im Schriftsatz vom 8. Juli 2004 dargelegt hat, würde sich das Honorar der Klägerin für das Quartal III/1999 bei Befolgung der erstinstanzlichen Entscheidung um 20.237,69 EUR erhöhen.
Die Berufung ist jedoch unbegründet. Das Urteil des Sozialgerichts (SG) Hannover vom 18. Dezember 2002, mit dem die Beklagte sinngemäß verurteilt worden ist, der Klägerin in Hinblick auf das Quartal III/1999 einen neuen Honorarbescheid zu erteilen und dabei die Zusatzbudgets unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bemessen, ist nicht zu beanstanden.
Gegenstand des Klageverfahrens war zunächst der Honorarbescheid für das Quartal III/1999 in Gestalt des (Teil-)Widerspruchsbescheids vom 28. November 2000. Nachdem die Klägerin hiergegen fristgerecht Klage erhoben hat, ist der im Verlauf des Klageverfahrens ergangene weitere (Teil-)Widerspruchsbescheid vom 14. Mai 2001 gemäß § 96 Abs. 1 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden. Durch ihren Schriftsatz vom 18. Juli 2001 hat die Klägerin klargestellt, dass sie sich nur gegen die für die Honorarberechnung grundlegende Anwendung von Budgetierungsvorschriften des HVM der Beklagten wendet. Die so verstandene Klage ist als Anfechtungs- und Bescheidungsklage gemäß § 54 Abs. 1 SGG statthaft.
Die Klage ist in dem Umfang, in dem sie auf die Berufung der Beklagten vorliegend zu überprüfen ist, auch begründet. Die Beklagte hat die qualifikationsgebundenen Zusatzbudgets der Klägerin unrichtig bemessen.
Rechtsgrundlage der vorliegend umstrittenen Honorarfestsetzung ist der Honorarverteilungsmaßstab der Beklagten vom 31. Mai 1997 in der Fassung des 6. Nachtrags vom 8. Mai 1999. Durch diesen Nachtrag hat die Beklagte mit Wirkung ab dem Quartal III/1999 § 3 ihres HVM um den Absatz 1a erweitert, in welchem nunmehr auch die nicht unter die Budgetierungsvorschriften der Allgemeinen Bestimmungen des EBM fallenden Arztgruppen einem Praxisbudget unterworfen werden, wobei die entsprechende Anwendung der diesbezüglichen Ziffern unter Abschnitt A.I. Teil B angeordnet worden ist. Das Praxisbudget ist in der Anlage 4 zum HVM in der Fassung des 6. Nachtrages für die Gruppe der Fachärzte für Physikalische und Rehabilitative Medizin mit einer FPZ von 1.298,8 (M/F) bzw. von 1.510,2 (R) bemessen worden.
Wie der 5. Senat des LSG Niedersachsen-Bremen mit Beschluss vom 14. Februar 2000 (L 5 KA 73/99 ER) eingehend dargelegt hat, ist § 3 Abs. 1a HVM auch mit Beginn des III. Quartals 1999 wirksam in Kraft getreten, obwohl der 6. Nachtrag des HVM erst im November-Heft des Niedersächsischen Ärzteblatts (Nds. ÄBl.) veröffentlicht worden ist; denn er war bereits im Juni 1999 in der Zeitschrift KVN-Journal publiziert worden, sodass er zu diesem Zeitpunkt auch von jedem Betroffenen zur Kenntnis genommen werden konnte (Beschluss vom 14. Februar 2000 a.a.O., Seite 10f). Durch den 7. Nachtrag zum HVM vom 20. November 1999 (Nds. ÄBl. 1999, Heft 12, S 56 ff) hat die Beklagte ihre dort enthaltenen Budgetierungsvorschriften zwar dergestalt geändert, dass nunmehr auch Zusatzbudgets gebildet werden, wobei für die Gruppe der Fachärzte für Physikalische und Rehabilitative Medizin die qualifikationsbezogenen Zusatzbudgets Chirotherapie und Psychosomatik, Übende Verfahren eingerichtet worden sind; die FPZen für das Praxisbudget sind auf 882,7 (M/F) bzw. 1.155,0 (R) herabgesetzt worden (vgl. § 3 Abs. 1a i.V.m. den Anlagen 4 und 5 zum HVM in der Fassung des Beschlusses vom 20. November 1999). Mit Zusatzbeschluss vom 16. Februar 2000 (Nds. ÄBl. 2000, Heft 3, S.66) hat die Beklagte diese Änderung rückwirkend auch auf das vorliegende Quartal III/1999 erstreckt, hiervon jedoch für diejenigen Ärzte eine Ausnahme gemacht, die sich bei einer Abrechnung auf der Basis des 6. Nachtrags finanziell besser stünden. Da dies für die Klägerin - unstreitig - anzunehmen ist, bleibt für sie der HVM in der Fassung des 6. Nachtrags entscheidend, sodass nur das Praxisbudget und kein Zusatzbudget für die Fachgruppe der Physikalischen und Rehabilitativen Medizin zu berücksichtigen ist.
Den seitens der Klägerin erstinstanzlich geltend gemachten Zweifeln an der Rechtmäßigkeit des sie betreffenden Praxisbudgets ist vorliegend nicht mehr nachzugehen, da sie die diesbezüglichen Ausführungen des SG im Bescheidungsurteil vom 18. Dezember 2002 nicht angreift.
Zu Recht wendet sich die Klägerin aber weiterhin dagegen, dass die Beklagte die ihr für ihre orthopädische Tätigkeit zustehenden qualifikationsgebundenen Zusatzbudgets (Ziffer 4.1 der Allgemeinen Bestimmungen Teil B EBM) unter dem Eindruck des neuen Praxisbudgets für physikalisch-rehabilitative Leistungen gekürzt hat.
Wenn die Beklagte die hierfür anzusetzenden überdurchschnittlichen FPZen von 154,0, 142,3 und 326,5 halbiert hat, beruft sie sich unzutreffend auf Ziffer 4.4 der Allgemeinen Bestimmungen Teil B EBM. Diese Regelung sieht vor, dass die für Gemeinschaftspraxen zutreffende FPZ für das jeweilige Zusatzbudget als arithmetischer Mittelwert der arztgruppenbezogenen FPZen aller beteiligten Ärzte ermittelt wird, wobei Ärzte ohne das entsprechende Zusatzbudget mit der FPZ 0 in die Berechnung eingehen. Diese Vorschrift allein ermöglicht die von der Beklagten vorgenommene Halbierung der FPZen nicht, weil beide im Quartal III/99 in der Gemeinschaftspraxis der Klägerin tätigen Ärzte als Orthopäden berechtigt gewesen sind, die hier umstrittenen qualifikationsgebundenen Zusatzbudgets zu führen, sodass eine Einstufung auf 0 nicht möglich ist.
Diese Möglichkeit eröffnet auch nicht die Anwendung der Ziffer 1.6.2 der Allgemeinen Bestimmungen Teil B des EBM, wonach die Höhe der arztgruppenbezogenen FPZ für einen Arzt, der seine vertragsärztliche Tätigkeit unter mehreren Gebietsbezeichnungen ausübt, als arithmetischer Mittelwert der entsprechenden arztgruppenbezogenen FPZen errechnet wird. Wenn die Beklagte hierauf zurückgegriffen hat und dabei auf eine Halbierung der Zusatzbudgets der Klägerin gekommen ist, hat sie den Arzt Dr. G. im Ergebnis allein der Fachgruppe der Ärzte für Physikalische und Rehabilitative Medizin zugeordnet. Abgesehen davon, dass damit in fragwürdiger Weise vernachlässigt wird, dass dieser auch zusatzbudgetberechtiger Orthopäde ist, steht dem der Regelungsgehalt der Ziffer 1.6.2 entgegen. Denn diese Vorschrift gilt nach ihrer Stellung im Gefüge der Budgetvorschriften des EBM nur für die Berechnung der Praxisbudgets. Die von der Beklagten befürwortete analoge Anwendung für die Bemessung von Zusatzbudgets ist nicht möglich.
Dies ergibt sich auf der Grundlage der überzeugenden BSG-Entscheidung vom 20. Januar 1999 (SozR 3-2500 § 87 Nr. 20) daraus, dass ein Arzt, der in zwei Fachgebieten als zugelassener Vertragsarzt tätig ist, berufs- und vertragsarztrechtlich zur Erbringung entsprechender Leistungen berechtigt ist, ohne dass ihm dadurch eine bestimmte Struktur seiner Praxis vorgegeben wäre. Die Möglichkeit eines in zwei Fachgebieten zugelassenen Vertragsarztes, seine Tätigkeit schwerpunktmäßig auf ein Fachgebiet auszurichten und im anderen Fachgebiet nur gelegentlich tätig zu werden, ist Teil seiner durch Artikel 12 Abs. 1 GG geschützten Berufsausübungsfreiheit, sodass vergütungsbeschränkende Regelungen, die in diese Gestaltungsfreiheit eingreifen, einer ausdrücklichen normativen Grundlage bedürften (BSG a.a.O.). Damit ist es insbesondere nicht möglich, seine Vergütung auf Grund von beide Fachgebiete umfassenden Mittelwerten zu berechnen, wenn dies nicht durch eine Norm ausdrücklich vorgegeben wird.
Zu Unrecht wendet die Beklagte hiergegen ein, diese Rechtsprechung sei nur für Zeiträume einschlägig, in denen keine fallzahlabhängige Budgetierung vorgesehen gewesen sei. Denn das BSG hat bereits in seiner Entscheidung vom 20. Januar 1999 die für die FPZen der Praxisbudgets getroffene Regelung der Ziffer 1.6.2 als Beispiel einer derartigen ausdrücklichen normativen Grundlage benannt; hieran hat es auch in seinem zwischenzeitlich - zur EBM-Budgetierung im Quartal III/98 - ergangenen Beschluss vom 24. September 2003 - B 6 KA 52/03 B - fest gehalten. Die Sachgerechtigkeit dieses Ansatzes zeigt sich auch für die vorliegende Konstellation einer budgetierten Gemeinschaftspraxis, bei der einer der beteiligten Ärzte gleichzeitig eine Doppelzulassung besitzt. Geht man etwa von der für die BSG-Entscheidung vom 20. Januar 1999 a.a.O. maßgeblich gewesenen Doppelzulassung für Urologie und Chirurgie aus und bildet das Beispiel einer Gemeinschaftspraxis, bei der ein Arzt für Chirurgie mit einem Arzt für Chirurgie und für Urologie kooperiert, steht es im Ermessen der Gemeinschaftspraxis, weitgehend chirurgisch tätig zu sein und nur gelegentlich urologische Leistungen zu erbringen. Für die derart gewollte - und nach dem Gesagten: rechtlich anerkannte - Schwerpunktbildung würde es aber einen erheblichen Eingriff bedeuten, wenn ein chirurgisches Zusatzbudget dadurch geschmälert würde, dass sich der Arzt mit Doppelzulassung eine arithmetische Mittelung der entsprechenden FPZen entgegenhalten lassen müsste, weil ein entsprechendes Zusatzbudget im Bereich Urologie nicht vorgesehen ist.
Der Beklagten kann schließlich auch nicht gefolgt werden, wenn sie die entsprechende Anwendung der Ziffer 1.6.2 unter Hinweis auf die gegenseitige Abhängigkeit der Höhe von Zusatz- und Praxisbudgets rechtfertigen will. Dabei dürfte ihr Einwand in erster Linie auf die Verhinderung einer Doppelbegünstigung gerichtet sein, die eintritt, wenn der Klägerin vorliegend für die Erbringung (z.B.) physikalischer Leistungen einerseits das vollständige entsprechende Zusatzbudget des Gebiets Orthopädie zu Gute kommt und physikalische Leistungen andererseits nochmals bei der Bemessung des Praxisbudgets für physikalisch-rehabilitative Medizin fallpunktzahlsteigernd berücksichtigt werden. Eine derartige Summierung ist aber nicht notwendigerweise Folge von Doppelzulassungen, sondern hängt von der jeweils vorliegenden Kombination von Fachgebieten ab. So stünde bei der bereits angeführten Kombination Chirurgie/Urologie dem chirurgischen Zusatzbudget Unfallchirurgie keine volle zusätzliche Berücksichtigung entsprechender Leistungen im urologischen Praxisbudget gegenüber, weil die meisten der zu diesem Zusatzbudget gehörenden Leistungen für Urologen fachfremd sind. Auf einen derartigen Gesichtspunkt hat auch die Klägerin im Hinblick auf die Kombination HNO-Arzt/hausärztlicher Internist hingewiesen. Die Entscheidung des Bewertungsausschusses, eine der Ziffer 1.6.2 entsprechende Berechnungsvorschrift nicht auch für die Bemessung der Zusatzbudgets einzuführen, führt damit nur in Einzelfällen zu einer Begünstigung von Ärzten mit Doppelzulassung; dies ist von der Kassenärztlichen Vereinigung als Folge des notwendigerweise schematisierenden und typisierenden Charakters der Budgetvorschriften im EBM (vgl. hierzu BSG SozR 3-2500 § 87 Nr. 31; Urteil vom 2. April 2003 - B 6 KA 13/02 R) hinzunehmen.
Nach alledem hat die Beklagte die Honorare der Klägerin für das Quartal III/1999 neu zu berechnen, wobei sie für die Zusatzbudgets Chirotherapie, physikalische Therapie und Teilradiologie von den ungekürzten vollen überdurchschnittlichen FPZen auszugehen hat.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 SGG (in der bis zum 1. Januar 2002 geltenden Fassung).
Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG), sind nicht ersichtlich. Insbesondere kann der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung zugemessen werden, weil die streitentscheidenden Regelungen des EBM inzwischen nicht mehr in Kraft sind.