Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 20.09.1978, Az.: VII A 46/76

Wohnungsbauabgaben gemäß § 9 des Kommunalabgabengesetzes für das Land Schleswig-Holstein (KAG)

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
20.09.1978
Aktenzeichen
VII A 46/76
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1978, 11885
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:1978:0920.VII.A46.76.0A

Verfahrensgang

vorgehend
VG Schleswig-Holstein - AZ: 6 A 169/74

Verfahrensgegenstand

Heranziehung zu einer Wohnbauabgabe.

Prozessführer

des Herrn ...,

Prozessgegner

die Stadt ...

Der VII. Senat des Oberverwaltungsgerichts für die Länder Niedersachsen und Schleswig-Holstein in Lüneburg hat auf die mündliche Verhandlung vom 20. September 1978 durch die Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Czajka, Schoof und Dr. Berkenbusch sowie die ehrenamtlichen Richter Reese und Funk für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - VI. Kammer - vom 7. Oktober 1975 geändert.

Unter Abweisung der Klage im übrigen werden der Bescheid der Beklagten vom 30. September 1971 und ihr Widerspruchsbescheid vom 14. August 1974 aufgehoben, soweit eine höhere Abgabe als 837,00 DM festgesetzt worden ist.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens tragen die Beteiligten je zur Hälfte.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Vollstreckungsschuldner kann die vorläufige Vollstreckung durch Leistung einer Sicherheit in Höhe des festgesetzten Kostenerstattungsbetrages abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Beklagte erhebt Wohnungsbauabgaben gemäß § 9 des Kommunalabgabengesetzes für das Land Schleswig-Holstein (KAG) vom 10. März 1970 (GVOBl. S. 44). Sie stützt sich hierbei auf ihre am 5. August 1970 erlassene "Stadt Satzung über die Erhebung von Abgaben wegen Änderung der Gemeindeverhältnisse" - im folgenden: Abgabensatzung -. Diese Satzung hat folgenden Wortlaut:

§ 1

Zur Deckung der Aufwendungen, die durch eine Neuordnung der Gemeindeverhältnisse, der Schulverhältnisse und von sozialen Einrichtungen infolge von Baumaßnahmen erforderlich werden, und zwar

Schaffung sowie Erweiterung von Volksschulen, Erweiterung einer Realschule und eines Gymnasiums, Schaffung eines Kulturzentrums sowie Erweiterung des Krankenhauses, Schaffung einer Schwimmhalle und von Einrichtungen für das Feuerlöschwesen sowie Neubau einer Bücherei, Schaffung einer Altentagesstätte,

werden Abgaben erhoben.

§ 2

Die Abgabenschuld entsteht mit der Erteilung einer Baugenehmigung. Erlischt die. Baugenehmigung, erlischt zugleich die Abgabenschuld. Schuldner der Abgabe ist, wer die Baugenehmigung erhält. Wird die Baugenehmigung nicht dem Grundstückseigentümer erteilt, so haftet dieser für die Schuld.

§ 3

Die Abgaben werden nach der Zahl und der Größe der Wohnungseinheiten bemessen, die sich aus der Baugenehmigung ergeben. Sie betragen für

Wohnungseinheiten bis50 qm Wohnfläche =500,00 DM,
Wohnungseinheiten bis80 qm Wohnfläche =1.000,00 DM,
Wohnungseinheiten bis120 qm Wohnfläche =1.500,00 DM,
Wohnungseinheiten bis160 qm Wohnfläche =2.000,00 DM,
Wohnungseinheiten über160 qm Wohnfläche =2.500,00 DM.

§ 4

Die Abgabe nach § 3 wird auch erhoben, wenn durch Um- oder Erweiterungsbauten zusätzliche Wohnungseinheiten geschaffen werden.

§ 5

Die Abgabe ist mit dem Baubeginn (§ 92 Abs. 9 der Landesbauordnung) fällig. Es kann Stundung oder Ratenzahlung gewährt werden.

§ 6

(Inkrafttreten)

2

Für die Erhebung der Abgabe und die Höhe der Abgabensätze waren folgende, sich aus einer am 17. Juli 1970 aufgestellten Berechnungsgrundlage ergebende Erwägungen maßgebend:

3

Nach dem Stande ihrer Bauleitplanung rechnete die Beklagte für den Zeitraum von 1970 bis 1975 mit der Schaffung von 1.830 neuen Wohnungseinheiten. Bei einer durchschnittlichen Belegung jeder Wohnung mit 3 Personen ergab sich daraus ein Einwohnerzuwachs von 5.490 Personen, d.h. ein Anstieg der Einwohnerzahl von 23.832 auf 29.332. Die Beklagte ging weiter davon aus, daß die neuerstellten Wohnungen vorwiegend von jungen Familien bezogen würden, und gelangte infolgedessen zu einer Zahl von 1.830 in diesen Wohnungen lebenden Schulkindern (mithin ein Schulkind je Wohnungseinheit).

4

Daraus ergab sich ein Bedarf von 40 Volksschulklassen, 6 Realschul- und 7 Gymnasialklassen, für die die Beklagte nach Abzug anderweitiger Zuschüsse einen Betrag von 6.030.500,00 DM aufzubringen hatte.

5

An - nicht näher gekennzeichneten - Investitionen für das Feuerlöschwesen rechnete sie mit 80.000,00 DM.

6

Ferner legte sie ihrer Berechnung folgende Kosten zugrunde:

für die Erweiterung des Krankenhauses um 30 Betten,

die Neueinrichtung der Sterilisation und den Bau eines

Wirtschaftsgebäudes:591.000,00 DM,
für den Neubau einer Bücherei:20.000,00 DM,
für die Rathauserweiterung:416.000,00 DM,
für den Schwimmhallenbau:343.000,00 DM,
7

Hierbei handelte es sich jeweils um ein Sechstel der von der Beklagten als Eigenanteil für diese Vorhaben aufzubringenden Mittel.

8

Den sich danach ergebenden Gesamtbetrag von 7.480.500,00 DM verteilte sie dergestalt auf die einzelnen Wohnungseinheiten, daß bei den Schulbaukosten die für die unterschiedlichen Wohnungsgrößen zu erwartende Zahl an Schulkindern (0,5-2,5), im übrigen die Wohnungsgröße zugrunde gelegt wurde. Nach Abzug eines Eigenanteiles ("Qualitätsverbesserungsanteil") von 75 % ergaben sich die in der Satzung festgesetzten Abgabensätze.

9

Die tatsächliche Einwohnerentwicklung der Beklagten verlief