Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 29.09.1978, Az.: P OVG B 9/77
Wahl des Personalrates eines Postamtes; Wirksamkeit einer Wahlausschreibung; Zeitliche Beschränkung eines Wahlvorschlags
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 29.09.1978
- Aktenzeichen
- P OVG B 9/77
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 1978, 15366
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:1978:0929.P.OVG.B9.77.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG Schleswig-Holstein - 25.07.1977 - AZ: PB 27/76
Rechtsgrundlage
- § 8 Abs. 3 BPersVG
Verfahrensgegenstand
Wahlanfechtung
In der Personalvertretungssache
hat der Fachsenat für Personalvertretungssachen des Bundes beim Oberverwaltungsgericht für die Länder Niedersachsen und Schleswig-Holstein in Lüneburg
auf die mündliche Anhörung vom 29. September 1978
durch
den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Staege und
die ehrenamtlichen Richter Schilling, Süselbeck, Wilksch und Fischer
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 1) wird der Beschluß des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - Fachkammer für Personalvertretungssachen (Bund) - vom 25. Juli 1977 geändert.
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Vom 4. bis 6. Mai 1976 wurden beim Postamt in ... die Wahlen zum örtlichen Personalrat durchgeführt.
Im Wahlausschreiben vom 13. Februar 1976, das im Querformat DIN A 3 in zwei nebeneinander liegenden Satzblöcken etwa im Format DIN A 4 gedruckt ist, heißt es im linken Teil:
"Die Einreichungsfrist endet am 22. März 1976. Nur fristgerecht eingereichte Wahlvorschläge können berücksichtigt werden."
Im rechten unteren Teil des Wahlausschreibens findet sich der Hinweis:
"Wahlvorschläge und Erklärungen können von Montag bis Freitag (ausgenommen Wochenfeiertage) in der Zeit von 8.00 bis 12.00 Uhr im Zimmer 25 a des Sachbearbeiters der Personalstelle beim Wahlvorstand eingereicht werden."
Nach dem Wahlausschreiben mußte ein Wahlvorschlag für die Gruppe der Arbeiter von mindestens zehn wahlberechtigten Gruppenangehörigen unterzeichnet sein.
Am 22. März 1976 gingen gegen 13.10 Uhr beim Wahlvorstand Wahlvorschläge für die Gruppe der Beamten und der Arbeiter mit dem Kennwort "Postverband - Christliche Gewerkschaft - Posthalterverband" ein. Der Wahlvorschlag für die Gruppe der Arbeiter war von neun wahlberechtigten Gruppenangehörigen unterzeichnet.
Am 23. März 1976 reichte der Wahlvorstand die Wahlvorschläge als ungültig zurück, da die Einreichungsfrist nicht eingehalten worden sei.
Am 14. Mai 1976 hat der Antragsteller das Verwaltungsgericht - Fachkammer für Personalvertretungssachen (Bund) - angerufen mit dem Antrage,
die vom 4. Mai bis 6. Mai 1976 durchgeführte Wahl zum Personalrat beim Postamt ... in der Gruppe der Beamten und Arbeiter für ungültig zu erklären.
Zur Begründung hat er vorgetragen, daß die Wahlvorschläge mit dem Kennwort "Postverband - Christliche Gewerkschaft - Posthalterverband" für die Gruppe der Beamten und der Arbeiter vom Wahlvorstand zu Unrecht als nicht fristgerecht eingereicht zurückgegeben worden seien. Der Listenvertreter habe den Wahlvorschlag fristgerecht am 22. März 1976 um 13.10 Uhr eingereicht. Die Einreichungsfrist habe nämlich nach dem Wahlausschreiben bis einschließlich 22. März 1976 gedauert, also erst um 24.00 Uhr an diesem Tage geendet. Der Hinweis in dem Wahlausschreiben, daß Wahlvorschläge von Montag bis Freitag in der Zeit von 8.00 bis 12.00 Uhr eingereicht werden könnten, beschränke die Einreichungsfrist nicht auf 12.00 Uhr. Nach dem Wortlaut dieser Passage des Wahlausschreibens bestehe kein Zweifel, daß hier nur habe angegeben werden sollen, wann und wo sich der Wahlvorstand zur Entgegennahme der Wahlvorschläge bereithalte. Über diese Zeit hinaus habe er sich zur Annahme von Wahlvorschlägen nicht zur Verfügung zu halten brauchen. Es sei dem Listenvertreter aber unbenommen geblieben, den Wahlvorstand ausfindig zu machen, um einen Wahlvorschlag abgeben zu können.
Selbst wenn man dieser Auffassung nicht folge, so habe jedenfalls die Frist für die Einreichung der Wahlvorschläge nicht vor Ablauf der täglichen Dienstzeit enden können.
Die Beteiligten haben beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Sie haben vorgetragen, daß die zeitliche Beschränkung für die Einreichung von Wahlvorschlägen zulässig sei. Da hier die Zeit für die Abgabe von Wahlvorschlägen an den Arbeitstagen um 12.00 Uhr endete, der Wahlvorschlag des Antragstellers jedoch am letzten Tage der Einreichungsfrist erst um 13.10 Uhr eingegangen sei, habe der Wahlvorstand ihn zu Recht als verspätet zurückgegeben.
Das Verwaltungsgericht hat durch Beschluß vom 25. Juli 1977, auf den im übrigen verwiesen wird, die Wahl zum Personalrat beim Postamt ... in der Gruppe der Beamten und Arbeiter für ungültig erklärt. In der Begründung heißt es, daß die eingereichten Wahlvorschläge nicht ungültig waren, da sie fristgerecht eingereicht worden seien. Der Wahlvorstand habe sie daher nicht zurückgeben dürfen. Das Wahlausschreiben habe die Einreichungsfrist nicht auf 12.00 Uhr befristet. Aus dem Wahlausschreiben ergebe sich lediglich, daß die Einreichungsfrist am 22. März 1976 habe enden sollen. Lediglich in diesem Zusammenhang werde darauf hingewiesen, daß nur fristgerecht eingereichte Wahlvorschläge berücksichtigt werden könnten. Erst auf der nächsten Seite des Wahlausschreibens finde sich ziemlich am Schluß der Hinweis, daß Wahlvorschläge in der Zeit von 8.00 bis 12.00 Uhr eingereicht werden könnten. Dieser Hinweis lasse aber nicht hinreichend klar erkennen, daß die Einreichungsfrist auch auf den genannten Zeitpunkt, nämlich 12.00 Uhr, habe beschränkt werden sollen. Er könne vom unbefangenen Leser nur so verstanden werden, daß dem Einreicher von Wahlvorschlägen mitgeteilt werden solle, wo und wann er den Wahlvorstand zwecks Abgabe der Wahl Vorschläge erreichen könne. Dieser Eindruck werde dadurch verstärkt, daß sich der Hinweis auf einer anderen Seite des Wahlausschreibens in anderem Zusammenhang als derjenige über das Ende der Einreichungsfrist befinde. Aber selbst wenn man der Auffassung wäre, daß beide Hinweise im Zusammenhang zu sehen und zu lesen seien, ändere sich am Ergebnis nichts. Denn auch dann lasse der Hinweis noch nicht mit der gebotenen Klarheit erkennen, daß die Einreichungsfrist habe eingeschränkt werden sollen. Wenn dies hätte geschehen sollen, so hätte sich dies unzweideutig und unmißverständlich für jeden Betrachter aus dem Wahlausschreiben ergeben müssen.
Im übrigen habe der Wahlvorschlag für die Gruppe der Arbeiter auch die nach § 8 Abs. 3 der Wahlordnung zum Bundespersonalvertretungsgesetz erforderliche Anzahl von Unterschriften enthalten. Selbst wenn man davon ausgehe, daß im März 1976 beim Postamt in Schleswig 79 Arbeiter wahlberechtigt gewesen seien, so habe die Zahl von neun Unterschriften ausgereicht. Das Wahlausschreiben habe insoweit, als es darauf hinweise, daß Wahlvorschläge für die Gruppe der Arbeiter von mindestens zehn wahlberechtigten Gruppenangehörigen unterzeichnet sein müßten, keine konstitutive Bedeutung.
Gegen den am 29. Juli 1977 zugestellten Beschluß richtet sich die am 11. August 1977 eingegangene Beschwerde des Beteiligten zu 1). Zur Begründung trägt er unter Wiederholung und Vertiefung seines bisherigen Vorbringens vor, daß der in Rede stehende Wahlvorschlag entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts verspätet eingegangen sei. Der Auffassung des angefochtenen Beschlusses, daß die Abgabe des Wahlvorschlages um 13.10 Uhr am letzten Einreichungstage noch rechtzeitig gewesen sei, könne nicht gefolgt werden. Die vom Verwaltungsgericht beanstandete Fassung des Wahl aus Schreibens mit den räumlich auseinanderfallenden Angaben der Daten und der Uhrzeiten müsse im Zusammenhang gelesen werden. Sie seien auch von jedem unbefangenen Leser so zu verstehen, daß sie im Zusammenhang haben stehen sollen. Das Verwaltungsgericht habe auch unberücksichtigt gelassen, daß der Listenführer der als verspätet eingereicht zurückgewiesenen Listen ganz offensichtlich selbst davon ausgegangen sei, daß er den Wahlvorschlag nach 12.00 Uhr nicht mehr habe einreichen können. Er habe ausdrücklich erklärt, daß er sich im Datum geirrt habe, nicht aber in der Uhrzeit. Damit stehe fest, daß die Angabe der Uhrzeit im Wahlausschreiben von allen Beteiligten als Begrenzung der Einreichungsmöglichkeit verstanden worden sei, so daß es überhaupt nicht darauf ankomme, ob die Trennung zwischen Einreichungsdatum und Einreichungsuhrzeit im Wahlausschreiben zu Mißverständnissen hätte Anlaß geben können. Schließlich sei es entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts auch erforderlich gewesen, daß der Wahlvorschlag für die Gruppe der Arbeiter mit zehn Unterschriften versehen sei. Zum Zeitpunkt des Erlasses des Wahlausschreibens seien nämlich 93 in der Regel beschäftigte Arbeiter vorhanden gewesen. Auf die Zahl der Arbeiter am Wahltage, die der Wahlvorstand nicht habe vorhersehen können, komme es nicht an.
Der Beteiligte zu 1) beantragt,
den angefochtenen Beschluß zu ändern und den Antrag zurückzuweisen.
Der Antragsteller beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Unter Wiederholung und Vertiefung seines bisherigen Vorbringens verteidigt er den angefochtenen Beschluß und tritt den Ausführungen der Beschwerde entgegen.
Der Beteiligte zu 2) schließt sich, ohne einen Antrag zu stellen, dem Beschwerdevorbringen an.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze verwiesen. Zwei Hefte Wahlunterlagen haben vorgelegen.
II.
Die Beschwerde ist form- und fristgerecht erhoben, sie führt auch zum Erfolg.
Dazu ist vorauszuschicken, daß die vom Wahlvorstand beabsichtigte und letztlich auch vorgenommene Einschränkung des Zeitraums für die Abgabe von Wahlvorschlägen und Erklärungen auf arbeitstäglich von 8.00 bis 12.00 Uhr nicht zu beanstanden ist. Der Senat hat bereits mit seinem Beschluß vom 3. November 1969 (ZBR 1970, 95) entschieden, daß derartige Zeitbeschränkungen zulässig und wirksam sind. Daran hält der Senat fest. § 52 WO schreibt nur eine entsprechende Anwendung der §§ 186 bis 193 BGB vor - hier im Zusammenhang mit § 7 Abs. 2 WO -, das heißt, diese Vorschriften sind nur nach den Bedürfnissen und Notwendigkeiten des Wahlverfahrens anzuwenden. Bei dem hier - wie wohl in allen Dienststellen, in denen Personalräte zu wählen sind - überschaubaren Kreis von Wahlbewerbern und Wählern reicht unter Berücksichtigung der dienstlichen und privaten Belange der Mitglieder des Wahlvorstandes und der Interessen des Dienstherrn eine sich über den gesamten Zeitraum für die Abgabe von Wahlvorschlägen erstreckende arbeitstägliche Anwesenheitsdauer des Wahlvorstandes bzw. eines seiner Mitglieder von vier Stunden aus, um allen Interessenten die Geltendmachung ihrer Belange zu ermöglichen. Im übrigen wird auf den oben genannten Beschluß verwiesen.
Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts ist diese zeitliche Beschränkung in dem Wahlausschreiben vom 13. Februar 1976 auch hinreichend deutlich zum Ausdruck gekommen und damit wirksam.
Die Darstellung in dem angefochtenen Beschluß, in der von den Seiten 1 und 2 des Wahlausschreibens gesprochen wird, erweckt den Eindruck, als habe sich die Bestimmung über die zeitliche Beschränkung für die Abgabe der Wahlvorschläge versteckt auf der Rückseite des Wahlausschreibens befunden, so daß sie der Leser nicht habe bemerken können. Das ist jedoch nicht der Fall. Das Wahlausschreiben hat nämlich nur aus einer Seite im Format DIN A 3 bestanden, das einseitig bedruckt war, wenn auch in zwei Kolumnen. Damit waren alle Angaben ohne Schwierigkeiten lesbar. Zwar war die Angabe über die tägliche Zeit der Anwesenheit des Wahlvorstandes nicht in den Zusammenhang mit der Angabe über die Frist zur Einreichung von Wahlvorschlägen gestellt, das ist jedoch unschädlich. Denn die maßgebende zeitliche Beschränkung war als eigener, hervorgehobener Absatz gehalten und bezog sich ausdrücklich auch auf Wahlvorschläge:
"Wahlvorschläge und Erklärungen können ... eingereicht werden."
Insgesamt war das Wahlausschreiben so deutlich und übersichtlich, daß jedermann in der Lage war, von allen Einzelheiten des Wahlvorganges Kenntnis zu nehmen. Das gilt um so mehr für einen Wahlbewerber oder Listenvertreter, von dem erwartet werden kann, daß er sich mit allen Angaben des Wahlausschreibens besonders vertraut macht, zumal es gerade für ihn als Interessierten naheliegen mußte, daß bei den im Dienststellenbereich bekanntermaßen bestehenden unterschiedlichen Dienstzeitregelungen die Zeit für die Abgabe von Wahlvorschlägen und Erklärungen eingeschränkt werden würde.
Nach alledem muß deshalb der Antrag abgelehnt werden, ohne daß es noch darauf ankam festzustellen, ob der zurückgewiesene Wahlvorschlag für die Gruppe der Arbeiter im übrigen fehlerfrei war.
Für eine Kostenentscheidung ist im Beschlußverfahren kein Raum.
Die Rechtsbeschwerde kann nicht zugelassen werden, da keine der hierfür vom Gesetz aufgestellten Voraussetzungen vorliegt.
Schilling
Fischer
Süselbeck
Wilksch