Oberlandesgericht Braunschweig
Urt. v. 04.09.2019, Az.: 11 U 116/18
Kündigung einer Direktversicherung durch einen Insolvenzverwalter; Unwiderrufliches Bezugsrecht; Rückkaufswert zur Insolvenzmasse
Bibliographie
- Gericht
- OLG Braunschweig
- Datum
- 04.09.2019
- Aktenzeichen
- 11 U 116/18
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2019, 38330
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Braunschweig - 23.08.2018 - AZ: 1 O 803/18 (059)
Rechtsgrundlage
- § 80 Abs. 1 InsO
Fundstellen
- EWiR 2020, 25
- FA 2019, 375-376
- FA 2020, 16-17
- GmbH-Stpr. 2020, 352
- GmbH-Stpr. 2020, 150
- GmbHR 2020, 312-317
- InsbürO 2020, 266
- NJW-Spezial 2019, 759
- NWB 2019, 3670
- StuB 2020, 208
- ZAP EN-Nr. 729/2019
- ZAP 2019, 1288
- ZIP 2020, 36-40
- ZInsO 2019, 2527-2531
- ZVI 2020, 63-68
- r+s 2019, 720
Amtlicher Leitsatz
1. Ist die Übertragung des Kündigungsrechts bezüglich eines Rentenversicherungsvertrages vom Versicherungsnehmer auf einen unwiderruflich bezugsberechtigten Dritten nicht feststellbar, so verbleibt das Kündigungsrecht beim Versicherungsnehmer; dem Insolvenzverwalter über das Vermögen des Dritten kann aber aus dem Grundsatz einer nach beiden Seiten hin interessengerechten Auslegung ein Anspruch auf Kündigung des Rentenversicherungsvertrages gegen den Versicherungsnehmer zustehen.
2. Ist einem Dritten bezüglich eines Lebensversicherungsvertrages ein unwiderrufliches Bezugsrecht eingeräumt worden, so gehört der Rückkaufswert im Falle einer Insolvenz des Dritten zur Insolvenzmasse, soweit dem nicht die Pfändungsschutzvorschriften entgegenstehen.
3. Ist der Dritte Allein- oder Mehrheitsgesellschafter des Versicherungsnehmers, so kann er sich nicht auf die Vorschriften des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersvorsorge (BetrAVG) berufen.
Tenor:
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Braunschweig vom 23.08.2018 (1 O 803/18) wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Dieses Urteil sowie das Urteil des Landgerichts Braunschweig vom 23.08.2018 sind ohne Sicherheitsleistung für den Kläger vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung aus dem jeweiligen Urteil durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird festgesetzt auf die Wertstufe bis zu 25.000,00 €.
Gründe
I.
Der Kläger nimmt als Insolvenzverwalter die Beklagte auf Kündigung einer zwischen dem Beklagten als Versicherungsnehmerin und der A. Lebensversicherungs-AG geschlossenen Direktversicherung in Anspruch.
Der Kläger ist mit Beschluss des Amtsgerichts B. vom 08.08.2014 (Geschäftsnummer xxx) zum Insolvenzverwalter über das Vermögen des Herrn M. W. (im Folgenden: Insolvenzschuldner) bestellt worden.
Der Insolvenzschuldner ist Alleingesellschafter und gemäß Anstellungsvertrag vom 01.08.2009 i.V.m. nachfolgend geschlossenen Änderungsvereinbarungen (Anlage BK 2, Bl. 113ff d.A.) Geschäftsführer der Beklagten.
Im Jahr 2012 schloss die Beklagte als Versicherungsnehmerin bei der A. Lebensversicherungs-AG einen Rentenversicherungsvertrag "A. Direkt Versicherung Klassik" (Versicherungsnummer ....) (Anlage K2 bzw. Bl. 123 ff d.A.) für den Insolvenzschuldner als versicherte Person ab. Dieser ist nach dem Versicherungsschein (Anlage K3) unwiderruflich bezugsberechtigt ohne Vorbehalt. Als Zeitpunkt des Beginns der Rentenzahlung ist vertraglich der 01.12.2038 vereinbart. Der Rückkaufwert der streitgegenständlichen Versicherung betrug zum 01.04.2017 17.001,75 €.
Die vom Kläger begehrte Kündigung des Versicherungsvertrages, um den Rückkaufwert der zur Insolvenzmasse ziehen zu können, lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 16.10.2017 (Anlage K5) ab.
Der Kläger ist der Ansicht, dem Insolvenzschuldner als versicherter Person stehe gegenüber der Beklagten ein Anspruch zu, zu seinen Gunsten das Kündigungsrecht auszuüben. Dieser Anspruch sei im vorliegenden Fall mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens gemäß § 80 InsO auf den Kläger übergegangen.
Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, die Kündigung des Versicherungsvertrages "A. Direkt Versicherung Klassik" Nr. ... zwischen der Beklagten und der A. Lebensversicherungs-AG, ..., S. zu erklären.
Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Ansicht, ein Anspruch des Klägers, aus dem Valutaverhältnis die Kündigung des Versicherungsvertrages zu verlangen, sei nicht ersichtlich, da das Kündigungsrecht nicht auf den Insolvenzschuldner übertragen worden sei. Soweit der Kläger sich auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 02.12.2009 (IV ZR 65/09) beziehe, sei dieser nicht der allgemeine Rechtsgrundsatz zu entnehmen, wonach dem Bezugsberechtigten gegen den Versicherungsnehmer stets ein Anspruch auf Ausübung oder Übertragung des Kündigungsrechts zustehe. Einen derartigen Rechtsgrundsatz gebe es bereits deswegen nicht, da § 168 VVG das Kündigungsrecht explizit dem Versicherungsnehmer zuweise.
Das Landgericht hat die Beklagte mit Urteil vom 23. August 2018 (Bl. 33 ff. d.A.) verurteilt, die Kündigung des Versicherungsvertrages "A. Direkt Versicherung Klassik" Versicherung Nummer ... zwischen der Beklagten und der A. Lebensversicherungs-AG, S., zu erklären.
Zur Begründung hat das Landgericht im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger habe gegenüber der Beklagten einen Anspruch auf Kündigung der zugunsten des Insolvenzschuldners abgeschlossenen Lebensversicherung aus dem Geschäftsführeranstellungsvertrag nebst Versorgungszusage in Verbindung mit der im Versicherungsvertrag gemäß Versicherungsschein vom 9. Oktober 2012 unwiderruflich eingeräumten Bezugsberechtigung.
Dem Insolvenzschuldner sei durch den zwischen der Beklagten und der A. Lebensversicherungs-AG abgeschlossenen Rentenversicherungsvertrag unstreitig ein unwiderrufliches Bezugsrecht eingeräumt worden. Dieses habe einen sofortigen Rechtserwerb des Insolvenzschuldners bewirkt.
Wem bei einer Kapitallebensversicherung auf den Erlebensfall ein Bezugsrecht und die daraus folgenden Ansprüche auf Versicherungsleistungen zustünden, bestimme der Versicherungsnehmer durch eine einseitige, empfangsbedürftige schriftliche Willenserklärung gegenüber dem Versicherer. Der Wille des Versicherungsnehmers richte sich bei einer - hier vorliegenden - unwiderruflichen Bezugsberechtigung regelmäßig auf einen sofortigen Rechtserwerb, weil nur so der mit dem Verzicht auf den Widerruf verfolgte Zweck erreicht werden könne, die Ansprüche auf die Versicherungsleistungen aus dem Vermögen des Versicherungsnehmers auszusondern und sie damit dem Zugriff seiner Gläubiger zu entziehen. Zu den vertraglich versprochenen Leistungen gehöre auch der Rückkaufswert nach Kündigung des Vertrages, denn das Recht auf den Rückkaufswert sei nur eine andere Erscheinungsform des Rechts auf die Versicherungssumme.
Der Versicherungsnehmer, mithin die Beklagte, bleibe jedoch weiterhin Vertragspartner des Versicherers, ungeachtet des sofortigen Erwerbs des Bezugsrechts durch den Insolvenzschuldner und behalte das Dispositionsrecht über den Vertrag mit der Einschränkung, dass er kein direktes Verfügungsrecht über den Anspruch auf die Versicherungsleistung habe, denn der Anspruch auf die Rückvergütung stehe allein dem unwiderruflich Bezugsberechtigten zu.
Auch bei einer unwiderruflichen Bezugsberechtigung eines Dritten behalte der Versicherungsnehmer das Recht, das Versicherungsvertragsverhältnis zu kündigen. Sei, wie vorliegend, eine Übertragung dieses Kündigungsrechts nicht feststellbar, sei es weiterhin der Vertragspartei zugewiesen; allein sie sei berechtigt, vertragsgestaltende Rechte auszuüben.
Aufgrund des zwischen dem Insolvenzschuldner und der Beklagten fortbestehenden Geschäftsführeranstellungsvertrages nebst Versorgungszusage habe der Kläger gegen die Beklagte jedoch Anspruch auf Ausübung des Kündigungsrechts zugunsten des Insolvenzschuldners.
Dieser habe gegen die Beklagte Anspruch auf Kündigung des Versicherungsvertrages zu seinen Gunsten (BGH, Urteil vom 02.12.2009 - IV ZR 65/09 - juris, Rn. 17). Der zum Vermögen des Insolvenzschuldners gehörende Anspruch auf Kündigung sei mit der Insolvenzeröffnung auf den Kläger übergegangen (§ 80 InsO).
Die Beklagte habe den Versicherungsvertrag aufgrund des zwischen ihr und dem Insolvenzschuldner (weiterhin fortbestehenden) Geschäftsführeranstellungsvertrages nebst Versorgungszusage abgeschlossen. Dem Insolvenzschuldner stünden danach die Ansprüche aus der zu seinen Gunsten abgeschlossenen Versicherung zu. Zur Realisierung des Rückkaufswertes der Versicherung sei die Kündigung des Vertrages erforderlich.
Der Kündigung entgegenstehende berechtigte Interessen der Beklagten seien weder dargetan noch ersichtlich. Vielmehr sei die Kündigung des Versicherungsvertrages für die Beklagte aufgrund des daraus folgenden Wegfalls der Prämienzahlung wirtschaftlich von Vorteil. Das Kündigungsrecht sei gleichfalls nicht nach § 17 BetrVAG eingeschränkt. Auf die zugunsten des Insolvenzschuldners abgeschlossene Regelung zur betrieblichen Altersvorsorge finde die Vorschrift keine Anwendung, da das Anstellungsverhältnis des Insolvenzschuldners als alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer nicht auf einem Arbeitsvertrag beruhe.
Das Urteil des Landgerichts ist der damaligen Prozessbevollmächtigten der Beklagten am 30.08.2018 zugestellt worden (Bl. 43 d.A.).
Hiergegen richtet sich die am 28.09.2018 bei dem Oberlandesgericht eingegangene (Bl. 66 ff. d.A.) und nach entsprechender Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist (Bl. 73 d.A.) am 30.11.2018 begründete (Bl. 77 ff. d.A.) Berufung der Beklagten.
Zur Begründung ihrer Berufung trägt die Beklagte vor, der Kläger habe gerade keinen Anspruch auf Kündigung der zu Gunsten des Insolvenzschuldners abgeschlossenen Lebensversicherung aus dem Geschäftsführungsanstellungsverhältnis nebst Versorgungszusage in Verbindung mit der im Versicherungsvertrag gemäß Versicherungsschein vom 09.12.2012 unwiderruflich eingeräumten Bezugsberechtigung.
Richtig sei, dass dem Insolvenzschuldner ein unwiderrufliches Bezugsrecht eingeräumt worden sei, aufgrund dessen er grundsätzlich auch das Recht auf den Rückkaufswert erworben habe. Zu den vertraglich versprochenen Leistungen gehöre auch der Rückkaufswert nach Kündigung des Vertrages.
Richtig sei auch, dass weiterhin der Versicherungsnehmer, also die Beklagte, das Dispositionsrecht über den Vertrag behalte mit der Einschränkung, dass sie kein direktes Verfügungsrecht über den Anspruch auf die Versicherungsleistung habe.
Nicht richtig sei jedoch die Auffassung des Landgerichts, dass der Kläger aufgrund des zwischen dem Insolvenzschuldner und der Beklagten fortbestehenden Geschäftsführeranstellungsvertrages nebst Versorgungszusage einen Anspruch auf Ausübung des Kündigungsrecht "zugunsten" des Insolvenzschuldners habe. Das lasse sich nicht aus den Ausführungen des BGH, Urt. v. 02.12.2009 - IV ZR 65/09 -, herleiten.
Ein Anspruch auf Rückzahlung des Rückkaufwertes setze nach § 169 Abs. 1 VVG die Kündigung des Versicherungsvertrages voraus. Der Versicherungsvertrag sei allerdings nur durch die Beklagte als Versicherungsnehmerin nach § 168 Abs. 1 VVG kündbar. Dem Insolvenzschuldner als Bezugsberechtigten stehe ein Kündigungsrecht nach § 168 Abs. 1 VVG gerade nicht zu. Allein die Vertragspartei sei berechtigt, vertragsgestaltende Rechte auszuüben. Der Kläger könne auch aus dem Valutaverhältnis kein Kündigungsrecht ableiten. Das Kündigungsrecht sei bewusst nicht von der Beklagten auf den Insolvenzschuldner übertragen worden. Die Ausführungen des Bundesgerichtshofs in der genannten Entscheidung beträfen sowohl einen völlig anderen Sachverhalt als auch eine völlig andere Interessenlage der Beteiligten. Dort habe die Klägerin als Sparkasse einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss auf Ansprüche ihres Schuldners gegen die Beklagte aus einer Lebensversicherung erwirkt. Das Versicherungsverhältnis sei dort auf eine beitragsfreie Versicherung umgestellt worden, das Dienstverhältnis zur GmbH sei seinerzeit bereits beendet gewesen. Es sei davon auszugehen, dass in dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall Störungen im Valutaverhältnis vorhanden gewesen seien. Auch sei die Versicherungsnehmerin aus dem Handelsregister gelöscht worden. Ein Anspruch des Bezugsberechtigten auf Ausübung oder Übertragung des Kündigungsrechts könne nur für den Fall bestehen, dass der Versicherungsvertrag beitragsfrei gestellt und das Dienstverhältnis mit der GmbH beendet worden sei. Im vorliegenden Fall bestehe der Geschäftsführeranstellungsvertrag zwischen dem Insolvenzschuldner und der Beklagten jedoch fort. Auch die Versorgungszusage bestehe weiter fort und werde durch laufende Prämienzahlungen erfüllt. Die Beklagte existiere und sei nicht insolvent. Insbesondere sei kein Anspruch des Klägers ersichtlich, die Versicherungsleistungen vor Eintritt der Fälligkeit zum 1. Dezember 2038 in Anspruch zu nehmen. Einen solchen Anspruch hätte der Insolvenzschuldner auch nicht, wenn man das Insolvenzverfahren hinwegdächte.
Der Anspruch auf Rückzahlung des Rückkaufswerts sei erst zum 01.12.2038 fällig. Der Kläger habe insoweit sein Zurückbehaltungsrecht geltend gemacht. Das landgerichtliche Urteil enthalte dazu keine Ausführungen. Ebenfalls fehlten Ausführungen dazu, dass der Insolvenzschuldner bislang überhaupt nur ein Anwartschaftsrecht erlangt habe, das erst zum Fälligkeitstermin Ansprüche begründe.
Die Pfändbarkeit sei sodann nach §§ 850i, 851 ZPO zu beurteilen. Ein unwiderrufliches Bezugsrecht gehöre nicht nach § 35 Abs. 1 InsO zur Insolvenzmasse. Wenn das Bezugsrecht nicht massezugehörig sei, könne auch keine Verfügungsbefugnis des Klägers darüber nach § 80 InsO bestehen. Schon gar nicht könne ein Anspruch auf Kündigung mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens auf den Insolvenzverwalter übergegangen sein.
Auch nicht nachvollziehbar sei, dass entgegenstehende Interessen der Beklagten weder dargetan noch ersichtlich seien. Die Vorstellung, die Kündigung des Versicherungsvertrages sei für die Beklagte aufgrund des daraus folgenden Wegfalls der Prämienzahlungen wirtschaftlich von Vorteil, greife zu kurz. Beachtenswerte Belange der Beklagten seien vielmehr bereits aufgrund der weiterhin existenten Versorgungszusage nebst Geschäftsführeranstellungsvertrag gegeben. Der Bundesgerichtshof führe in der zitierten Entscheidung aus, dass der Anspruch gegen die Versicherungsnehmerin zu Gunsten des Bezugsberechtigten auszuüben sei. Hier solle das Kündigungsrecht allerdings nicht zu Gunsten des Insolvenzschuldners, sondern zu Gunsten der Gläubiger ausgeübt werden. Das sei jedoch nicht die Intention des Bundesgerichtshofs gewesen. An der Auffassung, dass ein unwiderrufliches Bezugsrecht gemäß § 35 InsO in die Insolvenzmasse falle, werde nicht mehr festgehalten.
Die Beklagte beantragt,
unter Abänderung des am 22. August 2018 verkündeten Urteils des Landgerichts Braunschweig (Aktenzeichen 1 O 803/18 *059*) die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil.
II.
Die zulässige Berufung ist in der Sache nicht begründet.
Dem Kläger steht gegenüber der Beklagten ein Anspruch auf Kündigung des hier streitgegenständlichen Versicherungsvertrages aus dem Geschäftsführeranstellungsvertrag mit Versorgungszusage i.V.m. § 80 Abs. 1 InsO zu.
Unstreitig ist zwischen der Beklagten und der A. Lebensversicherungs- AG ein Rentenversicherungsvertrag zustande gekommen, in dessen Rahmen dem Insolvenzschuldner eine unwiderrufliche Bezugsberechtigung eingeräumt worden ist. Eine Übertragung des Kündigungsrechts auf den Insolvenzschuldner durch die Beklagte ist nicht erfolgt.
a.
Inhaber des Anspruchs auf den Rückkaufswert ist im vorliegenden Fall der Insolvenzschuldner geworden, indem die Beklagte als Versicherungsnehmerin diesem bei Abschluss des Versicherungsvertrages ein unwiderrufliches Bezugsrecht eingeräumt hat.
aa.
Wem in welchem Umfang ein Bezugsrecht und die daraus folgenden Ansprüche auf die Versicherungsleistungen zustehen, bestimmt der Versicherungsnehmer durch eine einseitige, empfangsbedürftige schriftliche Willenserklärung gegenüber dem Versicherer, die Verfügungscharakter hat (vgl. BGH, Urteil vom 28. September 1988 - IVa ZR 126/87 -, juris Rn. 19; Urteil vom 18. Juni 2003 - IV ZR 59/02 -, juris, Rn. 8). Maßgeblich für den Inhalt eines Bezugsrechts ist, welche konkrete Ausgestaltung der Versicherungsnehmer ihm in seiner Erklärung gegenüber dem Versicherer gegeben hat (BGH, Urteil vom 08. Juni 2005 - IV ZR 30/04 -, juris, Rn. 16; Urteil vom 18. Juni 2003, a.a.O.).
Dieser richtet sich bei einem unwiderruflichen Bezugsrecht regelmäßig auf einen sofortigen Rechtserwerb, weil nur so der mit dem Verzicht auf den Widerruf verfolgte Zweck erreicht werden kann, die Ansprüche auf die Versicherungsleistungen aus dem Vermögen des Versicherungsnehmers auszusondern und sie damit dem Zugriff seiner Gläubiger zu entziehen (BGH, Urteil vom 17. Februar 1966 - II ZR 286/63 -, BGHZ 45, 162-168, Rn. 12; BGH, Urteil vom 18. Juni 2003, a.a.O., Rn. 9). Da unter diesem Gesichtspunkt eine bloße unwiderrufliche Anwartschaft praktisch wertlos wäre, bildet der sofortige Rechtserwerb den eigentlichen Inhalt der unwiderruflichen Bezugsberechtigung (BGH, Urteil vom 19. Juni 1996 - IV ZR 243/95 -, juris, Rn. 14; Urteil vom 18. Juni 2003, a.a.O.).
Mit dem Erwerb eines unwiderruflichen Bezugsrechts erwirbt der Bezugsberechtigte auch grundsätzlich das Recht auf den Rückkaufswert, denn dieser ist nur eine andere Erscheinungsform des Rechts auf die Versicherungssumme. Erhält die versicherte Person das Bezugsrecht, so umfasst dieses sämtliche aus dem Versicherungsvertrag fällig werdenden Ansprüche einschließlich des Rückkaufswertes nach Kündigung des Vertrages (BGH, Urteil vom 18. Juni 2003, a.a.O., Rn. 15; Urteil vom 08. Juni 2005 - IV ZR 30/04 -, juris, Rn. 14; Urteil vom 03. Mai 2006 - IV ZR 134/05 -, juris, Rn. 8). Erst diese löst den Anspruch auf den Rückkaufswert aus (BGH, Urteil vom 01. Dezember 2011 - IX ZR 79/11 -, juris, Rn. 17, 22; Urteil vom 02. Dezember 2009 - IV ZR 65/09 -, juris, Rn. 12).
bb.
Nach diesen Grundsätzen hat der Insolvenzschuldner im vorliegenden Fall das Recht auf den Rückkaufswert erhalten, denn ausweislich des als Anlage K2 vorgelegten Versicherungsscheins ist zwischen der Beklagten und der A. Lebensversicherungs-AG ein Rentenversicherungsvertrag abgeschlossen worden, in dessen Rahmen der Insolvenzschuldner versichert und zu Gunsten dessen durch die Beklagten ein unwiderrufliches Bezugsrecht ohne Vorbehalt verfügt worden ist. Dem Insolvenzschuldner steht daher gemäß § 159 Abs. 3 VVG der Anspruch auf die Leistung des Versicherers bereits mit der wirksamen Bezeichnung als bezugsberechtigt zu (vgl. Schneider in: Prölss/Martin, VVG, 30. Aufl., § 159, Rn. 21).
b.
Gleichwohl steht nicht dem Insolvenzschuldner, sondern allein der Beklagten das Recht auf Kündigung des hier streitgegenständlichen Versicherungsvertrages zu.
aa.
Auch bei unwiderruflicher Bezugsberechtigung eines Dritten verbleibt dem Versicherungsnehmer das Recht, das Versicherungsverhältnis jederzeit zu kündigen (§ 168 Abs. 1 VVG). Das folgt daraus, dass der Versicherungsnehmer allein dem Versicherer verpflichtet bleibt und ein Kündigungsrecht hat, um sich bei einem Wechsel der Verhältnisse von der Zahlung weiterer Prämien befreien zu können (BGH, Urteil vom 17. Februar 1966 - II ZR 286/63 -, BGHZ 45, 162-168, Rn. 16; Urteil vom 20. Mai 1992 - XII ZR 255/90 -, BGHZ 118, 242-252, Rn. 11; Reiff in Prölss/Martin, a.a.O., § 168, Rn. 7). Ist eine Übertragung dieses Kündigungsrechts auf den Bezugsberechtigten nicht feststellbar, bleibt es daher weiterhin der Vertragspartei zugewiesen (vgl. BGH, Urteil vom 21. Juni 1985 - V ZR 134/84 -, juris, Rn. 33); allein sie ist berechtigt, vertragsgestaltende Rechte auszuüben (BGH, Urteil vom 02. Dezember 2009 - IV ZR 65/09 -, juris, Rn. 14).
bb.
Da im vorliegenden Fall eine derartige Übertragung des Kündigungsrechts nicht feststellbar ist, steht dieses weiterhin allein der Beklagten als Vertragspartnerin der A. Lebensversicherungs-AG zu.
c.
Der Insolvenzschuldner aber gegenüber der Beklagten grundsätzlich einen Anspruch auf Kündigung des Versicherungsvertrages.
aa.
Ausdrücklich ist ein derartiger Anspruch auf Kündigung zwischen dem Insolvenzschuldner und der Beklagten nicht geregelt, ergibt sich aber aus dem Grundsatz einer nach beiden Seiten hin interessengerechten Auslegung (BGH, Urteil vom 31. Oktober 1995 - XI ZR 6/95 -, BGHZ 131, 136-140, Rn. 8; Urteil vom 11. Mai 1995 - VII ZR 116/94 -, juris, Rn. 13).
bb.
Dabei ist zu berücksichtigen, dass, wie oben bereits ausgeführt, Gestaltungsrechte ausschließlich dem Versicherungsnehmer, nicht aber dem begünstigten Dritten zustehen. Deren Ausübung würde aber auf eine Entziehung des dem Dritten zustehenden Rechts hinauslaufen und jedenfalls dann ohne Zustimmung des Dritten unzulässig sein, wenn das Recht - wie hier - ein unwiderrufliches ist (vgl. RGZ 101, 275, 276f; Palandt/Grüneberg, BGB, 78. Aufl., § 328, Rn. 6). Umgekehrt kann den auf den Rückkaufwert bezogenen Interessen des Dritten durch dessen Anspruch, zu seinen Gunsten das Kündigungsrecht auszuüben, Rechnung getragen werden, wenn der Ausübung des Kündigungsrechts beachtenswerte Rechte des Versicherungsnehmers nicht entgegenstehen (BGH, Urteil vom 02. Dezember 2009 - IV ZR 65/09 -, juris, Rn. 17). Dabei ist entgegen der Auffassung der Beklagten eine Beschränkung dieses Anspruchs auf die Fälle, in denen der Lebensversicherungsvertrag zwischenzeitlich prämienfrei gestellt worden und das Dienstverhältnis mit der Gesellschaft beendet worden ist, der vorgenannten Entscheidung des Bundesgerichtshofs nicht zu entnehmen. Vielmehr sind derartige Aspekte im Rahmen der erforderlichen Interessenabwägung zu berücksichtigen (vgl. BGH, Urteil vom 02. Dezember 2009, a.a.O.).
cc.
Vorliegend ist der Versicherungsvertrag langfristig angelegt und dient ausweislich der Änderung zum GmbH-Geschäftsführer-Vertrag vom 30.09.2012 (Bl. 115 d.A.) der Altersvorsorge des Insolvenzschuldners. Diesem ist daher daran gelegen, sich schon im Zeitpunkt des Abschlusses der Versicherung vor künftigen negativen Entwicklungen in den wirtschaftlichen Verhältnissen der Beklagten zu schützen und sich frühzeitig einen gesicherten Anspruch auf die Versicherungsleistungen zu erwerben, um die angestrebte Altersversorgung insolvenzfest gemacht und dem Zugriff von Gläubigern der Beklagten zu entziehen. Dem ist vorliegend durch die Einräumung eines unwiderruflichen Bezugsrechts, wodurch - wie oben ausgeführt - ein sofortiger Rechtserwerb des Insolvenzschuldners bewirkt worden ist, Rechnung getragen worden (vgl. dazu BGH, Urteil vom 08. Juni 2005 - IV ZR 30/04 -, juris, Rn. 22).
Umgekehrt will sich in vielen Fällen, in denen versicherungsrechtliche Ansprüche im Rahmen einer betrieblichen Altersvorsorge dem Vermögen des Arbeitsnehmers zugewiesen werden, der Arbeitgeber einer gewissen Betriebstreue des Arbeitnehmers versichern(vgl. dazu BGH, Urteil vom 08. Juni 2005, a.a.O., Rn. 23).
dd.
Im vorliegenden Fall sind jedoch keine einer Kündigung des Versicherungsvertrages entgegenstehenden Interessen der Beklagten erkennbar. Insbesondere besteht das vorstehend genannte Interesse, sich der Betriebstreue des Insolvenzschuldners zu versichern, nicht.
Bei dem Insolvenzschuldner handelt es sich um den Alleingesellschafter und Geschäftsführer der Beklagten. Er wird damit zwar nicht unmittelbar im eigenen Namen, in eigener Verantwortung, für eigene Rechnung und auf eigenes Risiko tätig. Angesichts seiner Teilhabe am Erfolg oder Misserfolg der Gesellschaft ist er aber wirtschaftlich betrachtet wie bei einer Tätigkeit im eigenen Namen betroffen. Dies zeigt sich typischerweise auch im Falle des Misserfolges. Der geschäftsführende Alleingesellschafter kann unter bestimmten Voraussetzungen aus Durchgriffshaftung in Anspruch genommen werden. Darüber hinaus muss der geschäftsführende Alleingesellschafter in der Regel bei Kredit- und Lieferverträgen der Schuld der Gesellschaft beitreten oder eine Bürgschaft übernehmen. Der Gesellschafter haftet damit in großem Umfang für Forderungen, welche typischerweise bei einem selbständigen Unternehmer, nicht aber bei einem Verbraucher bestehen. Das trifft insbesondere gegenüber öffentlichen Gläubigern für rückständige Lohn- und Umsatzsteuer und für rückständige Sozialversicherungsbeiträge zu. Vor diesem Hintergrund ist die Tätigkeit des geschäftsführenden Alleingesellschafters einer GmbH jedenfalls in insolvenzrechtlicher Hinsicht als eine selbständige wirtschaftliche Tätigkeit anzusehen (BGH, Beschluss vom 22. September 2005 - IX ZB 55/04 -, juris, Rn. 15). Die daraus resultierende enge Verbindung zwischen dem Insolvenzschuldner und der Beklagten lässt das Interesse der Beklagten, den Insolvenzschuldner an sich zu binden, obsolet erscheinen.
Andere Interessen der Beklagten an einer Fortsetzung des Versicherungsvertrages sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
Sozialpolitische Erwägungen stehen dem ebenfalls nicht entgegen. Soweit das Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 26. April 2018 - 3 AZR 586/16 -, BAGE 162, 354-360, Rn. 10) entschieden hat, dass § 241 Abs. 2 BGB den Arbeitgeber nicht verpflichte, eine zugunsten des Arbeitnehmers zur Durchführung einer Entgeltumwandlung abgeschlossene Direktversicherung zu kündigen, wenn der Arbeitnehmer mit dem Rückkaufswert der Versicherung Verbindlichkeiten tilgen wolle, ist diese Entscheidung auf den vorliegenden Sachverhalt bereits deshalb nicht übertragbar, als die der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts zugrundeliegenden Vorschriften des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersvorsorge (fortan: BetrAVG) gemäß § 17 BetrAVG auf den Insolvenzschuldner nicht anwendbar sind, da vom Schutz des BetrAVG Personen ausgenommen sind, die ein Unternehmen leiten, das sie aufgrund ihrer vermögensmäßigen Beteiligung und ihres Einflusses als ihr eigenes betrachten können; hierzu gehören u.a. auch der Allein- oder Mehrheitsgesellschafter einer Kapitalgesellschaft (BGH, Urteil vom 24. Juni 2015 - IV ZR 411/13 -, juris, Rn. 29; Urteil vom 28. Januar 1991 - II ZR 29/90 -, juris, Rn. 9 m.w.N.; Steinmeyer in: ErfurterKomm, 19. Aufl., § 17 BetrAVG, Rn. 4f; Vogelsang in: Schaub, Arbeitsrechtshandbuch, 16. Aufl., § 273, Rn. 21).
ee.
Eine Kündigung ist vorliegend auch nicht nach § 168 Abs. 3 Satz 1 VVG ausgeschlossen.
(1)
Ein Kündigungsausschluss gemäß § 168 Abs. 3 Satz 1 VVG scheidet aus, da nach den vorliegenden Versicherungsunterlagen eine Verwertung vor dem Eintritt in den Ruhestand zwischen den Vertragsparteien nicht unwiderruflich ausgeschlossen worden ist.
(2)
Auch ein Kündigungsausschluss gemäß § 168 Abs. 3 S. 2 VVG kommt nicht in Betracht, da ein Anspruch des Insolvenzschuldners auf den Rückkaufswert nicht den Pfändungsschutzvorschriften der § 851b ZPO und § 851c ZPO unterfällt.
(a)
Eine Anwendbarkeit von § 851b ZPO, der Vollstreckungsschutz für Miet- und Pachtzinsen gewährt, scheidet vorliegend von vornherein aus.
(b)
Für die Anwendung des § 851c ZPO müssen die Voraussetzungen des § 851c Abs. 1 ZPO im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung kumulativ vorliegen (BT-Drucks. 16/886, S. 8; BGH, Urteil vom 01. Dezember 2011 - IX ZR 79/11 -, Rn. 11, Beschluss vom 27. August 2009 - VII ZB 89/08 -, juris, Rn. 12). Die vertraglichen Vereinbarungen müssen dahin gehen, dass (Nr. 1) die versprochene Leistung in regelmäßigen Zeitabständen lebenslang und nicht vor dem 60. Geburtstag oder nur bei Eintritt der Berufsunfähigkeit gewährt wird, dass (Nr. 2) über die Ansprüche aus dem Vertrag nicht verfügt werden darf, dass (Nr. 3) die Bestimmung von Dritten mit Ausnahme von Hinterbliebenen als Bezugsberechtigte ausgeschlossen ist und dass (Nr. 4) die Zahlung einer Kapitalleistung, ausgenommen eine Zahlung für den Todesfall, nicht vereinbart wurde (vgl. KG Berlin, Urteil vom 15. November 2011 - 6 U 7/11 -, juris, Rn. 13). Ist das nicht der Fall, besteht kein Anspruch auf Pfändungsschutz nach dieser Vorschrift (BGH, Beschluss vom 25. November 2010 - VII ZB 5/08 -, juris, Rn. 19).
Der hier vorliegende Versicherungsvertrag erfüllt diese Voraussetzungen bereits deshalb nicht, weil die Versicherung nicht unkündbar ist, (§ 851c Abs. 1 Nr. 2 ZPO). Ein Pfändungsschutz nach § 851c ZPO setzt voraus, dass eine Verfügung (Abtretung, Verpfändung oder Kündigung) über die Ansprüche vertraglich unwiderruflich ausgeschlossen ist (OLG München, Beschluss vom 18. Juli 2016 - 25 U 2009/16 -, juris, Rn. 6; Becker in: Musielak/Voit, ZPO, 16. Auflage, § 851c Rn. 2). Aus den vorgelegten vertraglichen Vereinbarungen ergibt sich nicht, dass das in den Versicherungsbedingungen zugestandene Kündigungsrecht ausgeschlossen worden wäre.
d.
Dieser Anspruch des Insolvenzschuldners auf Kündigung des Versicherungsvertrages durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist im vorliegenden Fall auf den Kläger als Insolvenzverwalter übergegangen.
aa.
Gemäß § 80 Abs. 1 InsO geht mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens das Recht des Schuldners, das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen zu verwalten und über es zu verfügen, auf den Insolvenzverwalter über. Die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Verwalters ist also auf die Insolvenzmasse beschränkt. Zur Insolvenzmasse gehört das gesamte Vermögen, das dem Schuldner zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens gehört und das er während des Verfahrens erlangt (§ 35 Abs. 1 InsO). Nicht zur Insolvenzmasse gehören Vermögensgegenstände, die nicht der Zwangsvollstreckung unterliegen (§ 36 Abs. 1 InsO) (BGH, Urteil vom 10. Januar 2008 - IX ZR 94/06 -, juris, Rn. 9; Urteil vom 01. Dezember 2011 - IX ZR 79/11 -, juris, Rn. 25; Mock in: Uhlenbruck, InsO, 15. Aufl., § 80 Rn. 71).
(1)
Der Anspruch des Insolvenzschuldners bezüglich des Rückkaufswertes ist Bestandteil der Insolvenzmasse.
(a)
Die Insolvenzmasse erfasst gemäß § 35 Abs. 1 InsO das Vermögen, das dem Schuldner zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens gehört und das er während des Insolvenzverfahrens erwirbt.
Ein Vermögensrecht gehört dann zur Insolvenzmasse, wenn sein Erwerbstatbestand im Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung vollendet ist (BGH, Beschluss vom 20. Dezember 2018 - IX ZB 8/17 -, juris, Rn. 11; Peters in: MünchKomm-InsO, 3. Aufl., § 35, Rn. 71). "Gehören" bedeutet dem Rechte nach zustehen (Peters in: MünchKomm-InsO, a.a.O., Rn. 68 a.E.). Ob Forderungen zur Insolvenzmasse gehören, richtet sich danach, ob sie bis zur Beendigung des Insolvenzverfahrens bereits entstanden sind. Massebestandteil ist eine Forderung daher, wenn der Rechtsgrund so weit und endgültig verwirklicht worden ist, dass das betreffende Recht sofort als umsetzungsfähiger Bestandteil zum Vermögen des Schuldners zu rechnen ist. Entscheidend ist, ob vom Entstehungstatbestand bereits so viele Erfordernisse erfüllt sind, dass die Vollendung nicht mehr von einem willensgesteuerten Verhalten des Schuldners abhängt (Peters in: MünchKomm-InsO, a.a.O., Rn. 71). Dies kann auch der Fall sein, wenn dem Schuldner eine bedingte Forderung zusteht. Hier muss der Vermögensgegenstand insbesondere so in das Vermögen des Schuldners gelangt sein, dass weder für den Drittschuldner noch für einen Dritten eine Möglichkeit besteht, diesen aufgrund alleiniger Entscheidung zurückzuerhalten (BGH, Beschluss vom 20. Dezember 2018, a.a.O., m.w.N.).
(2)
Ob diese Voraussetzungen bei Ansprüchen des Schuldners aus einer Direktversicherung erfüllt sind, richtet sich nach den versicherungsvertraglichen Regelungen (vgl. BGH, Beschluss vom 20. Dezember 2018, a.a.O., Rn. 12; Beschluss vom 11. Dezember 2014 - IX ZB 69/12 -, juris, Rn. 14; Urteil vom 09. Oktober 2014 - IX ZR 41/14 -, juris, Rn. 12). Ergibt sich aus den versicherungsvertraglichen Bestimmungen der Lebensversicherung bereits eine ausreichend gesicherte Rechtsposition des Schuldners, ist der Anspruch zu dem Zeitpunkt im Sinne des § 35 InsO entstanden, zu dem diese Voraussetzungen erfüllt sind. Liegt dieser Zeitpunkt vor der Beendigung des Insolvenzverfahrens, fällt der Anspruch auf die Versicherungsleistung in die Masse, sofern keine vorrangigen, wirksamen Rechte Dritter bestehen (BGH, Beschluss vom 20. Dezember 2018, a.a.O., Rn. 12).
Da vorliegend der Insolvenzschuldner unwiderruflich als bezugsberechtigt benannt worden ist, steht diesem - wie bereits ausgeführt - der Anspruch auf die Leistung des Versicherers bereits mit der wirksamen Bezeichnung als bezugsberechtigt zu (§ 159 Abs. 3 VVG). In diesem Fall ist der Anspruch mangels anderslautender Vereinbarung bereits mit Einräumung des unwiderruflichen Bezugsrechts erworben (BGH, Beschluss vom 20. Dezember 2018, a.a.O., Rn. 14, juris; Urteil vom 27. September 2012, a.a.O.; Schneider in: Prölss/Martin, VVG, a.a.O., § 159, Rn. 18). Entsprechend gehört im vorliegenden Fall der Rückkaufswert, der - wie oben dargelegt - eine andere Erscheinungsform der Versicherungssumme darstellt, im Hinblick auf die vertragliche Ausgestaltung zur Insolvenzmasse.
(3)
Allerdings nimmt § 36 Abs. 1 InsO Gegenstände, die nicht der Zwangsvollstreckung unterliegen, von der Insolvenzmasse aus. Ist eine Forderung des Schuldners bereits vor Insolvenzeröffnung oder während des Insolvenzverfahrens entstanden, gehört sie nur insoweit zur Insolvenzmasse, als die Forderung pfändbar ist.
Vorliegend stehen die Pfändungsschutzvorschriften einer Zugehörigkeit des Anspruchs des Schuldners auf den Rückkaufwert zur Insolvenzmasse nicht entgegen.
(a)
Gemäß § 850b Abs. 1 Nr. 4 ZPO sind Bezüge aus einer Lebensversicherung, die nur auf den Tod des Versicherungsnehmers abgeschlossen ist, unpfändbar, wenn die Versicherungssumme 3.579,00 € nicht übersteigt. Die Vorschrift findet demgemäß keine Anwendung, wenn - wie hier - die Versicherungssumme auch bei Erreichen eines bestimmten Lebensalters fällig wird (BGH, Urteil vom 01. Dezember 2011 - IX ZR 79/11 -, juris, Rn. 9, Herget in: Zöller, ZPO, 32. Aufl., § 850b Rz. 10).
(b)
Auch ein Pfändungsschutz nach § 850 Abs. 3 lit. b) ZPO ist ausgeschlossen.
Zwar sind auch die Ansprüche eines GmbH-Geschäftsführers und Mehrheitsgesellschafters auf fortlaufende Ruhegeldzahlungen aus einem mit einer GmbH geschlossenen Pensionsvertrag nach § 850 Abs. 2 ZPO als Arbeitseinkommen anzusehen und daher nur nach Maßgabe der Tabelle als Anlage zu § 850 c Abs. 3 ZPO pfändbar, weil Vergütungen für Dienstleistungen unabhängig davon erfasst werden, ob die Entgelte aufgrund eines freien oder abhängigen Dienstvertrages gewährt werden (vgl. BGH, Beschluss vom 16.11.2016 - VII ZB 52/15, Rn. 13 ff.). Wesentlich ist insoweit, dass es sich um wiederkehrend zahlbare Vergütungen für selbständige oder unselbständige Dienste handelt, die die Existenzgrundlage des Dienstpflichtigen bilden (vgl. BGH, Beschluss vom 16.11.2016, a. a. O.). Insofern dürften auch künftige Rentenzahlungen aus der im vorliegenden Fall geschlossenen Rentenversicherung von § 850 Abs. 3 lit. b) ZPO erfasst sein.
Im vorliegenden Fall beansprucht der Kläger aber nicht bereits laufende Rentenzahlungen aus der geschlossenen Direktversicherung, sondern begehrt den Rückkaufswert. Dabei handelt es sich um einen anderen Anspruch als den Anspruch auf die Versicherungsleistung.
Die Ansprüche auf die Versicherungsleistung und der Anspruch auf den Rückkaufswert nach Kündigung sind nicht Teile eines einheitlichen Anspruchs, sondern getrennte Ansprüche (vgl. BGH, Beschluss vom 20.12.2018 - IX ZB 8/17 -, juris Rn. 21; Urteil vom 28.04.2010 - IV ZR 73/08 -, juris Rn. 35).
Ansprüche auf einmalige Kapitalleistungen einschließlich des Anspruchs auf Vergütung des Rückkaufswerts bei vorzeitiger Vertragskündigung fallen jedoch nicht unter § 850 Abs. 3 lit. b ZPO und werden auch nicht von § 850 i ZPO erfasst. Sie sind daher grundsätzlich uneingeschränkt pfändbar (vgl. Stöber, NJW 2007, 1242, 1243).
(c)
Dass ein Pfändungsschutz gemäß § 851c Abs. 1, Abs. 2 ZPO nicht besteht, ist bereits oben ausgeführt worden.
(d)
Das Pfändungsverbot gem. § 851 Abs. 1 ZPO, § 2 Abs. 2 Satz 4 BetrAVG greift nicht, weil das BetrAVG - wie oben bereits ausgeführt - auf den Insolvenzschuldner als Alleingesellschafter-Geschäftsführer nicht anwendbar ist.
bb.
Demgemäß steht auch dem Insolvenzverwalter der Anspruch auf Kündigung des Versicherungsvertrages gegenüber der Beklagten zu.
(1)
Mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens tritt der Insolvenzverwalter in sämtliche vermögensrechtliche Positionen des Schuldners ein mit der Folge, dass ihm die gleichen Rechte zustehen und die gleichen Pflichten obliegen wie dem Schuldner selbst (Mock in: Uhlenbruck, InsO, 15. Aufl., § 80 Rn. 71). Das Verwaltungs- und Verfügungsrecht berechtigen den Insolvenzverwalter zu allen Maßnahmen, welche dem Insolvenzweck dienen oder sich sonst auf die Insolvenzmasse beziehen (BGH, Urteil vom 01. Dezember 2011 - IX ZR 79/11 -, juris, Rn. 25; Sternal in: K. Schmidt, InsO, 19. Aufl., § 80 Rn. 15).
(2)
Da sich nach den vorstehenden Ausführungen das eigentlich dem Insolvenzschuldner zustehende Kündigungsrecht auf einen zur Masse gehörenden Wert bezieht, steht vorliegend dem Insolvenzverwalter auch die Geltendmachung des Anspruchs auf Kündigung des Versicherungsvertrages gegenüber der Beklagten zu.
2.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit findet ihre Grundlage in §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordert (vgl. § 543 Abs. 2 ZPO). Die dieser Entscheidung zugrundeliegenden rechtlichen Fragen sind höchstgerichtlich bereits geklärt. Das gilt insbesondere im Hinblick auf das Erfordernis der Abwägung der Interessen der Vertragsbeteiligten unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls als Voraussetzung eines Anspruchs auf Kündigung des Versicherungsvertrages und die Nichtanwendbarkeit der Vorschriften des BetrAVG auf den Allein- bzw. Mehrheitsgesellschafter einer Kapitalgesellschaft.
3.
Der Berufungsstreitwert war gemäß §§ 47, 48 GKG i.V.m. § 3 ZPO auf die Wertstufe bis zu 25.000,00 € festzusetzen.
Die Beklagte hat unbestritten vorgetragen, die Versicherungsprämien würden fortlaufend gezahlt. Der sich daraus ergebenden Erhöhung des Rückkaufwertes hat der Senat unter Berücksichtigung der aus Anlage K3 zu entnehmenden Entwicklung des Rückkaufwertes bei fortgesetzter Prämienzahlung durch Festsetzung des Berufungsstreitwerts auf die genannte Wertstufe Rechnung getragen.