Abschnitt 2 BtMG§31aARdErl - Hinweise zur Anwendung des § 31a BtMG durch die Staatsan-waltschaften
Bibliographie
- Titel
- Anwendung des § 31a Abs. 1 BtMG und Bearbeitung von Ermittlungsverfahren in Strafsachen gegen Betäubungsmittelkonsumentinnen und Betäubungsmittelkonsumenten
- Redaktionelle Abkürzung
- BtMG§31aARdErl,NI
- Normtyp
- Verwaltungsvorschrift
- Normgeber
- Niedersachsen
- Gliederungs-Nr.
- 33210
2.1 Geringe Mengen zum Eigenverbrauch
2.1.1
Bezieht sich die Tat auf den Umgang mit Cannabisprodukten ausschließlich zum Eigenverbrauch in einer Menge von nicht mehr als 6 g und verursacht die Tat keine Fremdgefährdung, so kann die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren gemäß § 31a BtMG einstellen. Dasselbe gilt, soweit der in Satz 1 bezeichnete unerlaubte Umgang mit Amphetamin in einer Menge bis 3 g oder von bis zu fünf Tabletten Ecstasy (bis zu insgesamt 1,8 g) betroffen ist.
2.1.2
Dies gilt nicht, sofern zureichende tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Umgang mit Betäubungsmitteln einem anderen Zweck als dem gelegentlichen Eigenkonsum, insbesondere dem Handeltreiben, dient.
2.1.3
In den Verfahren, die den Umgang mit anderen als in Nummer 2.1.1 genannten unerlaubten Betäubungsmitteln (Heroin, Kokain usw.) betreffen, kommt eine Anwendung von § 31a BtMG nur in Ausnahmefällen in Betracht. Die Staatsanwaltschaft entscheidet über das Absehen von der Verfolgung nach den Umständen des Einzelfalles.
2.2 Geringe Schuld
Eine geringe Schuld i. S. des § 31a BtMG kann grundsätzlich angenommen werden, wenn eine Betäubungsmittelabhängigkeit nicht auszuschließen ist. Eine Verurteilung wegen Straftaten gegen das BtMG oder die Begehung der Tat während einer laufenden Bewährungszeit muss der Annahme einer geringen Schuld nicht entgegenstehen.
Bei nicht betäubungsmittelabhängigen Beschuldigten kann eine geringe Schuld in der Regel im ersten oder zweiten Fall angenommen werden, während bei wiederholtem Antreffen mit unerlaubten Betäubungsmitteln eine Einstellung nach § 31a BtMG nur ausnahmsweise, etwa bei Vorliegen eines größeren Tatzwischenraumes, sowie unter Berücksichtigung des verfassungsrechtlichen Übermaßverbots in Betracht kommt.
2.3 Öffentliches Interesse an der Strafverfolgung
Ein öffentliches Interesse an der Strafverfolgung besteht in Anlehnung an die in Nummer 86 des Bezugserlasses (Richtlinien für das Strafverfahren und das Bußgeldverfahren) niedergelegten Grundsätze in der Regel, wenn der Rechtsfrieden über den Lebenskreis der von der Tat Betroffenen hinaus gestört ist und die Strafverfolgung ein gegenwärtiges Anliegen der Allgemeinheit ist. Dies ist insbesondere der Fall, wenn
2.3.1
Drogen in einer Weise gebraucht werden, die eine Verführungswirkung auf nicht abhängige Kinder, Jugendliche und Heranwachsende hat,
2.3.2
Drogen in der Öffentlichkeit ostentativ, vor besonders schutzbedürftigen Personen (z. B. Kindern oder Jugendlichen) sowie vor oder in Einrichtungen und Anlagen, die regelmäßig von diesen Personen genutzt oder aufgesucht werden (insbesondere Kindertagesstätten, Kindergärten, Spielplätze, Schulen, Jugendheime, Jugendwohnungen oder Bahnhöfe) erworben oder konsumiert werden,
2.3.3
die Handlung durch Personen begangen wurde, welche in diesen Einrichtungen tätig oder mit dem Vollzug des BtMG beauftragt sind,
2.3.4
die Tat nachteilige Auswirkungen auf die Sicherheit des öffentlichen Straßenverkehrs befürchten lässt oder
2.3.5
die Tat in Justiz- oder Maßregelvollzugsanstalten oder Kasernen begangen wird.
2.4 Jugendliche und heranwachsende Beschuldigte
Die Diversionsregelungen in den §§ 45 und 47 JGG stehen der Möglichkeit einer Einstellung des Strafverfahrens nach § 31a BtMG nicht entgegen. Die Staatsanwaltschaft prüft, ob eine Einstellung bereits nach dieser Vorschrift möglich ist. Dabei berücksichtigt sie, dass eine solche Verfahrensweise mögliche Stigmatisierungseffekte durch die Eintragung der Verfahrenseinstellung im Erziehungsregister vermeidet. Sie berücksichtigt im Rahmen der Verhältnismäßigkeit und Gleichbehandlung auch, dass bei Erwachsenen eine entsprechende Registrierung nicht erfolgt.
Außer Kraft am 1. Januar 2027 durch Nummer 4 des Runderlasses vom 14. Dezember 2020 (Nds. MBl. 2021 S. 60, Nds. Rpfl. Nr. 2/2021 S. 52)