Finanzgericht Niedersachsen
v. 28.12.1994, Az.: IV 662/93
Eintragung eines Freibetrags auf der Lohnsteuerkarte; Fehlendes Rechtsschutzbedürfnis durch Fehlen eines berechtigten Interesses
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 28.12.1994
- Aktenzeichen
- IV 662/93
- Entscheidungsform
- Gerichtsbescheid
- Referenz
- WKRS 1994, 17453
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:1994:1228.IV662.93.0A
Rechtsgrundlage
- § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO
Fundstelle
- EFG 1995, 897-898 (Volltext mit amtl. LS)
Verfahrensgegenstand
Eintragung eines Freibetrages auf der Lohnsteuerkarte 1993
In dem Rechtsstreit
hat der IV. Senat des Niedersächsischen Finanzgerichts
durch
den Vorsitzenden Richter am Finanzgericht ... und
die Richter am Finanzgericht ...
am 28. Dezember 1994
fürRecht erkannt:
Tenor:
Die Klage wird auf Kosten der Kläger abgewiesen.
Tatbestand
Da nach Ablauf des 31.03.1994 kein Rechtsschutzinteresse mehr auf die im Klageverfahren begehrte Eintragung des Freibetrags auf der Lohnsteuerkarte 1993 besteht (§§ 42 b Abs. 3 Satz 1, 41 b Abs. 1 und 39 b Abs. 2 Satz 3 EStG), streiten die Beteiligten darüber, ob in Fortsetzung der Klage gemäß § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO jetzt noch die gerichtliche Feststellung zulässig ist, daß (das von den Klägern bezeichnete Zimmer einkommensteuerrechtlich als Arbeitszimmer anzuerkennen und damit) die Ablehnung der Eintragung des Freibetrags rechtswidrig war.
Nach Ansicht der Kläger ist die Feststellung notwendig und zweckmäßig, weil die einkommensteuerrechtliche Beurteilung des Zimmers zwischen den Beteiligten auch in den Folgejahren umstritten und deshalb die gerichtliche Feststellung für 1993 unabhängig davon für die Streitbeendigung von Bedeutung sei, daß über das Arbeitszimmer beim selben Senat auch noch in einem anderen Verfahren für 1990 (...) zu entscheiden sei. Insbesondere bestehe deshalb Entscheidungsbedarf, weil die Maßstäbe, nach denen Arbeitszimmer zu beurteilen sind, beim Beklagten je nach Sachbearbeiter uneinheitlich angewendet würden. Die einkommensteuerrechtliche Beurteilung für 1993 sei trotz der späteren Herausnahme von Gegenständen (wie Stereoanlage, Fernsehgerät, Couch) aus dem Arbeitszimmer auch für 1994 von Bedeutung, weil der Möbelaustausch unbeachtlich und daher im Vergleich zu 1993 keine entscheidungserhebliche Sachverhaltsänderung herbeigeführt worden sei. Mit dem Möbelaustausch habe man nur eine erneute Fehleinschätzung des Beklagten vermeiden wollen.
Die Kläger beantragen sinngemäß,
festzustellen, daß die Ablehnung der Eintragung des Freibetrags für das Arbeitszimmer durch den Bescheid vom 22. April 1993 i.d. Fassung des Einspruchsbescheids vom 6. September 1993 rechtswidrig war.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse bestehe nicht, weil 1994 das Arbeitszimmer aufgrund eines im Vergleich zum Streitjahr 1993 entscheidungserheblich veränderten Sachverhalts zu beurteilen sei. Wenn nach Herausnahme steuerschädlicher Gegenstände daraufhin für 1994 das Zimmer als Arbeitszimmer anerkannt wurde, dann beruhe das allein auf dem veränderten Sachverhalt und nicht auf einer uneinheitlichen Beurteilungspraxis. Im übrigen sei derselbe Streitpunkt bereits für 1990 unter dem Az.: als Anfechtungsklage anhängig, die entsprechend § 41 Abs. 2 FGO der hier begehrten Feststellung vorgehe und diese bei angeblich gleichgebliebenen Sachverhalten dann überflüssig mache.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird ergänzend auf die Steuerakten (St.-Nr.: ...) und die Gerichtsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unzulässig; ihr fehlt das Rechtsschutzbedürfnis.
Die Kläger haben kein i.S. des § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung, weil sich der für 1993 entscheidungserhebliche Sachverhalt in dem von den Klägern herangezogenen Folgejahr verändert darstellt und deshalb die hier von den Klägern angestrebte gerichtliche Entscheidung für 1994 keine bindende Wirkung hätte. Auf andere mögliche Zulässigkeitshindernisse wie das gegebenenfalls vorrangige Verfahren für 1990 (...) und die sich vielleicht schon aus anderen Gründen ergebende Festsetzung der jeweiligen Einkommensteuer mit 0 DM braucht deshalb nicht näher eingegangen zu werden.
Nach Verstreichen der für die Eintragung eines Freibetrags auf der Lohnsteuerkarte 1993 gesetzlich vorgesehenen Zeitspanne haben die Kläger nur dann ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung, wenn diese aus prozeßökonomischen Gründen auch für den von den Klägern herangezogenen anderen Veranlagungszeitraum 1994 beachtlich ist. Dazu wäre aber erforderlich, daß sich die zu beurteilenden Sachverhalte unverändert darstellten (vgl. Beschlüsse des BFH vom 12. April 1994 X S 20/93, BFH/NV 1994, 783, und vom 1. Dezember 1993 X R 99/91, BStBl II 1994, 305, und das Urteil des BFH vom 28. März 1990 X R 160/88, BStBl II 1990, 815, jeweils m.w.N.). Das ist hier jedoch nicht der Fall.
Unstreitig haben die Kläger bis Mitte 1993 noch im streitigen Zimmer befindliche und auch nach Auffassung des Gerichts für die Arbeitszimmer-Beurteilung entscheidungserhebliche, da gewöhnlich auch privat genutzte, Einrichtungsgegenstände wie die Stereoanlage, das Fernsehgerät und die Couch später aus dem Arbeitszimmer entfernt. Danach war in 1994 von Beginn an die Möblierung des Arbeitszimmers eine andere als in den Jahren zuvor. Die Arbeitszimmer-Beurteilung für 1993 könnte deshalb nicht ohne erneute Sachverhalts-Prüfung für den Veranlagungszeitraum 1994 übernommen werden. Die in der Regel zeitaufwendige gerichtliche Arbeitszimmer-Feststellung für 1993 wäre danach für den Veranlagungszeitraum 1994 ohne Wert und somit prozeßunökonomisch.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.