Oberlandesgericht Braunschweig
Urt. v. 22.05.1980, Az.: 1 U 4/79

Klage auf Zahlung des Restbetrags eines gekündigten Darlehens; Haftungsdurchgriff gegen den Geschäftsführer einer GmbH; Abschluss des Darlehensvertrags als "Mitschuldner" vor Eintragung der GmbH ins Handelsregister; Anwendbarkeit des Abzahlungsgesetzes (AbzG)

Bibliographie

Gericht
OLG Braunschweig
Datum
22.05.1980
Aktenzeichen
1 U 4/79
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1980, 14162
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGBS:1980:0522.1U4.79.0A

Verfahrensgang

vorgehend
LG Braunschweig - 28.12.1978 - AZ: 4 O 63/78

Fundstelle

  • MDR 1982, 756-757 (Kurzinformation)

Prozessführer

Herr ...,

Prozessgegner

die ...,
vertreten durch ihre Geschäftsführer, ...

Sonstige Beteiligte

Firma ...,
vertreten durch die ...,
diese vertreten durch den Geschäftsführer ... in ...

In dem Rechtsstreitverfahren
hat der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Braunschweig
auf die mündliche Verhandlung vom 17. Januar 1980
durch
den Präsidenten des Oberlandesgerichts ... und
die Richter am Oberlandesgericht ... und ...
für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Braunschweig vom 28. Dezember 1978 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß der Zinssatz auf 11,744 v.H. ermäßigt wird.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsrechtszuges einschließlich der durch die Streitverkündung verursachten.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung von DM 385.000,- abwenden, wenn nicht die Klägerin Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Der Beklagte ist mit DM 293.280,43 beschwert.

Tatbestand

1

Die Klägerin verlangt von dem Beklagten den noch offenen Restbetrag eines gekündigten Darlehens.

2

Der Beklagte - in das Handelsregister eingetragener Inhaber der ... - war Geschäftsführer der mit Gesellschaftsvertrag vom 20.4.1971 gegründeten Firma ..., welche am 13.7.1977 als Firma ... (im folgenden: Firma ...) in das Handelsregister eingetragen wurde. Diese Firma kaufte Ende April durch mündlichen Kaufvertrag von der Streitverkündeten, der Firma ... (im folgenden: Firma ...) 25 Lastzüge (je ein Lkw mit Anhänger) und 25 Funkgeräte mit Wirkung zum 1.5.1977. Zugleich schlossen die beiden Firmen einen Vertrag, wonach beide zusammenarbeiten wollten; insbesondere sollte die Firma ... der Firma ... Aufträge verschaffen und für die Dauer von 10 Jahren für "eine optimale Auslastung im Handels- und Transportbereich" garantieren. Daneben hatte die Firma ... im Februar 1977 von der Firma ... 7 weitere Kraftfahrzeuge gekauft. Der Gesamtkaufpreis für alle Waren und Leistungen der Firma ... und ... betrug einschließlich 11 % Mehrwertsteuer 1.198.800,- DM (vgl. nähere Aufschlüsselung auf Bl. 4 ff. d.A. 5 O 115/78 LG. Braunschweig). Hierauf wurden 258.800 DM in Form von Wechseln, ausgestellt von der Firma ..., gezahlt. Den Restkaufpreis von 940.000,- DM finanzierte die Klägerin durch ein Darlehen. Die Kreditgebühr betrug 110.393,60 DM. Der Gesamtkreditbetrag von 1.050.415,60 DM sollte innerhalb von 32 Monaten zurückgezahlt werden, und zwar ab 1.6.1977 in 26 Monatsraten, wobei die Monate Januar bis März 1978 und 1979 tilgungsfrei waren. Der Beklagte unterschrieb den Darlehnsantrag vom 27.4.1977 (Anlage nach Bl. 27 a d.A.) zweimal: Einmal in der Spalte "der Käufer - Darlehnsnehmer" unter dem Stempel der Firma ... und einmal in der Spalte "der Mitschuldner" ohne Zusatz.

3

Die vom 1.6. bis 1.9.1977 fülligen Raten wurden von der Firma ... bezahlt. Die am 1.10.1977 fällige Rate und die Folgeraten blieben trotz Aufforderungsschreiben der Klägerin vom 13.10.1977 aus. Insgesamt wurden bis zum 21.11.1977 lediglich 212.615,60 DM zurückgezahlt. Im Oktober 1977 stellte die Firma ... ihre Zahlungen ein. Ein über ihr Vermögen eingeleitetes Konkursverfahren wurde später mangels Masse eingestellt. Mit Schreiben vom 20.10.1977 (Anlage nach Bl. 27 a d.A.) kündigte die Klägerin der Firma ... den gewährten Kredit. Sie verwertete kurz darauf die ihr zur Sicherheit übereigneten Lastzüge, nachdem sie diese vorher schätzen lassen.

4

Sie berechnete nunmehr die Klageforderung wie folgt (vgl. Bl. 25 f d.A.):

Gesamtkreditbetrag1.050.415,60 DM
zuzüglich kosten für Protestschecke, Sicherstellung, Abmeldung, Überführung und Schätzung6.221,66 DM
1.056.637,26 DM
abzüglich Zahlungen bis 21.11.1977212.615,60 DM
abzüglich Teilzahlungsvergütung67.947,28 DM
280.562,88 DM
280.562,88 DM
776.074,38 DM
abzüglich erzielter Verkaufserlöse (Bl. 71 bis 77)477.864,20 DM
Klagforderung:298.210,18 DM
5

Sie nimmt den Beklagten wegen der Unterzeichnung des Darlehensantrages auf Zahlung dieses Betrages in Anspruch und hat beantragt,

den Beklagten als Gesamtschuldner mit der Firma ..., zu verurteilen, ihr 298.210,18 DM nebst 12 % Zinsen auf 50.000,- DM seit Zustellung des Mahnbescheides, im übrigen seit Zustellung des die Klage auf 298.210,18 DM erhöhenden Schriftsatzes zu zahlen.

6

Die Firma ... ist dem Rechtsstreit auf Seiten der Klägerin als Streitverkündete beigetreten und hat denselben Antrag gestellt.

7

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

8

Er hat geltend gemacht, die Klägerin habe die Klage in unzulässiger Weise geändert, weil er den Prozeß einleitende Mahnbescheid zunächst an "...-" gerichtet war, die Klägerin sodann die Anschrift in "Firma ... Inhaber ..." änderte und schließlich mit klagebegründendem Schriftsatz vom 14.4.1978 mitteilte, die Klage richte sich nunmehr gegen Herrn .... Sachlich hält er die Klage für unbegründet, weil der dem Darlehnsantrag zugrundeliegende Kaufvertrag zwischen der Firma ... und der Firma ... nichtig und vorsorglich von ihm angefochten sei. Der Kaufpreis für die Lastzüge sei nämlich um etwa 250.000,- DM übersetzt gewesen. Es sei vereinbart gewesen, die Preise nach der Schwacke-Liste zu berechnen. Der Beklagte habe sich darauf verlassen, daß die Verkäuferin Schwacke-Preise ermittelt habe. Später habe sich aber herausgestellt, daß sie die Preise manipuliert habe. Nach der Schwacke-Liste habe der Kaufpreis für 25 Lastzüge mit Funkgeräten nur ca. 700.000,- DM betragen dürfen. Die Klägerin habe als sachkundige Finanzierungsbank ihre Treue- und Fürsorgepflicht gegenüber dem Beklagten verletzt, da sie gewußt habe, daß Schwacke-Werte vereinbart worden seien, den Kaufpreis aber nicht auf eine Übereinstimmung mit solchen Werten überprüft habe. Die erhebliche Abweichung von den Schwacke-Werten hätte ihr aufgrund ihrer Sachkunde auffallen müssen.

9

Der Kaufvertrag sei auch deshalb unwirksam geworden, weil die Firma ... schon nach wenigen Monaten den im Zusammenhang mit dem Kaufvertrag abgeschlossenen "Transportvertrag" grundlos gekündigt habe. Dadurch habe die Firma ... mit den Lastzügen nicht mehr arbeiten können. Hierin habe der Grund für ihre Zahlungsunfähigkeit gelegen.

10

Die Rückabwicklung des Darlehens habe im übrigen nach § 2, 5 des Abzahlungsgesetzes zu erfolgen. Dieses Gesetz sei anwendbar, weil er persönlich in der zweiten Spalte den Darlehnsantrag nur als Privatperson unterzeichnet habe und als solche von der Klägerin notfalls habe in Anspruch genommen werden sollen. Die Klägerin könne also allenfalls Entgelt für die Nutzungsvorteile der Firma ... für die wenigen Monate bis zur Sicherstellung der Lastzüge verlangen. Im Höchstenfalle sei jedoch für den Anspruch der Klägerin von dem realen, den Schwacke-Werten entsprechenden Kaufpreis von 700.000,- DM auszugehen; nur diesen habe die Klägerin durch das Darlehen finanzieren dürfen.

11

Schließlich habe die Klägerin auch bei der Verwertung der Fahrzeuge gegen ihre Fürsorgepflicht den Beklagten gegenüber verstoßen, weil sie ihn über die Verwartung nicht informiert und die Fahrzeuge weit unter ihrem wirklichen Wert verschleudert habe.

12

Nach Abzug der unstreitig geleisteten Zahlungen verbleibe bei einer Rückabwicklung nach § 2 des Abzahlungsgesetzes zugunsten der Klägerin keine Restforderung mehr (Berechnungen des Beklagten im einzelnen; Bl. 112 f d.A.).

13

Hilfsweise hat der Beklagte außerdem die Höhe der von der Klägerin gutgebra[xxxxx]ten Teilzahlungsvergütung bestritten. Diese betrage nicht 67.947,28 DM (so Berechnung der Klägerin Bl. 78, 125 d.A.), sondern 92.144,60 DM (so Berechnung des Beklagten Bl. 43 d.A.).

14

Die Klägerin und die Streitverkündete haben sich demgegenüber auf § 8 des Abzahlungsgesetzes berufen, wonach dieses Gesetz für den Beklagten als Kaufmann nicht anwendbar sei. Die Klägerin habe den Beklagten stets als Kaufmann angesehen. Sie hat im übrigen bestritten, daß die Streitverkündete die Kaufpreise manipuliert habe, diese seien vielmehr frei ausgehandelt worden. Sie seien auch korrekt und marktgerecht ermittelt worden. Es sei Sache des Beklagten gewesen, die Kaufpreise zu vereinbaren und zu überprüfen, zumal er die dazu erforderliche Sachkunde gehabt habe. Daß die Fahrzeuge schon wenige Monate nach Übergabe an die Firma ... wesentlich niedriger (mit insgesamt 355.800,- DM) geschätzt wurden und nur für 477.864,20 DM verkauft werden können, sei auf die schlechte Pflege und die übermäßige Abnutzung durch die Firma ... zurückzuführen.

15

Das Landgericht hat der Klage in Höhe von 293.280,43 DM nebst 12 v.H. Zinsen auf 50.000,- DM seit 17. Januar 1978 und auf 243.280,43 DM seit dem 20. April 1978 stattgegeben. Wegen des Vorbringens der Parteien im ersten Rechtszug wird ergänzend auf die im Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils in Bezug genommenen Schriftsätze, Urkunden und Akten verwiesen. Wegen der Erwägungen, von denen das Landgericht sich hat leiten lassen, wird auf die Entscheidungsgründe des Landgerichts Bezug genommen.

16

Gegen dieses am 11. Januar 1979 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 12. Februar 1979, einem Montag, Berufung eingelegt und diese nach rechtzeitiger Verlängerung der Begründungsfrist bis 12. April 1979 am 10. April 1979 begründet.

17

Er wiederholt sein erstinstanzliches Vorbringen und wendet sich insbesondere gegen die Auffassung des Landgerichts, daß das Abzahlungsgesetz nicht anwendbar sei. Ferner macht er erneut geltend, daß die Klägerin die Fahrzeuge verschleudert habe. Schließlich weist er darauf hin, daß mit Rücksicht auf § 11 Ziff 5, 6 AGB die Klägerin höchstens 8 v.H. Zinsen verlangen könne.

18

Der Beklagte beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage in vollem Umfange abzuweisen,

19

hilfsweise

Vollstreckungsnachlaß.

20

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen,

21

hilfsweise

unter teilweiser Aufhebung des Urteils des Landgerichts Braunschweig vom 28. Dezember 1978 den Beklagten - als Gesamtschuldner neben der Firma ..., zu verurteilen, an die Klägerin 285.751,02 DM zuzüglich 12 % Zinsen auf 50.000,- DM seit dem 17.1.1978 und auf 235.751,02 DM seit dem 20.4.1978 zu zahlen.

22

Sie verteidigt das angefochtene Urteil. Der mit dem Hilfsantrag geltend gemacht Betrag, so meint die Klägerin, sei bei einer Abrechnung gemäß § 2 Abzahlungsgesetz gerechtfertigt (vgl. hierzu im einzelnen Bl. 186 d.A.).

23

Der Beklagte hält den Hilfsantrag für eine Klagsänderung, der er widerspricht. Im übrigen bestreitet er die dem Hilfsantrag zugrundegelegte Abrechnung.

24

Die Streitverkündete beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

25

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien im Berufungsrechtszug wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftstücke nebst Anlagen verwiesen.

26

Die Akten NRB 1091 und NRA 7344 des Amtsgerichts Braunschweig haben vorgelegen.

Entscheidungsgründe

27

Die Berufung ist zulässig, im wesentlichen aber unbegründet.

28

Bedenken gegen die Zulässigkeit der Klage bestehen nicht. Mit Recht hat das Landgericht das Vorliegen einer Klageänderung verneint. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen in dem erstinstanzlichen Urteil verwiesen.

29

Die Klage ist in Höhe des zuerkannten Betrages auch begründet (§ 607 Abs. 1 BGB). Der Beklagte ist aufgrund seiner Unterschriften unter den von der Klägerin angenommenen Darlehensantrag verpflichtet, die Verbindlichkeiten aus dem Darlehensvertrag zu erfüllen.

30

Der Beklagte hat den Darlehensantrag einmal für die Firma ... GmbH unterschrieben. Diese Unterschrift begründet seine Haftung für die eingegangenen Verpflichtungen gem. § 11 Abs. 2 GmbHG, denn die GmbH war bei Vertragsabschluß noch nicht in das Handelsregister eingetragen.

31

Diese Haftung ist auch nicht durch die nachfolgende Eintragung der GmbH in das Handelsregister erloschen. Nach der bisher herrschenden Ansicht in Rechtsprechung und Schrifttum (RGZ 72, 401; 116, 71 [73]; BGH LM Nr. 2 und 14 zu § 11 GmbHG; Hachenburg-Ulmer, 7. Aufl., § 11 Rz. 82, 83 m.w.N.) dauert die Haftung desjenigen, der für eine GmbH gehandelt hat, nach der Eintragung in das Handelsregister grundsätzlich fort, es sei denn, der Handelnde ist durch ausdrückliche oder stillschweigende Vereinbarung aus seiner Haftung entlassen (vgl. BGH LM Nr. 14 zu § 11 GmbHG). Zwar nimmt neuerdings die Gegenansicht zu, daß die Haftung des Handelnden mit Eintragung der GmbH auch ohne besondere Vereinbarung endet (vgl. Scholz-Winkler, 6. Aufl., GmbHG § 11 Rz 32 mit zahlreichen Nachweisen). Auch der BGH (BGHZ 69, 95 [103]) hat Zweifel gegenüber seiner bisherigen Rechtsprechung geäußert. Der Senat vermag jedoch diesen Bedenken nicht anzuschließen. Die Tatsache, daß im Aktienrecht bei der Reform 1965 die Befreiungsmöglichkeit durch Vertrag zwischen dem Handelnden und der Gesellschaft in § 41 AktG beibehalten ist, deutet darauf hin, daß der Gesetzgeber nach wie vor dem grundsätzlichen Fortdauern der Haftung nach erfolgter Eintragung ausgeht (so Hachenburg a.a.O. Rz. 83). Derjenige, der mit einem für eine Vor-GmbH Handelnden einen Vertrag abschließt, kann auch durchaus ein berechtigtes Interesse an der Fortdauer der Haftung dieser Person über die Eintragung der GmbH hinaus haben. Dem steht die Erwägung, mit Eintragung der GmbH hafte diese für die Verbindlichkeiten und es bestehe kein Anlaß, demjenigen, der mit einer Vor-GmbH einen Vertrag schließt, besser zu stellen, nicht entgegen. Sie übersieht nämlich, daß derjenige, der mit einer GmbH einen Vertrag schließt, weiß oder doch wissen muß, daß für die Verbindlichkeiten nur die GmbH haftet. Der Vertragspartner muß deshalb bei der Einschätzung seiner Risiken allein auf die GmbH abstellen. Wer hingegen mit einer im Entstehen begriffenen GmbH Geschäfte abschließt, wird häufig allein auf das Vertrauen zu dem für die GmbH Handelnden angewiesen sein, da sich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der erst im Entstehen begriffenen GmbH noch nicht beurteilen läßt. Der Gesichtspunkt des Vertrauenschutzes rechtfertigt es daher, die Haftung gem. § 11 Abs. 2 GmbHG über die Eintragung der GmbH hinaus fortdauern zu lassen.

32

Anhaltspunkte dafür, daß die Beteiligten im vorliegenden Falle die Haftung des Beklagten gem. § 11 Abs. 2 GmbHG für den Fall der Eintragung der GmbH vertraglich ausschließen wollten, bestehen nicht. Die Tatsache, daß der Beklagte - worauf noch einzugehen ist - den Darlehensantrag außerdem als Mitschuldner unterschrieben hat, spricht vielmehr dafür, daß die Klägerin die persönliche Haftung des Beklagten, gleich aus welchem Rechtsgrunde, auf jeden Fall erhalten und behalten wollte.

33

Darüber hinaus haftet der Beklagte für die Verbindlichkeiten aus dem Darlehensvertrag auch aufgrund seiner Unterschrift, die er als "Mitschuldner" geleistet hat. In dieser Unterschrift liegt eine gesamtschuldnerische Schuldenübernahme. Für das Vorliegen einer - auch denkbaren - Bürgschaft besteht angesichts des klaren Wortlauts und des wirtschaftlichen Eigeninteresses des Beklagten kein Anhalt (vgl. hierzu BGH LM § 133 (B) Nr. 33).

34

Der Beklagte kann sich gegenüber der Klägerin weder darauf berufen, daß der finanzierte Kaufvertrag nichtig oder angefochten sei, noch, daß eine Abwicklung nach den Bestimmungen des Abzahlungsgesetzes zu erfolgen habe. Nach § 8 AbzG finden Bestimmungen des Gesetzes keine Anwendung, wenn der Empfänger der Ware als Kaufmann in das Handelsregister eingetragen ist. Das ist hier der Fall. Daraus folgt, daß nicht nur eine Abwicklung nach dem Abzahlungsgesetz ausscheidet, sondern daß der Beklagte sich auch auf die sonstigen Rechtsgrundsätze nicht berufen kann, die zum Schutze des Abzahlungskäufers entwickelt worden sind (vgl. BGHZ 37, 94 [103]).

35

Die Nichtanwendbarkeit des Abzahlungsgesetzes gilt sowohl für die Haftung des Beklagten gem. § 11 Abs. 2 GmbHG als auch für seine Haftung als Mitschuldner.

36

"Empfänger der Ware" i.S. von § 8 AbzG war im vorliegenden Falle die GmbH. Diese ist mit ihrer Eintragung Kaufmann gem. § 6 HGB geworden und fällt damit unter § 8 AbzG. (vgl. Klaus, Abzahlungsgeschäfte, § 8 Rz 526). Dabei ist unerheblich, daß die GmbH bei Abschluß der Verträge noch nicht in das Handelsregister eingetragen war. Bei der Beurteilung, ob die Anwendung des Abzahlungsgesetzes durch § 8 ausgeschlossen ist, ist nämlich auf den Zeitpunkt der Übergabe abzustellen, weil ein Abzahlungskauf erst mit der Sachübergabe zustandekommt (vgl. Ostler-Neidner, AbzG., 6. Aufl., § 8 Anm. 11, RGZ 131, 213, ff [224]; a.A. Palandt-Putzo, 39. Aufl., § 8 AbzG. Anm. 1 a). Bei Übergabe der Ware an die GmbH, die nach dem Willen der Beteiligten Partner des finanzierten Abzahlungskaufs sein sollte, war diese aber in das Handelsregister eingetragen, weil vorher mangels ihrer Existenz als juristische Person eine Übergabe an sie nicht erfolgen konnte.

37

Aber auch soweit der Beklagte als Mitschuldner haftet, ist eine Anwendung des Abzahlungsgesetzes ausgeschlossen, weil das Abzahlungsgesetz für den Mitschuldner grundsätzlich nicht gilt (BGHZ 47, 248 [251]). Der BGH hat zwar für den Fall eine Ausnahme gemacht, daß der Ehegatte sich als Mitschuldner verpflichtet hat, weil der Schutzzweck des Abzahlungsgesetzes sich auch auf die Mitschuldner erstrecken müsse, die mit dem Abzahlungskäufer wirtschaftlich verbunden sind (BGHZ 64, 268). Dies setzt jedoch voraus, daß der Abzahlungskäufer, hier die GmbH, unter das Abzahlungsgesetz fällt. Das ist jedoch, wie bereits ausgeführt wurde, nicht der Fall.

38

Der Anwendung des Abzahlungsgesetzes mit Rücksicht auf die wirtschaftliche Verbundenheit steht im übrigen auch entgegen, daß der Beklagte schon bei Vertragsschluß als Inhaber der Einzelhandelsfirma ... in das Handelsregister eingetragen war. Zwar war nicht der Beklagte, sondern die Firma ... "Empfänger der Ware". Daran kann jedoch die Anwendung des § 8 AbzG bei der vorliegenden Fallgestaltung nicht scheitern. Will man nämlich die Anwendung der Bestimmungen des Abzahlungsgesetzes auf den Mitschuldner mit der Erwägung bejahen, er sei mit dem Abzahlungskäufer wirtschaftlich verbunden, so muß man diese wirtschaftliche Verbindung auch im Rahmen des § 8 AbzG. beachten mit der Folge, daß der Mitschuldner ebenso wie der Käufer als "Empfänger der Ware" i.S. dieser Bestimmung anzusehen ist.

39

Hinzu kommt die Erwägung, daß der Beklagte, der bei der Leistung der ersten Unterschrift als Vertreter für die Vorgesellschaft gehandelt hat, Mitgesellschafter (Gründer) der vertretenen Gesellschaft mit 15.000,- DM von insgesamt 20.000,- DM Gründungskapital war. Dieser Gesichtspunkt rechtfertigt die Nichtanwendung des Abzahlungsgesetzes, denn es ist für § 8 AbzG ausreichend, daß der Gesellschafter einer Gesellschaft Vollkaufmann ist (vgl. LG Rottweil WM 1977, 518 [520]).

40

Mit Recht hat das Landgericht bei der Beurteilung der Frage, ob § 8 AbzG anwendbar ist, allein auf die Eintragung des Beklagten im Handelsregister, nicht aber darauf abgestellt, ob der Beklagte bei seiner Unterzeichnung als Mitschuldner als Privatmann oder im Rahmen eines Handelgewerbes gehandelt hat. Das Gesetz geht davon aus, daß ein eingetragener Kaufmann keines Schutzes bedarf (BGH NJW 1955, 139 [BGH 24.11.1954 - VI ZR 143/53];  1977, 1632 [BGH 11.05.1977 - VIII ZR 32/76][BGH 16.03.1977 - IV ZR 182/75]; Reich in [xxxxx]BGB § 8 AbzG Anm. 1 m.w.N.). Auf die konkreten Umstände kommt es nicht an (vgl. Reich JZ 1955, 550 [BAG 26.05.1955 - 2 AZR 66/53] [555]).

41

Die Höhe des zuerkannten Betrages ist vom Landgericht, auf dessen Ausführungen insoweit Bezug genommen wird, zutreffend errechnet; sie wird auch von der Berufung nicht angegriffen. Die durch Rückrechnung der Kreditgebühren zu ermittelnde Teilzahlungsvergütung hat das Landgericht in angemessener Höhe von der Klageforderung abgesetzt. Hierbei braucht nicht dazu Stellung genommen zu werden, ob die vom Landgericht verwendete Formel allgemein bei der Rückrechnung Anwendung finden kann. Sie führt jedenfalls im vorliegenden Falle gem. § 287 ZPO (vgl. hierzu Palandt-Heinrichs, 39. Aufl., § 246 Anm. 2 b) zu einem angemessenen Ergebnis. Hierfür spricht auch ein Vergleich mit der von Palandt-Heinrichs (aaO) empfohlenen Formel, deren Anwendung im vorliegenden Fall nur zu einem geringfügig abweichenden Betrag führen würde.

42

Schadensersatzansprüche, die der Klageforderung im Wege der Aufrechnung entgegengesetzt werden könnten, stehen den Beklagten nicht zu.

43

Eine Verpflichtung der Klägerin, den vereinbarten finanzierten Kaufpreis dahin zu überprüfen, ob er nicht erheblich hinter dem Verkehrswert oder den Preisen der Schwacke-Liste liegt, bestand nicht. Die Vereinbarung der Höhe des Kaufpreises war ausschließlich Angelegenheit der Parteien des Kaufvertrages. Wollte man der Klägerin eine Prüfungs- und Beratungspflicht auferlegen, wie sie in gewissen Umfang für den finanzierten Abzahlungskauf bejaht wird (vgl. Castler-Weidner, aaO, § 6 Rz 94 a ff), so würde dies im Ergebnis dazu führen, dem Käufer den Schutz des Abzahlungsgesetzes zu gewähren, der ihm gem. § 8 AbzG gerade versagt sein soll. Ob die Rechtslage anders zu beurteilen wäre, wenn die Klägerin arglistig zum Nachteil der Darlehnsnehmerin gehandelt hätte, kann dahingestellt bleiben, da insoweit keine Tatsachen vorgetragen sind.

44

Einem Schadensersatzanspruch kann der Beklagten auch nicht daraus herleiten, daß die Klägerin bei der Verwertung der Kraftfahrzeuge pflichtwidrig gehandelt habe. Soweit der Beklagte geltend macht, die Klägerin habe die Kraftfahrzeuge "verschleudert", ist sein Vortrag nicht hinreichend substantiiert. Insoweit wird auf die Ausführungen des Landgerichts Bezug genommen. Auch der Vortrag in der Berufungsbegründung (S. 5/6 = Bl. 179/180) gibt zu einer anderen Beurteilung keinen Anlaß. Wenn - wie der Beklagte behauptet - der Händler, an den die Fahrzeuge veräußert worden sind, bei der Weiterveräußerung erheblich höhere Erlöse erzielt hat, so ist auch dieser Vortrag mangels der Angabe von Beträgen unsubstantiiert. Im übrigen muß eine angemessene Handelsspanne des Händlers berücksichtigt werden, so daß aus der Tatsache, daß die Fahrzeuge zu einem höheren Preis weiterveräußert worden sind, noch nicht darauf geschlossen werden kann, daß die Klägerin die Fahrzeuge pflichtwidrig verwertet hat.

45

Der Zinsanspruch ist gem. §§ 284, 388 BGB gerechtfertigt. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob Ziff. 9 der Darlehensbedingungen der Klägerin gegen § 11 Ziff. 5 oder 6 AGBG verstößt. Die Klägerin hat ihren Zinsanspruch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat auf 11,774 v.H. ermäßigt. In dieser Höhe ist ihr ein Verzugsschaden entstanden, denn der Senat ist davon überzeugt (vgl. § 287 ZPO), daß die Klägerin das Geld für diesen Zinssatz hätte anderweitig ausleihen können. Hierfür spricht nicht zuletzt, daß auch für das dem Beklagten gewährte Darlehen ein Zinssatz in dieser Höhe vereinbart war.

46

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97, 92 Abs. 2, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Streitwertbeschluss:

Der Beklagte ist mit DM 293.280,43 beschwert.