Landgericht Stade
Urt. v. 07.01.2010, Az.: 3 O 102/09

Bibliographie

Gericht
LG Stade
Datum
07.01.2010
Aktenzeichen
3 O 102/09
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2010, 48062
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

In dem Rechtsstreit
XXX
Klägerin
Prozessbevollmächtigte: XXX
XXX
gegen
XXX
Beklagte
Prozessbevollmächtigte: XXX
XXX
hat die 3. Zivilkammer des Landgerichts Stade auf die mündliche Verhandlung vom 17.12.2009 durch den Vizepräsidenten des Landgerichts XXX als Einzelrichter
für Recht erkannt:

Tenor:

  1. 1.

    Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 19.913,67 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 09.12.2007 zu zahlen.

    Wegen des weitergehenden Zinsanspruchs wird die Klage abgewiesen.

  2. 2.

    Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

  3. 3.

    Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Beklagte ist Insolvenzverwalterin über das Vermögen des XXX Das Insolvenzverfahren wurde durch Beschluss des Amtsgerichts Cuxhaven vom 29.12.2005 eröffnet. Am 02.08.1999 hatte der Insolvenzschuldner mit der Klägerin einen Finanzierungsvertrag über eine Kreditsumme von 400.000,00 DM geschlossen. Im Zusammenhang damit wurde am 02.03.2000 das dem Gemeinschuldner und seiner Ehefrau jeweils zur Hälfte gehörende, im Grundbuch des Amtsgerichts Langen von Bederkesa eingetragene Grundstück mit einer zweitrangigen Grundschuld zugunsten der Klägerin belastet. Im Darlehensvertrag zwischen der Klägerin und dem Insolvenzschuldner ist insoweit u.a. vereinbart:

"2.1.2

Abtretung der Rückgewähransprüche vor-/gleichrangiger Grundschulden

Falls der/den Grundschuld(en) gegenwärtig oder künftig andere Grundschulden im Rang vorgehen oder gleichstehen, werden in Verbindung mit der jeweils den betreffenden Sicherungsnehmer gem. Ziffer 2.1.1. bestellten, abgetretenen Grundschuld(en) hiermit diesem Sicherungsnehmer jeweils abgetreten:

- die Ansprüche auf Rückübertragung vor- und gleichrangiger Grundschulden und Grundschuldteile nebst Zinsen und Nebenrechten, die Ansprüche auf Erteilung einer Löschungsbewilligung, einer Verzichtserklärung, einer Nichtvalutierungserklärung sowie die Ansprüche auf Auszahlung des Übererlöses im Verwertungsfalle;

...

Die vorstehend aufgeführten Ansprüche werden zusammenfassend auch als Rückgewähranspruch/Rückgewähransprüche bezeichnet."

Das Grundstück wurde in der Folgezeit zwangsversteigert. Der Erlös wurde an die erstrangige Grundschuldgläubigerin, die DG Hyp, in Höhe von 138.078,81 € ausgezahlt. Am 05.06.2007 überwies die DH Hyp den Überschuss in Höhe von 43.766,30 € an die Beklagte.

Im Auftrag der Klägerin forderte die XXX die Beklagte am 08.11.2007 vergeblich zur Zahlung dieses Betrages unter Fristsetzung bis zum 08.12.2007 auf.

Die Klägerin behauptet, sie sei Inhaberin der Forderung gegen die erstrangige Grundschuldgläubigerin auf Zahlung des Übererlöses gewesen. Dieser Anspruch sei ihr von dem Insolvenzschuldner sicherungsweise im Darlehensvertrag abgetreten worden. Die Beklagte sei deshalb nicht berechtigt gewesen, diesen Betrag zu vereinnahmen. Im Übrigen habe sie das Zwangsversteigerungsverfahren mitbetrieben und sei im Teilungsplan als zweitrangige Grundschuldgläubigerin berücksichtigt.

Die Klägerin meint, ihr stehe zumindest die Hälfte des Überschusses abzüglich einer Verwertungsvergütung nach § 170 InsO in Höhe eines Betrages von 19.913,67 € zu.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 19.913,67 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 08.11.2007 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist der Ansicht, dass der Klägerin über die Insolvenzquote hinausgehende Zahlungsansprüche nicht zustehen. Eine Abtretung des Anspruches an die Klägerin sei nicht erfolgt. Durch die vereinbarte Klausel in Ziffer 2.1.2 des Darlehensvertrages sei der Gemeinschuldner lediglich verpflichtet gewesen, einen Anspruch auf Rückgewährung abzutreten. Selbst wenn man von einer bereits erfolgten Abtretung insoweit ausgehe, habe die Klägerin kein insolvenzfestes Absonderungsrecht erlangt. Dies folge aus der Entscheidung des BGH vom 09.03.2006 - IX ZR 11/05 -, die auf die Beurteilung des vorliegenden Sachverhaltes Anwendung finde. Schließlich habe die Beklagte die von ihr geltend gemachten Ansprüche im Zwangsversteigerungsverfahren nicht geltend gemacht.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet.

Die Klägerin kann die Beklagte auf Zahlung des ausgeurteilten Betrages in Anspruch nehmen.

Zwar steht der Klägerin ein entsprechender Zahlungsanspruch nicht unter dem Gesichtspunkt des § 49 InsO zu. Danach ist ein Gläubiger, dem aus einem Zwangsvollstreckungsverfahren ein Anspruch auf Zuteilung des Erlöses zusteht, zur abgesonderten Befriedigung berechtigt. Die Beklagte hat die Darstellung der Klägerin, wonach sie -die Klägerin - im Teilungsplan des über das Grundstück durchgeführten Zwangsversteigerungsverfahrens als zweitrangige Grundschuldgläubigerin berücksichtigt sei, bestritten, ohne dass die Klägerin ihren Vortrag insoweit konkretisiert bzw. unter Beweis gestellt hat.

Ein Zahlungsanspruch der Klägerin ergibt sich jedoch unter dem Gesichtspunkt eines Absonderungsanspruchs gem. §§ 50, 51 Abs. 1 Nr. 1 InsO.

Der Gemeinschuldner XXX hat in dem mit der Klägerin geschlossenen Darlehensvertrag vom 02.08.1999 wirksam seinen Anspruch auf Auszahlung des Übererlöses im Verwertungsfalle an die Klägerin abgetreten. Entgegen der Ansicht der Beklagten regelt die zwischen der Klägerin und dem Gemeinschuldner in Ziff. 2.1.2 des Darlehensvertrages vom 02.08.1999 getroffene Vereinbarung eine entsprechende Abtretung ("werden ... hiermit diesem Sicherungsnehmer jeweils abgetreten."), und nicht lediglich einen Anspruch auf Abtretung.

Diese Abtretung ist vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens wirksam erfolgt. Sie ist entgegen der Ansicht der Beklagten auch insolvenzfest. Die von der Beklagten zitierte Entscheidung des BGH vom 09.03.2006 - NJW 2006, 2408 ff. [BGH 09.03.2006 - IX ZR 11/05] - steht dieser Annahme nicht entgegen. Die genannte Entscheidung bezieht sich auf den Löschungsanspruch eines nachrangigen Grundschuldgläubigers im Insolvenzverfahren des Grundstückseigentümers. Nach Auffassung des BGH ist dieser Anspruch dann nicht insolvenzfest, wenn die vorrangige Sicherungsgrundschuld im Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zwar nicht mehr valutiert, das Eigentum am Grundstück und die Grundschuld in diesem Zeitpunkt indes noch nicht zusammengefallen sind. Bis zu diesem Zeitpunkt liege keine ausreichend gesicherte Rechtsposition des nachrangigen Grundpfandgläubigers vor, weil die Entstehung des Löschungsanspruch letztlich nicht allein von seinem Willen, sondern vom Willen des Schuldners abhängig sei. Vorliegend hat der Gemeinschuldner jedoch nicht nur den Anspruch auf Rückübertragung der vorrangigen Grundschuld an die Klägerin abgetreten, sondern daneben auch seinen Anspruch auf Auszahlung des Übererlöses im Verwertungsfall. Die Entstehung eines derartigen Anspruchs war im Zeitpunkt der Abtretung möglich und die abgetretene Forderung auch bestimmbar. Von daher ist von einer wirksamen Abtretung des Anspruchs auf Auszahlung des Übererlöses auszugehen. Der entsprechenden Klage, die auf Zahlung des auf den Gemeinschuldner entfallenden Teilbetrages des Übererlöses gerichtet ist, war daher stattzugeben, ohne dass die Frage, ob der Klägerin der gesamte Übererlös zustand, zu entscheiden war.

Einen Verzugsschaden kann die Klägerin im Hinblick auf die der Beklagten im Schreiben vom 08.11.2007 eingeräumte Zahlungsfrist lediglich mit Wirkung vom 09.12.2007 geltend machen, so dass ihre darüber hinausgehende Klage abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2 Ziff. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 709 ZPO.