Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 20.04.1964, Az.: II OVG A 7/63

Gewährung von Beihilfe; Voraussetzungen für die Entstehung für beihilfefähige Aufwendungen; Anforderungen für eine Beihilfeberechtigung

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
20.04.1964
Aktenzeichen
II OVG A 7/63
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1964, 10794
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:1964:0420.II.OVG.A7.63.0A

Verfahrensgang

vorgehend
VG Hannover - 28.11.1962 - AZ: IV A 3/61

Verfahrensgegenstand

Zahlung einer Beihilfe

Redaktioneller Leitsatz

Die Beihilfegrundsätze sind eine Konkretisierung der Fürsorgpflicht für den Fall von Krankheiten, Geburten und Tod. Sie beruhen auf der Erwägung, dass dem Beamten gegenüberden Wechselfällen des Lebens eine Selbstversorge durch freiwillige Versicherung in einer Krankenkasse zugemutet werden kann und die Hilfe des Dienstherrn nur ergänzend einzugreifen hat. Diesem Grundsatz entspricht es, wenn in den Fällen, in denen ein Antragsteller eine Beihilfeberechtigung gegenüber zwei oder mehereren Dienstherren erlangt, nur ein näher bestimmter Dienstherr in Anpruch genommen werden kann.

In der Verwaltungsrechtssache
hat der II. Senat des Oberverwaltungsgerichts für die Länder Niedersachsen und Schleswig-Holstein in Lüneburg
auf die mündliche Verhandlung vom 20. April 1964
durch
den Senatspräsidenten Dr. Schrödter,
die Oberverwaltungsgerichtsräte Dr. Lindenborn und Lindner sowie
die ehrenamtlichen Verwaltungsrichter Warstatis und Breves
für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover - Vierte Kammer Hildesheim,- vom 28. November 1962 aufgehoben.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Die Revision wird zugelassen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

I.

Die Klägerin ist die Witwe des im Jahre 1955 in russischer Kriegsgefangenschaft verstorbenen Oberst i.G. .... Sie bezieht Witwengeld und für ihre Tochter Waisengeld nach dem G 131. Unter Zugrundelegung der BesGr A 16 Stufe 13 erhielt sie ab 1. Juni 1960 einen Betrag von 1.118,95 DM und ab 1. Oktober 1961 einen Betrag von 1.240,95 DM, der sich später erhöhte.

2

Die Klägerin war bis zum 30. September 1959 als mitgemußt und vom 1. Oktober 1959 bis zum 31. Dezember 1961 Hälfte über als Justizangestellte nach Vergütungsgruppe VII TO.A bei dem Landgericht ... tätig. Aus diesem Beschäftigungsverhältnis erhielt sie ab 1.4. GO monatlich einen Betrag von 374,44 DM, der sich später steigerte.

3

Aus ihrer Rechtsstellung als Empfängerin von Versorgungsbezügen nach dem G 131 beantragte die Klägerin bei dem Landesversorgungsamt am 22. August 1960 die Gewährung einer Beihilfe mit der Begründung: Sie habe vom 20. Juni 1960 bis 30. Juni 1960 im Krankenhaus in ... in der zweiten Pflegeklasse gelegen und sei von Professor ... operiert worden. Das Krankenhaus habe für 11 Tage Zimmer und Verpflegung je 24,- DM = 264,- DM, für sachliche Operationsunkosten 25,- DM und für Arzneien 11,- IM, insgesamt 300,- DM berechnet. Hiervon habe die Ersatzkasse, bei der sie als Justizangestellte pflichtversichert sei, nur 170,50 DM erstattet. Dr. ... habe für seine ärztliche Bemühungen 345,- DM berechnet; hierauf habe die Ersatzkasse überhaupt nichts erstattet. Die Justizbehörde habe ihr mitgeteilt, daß sie ihr aus dem Angestelltenverhältnis im Hinblick auf § 3 des Tarifvertrages vom 15. Juli 1959 (NdsMBl S. 732) keine Beihilfe gewähren könne, da Pflichtversicherte in der gesetzlichen Krankenversicherung ausschließlich auf die ihnen zustehenden Sachleistungen angewiesen seien. Als Versorgungsempfängerin nach dem Gr. 131 könne sie jedoch nach den beamtenrechtlichen Beihilfevorschriften eine Beihilfe beanspruchen, auch wenn sie die zweite Pflegeklasse des Krankenhauses in Anspruch genommen habe.

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Das Landesversorgungsamt lehnte durch Bescheid vom 26. Oktober 1960 den Beihilfeantrag der Klägerin ab und führte aus: Im Verhältnis zur Pensionsabteilung habe die Klägerin den Rechtsstand als Versorgungsempfängerin und gleichzeitig im Verhältnis zum Landgericht den Rechtsstand als Angestellte. Nach § 56 G 131 (Fassung 1957) und Abschnitt I des dazu ergangenen Runderlasses des Bundesministers der Finanzen vom 5. Februar 1952 (MinBl Fin S. 55; GMBl S. 18) könnten zwar Empfängern von Witwengeld Beihilfen gewährt werden. Abschnitt III schreibe dafür die Anwendung der Beihilfegrundsätze in der Fassung vom 25. Juni 1942 vor mit Wirkung vom 1. April 1959 seien an die Stelle dieser Beihilfegrundsätze die Beihilfevorschriften (BhV) vom 17. März 1959 (GMBl S. 168) getreten. Abschnitt III 3 a bestimme jedoch einschränkend, daß bei einer Beschäftigung im öffentlichen Dienst Empfänger von Versorgungsbezügen aus den zur Durchführung des Gesetzes zu Art. 131 GG zur Verfügung stehenden Mitteln weder Beihilfen noch Unterstützungen erhalten dürften. Da die Klägerin als Justizangestellte im öffentlichen Dienst beschäftigt sei, könne sie Beihilfe nach dem G 131 nicht erhalten. Ebenso besage Nr. 1 Abs. 2 "Beihilfen werden nicht gewährt ... 2) Versorgungsempfängern (Abs. 1 Ziff. 2 u. 3 [3 = Witwen und Waisen ...]) für die Dauer einer Beschäftigung im öffentlichen Dienst, die zum Bezug von Beihilfen berechtigt." Dieser Fall liege bei der Klägerin vor. Als Justizangestellte beim Landgericht Göttingen sei sie bei dieser Beschäftigungsstelle beihilfeberechtigt (NdsMBl 1959 S. 732).

5

Die Klägerin erhob Widerspruch und machte geltend: Sie sei keine wieder beschäftigte Empfängerin von Versorgungsbezügen. Auch Nr. 1 Abs. 2 Ziff. 2 BhV sei nicht anwendbar. Diese Bestimmung sei nicht dahingehend auszulegen, daß eine Beihilfe schon dann nicht zu gewähren sei, wenn das jetzige Beschäftigungsverhältnis im Öffentlichen Dienst den Versorgungsempfänger in irgendwelchen Fällen zum Bezug von Beihilfen berechtige. Die Verweigerung sei vielmehr nur dann zulässig, wenn das derzeitige Beschäftigungsverhältnis den Versorgungsempfänger berechtige, eine Beihilfe für die Aufwendung zu erhalten, für die er die Beihilfe im Einzelfall beantragt habe. Es komme also darauf an, ob der Versorgungsempfänger auch im konkreten Fall von dem Dienstherrn des Beschäftigungsverhältnisses eine Beihilfe beanspruchen kenne. Gegenüber der Justizverwaltung habe sie im vorliegenden Fall keinen Beihilfeanspruch. Gemäß § 3 des Tarifvertrages vom 15.7.1959 seien Aufwendungen, die über die Sachleistungen hinausgingen, nicht beihilfefähig. Deshalb könne sie eine Beihilfe für die Kostendifferenz zwischen der 2. und 3. Krankenhausklasse von der Justizverwaltung nicht erhalten. Hierfür sei das Landesversorgungsamt zuständig.

6

Das Landesversorgungsamt wies den Widerspruch durch Bescheid vom 12.12.1960 zurück und führte aus: Nach dem Schreiben des Oberlandesgerichtspräsidenten in ... vom 6.11.1960 sei die Klägerin ihrer Beschäftigungsbehörde gegenüber beihilfeberechtigt. Damit sei die Voraussetzung der Nr. 1 Abs. 2 Ziff. 2 BhV erfüllt.

7

Daraufhin hat die Klägerin den Verwaltungsrechtsweg beschritten mit dem Antrage,

den Beklagten für verpflichtet zu erklären, nur gemäß § 56 G 131 in Verbindung mit den Beihilfevorschriften vom 17. März 1959 die beantragte Beihilfe zu gewähren.

8

Die Klägerin hat unter Bezugnahme auf ihr früheres Vorbringen erklärt: Nr. 1 Abs. 2 Ziff. 2 BhV sei auf sie nicht anwendbar, da sie für den hier vorliegenden Einzelfall von ihrer Beschäftigungsbehörde keine Beihilfe habe erhalten können. Biese Auslegung entspreche der Billigkeit, anderenfalls würde sie dafür bestraft, daß sie zusätzlich arbeite. Als Justizangestellte sei sie im übrigen nicht voll beihilfeberechtigt, denn in dieser Eigenschaft erhalte sie nur Beihilfen nach Tarifrecht und nicht nach beamtenrechtlichen Grundsätzen.

9

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

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Er hat unter Bezugnahme auf die Gründe seiner Bescheide geltend gemacht: Die Beihilfeberechtigung der Klägerin als Justizangestellte ergebe sich aus den Tarifverträgen vom 15. Juli 1959 betr. Beihilfe an Angestellte, Arbeiter, Lehrlinge und Anlernlinge des Landes Niedersachsen und dem ergänzenden Runderlaß des Niedersächsischen Finanzministers vom 6. Oktober 1959 (NdsMBl 1959, S. 732 ff).

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Der Begriff "sinngemäße Anwendung" sei in Nr. 4 des Runderlasses vom 6. Oktober 1959 geklärt: er bedeute, daß in hier nicht interessierenden Fällen näher bestimmten Angestellten und Arbeitsgruppen keine Beihilfen gewährt werden, Nr. 1 Abs. 2 Ziff. 2 der Beihilfevorschriften vom 17. März 1959 bestimme ausdrücklich, daß Versorgungsempfängern für die Dauer ihrer Beschäftigung im öffentlichen Dienst, die zum Bezug der Beihilfen berechtige, Beihilfen nach den Beihilfevorschriften nicht zu gewähren seien. Diese Versorgungsempfänger seien also auf die aus ihrem Beschäftigungsverhältnis sich ergebenden Beihilfen angewiesen. Die Klägerin müsse zwischen Beihilfeberechtigung und Beihilfefähigkeit von Aufwendungen unterscheiden. Daß die Klägerin als Justizangestellte beihilfeberechtigt gewesen sei, ergebe sich auch aus dem den Beihilfeantrag der Klägerin ablehnenden Schreiben des Oberlandesgerichts-Präsidenten. Sie habe sich freiwillig mit einer Barleistung der Krankenkasse begnügt. Als pflichtversicherte Angestellte habe sie von der Krankenkasse als Sachleistung freie ärztliche Behandlung und freien Krankenhausaufenthalt in der dritten Pflegeklasse beanspruchen können. Gemäß § 3 des Tarifvertrages vom 15. Juli 1959 seien jedoch Aufwendungen, die dadurch entstanden sind, daß der Pflichtversicherte die Sachleistungen nicht in Anspruch nimmt oder sich anstelle einer möglichen Sachleistung eine Barleistung gewähren läßt, nicht beihilfefähig. Diese Regelung, sei nicht unbillig. Als krankenversicherungspflichtige Justizangestellte habe die Klägerin den Krankenkassenbeitrag nicht etwa allein getragen. Die öffentliche Hand (die Justizbehörde) habe zu dem Krankenkassenbeitrag, der im Krankheitsfalle zu einer kostenfreien ärztlichen- und Krankenhaus-Behandlung berechtige, vielmehr anteilig beitragen müssen. Es gehe nicht an, daß die Klägerin dann, wenn sie freiwillig auf die Inanspruchnahme der Sachleistungen verzichte, neben den anteiligen Krankenkassenbeiträgen von der öffentlichen Hand auch noch weitere Leistungen im Beihilfewege verlange. Im übrigen sei zu beachten, daß § 56 G 131 keineswegs uneingeschränkt Beihilfen gewähre, da anderenfalls die finanziellen Folgen des Zusammenbruchs zu untragbaren Lasten geführt hätten und auch jetzt noch führen würden.

12

Das Verwaltungsgericht hat durch das dem Beklagten am 13.12.1962 zugestellte Urteil vom 18.11.1962 der Klage stattgegeben

13

Es hat in den Gründen ausgeführt: Die allgemeine Beihilfeberechtigung nach § 1 des Tarifvertrages vom 15.7.1959 genüge nicht, um den Ausschlußtatbestand der Nr. 1 Abs. 2 Ziff. 2 BhV für die Klägerin als Versorgungsempfängerin des Bundes als erfüllt anzusehen. Anderenfalls hätte der Text etwa dahin gehen müssen, daß Beihilfen nicht gewährt werden an Versorgungsempfänger für die. Dauer ihrer Beschäftigung im öffentlichen Dienst, bei der diese Versorgungsempfänger ihrem gegenwärtigen Dienstherrn gegenüber grundsätzlich beihilfeberechtigt sind. Die Worte in Nr. 1 Abs. 2 Ziff. 2 BhV "die zum Bezug von Beihilfen berechtigt" könnten nur dahin gedeutet werden, daß der Anspruchsberechtigte auch im konkreten Falle von seinem Dienstherrn eine Beihilfe beziehen oder zumindest zu beziehen berechtigt sein müsse. Der Bedienstete müsse demnach, wenn ... der Ausschlußtatbestand der Nr. 1 Abs. 2 Ziff. 2 BhV erfüllt sein solle, aus Anlaß des jeweiligen Krankheitsfalles von seinem Dienstherrn eine Beihilfe in voller Höhe oder teilweise tatsächlich "beziehen" können. Da die Klägerin von ihrem Krankenversicherungsträger lediglich eine Zahlung von 170,- DM aus Anlaß der Erkrankung erhalten habe, könne ihr hinsichtlich des Differenzbetrages die Beihilfeberechtigung gegenüber der Versorgungsdienststelle nicht abgesprochen werden. Hinzu komme, daß der Sinn der Nr. 1 Abs. 2 Ziff. 2 BhV für diese Auslegung spreche. Im Rahmen des Fürsorgeanspruchs müßten diese Vorschriften weit ausgelegt werden. Nach der Rechtsstellung der Klägerin gegenüber dem Beklagten handele es sich bei den Aufwendungen für die Inanspruchnahme der 2. Pflegeklasse um notwendige Aufwendungen in angemessenem Umfang (Nr. 3 Abs. 1 BhV).

14

Gegen dieses Urteil hat der Beklagte mit dem am 10.1.1963 eingegangenen Schriftsatz vom 8.1.1963 Berufung eingelegt mit dem Antrage,

unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.

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Der Beklagte bezieht sich auf sein bisheriges Vorbringen und tragt ergänzend vor: Der Relativsatz "die zum Bezug von Beihilfen berechtigt" beziehe sich auf den vorangehenden Begriff "Beschäftigung im öffentlichen Dienst". Daraus folge zwingend, daß die Beschäftigung zum Bezug von Beihilfen berechtigen müsse und nicht der Einzelfall. Daß die Beschäftigung der Klägerin im öffentlichen Dienst als Justizangestellte sie zum Bezug von Beihilfen berechtige, sei unter den Parteien unstreitig und auch vom Verwaltungsgericht anerkannt. Damit sei ein Anspruch der Klägerin als Versorgungsempfängerin auf eine zusätzliche Beihilfe nach § 56 G 131 ausgeschlossen. Dieser vom Beklagten vertretene Standpunkt werde auch von allen anderen Behörden des Landes Niedersachsen geteilt, ohne daß ein Verwaltungsrechtsstreit entstanden sei. Der Tarifvertrag enthalte keinen generellen Ausschluß einer Pflichtversicherten von der Berechtigung zum Bezug von Beihilfen. Nur in bestimmten Fällen, wo u.a. die vollen Sachleistungen gewährt werden, werde die Notwendigkeit einer Beihilfe verneint.

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Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

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Sie bezieht sich, auf ihr bisheriges Vorbringen und macht geltend, sie habe den vorliegenden Fall dem Bundesinnenministerium vorgetragen und unter dem 10.1.1964 folgende Antwort erhalten:

"Von den zahlreichen Änderungswünschen, die bezüglich der Beihilfevorschriften an mich herangetragen worden sind, hat sich vorerst nur ein Teil verwirklichen lassen; diese Änderungen dürften in Kürze bekanntgemacht werden.

Das Problem, das Sie anschneiden, gehört zu denen, deren Erörterung noch zurückgestellt werden mußte. Die Arbeiten an der Überprüfung der Beihilfevorschriften gehen aber weiter."

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Sie sei der Meinung, die strittigen Worte in Nr. 1 Abs. 2 BhV könnten dem reinen Wortsinn nach war so verstanden werden, wie es der Beklagte tue. Mit einer reinen Wortinterpretation komme man aber hier nicht weiter. Wahrscheinlich sei bei der Fassung der Beihilfevorschriften das Problem nicht gesehen worden. Die materielle Differenz zwischen den Beihilfeanspruch kraft Beamtenrechts und dem Beihilfeanspruch kraft Tarifrechts habe, was die Benutzung der 2. Krankenhausklasse angehe, in dieser Form früher nicht bestanden. Aus sachlichen Gesichtspunkten ergebe sich aber, daß die Klägerin durch ihre Beschäftigung nicht schlechter gestellt werden dürfe. Soweit der Beihilfeanspruch nach § 56 G 131 dem Umfange nach über das Tarifrecht hinausgehe, dürfe er nicht geschmälert werden.

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Für das Vorbringen der Parteien im einzelnen wird auf ihre Schriftsätze verwiesen. Die Verwaltungsvorgänge des Beklagten (Beiakten A - haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe

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II.

Die frist- und formgerecht eingelegte Berufung des Beklagten ist zulässig und sachlich auch begründet.

21

Der Beklagte (bzw. das vorher zuständige Landesversorgungsamt) hat zu Recht den Beihilfeantrag vom 22.8.1960, den die Klägerin in ihrer Eigenschaft als Empfängerin von Versorgungsbezügen (Witwengeld) nach dem G 131 bei dem Landesversorgungsamt gestellt hat, abgewiesen. Denn die Klägerin war auf Grund ihres Beschäftigungsverhältnisses als Justizangestellte (TO.A VII) bei dem Landgericht in ... nur dieser Beschäftigungsbehörde gegenüber antrags- und beihilfeberechtigt.

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Die Beihilfegrundsätze sind eine Konkretisierung der Fürsorgepflicht für den Fall von Krankheiten, Geburten und Tod. Sie beruhen auf der Erwägung, daß dem Beamten gegenüber den Wechselfällen des Lebens eine Selbstvorsorge durch freiwillige Versicherung in einer Krankenkasse zugemutet werden kann und die Hilfe des Dienstherrn nur ergänzend einzugreifen hat (BVerwGE 16 , 68[BVerwG 08.09.1953 - III A 8/53]; BVerwG, Urt. vom 28.11.1963 - VIII C 218, 63 -). Diesem Grundsatz entspricht es, wenn in den Fällen, in denen ein Antragsteller eine Beihilfeberechtigung gegenüber zwei oder mehreren Dienstherren erlangt, nur ein näher bestimmter Dienstherr in Anspruch genommen werden kann. Eine derartige Regelung ist für die Empfänger von Versorgungsbezügen nach dem G 131 (vgl. hierzu BVerwGE 11, 56) getroffen.

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Die Richtlinien für die Gewährung von Beihilfen und Unterstützungen nach § 56 des Gesetzes zu Art. 131 GG vom 5. Februar 1952 (GMBl S. 18) in der Fassung vom 22. August 1952 (GMBl S. 242) vom 12. Januar 1953 (GMBl S. 35) - (mit den in Bezug genommenen Beihilfegrundsätzen idF vom 25. Juni 1942 (RBBl S. 157) - BeihGr 1942) - und vom 1.7.1959 (GMBl S. 287) - (Mit den in Bezug genommenen "Allgemeinen Verwaltungsvorschriften über die Gewährung von Beihilfen in Krankheits-, Geburts- und Todesfällen (Beihilfevorschriften - BhV-) vom 17. März 1959 - (GMBl S. 168)"- besagen unter I zwar, daß Beihilfen an die unter Kap. I des Gesetzes fallenden Empfänger von Ruhegehalt., Witwengeld, Waisengeld, Übergangsgehalt oder Übergangsbezügen einschließlich der Versorgung nach den §§ 41 und 51 gewährt werden können. Unter III 3 a u. b ist jedoch einschränkend bestimmt:

"Für wiederbeschäftigte Empfänger von Versorgungsbezügen einschl. Übergangsgehalt (§§ 30, 70) und Übergangsbezügen (§ 52 Abs. 3) galt folgendes:

a)
Bei einer Beschäftigung im öffentlichen Dienst erhalten sie aus den zur Durchführung des Gesetzes zu Art. 131 GG zur Verfügung stehenden Mitteln weder Beihilfen noch Unterstützungen.

b)
Bei einer Beschäftigung außerhalb des öffentlichen Dienstes können ihnen Beihilfen und Unterstützungen nur dann gewährt werden, wenn ..."

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Die Voraussetzungen zu III 3 a erfüllte die Klägerin, da sie im Zeitpunkt der Entstehung der Aufwendungen und der Antragstellung auf Beihilfe im öffentlichen Dienst beschäftigt war. Aus dem Wort "wiederbeschäftigt" ist im Gegensatz zu der Meinung der Klägerin nicht zu schließen, daß auf die Empfänger von Versorgungsbezügen, die nach dem G 131 Witwengeld erhalten, die Ausnahmeregelungen III 3 a nicht anwendbar seien, sondern für sie bei einer gleichzeitig zusätzlichen Beschäftigung im öffentlicher Dienst eine wahlweise Beihilfeberechtigung vorhanden sei. Dieser Auslegung der Bestimmungen zu III 3 a widersprechen bereits der Inhalt von III 3 b, durch den auch die außerhalb des öffentlichen Dienstes "wiederbeschäftigten" Versorgungsempfänger erfaßt werden, und der Sinngehalt des G 131. Die aus dem Zusammenbruch entstandenen erheblichen Versorgungslasten zwangen und zwingen den Gesetzgeber, Einschränkungen vorzunehmen (BVerwGE 11 , 56). Die für Zwecke des G 131 zur Verfügung gestellten Haushaltsmittel sollen sparsam bewirtschaftet werden (vgl. u.a. § 56 Abs. 1 G 131 F 1953 und 1957). Dementsprechend wurde in Ausführung des § 56 G 131 bestimmt, daß die Empfänger von Versorgungsbezügen, die eine Beschäftigung innerhalb oder außerhalb des öffentlichen Dienstes gefunden hatten oder fanden - also die im Gegensatz zu ihrer Stellung als Versorgungsempfänger wieder beschäftigt waren -, beihilfemäßig eine Sonderstellung erhalten (III 3 a u. b). Weil die Klägerin als Justizangestellte im öffentlichen Dienst eine Beschäftigung gefunden hatte und damit im Hinblick auf ihre Rechtsstellung als Versorgungsempfängerin wieder beschäftigt war, fiel sie unter III 3 a der Richtlinien zu § 56 G 131. Es kann hier unerörtert bleiben, ob diese Richtlinien nur die im öffentlichen Dienst beschäftigten Empfänger von Versorgungsbezügen nach dem G 131 erfassen, die durch die Beschäftigung im öffentlichen Dienst eine Beihilfeberechtigung erlangen. Denn die Beschäftigung der Klägerin als Justizangestellte war mit einer Beihilfeberechtigung verbunden.

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Der Beihilfeantrag der Klägerin vom 22. April 1960 konnte aber auch nach den Allgemeinen Verwaltungsvorschriften über die Gewährung von Beihilfen in Krankheits-, Geburts- und Todesfällen - Beihilfevorschriften - BhV - vom 17. März 1959 (GMBl S. 167), der nach dem die Richtlinien zu § 56 G 131 ändernden Erlaß vom 1.7.1959 - GMBl S. 287 (vgl. auch § 56 G 131 - F 1961 - u. GMBl 1961 S. 107) anzuwenden ist, keinen Erfolg haben. Denn in Nr. 1 Abs. 2 Nr. 2 BhV ist bestimmt:

"Beihilfen werden nicht gewährt ... Versorgungsempfängern ... für die Dauer einer Beschäftigung im öffentlichen Dienst, die zum Bezug von Beihilfen berechtigt."

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Diese Versorgungsempfänger werden hiernach für ihre Beihilfeanträge an die Beschäftigungsbehörde verwiesen, wenn die Beschäftigung beihilfeberechtigt macht.

27

Die Beschäftigung als Angestellte im Justizdienst des Landes Niedersachsen berechtigte die Klägerin zum Bezug von Beihilfen, wie sich aus dem Tarifvertrag vom 15. Juli 1959 betr. Beihilfen an Angestellte, Lehrlinge und Anlernlinge des Landes Niedersachsen (NdsMBl 1959 S. 732) nebst Runderlaß des NdsFinM vom 6. Oktober 1959 (NdsMBl S. 732) sich das Nachversorgungs und bzw. der Beklagte keine Beihilfe gegenüber das ergibt.

28

Nach § 1 des Tarifvertrages erhalten Angestellte in Krankheits-, Geburts- und Todesfällen Beihilfen in sinngemäßer Anwendung der für die Beamten des Landes Niedersachsen jeweils geltenden Beihilfevorschriften soweit sie für im Dienst befindliche Beamte vorgesehen und in den folgenden §§des Tarifvertrags nicht Abweichungen bestimmt sind. Diese Abweichungen haben ihre sachgemäße Grundlage in der Tatsache, daß ein im Öffentlich Dienst beschäftigter Angestellter in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert ist und im Krankheitsfalle von der Krankenkasse Versicherungsleistungen erhält: ferner darin, daß nicht der Angestellte den Beitrag allein zu zahlen hat, sondern daß die Beschäftigungsbehörd und der Angestellte die Beiträge anteilsmäßig zu tragen haben. Im Hinblick hierauf sind bestimmte Aufwendungen nicht beihilfefähig, z.B. wenn der Angestellte die Sachleistungen (freie ärztliche Versorgung, Krankenhausbehandlung, Heilmittel u.ä.), die ihm u.a. auf Grund der Beitragszahlungen der Beschäftigungsbehörde zustehen, nicht in Anspruch nimmt, wie es die Klägerin getan hat.

29

Der Wortlaut und der Sinn der Nr. 1 Abs. 2 Nr. 2 BhV ergeben nichts dafür, daß wenn zwar - wie hier unstreitig - die Beschäftigung zum Bezug von Beihilfen generell berechtigt , Nr. 1 Abs. 2 Nr. 2 BhV jedoch dann keine Anwendung finde wenn im Einzelfall Aufwendungen nicht beihilfefähig sind. Die Worte, "die zum Bezug von Beihilfen berechtigt", beziehen sich unzweifelhaft auf das Wort "Beschäftigung" und besagen daher nicht daß im Einzelfall auch die Aufwendung beihilfefähig sein müßte, und zwar selbst dann, wenn die Pflichtversicherung durch Gewährung von Sachleistungen (Krankenhausbehandlung usw.) keine Notlage entstehen läßt. Nr. 1 Abs. 2 Nr. 2 BhV läßt bei dem klaren Wortlaut keine andere Auslegung zu. Eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes liegt nicht vor, weil der Beklagte in ständiger Praxis Nr. 1 Abs. 2 Nr. 2 BhV nicht anders anwendet (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 14.6.1963 -VII 68.62 = DVBl 1964 S. 320-).

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Nach alledem war wie geschehen zu erkennen.

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Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 154 Abs. 1 und 167 Abs. 2 VwGO.

32

Die Zulassung der Revision rechtfertigt sich aus den §§ 79 G 131 in Verbindung mit 191 Abs. 2 VwGO und 127 BRRG.