Arbeitsgericht Verden
Urt. v. 07.05.2003, Az.: 1 Ca 859/02

Rückzahlung von Ausbildungskosten wegen vorzeitigen Ausscheidens aus dem Arbeitsverhältnis durch Eigenkündigung; Anforderungen an die Verfallfristen des Arbeitsvertrages der Parteien; Einhaltung der Verfallfristen des Arbeitgebers

Bibliographie

Gericht
ArbG Verden
Datum
07.05.2003
Aktenzeichen
1 Ca 859/02
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2003, 28194
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:ARBGVER:2003:0507.1CA859.02.0A

Fundstellen

  • DStR 2003, XIV Heft 32 (Kurzinformation)
  • NZA 2003, 918-920 (Volltext mit red. LS)

In dem Rechtsstreit
hat die 1. Kammer des Arbeitsgerichts Verden
auf die mündliche Verhandlung vom 07.05.2003
durch
den Direktor des Arbeitsgerichts Dr. Fischer als Vorsitzenden und
die ehrenamtlichen Richter H. Havemeyer und T. Huth als Beisitzer
für Recht erkannt:

Tenor:

  1. 1.)

    Die Klage wird abgewiesen.

  2. 2.)

    Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

  3. 3.)

    Der Streitwert wird auf 28.632,34 EUR festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Rückzahlung von Ausbildungskosten wegen des vorzeitigen Ausscheidens des Beklagten aus dem Arbeitsverhältnis der Parteien durch Eigenkündigung.

2

Die Klägerin ist Mitglied der bundesweit organisierten und amtlich anerkannten Kraftfahrzeug-Überwachungsorganisation freiberuflicher Kfz-Sachverständiger e. V. (im folgenden: K. e.V.) und führt nach der Straßenverkehrsordnung notwendige Hauptuntersuchungen etc. durch. Sie vereinbarte mit dem Beklagten, dass er die von ihm gewünschte Ausbildung zum Prüfingenieur unter Anstellung bei der Klägerin absolviert. Die Parteien vereinbarten, dass sich die Klägerin an der Vorfinanzierung der dem Beklagten entstehenden Ausbildungskosten (Lehrgangsgebühren in Höhe von 26.500,- DM zuzüglich Mehrwertsteuer, allgemeiner Lebensunterhalt für die Dauer der Ausbildung) unter der Voraussetzung zu beteiligen bereit sei, dass der Beklagte im Anschluss an die Ausbildung das. Arbeitsverhältnis zumindest für drei Jahre fortsetzt. Das Arbeitsverhältnis der Parteien begann am 1.4.2000. Der Beklagte besuchte den Lehrgang für die Ausbildung zum Prüfingenieur bei dem Zentralverband KÜS e.V. in Losheim am See ab 1.6.2000 und schloss den erfolgreich ab mit der am Anfang April 2001 bestandenen mündlichen Prüfung und erhielt die Zustimmung zum Prüfeinsatz von der Bezirksregierung am 4.4.2001.

3

Dem lag der Anstellungsvertrag der Parteien vom 12.4.2000 (Bl. 123 d.A.) - hier ist die Klägerin als "KTÜ" bezeichnet - zugrunde und der Arbeitsvertrag vom 19.10.2000 (Bl. 102 ff d.A.), in dem es u. a. heißt:

"§ 1 Beginn des Arbeitsverhältnisses

1.
Das Arbeitsverhältnis beginnt am: 01.04.2000.

§ 2 Tätigkeit

1.
Herr ... wird als Prüfingenieur sowie für Verwaltungstätigkeiten eingestellt.

...

§ 3 Arbeitszeit

1.
Die regelmäßige Arbeitszeit beträgt 40 Stunden wöchentlich.

...

§ 4 Vergütung

1.
Die Vergütung wird in einer gesonderten Vereinbarung festgelegt.

...

§ 15 Beendigung des Arbeitsverhältnisses

...

5.
Wird das Vertragsverhältnis aus Gründen beendet, die der Arbeitnehmer zu vertreten hat, so sind die Aus- bzw. Weiterbildungskosten der letzten 5 Jahre vor dem Ausscheiden nach folgender Staffelung von dem Arbeitnehmer an die Firma zu erstatten:

...

1 - 0 Jahre vor dem Ausscheiden: 100 %.

...

§ 20 Verfallfristen

Alle Ansprüche, die sich aus dem Arbeitsverhältnis ergeben, sind von dem Vertragschließenden binnen einer Frist von 6 (sechs) Monaten seit ihrer Fälligkeit schriftlich geltend zu machen und im Falle der Ablehnung durch die Gegenpartei binnen einer Frist von 2 (zwei) Monaten einzuklagen."

4

In der Zusatzvereinbarung vom 19.10.2000 (Bl. 109 d.A.) vereinbarten die Parteien, dass der Beklagte während seiner Ausbildung zum Prüfingenieur ab 1.4.2000 kein Gehalt und ab 1.2.2001 ein Bruttomonatsgehalt von 5.000,- DM erhält.

5

Die Parteien - auch in diesem Vertrag ist die Klägerin als KTÜ bezeichnet - schlössen die "Vereinbarung über die Teilnahme an einem Lehrgang zur Vorbereitung auf die Prüfung zum Prüfingenieur (PI) (Fortbildungsvertrag)" vom 1.6.2000 (Bl. 110 ff d.A.), wo es in § 4 u.a. heißt:

"a.
Die Lehrgangskosten tragen/trägt das Sachverständigenbüro/und der Lehrgangsteilnehmer.

Sofern nichts anderes bestimmt ist, haften das Sachverständigenbüro und der Lehrgangsteilnehmer hierfür als Gesamtschuldner.

Die Lehrgangskosten betragen für jeden Lehrgangsteilnehmer 26.500 DM zuzüglich der gesetzlichen Mehrwertsteuer.

An diesen Kosten beteiligt sich die KÜS in Höhe von 10.000 DM zuzüglich der gesetzlichen Mehrwertsteuer ("Zuschuss") je Lehrgangsteilnehmer, der Mitglied oder Angestellter eines Mitglieds der KÜS ist.

b.
...

Verlässt der Lehrgangsteilnehmer die KÜS in einem Zeitraum von 5 Jahren nach Abschluss dieses Vertrages aus Gründen, die in seiner Person liegen, insbesondere dadurch, dass er sein zugrunde liegendes Arbeitsverhältnis mit dem Sachverständigenbüro kündigt oder ihm dieses aus wichtigem Grund gekündigt wird, oder wechselt er zu einem Mitbewerber der KÜS, so hat er den oben in § 4 a genannten Zuschussbetrag in Hohe von 10.000 DM zuzüglich der gesetzlichen Mehrwertsteuer sofort an die KÜS zurückzuerstatten."

6

Der Beklagte kündigte das am 1.4.2001 tatsächlich begonnene Arbeitsverhältnis mit der Klägerin am 22.1.2002 ordentlich zum 31.3.2003, um eine neue Arbeitstelle bei der Konkurrenzorganisation TÜV anzutreten.

7

Die Klägerin verlangt vom Beklagten die nach ihrer Behauptung entstandenen Ausbildungskosten in Höhe von 46.000,- DM und die Rückerstattung des vom KÜS e.V. geleisteten Zuschusses zu den Lehrgangsgebühren in Höhe von 10.000,- DM, also zusammen 56.000,- DM = 28.632,34 EUR.

8

Die Klägerin machte ihre Forderung bei dem Beklagten erstmalig mit dem Schreiben vom 7.2.2002 (Bl. 52 f d.A.) schriftlich geltend. Der Beklagte lehnte die Forderung ab mit Anwortschreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 8.3.2002 (Bl. 55 f d.A.), in dem es u. a. heißt:

"Hiervon abgesehen besteht unserer Auffassung nach seitens unseres Mandanten keine Zahlungsverpflichtung. Eine wirksame Rückzahlungsklausel besteht nicht."

9

Hierauf antwortete die Klägerin mit dem Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 11.4.2002 (Bl. 16 ff d.A.) unter ausführlicher Schilderung des Sachverhaltes und mit der Festsetzung einer Zahlungsfrist bis zum 25.4.2002. Der Beklagte antwortete mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 23.4.2002 (Bl. 129 d.A.), welches lautet:

"Sehr geehrte Frau Kollegi...,

Ihr Schreiben vom 11.04.2002 ist während meiner urlaubsbedingten Abwesenheit (08.04. bis 21.04.2002) hier eingegangen, da ich erst im Laufe der nächsten Woche Gelegenheit haben werde, mit meinem Mandanten die Angelegenheit zu erörtern, darf ich um stillschweigende Verlängerung der in Ihrem Schreiben gesetzten Frist bis zum 07.05.2002 bitten. Hierfür darf ich mich bereits jetzt bedanken und verbleibe mit freundlichen Grüßen"

10

Der Beklagte lehnte die Forderung erneut ab mit dem Antwortschreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 7.5.2002 (Bl. 130 d.A.).

11

Mit der am 28.6.2002 bei dem Arbeitsgericht Verden per Telefax vorab eingegangenen Klage verlangen die Diplomingenieure ... und B."handelnd als Gesellschafter der KÜS GbR" weiterhin vom Beklagten die Rückzahlung der Ausbildungskosten.

12

Im Kammertermin am 7.5.2003 hat die Klägerseite nach einem entsprechenden Hinweis des Gerichts auf das BGH-Urteil vom 29.1.2001 (NJW 2001, 1056 [BGH 29.01.2001 - II ZR 331/00]) noch vor der Stellung der streitigen Anträge einen Parteiwechsel dahingehend vorgenommen, dass die Klageforderung nunmehr durch die KÜS ... Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) selbst und nicht mehr durch deren Gesellschafter verfolgt wird. Der Beklagte hat diesem gewillkürten Parteiwechsel nicht zugestimmt.

13

Zur Begründung trägt die Klägerin vor:

14

Aufgrund der vertraglichen Vereinbarungen der Parteien sei der Beklagte zur Rückzahlung der entstandenen Ausbildungskosten in der eingeklagten Höhe verpflichtet. Die Forderung des KÜS e.V. in Losheim am See gegenüber dem Beklagten auf Rückzahlung der 10.000,- DM Zuschuss zu den Lehrgangskosten sei an die Klägerin abgetreten worden.

15

Die Berufung des Beklagten auf die Nichtwahrung der arbeitsvertraglichen Verfallfrist von zwei Monaten zum Einklagen sei treuwidrig. Die Prozessbevollmächtigte der Klägerin habe im Vertrauen darauf, dass über die Sache zwischen den Anwälten weiter verhandelt wird, der durch den Prozessbevollmächtigten des Beklagten mit Schreiben vom 23.4.2002 erbetenen stillschweigenden Fristverlängerung bis 7.5.2002 zugestimmt, da sie zu Recht habe annehmen dürfen, dass der Prozessbevollmächtigte des Beklagten zum Zeitpunkt seines ersten Ablehnungsschreibens vom 8.3.2002 den Sachverhalt mit dem Beklagten noch nicht umfassend erörtert habe und daher eine weitere Besprechung geführt werden musste. Zudem sei mit dem Anwaltsschreiben des Beklagten vom 23.4.2002 zum geltend gemachten Anspruch keine Stellung genommen worden, dieser also auch nicht abgelehnt worden, so dass eine Frist hier auch nicht zu laufen beginne. Die Bitte des Prozessbevollmächtigten des Beklagten um eine Fristverlängerung, um den Sachverhalt noch einmal mit dem Beklagten zu erörtern, mache nur dann Sinn, wenn über Bestehen oder Nichtbestehen des Anspruches mit dem Beklagten gesprochen werden muss. Mit der erbetenen Fristverlängerung zum 7.5.2002 sei zwischen den Parteien auf Wunsch des Beklagten die Verfallfrist wirksam verlängert worden. Erst mit dem Anwaltsschreiben des Beklagten vom 7.5.2002 sei die Klageforderung endgültig zurückgewiesen worden. Mit der am 28.6.2002 bei dem Arbeitsgericht eingegangenen Klage sei daher die Verfallfrist zum Einklagen gewahrt worden. Es stelle eine unzulässige Rechtsausübung dar, wenn sich der Beklagte bei der hier bestehenden Sachlage nunmehr gleichwohl auf die Nichtwahrung der Verfallfrist zum Einklagen berufe.

16

Die Klägerin beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 28.632,34 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz gemäß § 247 BGB ab dem 26.4.2003 zu zahlen.

17

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

18

Er trägt vor:

19

Die Klageforderung sei bereits verfallen aufgrund der Nichtwahrung der arbeitsvertraglichen Verfallfrist von zwei Monaten zum Einklagen, denn aufgrund des anwaltlichen Ablehnungsschreibens des Beklagten vom 8.3.2002 hätte die Klage noch im Mai 2002 eingehen müssen, der Klageeingang beim Arbeitsgericht erst am 28.6.2002 sei mithin verspätet. Die Berufung des Beklagten auf die Verfallfrist sei nicht treuwidrig, denn der Klägerin sei die Rechtsauffassung des Beklagten hinlänglich bekannt gewesen.

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Die Rückzahlungsklausel sei auch deshalb unwirksam, weil die Fortbildung dazu gedient habe, dem Beklagten Fähigkeiten zu verschaffen, um ihn gemäß dem Arbeitsvertrag als Prüfingenieur einsetzen zu können. Wenn eine Fortbildung allein im Interesse des Arbeitgebers liege und insbesondere der Einarbeitung auf dem

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konkreten Arbeitsplatz diene, dann sei eine Rückzahlungsklausel unwirksam. So liege der Fall auch hier.

22

Er bestreite mit Nichtwissen, dass die Klägerin Zahlungen in der eingeklagten Höhe geleistet habe. Hinsichtlich des Betrages von 10.000,- DM zuzüglich Mehrwertsteuer müsste sich die Klägerin mit dem KÜS e.V. auseinandersetzen, der Beklagte sei insoweit die falsche Partei. Er bestreite die behauptete Abtretung der Forderung des KÜS e.V. an die Klägerin.

23

Wegen des Vorbringens der Parteien im Einzelnen wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

Gründe

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Die Klage ist zulässig.

25

Im Einklang mit dem Bundesgerichtshof hat das Bundesarbeitsgericht in seiner früheren ständigen Rechtsprechung die Auffassung vertreten, dass die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) selbst nicht rechtsfähig und damit nicht parteifähig ist und daher grundsätzlich auch nicht Vertragspartner eines schuldrechtlichen Vertrages wie des Arbeitsvertrages nach den §§ 611 ff BGB sein kann, vielmehr wurde die Arbeitgeberstellung den Gesellschaftern in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit zugesprochen (BAG Urteil vom 6.7.1989, DB 1989, 1973 = NJW 1989, 3034 m.w.N.). Der Bundesgerichtshof hat mit dem grundlegenden Urteil vom 29.1.2001 (NJW 2001, 1056) entschieden, dass die GbR Rechtsfähigkeit besitzt, soweit sie durch Teilnahme am Rechtsverkehr eigene Rechte und Pflichten begründet, in diesem Rahmen ist sie zugleich im Zivilprozess aktiv und passiv parteifähig. Das Arbeitsgericht folgt dieser Rechtsprechung des BGH, denn es gibt keine arbeitsrechtlichen Besonderheiten, die auf dem Gebiet des Arbeitsrechts einer Anerkennung der Arbeitgeberfähigkeit der GbR entgegenstehen (Diller, NZA 2003, 401 (402) [BGH 29.01.2001 - II ZR 331/00][BGH 29.01.2001 - II ZR 331/00] m.w.N.). Dementsprechend hätte im vorliegenden Fall die durch die Gesellschafter der Klägerin erhobene Klage als unbegründet abgewiesen werden müssen, da die Gesellschafter im Aktivprozess der GbR nicht mehr aktiv legitimiert sind (Diller, NZA 2003, 401 (403) [BGH 29.01.2001 - II ZR 331/00][BGH 29.01.2001 - II ZR 331/00]).

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Demgemäß haben die Gesellschafter der Klägerin im Kammertermin am 7.5.2003 nach einem entsprechenden Hinweis des Arbeitsgerichts auf diese Rechtslage einen Parteiwechsel dahingehend vorgenommen, dass nunmehr die Klägerin als GbR selbst die Klageforderung verfolgt.

27

Dieser gewillkürte Parteiwechsel auf Klägerseite ist hier wirksam erfolgt. Das Arbeitsgericht folgt der herrschenden Meinung, wonach sich jedenfalls in erster Instanz ein Parteiwechsel auf Klägerseite im Allgemeinen nach den Regeln über die Klageänderung vollzieht, wobei die fehlende Zustimmung des Beklagten nach § 263 ZPO nicht schadet, wenn das Gericht den Parteiwechsel als sachdienlich zulässt (BGH Urteil vom 27.6.1996, NJW 1996, 2799 m. w. N.).

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Zwar hat der Beklagte dem Parteiwechsel nicht zugestimmt, jedoch hat die Kammer den Parteiwechsel hier für sachdienlich erachtet, zumal bereits im Arbeitsvertrag der Parteien vom 19.10.2000 (Bl. 102 ff d.A.) die GbR selbst als Arbeitgeber bezeichnet wurde.

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Die demnach zulässige Klage ist aber unbegründet.

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Es kann dahingestellt bleiben, ob die Klageforderung begründet ist einschließlich des darin mit enthaltenen und an die Klägerin abgetretenen Anspruches des KÜS e.V. - die erfolgte Abtretung hat das Gericht zugunsten der Klägerin als richtig unterstellt - gegen den Beklagten auf Zurückzahlung des Zuschusses zu den Lehrgangskosten in Höhe von 10.000,- DM zuzüglich Mehrwertsteuer. Alle diese Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis der Parteien sind augrund der Verfallfristen des § 20 des Arbeitsvertrages der Parteien vom 19.10.2000 (Bl. 102 ff d.A.) verfallen, da die

31

Klägerin die zweite Stufe dieser Verfallfristen mit der Frist von zwei Monaten zum Einklagen nicht gewahrt hat.

32

Die Klägerin hat die Klageforderung gegenüber dem Beklagten schriftlich erstmals mit Schreiben vom 7.2.2002 (Bl. 52 f d.A.) geltend gemacht und damit die erste Stufe der arbeitsvertraglichen Verfallfristen mit der hiernach vorgeschriebenen schriftlichen Geltendmachung binnen einer Frist von sechs Monaten seit Fälligkeit gewahrt.

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Hingegen hat die Klägerin nicht die zweite Stufe der Verfallfristen gewahrt, denn hiernach hätte sie ihre Forderung im Falle der Ablehnung durch den Beklagten binnen einer Frist von zwei Monaten einklagen müssen. Der Beklagte hat die mit dem Schreiben der Klägerin vom 7.2.2002 schriftlich geltend gemachte Forderung erstmalig mit dem anwaltlichen Antwortschreiben vom 8.3.2002 (Bl. 55 f d.A.) klar und eindeutig abgelehnt. Dieses Anwortschreiben dürfte bei der Klägerin am Montag, den 11.3.2002, oder spätestens am 12.3.2002 eingegangen sein, den genauen Zugangszeitpunkt hat die Klägerin im Kammertermin nicht anzugeben vermocht. Zur Wahrung der Zweimonatsfrist zum Einklagen hätte die Klage demnach jedenfalls noch im Mai 2002 bei dem Arbeitsgericht eingehen müssen, jedoch ist die Klage per Telefax vorab bei dem Arbeitsgericht Verden erst am 28.6.2002 eingegangen, mithin ist die Frist von zwei Monaten zum Einklagen nicht gewahrt worden.

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Die Berufung des Beklagten auf die Nichtwahrung dieser Klagefrist ist entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin nicht treuwidrig. Eine gegen Treu und Glauben verstoßende und damit gemäß §§ 242, 134 BGB unzulässige Rechtsausübung stellt die Berufung auf eine Ausschlussfrist dann dar, wenn die zum Verfall des Anspruches führende Untätigkeit des Arbeitgebers hinsichtlich der Einhaltung der Verfallfrist durch ein Verhalten des Arbeitnehmers veranlasst worden ist. Der Arbeitnehmer muss also den Arbeitgeber von der Geltendmachung des Anspruchs bzw. der Einhaltung der Verfallfrist abgehalten haben. Das wird angenommen, wenn der Arbeitnehmer durch positives Tun oder durch pflichtwidriges Unterlassen dem Arbeitgeber die Geltendmachung des Anspruchs oder die Einhaltung der Frist erschwert oder unmöglich gemacht hat bzw. an objektiven Maßstäben gemessen den Eindruck erweckt hat, der Arbeitgeber könne darauf vertrauen, dass der Anspruch auch ohne Wahrung einer Ausschlussfrist erfüllt werde. In diesen Fällen setzt sich der Arbeitnehmer in Widerspruch zu seinem eigenen früheren Verhalten, wenn er zunächst den Arbeitgeber zur Untätigkeit veranlasst, und dann, indem er den Verfall geltend macht, aus dieser Untätigkeit einen Vorteil für sich ableiten will (BAG Urteil vom 22.1.1997, DB 1997, 880 m.w.N.).

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Der Beklagte hat sich aber nicht in derartiger Weise treuwidrig verhalten, denn die Klägerin konnte bereits dem ersten anwaltlichen Ablehnungsschreiben des Beklagten vom 8.3.2003 (Bl. 55 f d.A.) entnehmen, dass der Beklagte die Klageforderung klar, eindeutig und endgültig ablehnt. Das zeigt bereits der Wortlaut dieses Schreibens, nach dessen Ziffer 1 gerügt wird: "Die von Ihnen vorgelegte Rechnung lässt in keiner Weise erkennen, wie sich der Rechnungsbetrag in Höhe von 33.167,21 EUR errechnen soll." In der folgenden Ziffer 2 dieses Schreibens heißt es dann: "Hiervon abgesehen besteht unserer Auffassung nach seitens unseres Mandanten keine Zahlungsverpflichtung. Eine wirksame Rückzahlungsklausel besteht nicht."

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Dann hat die Klägerin mit Anwaltsschreiben vom 11.4.2002 (Bl. 16 f d.A.) den Sachverhalt und die Berechnung der Klageforderung näher geschildert und eine Zahlungsfrist bis zum 25.4.2002 gesetzt. Dann hat zwar der Beklagte mit dem anwaltlichen Antwortschreiben vom 23.4.2002 (Bl. 129 d.A.) um stillschweigende Fristverlängerung bis zum 7.5.2002 gebeten, damit der damalige Anwalt des Beklagten die Angelegenheit mit dem Beklagten nochmals erörtern konnte, jedoch ist mit diesem Schreiben keine Zahlung angekündigt oder auch nur in Aussicht gestellt worden. Dem Arbeitsgericht ist es unverständlich, inwiefern die Prozessbevollmächtigte der Klägerin dem Anwaltsschreiben des Beklagten vom 23.4.2002 ein Vertrauen darauf entnommen hat, dass über die Sache zwischen den Anwälten weiter verhandelt wird. Selbst bei einer Auslegung des Schreibens vom 23.4.2002 gemäß §§ 133, 157 BGB unter Zugrundelegung des Empfängerhorizontes der Prozessbevollmächtigten der Klägerin ergibt der gesamte Wortlaut dieses Schreibens keinen hinreichend konkreten Anhaltspunkt auf das von der Klägerin angenommene Vertrauen auf weitere Verhandlungen zwischen den Anwälten. Das Gericht vermag dem Vortrag der Klägerin auch nicht zu entnehmen, aus welchen konkreten Anhaltspunkten die Prozessbevollmächtigte der Klägerin die Annahme hergeleitet hat, dass der damalige Anwalt des Beklagten zum Zeitpunkt seines ersten Ablehnungsschreibens vom 8.3.2002 den Sachverhalt mit dem Beklagten noch nicht umfassend erörtert habe und daher eine weitere Besprechung habe führen müssen. Allein der Wortlaut des anwaltlichen Antwortschreibens des Beklagten vom 23.4.2002 reicht für die von der Klägerin geschilderte Vermutung angesichts des Wortlautes des ersten anwaltlichen Ablehnungsschreibens des Beklagten vom 8.3.2002 mit der hiernach unmißverständlich und definitiv erfolgten Ablehnung der Ansprüche der Klägerin nicht aus. Auch an objektiven Maßstäben gemessen hat der Beklagte mit dem Anwaltsschreiben vom 23.4.2002 keineswegs den Eindruck erweckt, die Klägerin könne darauf vertrauen, dass die Klageforderung auch ohne Wahrung der arbeitsvertraglichen Verfallfrist zum Einklagen erfüllt werde.

Streitwertbeschluss:

Der Streitwert wird auf 28.632,34 EUR festgesetzt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO und die Streitwertfestsetzung in Höhe der Klageforderung auf den §§ 61 Abs. 1 ArbGG, 3 ZPO.

Dr. Fischer