Arbeitsgericht Verden
Urt. v. 20.09.2000, Az.: 1 Ca 123/00

Verfall eines Anspruches auf eine tarifliche Sonderzahlung aus einem Lohntarifvertrag; Tarifbindung an den Tarifvertrag der Metallindustrie; Nachwirkung eines Anerkennungs-Tarifvertrages; Anwendbarkeit eines Lohntarifvertrages auf Grund betrieblicherÜbung

Bibliographie

Gericht
ArbG Verden
Datum
20.09.2000
Aktenzeichen
1 Ca 123/00
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2000, 22417
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:ARBGVER:2000:0920.1CA123.00.0A

Fundstelle

  • AiB 2001, 371-372 (Volltext mit red. LS)

Redaktioneller Leitsatz

  1. 1.

    Bei dem Anspruch auf eine tarifliche Sonderzahlung handelt es sich um einen "übrigen Anspruch" im Sinne von § 27 Abs. 1 b) MTV, der innerhalb von drei Monaten nach Fälligkeit geltend gemacht werden muss. Einer Geltendmachung bedarf es nicht, wenn der Arbeitgeber, etwa durch einen Aushang im Unternehmen, seine grundsätzliche Leistungsbereitschaft zum Ausdruck bringt.

  2. 2.

    Ist ein Arbeitgeber tarifgebunden, so soll die auch nur stillschweigende einzelvertragliche Bezugnahme auf Tarifverträge, z. B. durch betriebliche Übung, regelmäßig zur Gleichstellung der Außenseiter mit den Gewerkschaftsmitgliedern führen. In diesem Fall kann aus der Anwendung wesentlicher Tarifbedingungen, insbesondere aus der Gewährung des Tariflohnes, geschlossen werden, dass das Arbeitsverhältnis insgesamt den einschlägigen Tarifverträgen unterliegen soll, es sei denn, besondere Umstände des Einzelfalles sprächen gegen einen solchen Schluss.

  3. 3.

    Die Reichweite der Verweisung auf Tarifverträge ist anhand der Umstände des Einzelfalles zu ermitteln. Dabei spricht es für eine umfassende Bezugnahme, wenn sich bei der Durchführung des Arbeitsverhältnisses die wesentlichen Arbeitsbedingungen nach den tariflichen Regelungen richten, ohne dass hinsichtlich anderer Arbeitsbedingungen zum Nachteil des Arbeitnehmers von den tariflichen Regelungen abgewichen würde. Die Reichweite der Verweisung auf Tarifverträge ist anhand der Umstände des Einzelfalles zu ermitteln. Dabei spricht es für eine umfassende Bezugnahme, wenn sich bei der Durchführung des Arbeitsverhältnisses die wesentlichen Arbeitsbedingungen (Entgelt, Arbeitszeit, Urlaub) nach den tariflichen Regelungen richten, ohne dass hinsichtlich anderer Arbeitsbedingungen zum Nachteil des Arbeitnehmers von den tariflichen Regelungen abgewichen würde.

In dem Rechtstreit
hat das Arbeitsgericht Verden/Aller
auf die mündliche Verhandlung vom 20. September 2000
durch
den Direktor des Arbeitsgerichts Dr. Fischer als Vorsitzenden und
die ehrenamtlichen Richter Lefers und Kanonenberg als Beisitzer
für Recht erkannt:

Tenor:

  1. 1.

    Unter Abweisung der Klage im Übrigen werden die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 1.499,44 DM brutto nebst 4 % Zinsen auf den sich daraus ergebenden Nettobetrag seit dem 01.11.1999 zu zahlen.

  2. 2.

    Die Kosten des Rechtsstreits haben die Beklagten als Gesamtschuldner zu 99,7 % und der Kläger zu 0,3 % zu tragen.

  3. 3.

    Der Streitwert wird auf 1.504,60 DM festgesetzt.

  4. 4.

    Die Berufung wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über eine restliche tarifliche Sonderzahlung für das Jahr 1998 und weitere Zahlungsansprüche des Klägers aus dem Lohntarifvertrag 1999.

2

Der Kläger war ab 01.01.1995 bis zum 31.12.1998 bei der ... und deren Rechtsvorgängerinnen beschäftigt. Dem lag der Arbeitsvertrag vom 16.12.1994 (Bl. 4 f d.A.) zugrunde, wonach ein Stundenlohn gemäß Tarifgruppe VI zuzüglich Zulagen vereinbart wurde und in dem es u. a. heißt:

"... erhält einen Erholungsurlaub gemäß den Vereinbarungen des Manteltarifvertrages der niedersächsischen Metallindustrie. Sollte im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis das Dienstalter von Bedeutung sein, wird die Zeit vom 20.06.1994 bis 31.12.1994 voll angerechnet."

3

Jeweils aufgrund eines Kaufvertrages übernahmen den Betriebsteil Anlagenbau und somit auch das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger ab 01.01.1999 die Beklagte zu 1) und ab 01.07.1999 die Beklagte zu 2).

4

Der Kläger ist Mitglied der Gewerkschaft IG Metall und war das auch bereits bei Abschluss des Arbeitsvertrages am 16.12.1994. Auch auf der Arbeitgeberseite, bei der ... und deren Rechtsvorgängerinnen, bestand seit 1959/1960 bis zum 31.12.1997 Tarifbindung an die Tarifverträge für die Metallindustrie in Niedersachsen. Das beruhte zuletzt auf dem zwischen den Firmen ..., und der IG Metall Bezirksleitung Hannover mit Wirkung ab 01.04.1996 abgeschlossenen Anerkennungs-Tarifvertrag vom 06.02.1996 (Bl. 6 ff d.A.), dessen §§ 2 und 3 wie folgt lauten:

"§ 2 Anerkennung der Tarifverträge

Die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Tarifvertrages geltenden Tarifverträge für Arbeiter, Angestellte und Auszubildende der Metallindustrie des Tarifgebietes Niedersachsen (ausschließlich nordwestliches Niedersachsen und Osnabrück), abgeschlossen zwischen der Industriegewerkschaft Metall, Vorstand, Bezirksleitung Hannover, und dem Verband der Metallindustriellen Niedersachsens e.V. sind Bestandteil dieses Tarifvertrages. Die geltenden Tarifverträge sind in der Anlage 1 bezeichnet, die Teil dieses Tarifvertrages ist.

§ 3 Rechtsstatus der Tarifverträge

Die in Bezug genommenen Tarifverträge gelten in der jeweils gültigen Fassung und mit dem jeweils gültigen Rechtsstatus.
Werden Tarifverträge oder Teile von ihnen gekündigt, gelten sie auch zwischen den Parteien des Anerkennungstarifvertrages als gekündigt.
Forderungen, die zu den in Bezug genommenen Tarifverträgen gestellt werden, gelten auch gegenüber der Partei dieses Tarifvertrages als gestellt.
Streikfreiheit und Friedenspflicht regeln sich so, als wäre die Firma Mitglied des Arbeitgeberverbandes, der die in Bezug genommenen Tarifverträge abgeschlossen hat.
Zwischen den Parteien finden alle Abkommen, Zusatzabkommen, Vertragsänderungen und -ergänzungen Anwendung, die zwischen den Parteien der mit diesem Vertrag in Bezug genommenen Tarifverträge zu den unter § 2 genannten Tarifverträgen abgeschlossen werden. Dies gilt auch hinsichtlich des Inkrafttretens neuer Tarifbestimmungen, die anstelle der in Bezug genommenen Tarifverträge bzw. Tarifbestimmungen treten."

5

Die Anlage 1 dazu nennt u. a. den Gemeinsamen Manteltarifvertrag vom 17.10.1994, den Lohn- und Gehaltsrahmentarifvertrag vom 17.10.1994, den Tarifvertrag über Löhne, Gehälter und Ausbildungsvergütung vom 21.03.1995 und den Tarifvertrag über Sonderzahlungen vom 05.03.1994.

6

Die gleichen Tarifvertragsparteien schlossen zu diesem Anerkennungs-Tarifvertrag den Änderungs-Tarifvertrag vom 26.09.1996 (Bl. 30 ff d.A.).

7

Die ... kündigte mit Schreiben vom 11.09.1997 den Anerkennungs-Tarifvertrag gegenüber der IG Metall fristgemäß zum 31.12.1997. Ein neuer Tarifvertrag wurde dann nicht mehr abgeschlossen.

8

Die ... teilte den Arbeitnehmern mit Aushang vom 20.11.1998 mit, dass es ihr aufgrund eines erheblichen Auftragseinbruches nicht möglich sei, die tarifliche Sonderzahlung 1998 in diesem Jahr im vollen Umfang zu leisten. Weiter heißt es in diesem Aushang u. a.:

"Mit der November-Abrechnung 1998 erhält der Arbeitnehmer 60 % der ihm nach dem Tarifvertrag zustehenden Sonderzahlung. Davon werden 40 % als Abschlag mit dem November-Abschlag überwiesen. Die Differenz von 40 % der tariflichen Sonderzahlung wird bedingt ausgesetzt und gestundet.

...

Ob die bedingte Aussetzung und die Stundung der 40 % der Sonderzahlung 1998 einzelvertraglich oder kollektivrechtlich erfolgen wird, muß abschließend noch geprüft werden."

9

Ferner enthält der Aushang Ausführungen dahin, dass bei Erreichung bestimmter Betriebsergebnisse mit der März-Abrechnung 1999 eine Nachzahlung bis zu 20 % und mit der Juli-Abrechnung 1999 eine weitere Nachzahlung bis zu 20 % der Sonderzahlung 1998 erfolgen werde.

10

Die Beklagte zu 1) teilte den Arbeitnehmern mit Schreiben vom 08.03.1999 unter Bezugnahme auf den Aushang vom 20.11.1998 folgendes mit:

"Zur Zeit sind die Bedingungen für eine "Nachbesserung" (Umsatz 1998/1999) nicht erfüllt. Aus diesem Grunde erklärt die Geschäftsführung hiermit, sich nicht auf die Ausschlußfrist nach § 27 Abs. 1, Buchstabe "b" des Manteltarifvertrages für die Beschäftigten der niedersächsischen Metallindustrie (Geltendmachung von Ansprüchen) zu berufen, sondern diese auszusetzen. Die Ausschlußfrist endet drei Monate nach der Lohn- und Gehaltsabrechnung für den Monat Juli.""

11

Die Beklagte zu 1) verzichtete durch Aushang vom 28.06.1999 auf die tariflichen Ausschlussfristen für die Geltendmachung der tariflichen Lohn- und Gehaltserhöhung 1999 für die Zeit bis zum 30.09.1999. Durch Aushang vom 15.09.1999 verlängerte sie diese Frist bis zum 31.10.1999.

12

Der Kläger erhielt auf die tarifliche Sonderzahlung 1998 60 % und mit der Lohnabrechnung November 1999 weitere 20 %.

13

Der Kläger machte seine hier eingeklagten Ansprüche gegenüber beiden Beklagten mit dem ihnen spätestens am Folgetag zugegangenen Schreiben vom 25.10.1999 geltend.

14

Der Kläger begehrt mit seiner am 31.01.2000 eingegangenen Klage zuletzt noch die restliche tarifliche Sonderzahlung für 1998 in der rechnerisch unstreitigen Höhe von 354,80 DM brutto und verfolgt Zahlungsansprüche für das erste Halbjahr 1999 aus der Tariflohnerhöhung von 3,2 % gemäß dem ab 01.01.1999 geltenden Tarifvertrag über Löhne, Gehälter und Ausbildungsvergütungen für die Beschäftigten in der Niedersächsischen Metallindustrie vom 19.02.1999 (Lohn-TV).

15

Diese Ansprüche beziffert er wie folgt:

16

Pauschalzahlung für Januar und Februar 1999 in Höhe von 350,00 DM gemäß § 5 Lohn-TV.

17

Die Tariflohnerhöhung gemäß § 2 Lohn-TV ergäbe bei einem bisherigen Lohn im Februar 1999 von 3.225,00 DM einen monatlichen Erhöhungsbetrag von 103,20 DM, mithin für die Monate März bis Juni 1.999.412,80 DM brutto.

18

Die tarifliche Einmalzahlung nach § 6 Lohn-TV mit folgender Berechnung: Februarlohn 1999 3.225,00 DM × 12 × 1 % = 387,00 DM brutto.

19

Mithin betrage seine Gesamtforderung 1.504,60 DM brutto.

20

Zur Begründung trägt der Kläger vor:

21

Seine Ansprüche seien deshalb gerechtfertigt, weil die Tarifverträge der Niedersächsischen Metallindustrie sowohl aufgrund einzelvertraglicher Vereinbarung als auch tarifrechtlich aufgrund des Anerkennungs-Tarifvertrages vom 06.02.1996 anwendbar seien. Der Anerkennungs-Tarifvertrag entfalte nach der Kündigung zum 31.12.1997 Nachwirkung gemäß § 4 Abs. 5 TVG. Die ausdrückliche Regelung im § 3 letzter Absatz des Anerkennungs-Tarifvertrages, wonach die Anwendung der in Bezug genommenen Tarifverträge auch hinsichtlich des Inkrafttretens neuer Tarifbestimmungen gilt, "die anstelle der in Bezug genommenen Tarifverträge bzw. Tarifbestimmungen treten", habe jedenfalls hier zur Folge, dass auch die erst während der Nachwirkung neu abgeschlossenen Tarifverträge und somit auch der Lohn-TV 1999 zumindest so lange anwendbar seien, bis ein neuer Anerkennungs-Tarifvertrag abgeschlossen worden sei.

22

Der Anspruch auf die restliche tarifliche Sonderzahlung 1998 sei nicht aufgrund der Ausschlussfristen verfallen, denn auch wenn der Aushang vom 20.11.1998 keinen ausdrücklichen Verzicht auf die Ausschlussfristen enthalte, so sei ein solcher Verzicht jedenfalls durch das arbeitgeberseitige Schreiben vom 08.03.1999 erfolgt.

23

Der Kläger beantragt,

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger 1.504,60 DM brutto nebst 4 % Zinsen auf den sich daraus ergebenden Nettobetrag seit dem 01.11.1999 zu zahlen.

24

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

25

Sie tragen vor:

26

Der Anspruch auf die restliche Sonderzahlung für 1998 sei mangels rechtzeitiger Geltendmachung innerhalb von drei Monaten nach Fälligkeit und somit spätestens bis zum 01.03.1999 gemäß § 27 Abs. 1 b des Gemeinsamen Manteltarifvertrages für die Beschäftigten in der Niedersächsischen Metallindustrie vom 17.10.1994 (MTV) verfallen. Der Aushang vom 20.11.1998 enthalte keinen Verzicht auf die tariflichen Ausschlussfristen bezüglich der tariflichen Sonderzahlung, sondern lediglich bezüglich der in diesem Aushang zugesagten "bedingten" Sonderzahlung. Gleiches gelte für das arbeitgeberseitige Schreiben vom 08.03.1999.

27

Die auf den Lohn-TV 1999 gestützten Ansprüche seien unbegründet, da dieser Tarifvertrag weder arbeitsvertraglich noch tarifrechtlich auf das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger Anwendung finde.

28

Die Rechtsvorgängerinnen der Beklagten hätten jedenfalls seit dem Abschluss der Haustarifverträge im Jahr 1959/1960 mit den Arbeitnehmern in den schriftlichen Arbeitsverträgen die Tarifverträge der Niedersächsischen Metallindustrie in Bezug genommen im Bewusstsein der eigenen Tarifbindung und in dem Bestreben, alle nicht organisierten Arbeitnehmer den gewerkschaftlich organisierten Arbeitnehmern gleichzustellen, um einheitliche Arbeitsbedingungen sicherzustellen. Die Bezugnahme im Arbeitsvertrag des Klägers auf die Tarifverträge für die Metallindustrie habe aufgrund der schon damals bestehenden beiderseitigen Tarifbindung nur rein deklaratorische und keine konstitutive Bedeutung. Aufgrund des Wegfalles der arbeitgeberseitigen Tarifbindung zum 31.12.1997 könnten daher alle erst nach diesem Zeitpunkt erfolgenden tarifvertraglichen Änderungen keine Anwendung mehr finden.

29

Die Nachwirkung des Anerkennungs-Tarifvertrages vom 06.02.1996 habe lediglich zur Folge, dass bis zu einer Neuregelung die zum Zeitpunkt von dessen Beendigung zum 31.12.1997 geltenden Tarifverträge weitergelten, hingegen seien erst danach abgeschlossene Tarifverträge wie der Lohn-TV 1999 unanwendbar. Der Anerkennungs-Tarifvertrag treffe keine Regelung über den Umfang der Nachwirkung der tarifvertraglichen Regelungen.

30

Die Berechnung sei auch insoweit unzutreffend, da sein Lohn im Februar 1999 3.182,00 DM betragen habe mit der Folge, dass sich nach der Lohnerhöhung ein monatlicher Erhöhungsbetrag von 107,00 DM und damit für die Monate März bis Juni 1999 ein Betrag von 482,00 DM ergäbe. Entsprechend errechne sich für die Einmalzahlung nur ein Betrag von 381,84 DM (Februarlohn 3.182,00 DM × 12 × 1 %).

31

Wegen des Vorbringens der Parteien im Einzelnen wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

32

Die Klage ist zulässig und zum überwiegenden Teil auch begründet.

33

Der Kläger kann von den beiden Beklagten als Gesamtschuldnern die Zahlung von 1.499,44 DM brutto verlangen, die weitergehende Klage war hingegen als unbegründet abzuweisen.

34

Der Kläger kann die restliche Sonderzahlung 1998 in der rechnerisch unstreitigen Höhe von 354,80 DM brutto gemäß dem Tarifvertrag über Sonderzahlungen für die Beschäftigten in der Niedersächsischen Metallindustrie vom 05.12.1996 beanspruchen, die nach dessen § 4 spätestens zum 01.12.1998 fällig war. Zwischen den Parteien besteht kein Streit darüber, dass dieser Sonderzahlungs-Tarifvertrag Anwendung findet aufgrund der bei dem Kläger auch heute noch kraft Organisationszugehörigkeit bestehenden Tarifbindung und kraft der bei den Rechtsvorgängerinnen der beiden Beklagten bis zum 31.12.1997 bestehenden Tarifbindung zuletzt aufgrund des Anerkennungs-Tarifvertrages vom 06.02.1996. Zwar wurde dieser Anerkennungs-Tarifvertrag zum 31.12.1997 gekündigt, jedoch bewirkt dessen Nachwirkung gemäß § 4 Abs. 5 TVG die Weitergeltung der dort mit einer Jeweiligkeitsklausel in Bezug genommenen Tarifverträge und somit auch die Weitergeltung des Sonderzahlungs-Tarifvertrages vom 05.12.1996.

35

Das zwischen den Kläger und der ... und deren Rechtsvorgängerinnen bis zum 31.12.1998 bestehende Arbeitsverhältnis ist aufgrund eines jeweils rechtsgeschäftlich veranlassten Betriebsteilüberganges gemäß § 613 a Abs. 1 S. 1 BGB mit allen Rechten und Pflichten ab 01.01.1999 auf die Beklagte zu 1) und ab 01.07.1999 auf die Beklagte zu 2) übergegangen. Die zwei Beklagten haften als Betriebsteilübernehmer für die vor den jeweiligen Betriebsteilübergängen zum 1.1. bzw. 01.07.1999 entstandene und fällig gewordene Sonderzahlung für das Jahr 1998 als Gesamtschuldner gemäß § 613 a Abs. 2 S. 1 BGB.

36

Der Anspruch ist nicht gemäß § 27 des Gemeinsamen Manteltarifvertrages für die Beschäftigten in der Niedersächsischen Metallindustrie vom 17.10.1994 in der Fassung vom 05.12.1996 (MTV) verfallen.

37

§ 27 MTV lautet:

"Geltendmachung von Ansprüchen:

(1)
Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und dem Ausbildungsverhältnis sind innerhalb folgender Ausschlussfristen nachweislich geltend zu machen:

a.
Ansprüche auf Zuschläge aller Art innerhalb von einem Monat, gerechnet vom Entgeltzahlungstag an, an welchem dem bzw. der Beschäftigten die Abrechnung für den betreffenden Entgeltabrechnungszeitraum ausgehändigt wurde;

b.
Alle übrigen Ansprüche innerhalb von drei Monaten nach ihrer Fälligkeit.

(2)
Ist ein Anspruch rechtzeitig gemäß Ziffer 1 erhoben worden und wird seine Erfüllung nachweislich abgelehnt, so ist der Anspruch innerhalb von drei Monaten seit der Ablehnung gerichtlich geltend zu machen. Eine spätere Geltendmachung ist ausgeschlossen."

38

Bei dem Anspruch auf die tarifliche Sonderzahlung 1998 handelt es sich um einen "übrigen Anspruch" i. S. v. § 27 (1) b) MTV, der innerhalb von drei Monaten nach Fälligkeit und somit spätestens am 01.03.1999 geltend zu machen war.

39

Einer Geltendmachung durch den Kläger bedurfte es indes nicht mehr, da die VEMAG Maschinen- und Anlagenbau GmbH durch den Aushang vom 20.11.1998 zum Ausdruck gebracht hat, dass sie den Anspruch auf die Sonderzahlung 1998 nicht in Abrede stelle, sondern lediglich - wie es heißt - "bedingt ausgesetzt und gestundet" habe. Gerade vor dem Hintergrund der in dem Aushang differenziert dargelegten Modalitäten, nach denen die ... jeweils weitere anteilige Zahlungen bis zu je 20 % im März und Juli 1999 zusagte, hat die ... ihre grundsätzliche Leistungsbereitschaft zum Ausdruck gebracht. Durch die Wendung, dass die Sonderzahlung "gestundet" sei, hat die ... ersichtlich Anspruchsberechtigte davon abgehalten, die Forderung schriftlich geltend zu machen. Eine Stundung stellt eine rechtsgeschäftliche Vereinbarung dar, durch die u. a. die Verjährung gehemmt ist (vgl. § 202 Abs. 1 BGB). Hierzu bedarf es einer Mitwirkungshandlung des Gläubigers. Der Schuldner kann die ihm obliegende Leistung nicht selbst "stunden". ... hat in ihrem Aushang vom 20.11.1998 selbst ausgeführt, es müsse noch geprüft werden, ob "die Stundung der 40 % der Sonderzahlung 1998 einzelvertraglich oder kollektivrechtlich erfolgen wird".

40

Solange der Kläger seinen Anspruch auf die Sonderzahlung für 1998 nicht geltend gemacht hat, lag darin jedenfalls zugleich eine stillschweigende Annahme des durch ... unterbreiteten Angebotes auf Stundung der Forderung (§ 151 BGB). Analog § 202 Abs. 1 BGB lief während des Stundungszeitraumes, der mit dem Schreiben der Beklagten zu 1) vom 08.03.1999 bis 3 Monate nach der Lohnabrechnung für den Monat Juli verlängert wurde, die Ausschlussfrist nicht.

41

Damit folgt das Gericht den überzeugenden Ausführungen in den zwei Urteilen der 3. Kammer des Arbeitsgerichts Verden vom 07.06.2000 3 Ca 103/00 (= LAG Niedersachsen 14 Sa 1362/00) und 3 Ca 1035/99 (= LAG Niedersachsen 10 Sa 1363/00).

42

Der Anspruch ist nicht gemäß § 27 (2) MTV verfallen. Auf die spätestens am Folgetag zugegangene schriftliche Geltendmachung des Klägers vom 10.10.1999 hin haben die Beklagten den Anspruch nicht im Sinne der Vorschrift "nachweislich" abgelehnt. Aus diesem Grund ist bereits die Frist für die gerichtliche Geltendmachung im Sinne des § 27 (2) MTV nicht in Gang gesetzt worden.

43

Der Anspruch ist fällig.

44

Mit dem Geltendmachungsschreiben des Klägers vom 25.10.1999 ist die Stundungsabrede durch den Kläger beendet worden. Der Kläger hat mit jenem Schreiben Zahlung "mit der nächsten Abrechnung" begehrt. Nach diesem Zeitpunkt waren die Beklagten nicht mehr berechtigt, die Zahlung unter Hinweis auf den Aushang vom 20.11.1998 zu verweigern.

45

Die auf den Lohn-TV vom 19.02.1999 gestützten Ansprüche sind nur in folgender Höhe begründet:

  1. a.

    Pauschalzahlung gemäß § 5 Lohn-TV in Höhe von 350,00 DM brutto

  2. b.

    Tariflohnerhöhung gemäß § 2 Lohn-TV für März bis Juni 1999: 412,80 DM brutto

  3. c.

    Einmalzahlung gemäß § 6 Lohn-TV: 381,84 DM brutto.

46

Soweit der Kläger zu b) 412,80 DM errechnet hat, begegnet das keinen Bedenken, da die Beklagte für diese vier Monate sogar eine Differenz von 428,00 DM errechnet hat. Soweit der Kläger zu c) einen höheren Betrag geltend gemacht hat, war die Klage als unbegründet abzuweisen. Insoweit konnte nämlich nur der von den Beklagten genannte Lohn des Klägers für Februar 1999 in Höhe von 3.182,00 DM brutto und die von ihr erfolgte Berechnung der Einmalzahlung von 381,84 DM (Februarlohn 3.182,00 DM × 12 × 1 %) zugrundegelegt werden. Der Kläger hat für den von ihm genannten höheren Februarlohn 1999 trotz Bestreitens keinen Beweis angetreten und darüber hinaus nicht einmal schlüssig dargelegt, welcher Lohn für ihn aufgrund welcher konkreten Lohngruppe vor der Lohnerhöhung 1999 maßgebend war. Insoweit ist sein Vortrag deshalb hinsichtlich der Höhe der Bezifferung - soweit streitig - sogar unschlüssig, so dass die Klage in Höhe von 5,16 DM brutto als unbegründet abzuweisen war.

47

Der Lohn-TV vom 19.02.1999 findet auf das von den Beklagten nach § 613 a Abs. 1 S. 1 BGB mit allen Rechten und Pflichten übernommene Arbeitsverhältnis des Klägers mit ... und deren Rechtsvorgängerinnen sowohl aufgrund einzelarbeitsvertraglicher Vereinbarung als auch tarifrechtlich Anwendung.

48

Es ist unschädlich, dass der schriftliche Arbeitsvertrag des Klägers keine ausdrückliche Bezugnahme auf die Lohntarifverträge der Niedersächsischen Metallindustrie in der jeweils geltenden Fassung enthält, denn diese Lohntarifverträge in der jeweils geltenden Fassung fanden auf das zwischen dem Kläger und ... bis zum 31.12.1998 bestehende Arbeitsverhältnis jedenfalls aufgrund betrieblicher Übung Anwendung. Sie wurden dadurch zum Inhalt des Einzelarbeitsvertrages, der von den Beklagten ab 1.1. bzw. 01.07.1999 nach § 613 a Abs. 1 S. 1 BGB mit allen Rechten und Pflichten übernommen wurde, so dass auch der Lohn-TV 1999 anwendbar ist.

49

Die vertragliche Bezugnahme auf tarifvertragliche Regelungen ist nicht an eine Form gebunden. Sie kann sich auch aus einer betrieblichen Übung oder konkludentem Verhalten der Arbeitsvertragsparteien ergeben. Ist ein Arbeitgeber tarifgebunden, wie das bei den Rechtsvorgängerinnen der zwei Beklagten bis zum 31.12.1997 der Fall war, so soll die auch nur stillschweigende einzelvertragliche Bezugnahme auf Tarifverträge, z. B. durch betriebliche Übung, regelmäßig zur Gleichstellung der Außenseiter mit den Gewerkschaftsmitgliedern führen. In diesem Fall kann aus der Anwendung wesentlicher Tarifbedingungen, insbesondere aus der Gewährung des Tariflohnes, geschlossen werden, dass das Arbeitsverhältnis insgesamt den einschlägigen Tarifverträgen unterliegen soll, es sei denn, besondere Umstände des Einzelfalles sprächen gegen einen solchen Schluss, beispielsweise die tatsächliche Nichtgewährung bestimmter tariflicher Leistungen an Unorganisierte.

50

Die Reichweite der Verweisung auf Tarifverträge ist anhand der Umstände des Einzelfalles zu ermitteln. Dabei spricht es für eine umfassende Bezugnahme, wenn sich bei der Durchführung des Arbeitsverhältnisses die wesentlichen Arbeitsbedingungen (Entgelt, Arbeitszeit, Urlaub) nach den tariflichen Regelungen richten, ohne dass hinsichtlich anderer Arbeitsbedingungen zum Nachteil des Arbeitnehmers von den tariflichen Regelungen abgewichen würde (BAG Urteil vom 19.01.1999, AP Nr. 9 zu § 1 TVG Bezugnahme auf Tarifvertrag).

51

Unter einer betrieblichen Übung versteht man nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (Urteil vom 12.01.1994, NZA 1994, 694 (695) [BAG 21.01.1994 - 5 AZR 41/93][BAG 21.01.1994 - 5 AZR 41/93] m. w. N.) die regelmäßige Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen des Arbeitgebers, aus denen die Arbeitnehmer schließen können, ihnen solle eine Leistung oder Vergünstigung auf Dauer eingeräumt werden. Aus diesem als Willenserklärung, die von den Arbeitnehmer stillschweigend angenommen wird (§ 151 BGB) zu wertenden Verhalten des Arbeitgebers erwachsen vertragliche Ansprüche auf die üblich gewordenen Leistungen. Bei der Anspruchsentstehung ist nicht entscheidend ein Verpflichtungswille des Arbeitgebers, sondern nur die Frage, wie die Erklärungsempfänger die Erklärung oder das Verhalten nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung aller Begleitumstände (§§ 133, 157 BGB) verstehen durften. Eine solche Leistung an die Arbeitnehmer wird durch betriebliche Übung Bestandteil des Arbeitsvertrages (BAG, a.a.O.).

52

Die Beklagten haben selbst vorgetragen, dass ... und deren Rechtsvorgängerinnen mit ihren Arbeitnehmern die Tarifverträge der Niedersächsischen Metallindustrie in den schriftlichen Arbeitsverträgen in Bezug zu nehmen pflegten. Das zeigt, dass ... diese Rechtsvorgängerinnen der Beklagten ganz generell bei der Durchführung der Arbeitsverhältnisse und somit auch bei dem Arbeitsverhältnis des Klägers Entgelt, Arbeitszeit und Urlaub und somit die wesentlichen Arbeitsbedingungen gemäß den tariflichen Regelungen vorzunehmen pflegten. Anhaltspunkte dafür, dass hinsichtlich anderer Arbeitsbedingungen zum Nachteil der Arbeitnehmer von den tariflichen Regelungen abgewichen wurde, sind nicht ersichtlich und von den Beklagten auch nicht dargetan worden. Die Anwendung der Lohntarifverträge in der jeweils geltenden Fassung ist somit auch im Falle des Klägers durch betriebliche Übung Inhalt des Einzelarbeitsvertrages geworden.

53

Unstreitig waren bei Abschluss des Arbeitsvertrages und auch in der Folgezeit bis zum 31.12.1997 sowohl der Kläger; der das auch heute noch ist, als auch der Arbeitgeber - die Rechtsvorgängerinnen der Beklagten - tarifgebunden. Sinn und Zweck einer ausdrücklichen oder durch betriebliche Übung begründeten vertraglichen Bezugnahmeklausel auf die einschlägigen Tarifverträge ist es, die unorganisierten mit den tarifgebundenen Arbeitnehmern gleich zu behandeln. Dabei werden diese vertraglichen Bezugnahmeklauseln unabhängig davon verwendet, ob seitens des Arbeitnehmers Tarifbindung vorliegt oder nicht, schon, um nicht nach etwaigen Gewerkschaftszugehörigkeiten fragen zu müssen. Der Zweck der vertraglichen Bezugnahme auf die einschlägigen Tarifverträge besteht somit regelmäßig in der vertraglichen Zusammenfassung derjenigen Arbeitsbedingungen, die für die tarifgebundenen Arbeitnehmer kraft Tarifvertrages (§ 3 Abs. 1 TVG) in den Betrieben gelten.

54

Somit ist die arbeitsvertraglich vereinbarte Abrede der Geltung der jeweiligen Lohntarifverträge bei Tarifbindung des Arbeitgebers oder gar beiderseitiger Tarifbindung wie hier im Zweifel als sogenannte Gleichstellungsabrede auszulegen (BAG Urteil vom 04.09.1996, AP Nr. 5 zu § 1 TVG Bezugnahme auf Tarifvertrag; BAG Urteil vom 24.11.1999, NZA 2000, 435 (437) [BAG 24.11.1999 - 4 AZR 666/98][BAG 24.11.1999 - 4 AZR 666/98] m.w.N.). Die arbeitsvertragliche Bezugnahme der jeweils geltenden Lohntarifverträge der Niedersächsischen Metallindustrie hat daher hier nur eine deklaratorische Bedeutung, da damit die aufgrund der damaligen beiderseitigen Tarifbindung ohnehin geltende Rechtslage wiedergegeben werden sollte (Schaub, Arbeitsrechtshandbuch, 9. Auflage 2000, § 208 I 3).

55

Hiervon zu unterscheiden ist aber die Frage, ob die Bezugnahme-Abrede in der Situation eine konstitutive Bedeutung erlangt, in der die Normen des Tarifvertrages nicht mehr kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit gelten. Diese Frage ist zu bejahen, sofern der Zweck der Bezugnahme-Abrede - wie hier - darin liegt, eine Gleichstellung der nicht organisierten mit den organisierten Arbeitnehmern herbeizuführen, falls keine abweichenden Anhaltspunkte erkennbar sind (Oetker, in: Wiedemann, TVG, 6. Auflage 1999, § 3 Rz. 232).

56

Solche abweichenden Anhaltspunkte sind der Kammer nicht ersichtlich. Daher hat hier die arbeitsvertragliche Bezugnahme der Geltung der jeweiligen Lohntarifverträge mit dem Wegfall der arbeitgeberseitigen Tarifbindung zum 31.12.1997 aufgrund der Kündigung des Anerkennungs-Tarifvertrages vom 06.02.1996 zu diesem Termin konstitutive Bedeutung erlangt, so dass nunmehr auch der Lohn-TV 1999 mit konstitutiver Wirkung zum Inhalt des Einzelarbeitsvertrages der Parteien gehört.

57

Auch tarifrechtlich ergibt sich das gleiche Ergebnis.

58

Die Kündigung des Anerkennungs-Tarifvertrages vom 06.02.1996 durch ... zum 31.12.1997 führt jedenfalls im vorliegenden Fall nicht dazu, dass auf das Arbeitsverhältnis des Klägers nach diesem Termin nur der Lohn-TV in der zum 31.12.1997 geltenden Fassung anzuwenden wäre.

59

Der Anerkennungs-Tarifvertrag vom 06.02.1996 enthält eine dynamische Verweisung auf die dort in der Anlage genannten Tarifverträge und somit auch auf den einschlägigen Lohntarifvertrag. Nach § 4 Abs. 5 TVG gelten nach Ablauf eines eine dynamische Verweisung enthaltenden Tarifvertrages die in Bezug genommenen Normen in der bei Ablauf der Verweisungsnorm geltenden Fassung weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden. Das gilt auch dann, wenn die in Bezug genommenen Tarifnormen geändert werden. Die bei Kündigung des Tarifvertrages bestehende Situation wird eingefroren (BAG Urteil vom 24.11.1999, NZA 2000, 435 (436) [BAG 24.11.1999 - 4 AZR 666/98][BAG 24.11.1999 - 4 AZR 666/98] m.w.N.).

60

Abweichend davon ist aber hier die Besonderheit zu berücksichtigen, dass unter § 3 letzter Absatz des Anerkennungs-Tarifvertrages vom 06.02.1996 die Anwendung der in Bezug genommenen Tarifverträge auch hinsichtlich des Inkrafttretens neuer Tarifbestimmungen vereinbart wurde, "die anstelle der in Bezug genommenen Tarifverträge bzw. Tarifbestimmungen treten". Das hat zur Folge, dass jedenfalls im vorliegenden Fall ausnahmsweise auch die erst im Nachwirkungszeitraum des § 4 Abs. 5 TVG neu abgeschlossenen Lohntarifverträge und somit auch der Lohn-TV 1999 anzuwenden sind. Wenn die Nachwirkung des zum 31.12.1997 gekündigten Anerkennungs-Tarifvertrages sich lediglich auf die zum Zeitpunkt von dessen Beendigung geltenden Tarifverträge beziehen sollte, dann hätte die ausdrückliche Regelung im letzten Absatz des § 3 des Anerkennungs-Tarifvertrages unterbleiben können, denn dann wäre die Jeweiligkeitsklausel des § 3 Abs. 1 des Anerkennungs-Tarifvertrages ausreichend gewesen.

61

Das Gericht verkennt nicht die hieraus resultierenden schwerwiegenden Auswirkungen für die Arbeitgeberseite. Die Beklagten müssen sich indessen entgegenhalten lassen, dass ihre damals handelnde Rechtsvorgängerin bereits bei Abschluss des Anerkennungs-Tarifvertrages vom 06.02.1996 angesichts der eindeutigen Formulierungen unter § 3 letzter Absatz dieses Tarifvertrages erkennen konnte und musste, welche weitreichenden Folgerungen und Auswirkungen dieser Vertragspassus auch nach einer Kündigung des Anerkennungs-Tarifvertrages mit dem dadurch herbeigeführten Wegfall der arbeitgeberseitigen Tarifbindung entfalten würde. Zudem bleibt es der Arbeitgeberseite trotz der Nachwirkung des Anerkennungs-Tarifvertrages gemäß § 4 Abs. 5 TVG unbenommen, diese Tarifnormen auf der tarifvertraglichen oder auch auf der einzelvertraglichen Ebene durch eine andere Abmachung im Sinne des § 4 Abs. 5 TVG zu ersetzen.

62

Der Kläger hat auch die auf dem Lohn-TV 1999 basierenden Ansprüche rechtzeitig gemäß § 27 MTV mit seinem bereits o. g. und den beiden Beklagten unstreitig noch im Oktober 1999 zugegangenen Geltendmachungsschreiben geltend gemacht, nachdem zuvor die Beklagte zu 1) mit ihren Aushängen vom 28.6. und 15.09.1999 auf die Wahrung der tariflichen Ausschlussfristen bezüglich der aus dem Lohn-TV 1999 resultierenden Ansprüche für die Zeit bis zum 31.10.1999 verzichtet hat. Auch bezüglich dieser Ansprüche ist die Frist für die gerichtliche Geltendmachung nach § 27 Abs. 2 MTV nicht in Gang gesetzt worden, da die Beklagten auf die im Oktober 1999 zugegangene schriftliche Geltendmachung des Klägers hin diese Ansprüche nicht "nachweislich" abgelehnt haben.

63

Auch für die auf dem Lohn-TV 1999 basierenden Ansprüche haften die Beklagten als Gesamtschuldner nach § 613 a Abs. 2 S. 1 BGB.

64

Der Zinsanspruch rechtfertigt sich wegen Verzuges der Beklagten aus den §§ 284, 288 Abs. 1 S. 1 BGB.

65

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 S. 1 ZPO.

66

Die Berufung war nicht besonders zuzulassen, da ein Grund dafür gemäß § 64 Abs. 3 ArbGG nicht vorliegt, was in den Tenor der vorliegenden Entscheidung aufzunehmen war gemäß § 64 Abs. 3 a ArbGG, der eingefügt wurde durch das ab 01.05.2000 in Kraft getretene Arbeitsgerichts- Beschleunigungsgesetz vom 30.03.2000 (BGBl. I 2000, 333). Im Übrigen wird auf die beigefügte Rechtsmittelbelehrung verwiesen.

67

Da das Gericht die Berufung nicht besonders zugelassen hat, kann gegen dieses Urteil gemäß § 64 Absatz 2 Arbeitsgerichtsgesetz Berufung nur eingelegt werden, wenn

  1. 1.

    der Wert des Beschwerdegegenstandes 1200 Deutsche Mark übersteigt

    oder

  2. 2.

    es sich um eine Rechtsstreitigkeit über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses handelt.

68

Soweit die Voraussetzungen zu 1) oder 2) nicht vorliegen, ist gegen das Urteil ein Rechtsmittel nicht gegeben.

Streitwertbeschluss:

Der Streitwert wird auf 1.504,60 DM festgesetzt.

Die Streitwertfestsetzung in Höhe des Wertes der Klageforderung beruht auf den §§ 61 Abs. 1 ArbGG, 3 ZPO.