Amtsgericht Wolfenbüttel
Urt. v. 11.11.2014, Az.: 17 C 230/14

Bibliographie

Gericht
AG Wolfenbüttel
Datum
11.11.2014
Aktenzeichen
17 C 230/14
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2014, 42445
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Tenor:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kläger tragen die Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, soweit nicht der Beklagte vor Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Kläger machen gegen die Beklagten Ansprüche aus einer Indexmietvereinbarung geltend.

Die Beklagten sind seit dem 1. Dezember 2007 Mieter der den Klägern gehörenden Wohnung mit der postalischen Anschrift „Im ... 18, 38304 Wolfenbüttel“. Die Wohnung besteht aus drei Zimmern, einer Küche, einer Essdiele, einem Bad, einem Duschbad, einer Loggia mit Abstellraum, einem Keller, und einem PKW-Einstellplatz auf dem Grundstück.

In dem am 16.10.2007 geschlossenen Mietvertrag heißt es unter § 4 Ziff. 2. „Indexmiete“:

„Die vereinbarte Miete bleibt mindestens ein Jahr unverändert und verändert sich im gleichen Verhältnis entsprechend der Änderung des vom Statistischen Bundesamt ermittelten Verbraucherpreisindexes Deutschland Basis 2000. Die geänderte Miete gilt nach Erklärung des Vermieters in Textform, welche die eingetretene Änderung des Preisindexes sowie die jeweilige Miete oder die Erhöhung in einem Geldbetrag angibt, mit Beginn des übernächsten Monats nach Zugang der Erklärung […].“

Für den weiteren Inhalt der Bestimmung wird auf Blatt 3 des Mietvertrages (Anlage K 1) verwiesen.

Mit Schreiben vom 20.03.2014 verlangten die Kläger, vertreten durch den Hausverwalter, dem Bruder der Klägerin zu 2), ab Mai 2014 eine um 37 Euro erhöhte Netto-Miete.

Mit Schreiben vom 30.04.2014 lehnten die Beklagten die Zahlung eines höheren Mietzinses ab.

Die Kläger machen mit der Klage die von ihnen geforderte Mieterhöhung für die Monate Mai und Juni 2014 geltend.

Sie beantragen,

die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an die Kläger einen Betrag in Höhe von 74 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus einem Betrag in Höhe von 37 Euro ab dem 05.05.2014 und aus einem Betrag in Höhe von weiteren 37 Euro ab dem 04.06.2014 zu zahlen.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Sie meinen, die Indexmietvereinbarung sei unwirksam.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet.

Die Kläger haben keinen Anspruch gegen die Beklagten auf Zahlung von 74 Euro aus § 4 Ziff. 2 des Mietvertrages in Verbindung mit dem Verbraucherpreisindex Deutschland Basis 2000.

Die Klausel ist gem. § 307 Abs. 1, 2 Nr. 1 BGB unwirksam.

Bei den Bestimmungen des Mietvertrages handelt es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne des § 305 Abs. 1 BGB, die auch wirksam in den Mietvertrag einbezogen worden sind.

Die Unwirksamkeit der Indexmietvereinbarung ergibt sich nicht aus §§ 309, 308 BGB, so dass § 307 BGB Anwendung findet.

Aus § 557 b Abs. 1 BGB folgt, dass die Mietvertragsparteien schriftlich vereinbaren können, dass die Miete durch den vom Statistischen Bundesamt ermittelten Preisindex für die Lebenshaltung aller privaten Haushalte bestimmt wird.

Gem. § 557 b Abs. 4 BGB sind zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarungen unwirksam.

Aus der hier streitgegenständlichen Vereinbarung ergibt sich, dass lediglich auf Erklärung des Vermieters die Anpassung der Miete an den Preisindex stattfindet. Hierbei handelt es sich um eine Einseitigkeitsklausel, die in Formular-Mietverträgen unwirksam ist (BeckOK BGB/Schüller BGB § 557 b Rn. 21).

Entgegen der Rechtsauffassung des Amtsgericht Gifhorn (33 C 716/10 (XVII)) spielt es in diesem Zusammenhang keine Rolle, dass eine Mietanpassung für den Mieter in der Klausel nicht ausgeschlossen ist. Denn aus § 557 b Abs. 3 BGB ergibt sich ausdrücklich, dass eine Änderung der Miete durch Erklärung in Textform geltend gemacht werden muss. Im Zusammenhang mit § 557 b Abs. 1 BGB muss § 557 b Abs. 3 BGB so verstanden werden, dass sowohl Mieter als auch Vermieter durch Erklärung gegenüber dem jeweils anderen Vertragspartner die Miete an den Preisindex anpassen können.

Aus der Formulierung in der streitgegenständlichen Klausel folgt hingegen, dass lediglich aufgrund einer Erklärung des Vermieters eine Anpassung stattfinden kann. Allein aus dem Sinn und Zweck der Regelung im Mietvertrag muss entnommen werden, dass es dem Verwender dieser Vorschrift darum ging, die Anpassung allein durch Erklärung des Vermieters zu erreichen. Dies insbesondere, da die Klausel fast den Gesetzeswortlaut des § 557 b BGB wiedergibt, mit Ausnahme des § 557 b Abs. 3 BGB.

Wenn das Amtsgericht Gifhorn daher ausführt, die Grundlage der Klausel fände sich in vollem Umfang in 557 b BGB wieder, so kann dies nicht überzeugen, da die Formulierung von § 557 b Abs. 3 BGB abweicht und daraus für den Mieter jedenfalls Rechtsunsicherheit folgt.

Schon aus der Gesetzesbegründung folgt, dass zwar der Hauptanwendungsfall der Vorschrift die Mieterhöhung bei einer Indexsteigerung ist. Die Vorschrift ist aber auch bei Mietsenkungen anwendbar (BT DS 14/4553 S. 53). Da eine Mietsenkung hauptsächlich im Interesse des Mieters steht, muss es für den Mieter auch erkennbar sein, dass er eine solche Mietsenkung durch eigene Erklärung erreichen kann.

Mangels Hauptforderung haben die Kläger keinen Anspruch auf die geltend gemachten Nebenforderungen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Gemessen an dem Streitwert des Rechtsstreits, wäre dieser nicht berufungsfähig. Die Berufung war allerdings gem. § 511 Abs. 4 ZPO zuzulassen.

Die Kläger sind durch das Urteil mit nicht mehr als 600 Euro beschwert. Ferner hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung. Eine Sache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn sie entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfragen aufwirft, die sich über den Einzelfall hinaus in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen können und deshalb für die Allgemeinheit von besonderer Bedeutung sind (BeckOK ZPO/Kessal-Wulf ZPO § 543 Rn. 19-22).

Die hier streitgegenständliche Regelung wurde in einer Vielzahl von Mietverträgen, zumindest im Bezirk des Oberlandesgerichts Braunschweig verwendet. Die Klärung der Wirksamkeit einer solchen Klausel ist daher für die Allgemeinheit von besonderer Bedeutung.