Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 20.06.2019, Az.: 2 Ws 154/19
Kein Erfordernis der Einholung eines Prognosegutachtens für Anordnung der elektronischen Aufenthaltsüberwachung in der Führungsaufsicht; Anordnung der elektronischen Aufenthaltsüberwachung in der Führungsaufsicht auch ohne gleichzeitige aufenthaltsbezogene Weisung
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 20.06.2019
- Aktenzeichen
- 2 Ws 154/19
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2019, 27480
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Hannover - 08.05.2019 - AZ: 29 StVK 34/19
Rechtsgrundlagen
- StGB § 66 Abs. 3 S. 1
- StGB § 68b Abs. 1 S. 1 Nr. 12
- StGB § 68b Abs. 1 S. 3 Nr. 3
Amtlicher Leitsatz
1. Zur Prüfung, ob im Sinne des § 68b Abs. 1 S. 3 Nr. 3 StGB die Gefahr der Begehung der in § 66 Abs. 3 Satz 1 StGB genannten Straftaten droht, ist die Einholung eines auf diese Fragestellung bezogenen Prognosegutachtens gesetzlich nicht vorgeschrieben. Auch im Hinblick auf die Amtsaufklärung ist sie entbehrlich, wenn im Einzelfall ohne ein solches Gutachten eine hinreichende Prognosegrundlage besteht.
2. Die elektronische Aufenthaltsüberwachung ist nicht zwingend an eine aufenthaltsbezogene Weisung geknüpft. Auch ohne eine solche Weisung kann sie spezialpräventive Wirkung entfalten.
Tenor:
1. Auf die Beschwerde des Verurteilten werden Ziffer 5 und 6 des Beschlusses der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Hannover vom 08.05.2019 (29 StVK 34/19) wie folgt abgeändert:
"5. Dem Verurteilten wird gemäß § 68b Abs. 1 Nr. 3 StGB die Weisung erteilt, keinen Kontakt zu Kindern und Jugendlichen unter 16 Jahren aufzunehmen, mit ihnen nicht zu verkehren, sie nicht zu beschäftigen, auszubilden oder zu beherbergen, solange nicht eine weitere erwachsene Person ununterbrochen wach anwesend ist.
6. Dem Verurteilten wird gemäß § 68b Abs. 1 Nr. 7 StGB die Weisung erteilt,
a. sich während der ersten 6 Monate der Führungsaufsicht einmal wöchentlich und anschließend nach näherer Weisung bei seiner Bewährungshelferin zu melden,
b. sich während der ersten 6 Monate der Führungsaufsicht alle zwei Wochen und anschließend monatlich bei seinem polizeilichen KURS-Sachbearbeiter zu melden."
Die weitergehende Beschwerde des Verurteilten wird als unbegründet verworfen.
2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Verurteilte.
Gründe
I.
Zum Zeitpunkt der Entscheidung der Strafvollstreckungskammer hat sich der Verurteilte im Strafvollzug der JVA ... befunden.
1.
Ausweislich des Vollstreckungsblatts der JVA ... - Standnummer 11 - vom 04.11.2015 befand sich der Verurteilte dort seit dem 05.06.2014 wie folgt in Haft:
a. Am 05.06.2014 erfolgte die Aufnahme zum Vollzug von Untersuchungshaft für das Verfahren der Staatsanwaltschaft Verden 531 Js 22373/14, die bis zum 20.08.2015 vollzogen wurde.
b. Im Anschluss erfolgte vom 21.08.2015 bis 16.10.2016 die Vollstreckung der Reststrafen aus Verurteilungen des Landgerichts Verden vom 14.11.1990 zu 3 Jahren Jugendstrafe und vom 06.09.1995 zu 3 Jahren und sechs Monaten Gesamtfreiheitsstrafe. Neben der Verurteilung zu den jeweiligen Strafen ist jeweils auch die Unterbringung des Verurteilten in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß § 63 StGB angeordnet worden.
Die mit Unterbrechungen zur Vollstreckung von Freiheitsstrafen vollzogene Unterbringung des Verurteilten in einem psychiatrischen Krankenhaus wurde durch Entscheidung der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Münster am 12.03.2013 für erledigt erklärt und der Verurteilte am 26.03.2013 entlassen. Die Strafreste der vorgenannten Verurteilungen zu Jugend- und Freiheitsstrafe wurden für vier Jahre zur Bewährung ausgesetzt. Gemäß § 67d Abs. 6 S. 2 StGB ist Führungsaufsicht eingetreten. Die Strafaussetzung zur Bewährung ist im Jahr 2015 widerrufen worden.
Im Einzelnen:
(1) Urteil des Landgerichts Verden vom 14.11.1990.
Mit diesem Urteil war der Verurteilte wegen sexuellen Missbrauchs in Tateinheit mit sexueller Nötigung zu einer Jugendstrafe von drei Jahren verurteilt worden. Einbezogen wurde die Strafe aus der Verurteilung des Landgerichts Verden vom 31.01.1990, in der er wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in zwei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit sexueller Nötigung und wegen gemeinschaftlichen Diebstahls zu einer Jugendstrafe von 2 Jahren verurteilt worden war sowie seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß § 63 StGB wegen einer psychischen Devianz im Sexualverhalten angeordnet worden war.
Der Verurteilung vom 31.01.1990 lag hinsichtlich der Sexualdelikte folgendes Geschehen zu Grunde:
Am 23.08.1989 zog der Verurteilte ein achtjähriges Mädchen in ein Gebüsch, wo er das Kind und sich selbst entkleidete. Er steckte seinen Penis in den Mund des Kindes, zog ihn kurz vor dem Samenerguss wieder heraus und ejakulierte auf den Boden.
Am 30.06.1989 lockte der Verurteilte einen 11jährigen Jungen in ein Gebüsch, entkleidete das Kind, legte sich auf dessen Rücken und führte beischlafähnliche Bewegungen bis zum Samenerguss auf dem Rücken des Kindes aus, nachdem er zuvor vergeblich versucht hatte, anal einzudringen.
In Vollzug der Anordnung der Unterbringung gemäß § 63 StGB befand sich der Verurteilte seit dem 31.01.1990 im Landeskrankenhauses .... Am 30.04.1990 gelang ihm die Flucht.
Der Verurteilung vom 14.11.1990 lag folgendes Geschehen zu Grunde:
Unmittelbar nach seiner Flucht sprach der Verurteilte am frühen Morgen des 30.04.1990 in N. einen 11jährigen Jungen an, den er zunächst mittels eines Vorwands und dann durch Androhung von Schlägen dazu brachte, ihm zu folgen. Auf einem Gartengrundstück zog er sich und den Jungen aus, hielt ihm den Mund zu und versuchte, den Analverkehr mit dem Kind durchzuführen. Als ihm dies nicht gelang, legte er sich auf den Rücken des Jungen und onanierte bis zum Samenerguss. Anschließend stellte er sich selbst der Polizei.
(2) Urteil des Landgerichts Verden vom 06.09.1995
Mit diesem Urteil war der Verurteilte wegen sexueller Nötigung in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch eines Kindes sowie versuchter schwerer räuberischer Erpressung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe ursprünglich 3 Jahren und 6 Monaten verurteilt worden.
Der Verurteilung lag hinsichtlich des Sexualdelikts folgendes Geschehen zu Grunde:
Im Zuge einer Entweichung im August 1994 aus der seit 1990 im damaligen Landeskrankenhaus ... vollzogenen Unterbringung gemäß § 63 StGB sprach der Verurteilte am 03.08.1994 in N. einen 13jährigen Jungen an, den er zunächst mittels eines Vorwands dazu brachte, ihm in ein Waldstück zu folgen. Dort hielt er ihn fest, rieb seinen Körper an dem des Jungen und forderte ihn zum Küssen auf. Auf einen Fluchtversuch reagierte er mit der Drohung des Einsatzes eines Messers. Dann zog er den Jungen aus, nahm dessen Penis in den Mund und rieb dann seinen eigenen Penis an dem des Kindes bis zum Samenerguss auf den Bauch des Jungen. Im Urteil wurde festgestellt, dass der Verurteilte aufgrund einer schweren Persönlichkeitsstörung wegen seiner sexuellen Devianz zum Tatzeitpunkt im Zustand des § 21 StGB gehandelt hatte.
c. Im Anschluss erfolgte vom 17.10.2016 bis zum Zweidrittelzeitpunkt am 05.09.2017 die Vollstreckung einer ursprünglich zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe von 1 Jahr und 4 Monaten aus der Verurteilung des Amtsgerichts Paderborn vom 15.01.2013, in der der Verurteilte wegen Besitzes kinderpornographischer Schriften verurteilt worden war.
Der Verurteilung liegt folgendes Geschehen zu Grunde:
Am 23.01.2012 wurden auf dem Laptop und Handy des Verurteilten, der sich zu dieser Zeit zum Vollzug einer Unterbringung nach § 63 StGB im Zentrum für Forensische Psychiatrie ... befunden hat, kinderpornographische Inhalte gefunden.
Die Strafaussetzung wurde widerrufen.
d. Nach Unterbrechung der Vollstreckung der vorgenannten Strafe zum Zweidrittelzeitpunkt erfolgte ab dem 06.09.2017 die Vollstreckung des nach Anrechnung der erlittenen Untersuchungshaft (s. Ziff. 1) verbleibenden Strafrests von 442 Tagen aus der Verurteilung des Landgerichts Verden vom 24.03.2015 (3 KLs 531 Js 22373/14 (6/14)), mit der der Verurteilte mit einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren 6 Monaten wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes belegt wurde.
Dem liegt folgendes Tatgeschehen zugrunde:
Am 01.01.2014 drängte der Verurteilte einen 13jährigen Jungen, der anlässlich einer Silvesterfeier bei ihm übernachtet hatte, dazu, sich auszuziehen. Dann manipulierte der Verurteilte am Penis des Kindes und erklärte hierzu, er wolle ihm zeigen, "wie man sich richtig einen runterholt". Danach forderte er den Jungen auf, dies nun auch bei ihm, dem Verurteilten, durchzuführen, wobei er sich seine Boxershorts auszog. Der Junge lehnte dies ab und verließ kurz darauf die Wohnung des Verurteilten.
e. Seine Zustimmung zur Entlassung nach Erreichen des gemeinsamen Zweidrittelzeitpunkt dieser und der vorgenannten Strafe nahm der Verurteilte nach mündlicher Anhörung am 17.01.2018 zurück.
Daraufhin wurde die Strafe aus dem Urteil des Landgerichts Verden bis zum 19.12.2018 vollständig vollstreckt.
f. Im Anschluss erfolgte vom 20.12.2018 bis zum 01.06.2019 die vollständige Verbüßung der Strafe aus dem unter Ziff. 3 angeführten Urteil des Amtsgerichts Paderborn.
2.
Neben den der aktuellen Vollstreckung zugrundeliegenden Verurteilungen ist der Angeklagte, soweit im Hinblick auf Sexualdelikte von Belang, noch wie folgt in Erscheinung getreten:
Am 04.11.1987 verwarnte ihn das Amtsgericht N. wegen sexuellen Missbrauchs eines Kindes sowie Diebstahls einer geringwertigen Sache mit einer richterlichen Weisung. Der Entscheidung lag bezüglich des Sexualdelikts zu Grunde, dass der Angeklagte einem vierjährigen Mädchen, das er von einem Spielplatz weggelockt und teilweise entkleidet hatte, seinen erigierten Penis gezeigt hatte.
3.
Mit dem Beschluss vom 08.05.2019 hat die Strafvollstreckungskammer den Eintritt der Führungsaufsicht mit der zum 01.06.2019 anstehenden Entlassung aus dem Strafvollzug gemäß § 68f Abs. 1 StGB festgestellt und die Führungsaufsicht ausgestaltet.
Die Dauer der Führungsaufsicht wurde auf 5 Jahre festgesetzt. Dem Verurteilten wurde u. a. aufgegeben:
- gemäß § 68b Abs. 1 Nr. 3 StGB keinen Kontakt zu Minderjährigen aufzunehmen, mit ihnen nicht zu verkehren, sie nicht zu beschäftigen, auszubilden oder zu beherbergen, solange nicht eine weitere erwachsene Person ununterbrochen wach anwesend ist (Ziff. 5 des Beschlusses),
- gemäß § 68b Abs. 1 Nr. 7 StGB sich während der ersten 6 Monate der Führungsaufsicht einmal wöchentlich und anschließend nach näherer Weisung der Bewährungshelferin zu melden und sich ferner zu bestimmten Zeiten nach näherer Weisung des polizeilichen KURS-Sachbearbeiters bei diesem persönlich zu melden (Ziff. 6 des Beschlusses),
- gemäß § 68b Abs. 1 Nr. 12 StGB sich die für eine elektronische Überwachung seines Aufenthaltes erforderlichen technischen Mittel anlegen zu lassen, ständig in betriebsbereitem Zustand bei sich zu führen und deren Funktionsfähigkeit nicht zu beeinträchtigen. Er wurde darüber hinaus angewiesen, sofern ihm für diesen Zweck ein Telekommunikationsmittel wie etwa ein Mobiltelefon zur Verfügung gestellt wurde, dieses ständig in betriebsbereitem Zustand mit sich zu führen und so die persönliche Erreichbarkeit sicherzustellen (sog "elektronische Fußfessel") (Ziff, 10 des Beschlusses),
- gemäß § 68b Abs. 2 StGB die "Home-Unit" in seiner Wohnung aufstellen zu lassen und an der Beseitigung von Störungen durch den zuständigen Vor-Ort-Service mitzuwirken. Sobald die technischen Voraussetzungen vorliegen, wird die Führungsaufsichtsstelle den Verurteilten auffordern, die erforderlichen technischen Mittel zu einem bestimmten Termin an einem bestimmten Ort entgegenzunehmen; der Verurteilte hat dieser Aufforderung nachzukommen (Ziff. 11 des Beschlusses).
Gegen den seiner Verteidigerin am 13.05.2019 zugestellten Beschluss hat der Verurteilte mit bei Gericht am 19.05.2019 eingegangenem Schreiben zunächst sofortige Beschwerde eingelegt. Nach Vorlage der Akten an den Senat mit Verfügung des Landgerichts vom 22.05.2019 hat die Verteidigerin mit Schreiben vom 05.06.2019 klargestellt, dass nur das Rechtsmittel der einfachen Beschwerde erhoben werde. Mit der Beschwerde wird insbesondere gerügt:
- Die Weisung nach § 68b Abs. 1 Nr. 3 StGB (Ziff. 5 des Beschlusses) entspreche nicht dem Gesetzeswortlaut.
- Die Weisung nach § 68b Abs. 1 Nr. 7 StGB (Ziff. 6 des Beschlusses) sei hinsichtlich der Meldepflicht bei dem polizeilichen KURS-Sachbearbeiter zu unbestimmt, insoweit müsse ein Meldeturnus bestimmt werden. Zudem sehe das Gesetz nur die Möglichkeit einer Weisung vor, nach der sich der Verurteilte alternativ - nicht kumulativ - bei der Aufsichtsstelle, einer bestimmten Dienststelle oder der Bewährungshilfe melden müsse.
- Die Weisung nach § 68b Abs. 1 Nr. 12 StGB (Ziff. 10) sei nicht erforderlich. Gegen den Verurteilten seien entgegen der Ausführungen im Beschluss keine Weisungen, bestimmte Orte aufzusuchen oder diese nicht zu verlassen, erteilt worden. Aus diesem Grund sei die elektronische Fußfessel auch technisch ungeeignet, die Einhaltung dieser Weisungen zu überwachen. Es sei daneben unzutreffend, dass die elektronische Fußfessel aufgrund des dadurch gesteigerten Entdeckungsrisikos im Falle der erneuten Begehung von Straftaten eine abschreckende Wirkung auf den Verurteilten habe. Schließlich begegne Bedenken, dass die erforderliche Gefahrprognose ohne erneute Einholung eines Sachverständigengutachtens erfolgt sei.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, Ziff. 6 des Beschlusses vom 08.05.2019 zu konkretisieren und die Beschwerde im Übrigen als unbegründet zu verwerfen.
II.
Die nach §§ 463 Abs. 2, 453 Abs. 2 StPO zulässige (einfache) Beschwerde des Verurteilten ist, soweit sie sich gegen die Weisungen zu Ziff. 5 und Ziff 6. richtet, in geringem Umfang begründet, im Übrigen unbegründet.
1. Das in der angefochtenen Entscheidung festgestellte Nichtentfallen der Führungsaufsicht stellt sich nach entsprechender Klarstellung des von der Verteidigerin des Verurteilten eingelegten Rechtsmittels als nicht angefochten dar und steht damit rechtskräftig fest.
2. Soweit die Strafvollstreckungskammer eine Abhilfeentscheidung unterlassen hat, steht dies einer sofortigen Entscheidung des Senats über die Beschwerde nicht entgegen, weil die Abhilfeentscheidung keine Verfahrensvoraussetzung darstellt (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 61. Auflage 2018, § 306 Rn.10).
3. Nach § 453 Abs. 2 Satz 2 StPO kann die Beschwerde über die Ausgestaltung der Führungsaufsicht nur darauf gestützt werden, dass die - insoweit angefochtene - Entscheidung gesetzeswidrig ist. Dies ist zu bejahen, wenn sie im Gesetz nicht vorgesehen, unverhältnismäßig oder unzumutbar ist oder sonst die Grenzen des dem erstinstanzlichen Gericht eingeräumten Ermessens überschreitet (vgl. hierzu KK-StPO/Appl, 7. Auflage 2013, § 453 Rn. 13; OLG Celle NStZ-RR 2011, 122-123, juris Rn. 5; OLG Bamberg StV 2012, 737-740, juris Rn. 13).
a. Hinsichtlich der Weisung nach § 68b Abs. 1 Nr. 3 StGB (Ziff. 5 des Beschlusses) hat das Landgericht durch die Einschränkung des Kontakt-, Ausbildungs-, Beschäftigungs- und Beherbergungsverbots auf Zeiten, zu denen keine andere wache erwachsene Person anwesend ist, eine den Verurteilten gegenüber dem Gesetzestext nach § 68b Abs, 1 Nr. 3 StGB begünstigende Regelung getroffen, durch die er nicht beschwert ist. Der Senat hat hinsichtlich der vom Landgericht erfolgten Konkretisierung auf Minderjährige eine weitere Einschränkung vorgenommen, wonach dem Verurteilten nur der Kontakt zu Kindern und Jugendlichen unter 16 Jahren untersagt ist. Das pädophile Verhalten des Verurteilten hat sich in allen Fällen stets (nur) auf Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren bezogen. Angesichts der vom Verurteilten verwirklichten massiven einschlägigen Vorstrafen bestehen hinsichtlich der Verhältnismäßigkeit und auch der sonstigen Rechtmäßigkeit der Weisung keine Bedenken.
b. Hinsichtlich der Weisung nach Ziff. 6 bestehen keine Bedenken, den Verurteilten anzuweisen, sich zu bestimmten Zeiten oder in bestimmten Abständen sowohl bei der Bewährungshilfe als auch bei einer bestimmten Dienststelle zu melden. Nach dem - zwingenden - 2. Halbsatz von § 68a Abs. 1 StGB hat das Gericht dem unter Führungsaufsicht stehenden Verurteilten einen Bewährungshelfer zu bestellen. Es wäre widersinnig, wenn der Verurteilte bei einer Weisung beispielsweise zur Meldung bei einer bestimmten Dienststelle nicht mehr zur Meldung bei seinem Bewährungshelfer verpflichtet werden könnte. Vielmehr ist das "oder" in § 68b Abs. 1 Nr. 7 StGB dahin zu verstehen, dass strafbewehrte Meldepflichten nur hinsichtlich der dort aufgezählten Stellen konstituiert werden können, nicht aber, dass auch jeweils nur eine der Stellen alternativ benannt werden kann.
Der Stellungnahme der Generalstaatsanwaltschaft folgend ist indes die grundsätzlich zulässige Weisung, sich bei dem zuständigen KURS-Sachbearbeiter zu melden, zeitlich zu konkretisieren.
c. Die in Ziff. 10 und 11 erteilte Weisung hinsichtlich der elektronischen Aufenthaltsüberwachung lässt keine Rechtsfehler erkennen.
Hinsichtlich der Weisung nach § 68b Abs. 1 Nr. 12 StGB (Ziff. 10 des Beschlusses) hat das Landgericht zunächst zutreffend das Vorliegen der Voraussetzungen für deren Anordnung bejaht.
(1) Die formellen Voraussetzungen des § 68b Abs. 1 S. 1 Nr. 12, S. 3 Nr. 1 und 2, S. 4 StGB liegen vor. Die Führungsaufsicht tritt gemäß § 68f StGB aufgrund der vollständigen Verbüßung der Strafe von 2 Jahren und 6 Monaten aus der Verurteilung des Landgerichts Verden wegen einer Tat nach § 66 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 lit. a) StGB - nämlich § 176 StGB - vom 24.03.2015 ein. Zwar fehlt es damit an dem Erfordernis einer Führungsaufsicht aufgrund der vollständigen Vollstreckung einer Strafe von mindestens drei Jahren oder aufgrund einer erledigten Maßregel.
Gemäß § 68b Abs. 1 S. 4 StGB liegen die in den Nr. 1 und 2 normierten Voraussetzungen aber auch dann vor, wenn die dort genannte (gemeint: eine diese Voraussetzungen erfüllende) Führungsaufsicht nach § 68e Abs. 1 StGB beendet worden ist und die nachfolgende Führungsaufsicht diese Voraussetzungen nicht erfüllt (OLG Frankfurt NStZ-RR 13, 60 [BGH 16.05.2012 - 2 ARs 167/12; 2 AR 108/12], OLG München 1 Ws 405-407/15 v. 24.6.15).
Dies ist der Fall.
Der Verurteilte stand aufgrund der Entscheidung der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Münster vom 12.03.2013 aufgrund der Erledigung der Unterbringung nach § 63 StGB gemäß § 67d Abs. 6 S. 2 StGB unter Führungsaufsicht. Die Führungsaufsicht wurde nach den Eintragungen im Bundeszentralregister (BZR Nr. 5 und Nr. 6) bis zum 02.04.2017 befristet. Der weitere Fristablauf ruhte ab dem 21.08.2015 gemäß § 68e Abs. 1 S. 2 StGB, nachdem gegen den Verurteilten ab diesem Tag ununterbrochen bis zum 01.06.2019 Strafhaft vollstreckt wurde. Die Führungsaufsicht endete zum 01.06.2019 durch Eintritt einer neuen Führungsaufsicht nach § 68e Abs. 1 Nr. 3 StGB. Die Voraussetzungen des § 68b Abs. 1 S. 4 StGB sind damit erfüllt.
(2) Es besteht auch nach wie vor die Gefahr, dass der Verurteilte weitere Straftaten der in § 66 Abs. 3 Satz 1 StGB genannten Art begehen wird (§ 68b Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 StGB). Dies ergibt sich aus den Umständen der von ihm in der Vergangenheit begangenen Straftaten und aus seinem späteren Verhalten im Vollzug.
Dabei knüpft § 68b Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 StGB zum einen an die Gefährlichkeitsschwelle an, wie sie auch für die Anordnung der freiheitsentziehenden Maßregeln nach § 64 StGB und - dem Grunde nach - § 66 StGB sowie im Rahmen der Führungsaufsicht gemäß § 68c Abs. 3 Nr. 2 StGB für die Anordnung der unbefristeten Führungsaufsicht gilt. Es muss also eine Gefahr bestehen, die als begründete Wahrscheinlichkeit näher definiert werden kann (vgl. Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Neuordnung des Rechts der Sicherungsverwahrung und zu begleitenden Regelungen vom 26. Oktober 2010, BT-Drucksache 17/3403, S. 37). Für die Gefährlichkeitsprognose kommt es demnach auf das Ergebnis der Gesamtwürdigung des Täters und seiner Taten unter Berücksichtigung der Erkenntnisse im Vollzug an. Eine bloß abstrakte, auf die statistische Rückfallwahrscheinlichkeit gestützte Gefahrprognose reicht nicht aus; andererseits ist auch keine nahe liegende konkrete Gefahr erforderlich (OLG Rostock, Beschluss vom 28.03.2011 - 1 Ws 62/11 -; OLG Hamburg, Beschluss vom 5. November 2013 - 2 Ws 190/13 -; OLG Saarbrücken, Beschluss vom 2. Oktober 2013 - 1 Ws 194/13 -; KG Berlin, Beschluss vom 23.01.2014 - 2 Ws 11/14 -; OLG München, Beschluss vom 24.06.2015 - 1 Ws 407/15 -; OLG Stuttgart, Beschluss vom 02.09.2015, 4 Ws 77/15, zitiert nach juris).
Die Einholung eines auf diese Fragestellung bezogenen Prognosegutachtens ist gesetzlich nicht vorgeschrieben. Auch im Hinblick auf die Amtsaufklärungspflicht ist sie entbehrlich, wenn im Einzelfall ohne ein solches Gutachten eine hinreichende Prognosegrundlage besteht (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 21. Juni 2012 - III-2 Ws 190/12, juris Rn. 71; OLG München, Beschluss vom 24. Juni 2015 - 4 Ws 405/15, juris Rn. 66 f.). Dies entspricht dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers (vgl. BT-Drucksache 17/3403, S. 37). Ein auf die Voraussetzungen der elektronischen Aufenthaltsüberwachung bezogenes Prognosegutachten kann beispielsweise entbehrlich sein, wenn die Prognose aufgrund eines anderen nicht allzu lange zurückliegenden Prognosegutachtens, der Ergebnisse einer Bewertungsbesprechung nach Ziffer 3 der VwV EAÜ vom 29. August 2012 (Die Justiz 2012, S. 431) oder - für Niedersachsen - auf Grundlage der Empfehlung der Zentralen Fallkonferenz gemäß Ziffer V.1. der Niedersächsischen Konzeption für die Vorbereitung und Durchführung der elektronischen Aufenthaltsüberwachung im Rahmen der Führungsaufsicht (EAÜ-Konzept) (Nds. Rpfl. 6/2019, S. 233 ff. [234]) zuverlässig beurteilt werden kann.
Insoweit wird auf die zutreffende Erörterung der Prognosekriterien im angefochtenen Beschluss der Strafvollstreckungskammer Bezug genommen. Der Verurteilte ist wegen fünf massiver Sexualdelikte zum Nachteil von Kindern zwischen vier und 13 Jahren verurteilt worden. Nach seiner Entlassung aus dem Maßregelvollzug, in dem er sich mit Unterbrechungen seit dem Jahr 1990 befunden hat, hat er trotz engmaschiger Einbindung in die Bewährungsaufsicht ihm erteilte Auflagen umgangen und gezielt den Kontakt zu seinem späteren (kindlichen) Opfer aufgebaut (vgl. Bl. 18 UA des LG Verden vom 24.03.2016). Sachverständig beraten hat das Landgericht Verden in seinem Urteil vom 24.03.2015 festgestellt, dass bei dem Verurteilten eine nicht heilbare homosexuelle Pädophilie mit einem Rückfallrisiko von grundsätzlich mindestens 50% bestehe. Hierneben bestünden dissoziale Persönlichkeitszüge im Übergangsbereich zu einer - allerdings nicht diagnostizierten - dissozialen Persönlichkeitsstörung.
Soweit die Kammer zu dem Schluss gelangt ist, dass sich an dieser Einschätzung auch durch den anschließenden Strafvollzug keine Änderung ergeben hat, begegnet dies keinen rechtlichen Bedenken. Der Verurteilte hat sich zwar im Vollzug beanstandungsfrei geführt und an einer sozialtherapeutischen Behandlung teilgenommen hat. Er erhält zudem eine triebdämpfende Medikation und nimmt an einem Behandlungsprogramm für Sexual- und Gewaltstraftäter teil. Dennoch gehen sowohl die JVA ... in ihrer Stellungnahme vom 12.02.2019 sowie die KURS-Fallkonferenz in der Fallbesprechung vom 27.03.2019 von einem hohen Rückfallrisiko aus. Weder sei gesichert, ob der Verurteilte die Medikation weiter verlässlich einnehme, noch, ob er die erlernten Strategien zur Vermeidung eines Rückfalls anwenden könne, wenn er sich außerhalb der stark kontrollierenden Bedingungen des Vollzugs befinde. Frühere Therapien hätten Rückfälle des Verurteilten nicht verhindern können.
Die für diese Einschätzung erforderliche Gesamtwürdigung des Täters und seiner Taten unter Berücksichtigung der Erkenntnisse im Vollzug konnte das Landgericht in diesem Fall aufgrund der vorangegangen Gutachten sowie der KURS-Fallkonferenz auch ohne Einholung eines erneuten Sachverständigengutachtens treffen.
(3) Auch die Voraussetzungen von § 68b Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 StGB sind erfüllt.
Gemäß § 68b Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 StGB ist die Weisung zur elektronischen Aufenthaltsüberwachung nur dann zulässig, wenn sie erforderlich erscheint, um den Beschwerdeführer durch die Möglichkeit der Datenverwendung nach § 463a Abs. 4 Satz 2 StPO von der Begehung weiterer Straftaten der in § 66 Abs. 3 Satz 1 StGB genannten Art abzuhalten, auch - aber nicht nur - durch die Überwachung der Erfüllung einer nach § 68b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 erteilten Weisung (vgl. BGH NStZ 2014, 203 [BGH 16.01.2014 - 4 StR 496/13]). Hierbei sind jedoch keine überspannten Anforderungen an die richterliche Überzeugungsbildung zu stellen (vgl. OLG München, a.a.O.).
Die elektronische Aufenthaltsüberwachung kann der Überwachung der Einhaltung einer aufenthaltsbezogenen Weisung nach § 68b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StGB dienen. Bereits die deutlich erhöhte Gefahr der Entdeckung eines strafbewehrten Weisungsverstoßes (vgl. § 463a Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 StPO) kann unmittelbar abschreckend wirken (BT-Drucks. 17/3403, S. 17). Zwar sind hier keine spezifischen Ein- oder Ausschlusszonen definiert. Allerdings ist dem Verurteilten mit der Weisung zu Ziff. 1 des Beschlusses der Aufenthalt an bestimmten Orten, namentlich Schulen, Kindergärten, Schwimmbädern usw. untersagt worden. Auch die Befolgung dieser Weisung kann durch die gesammelten GPS-Daten überprüft werden.
Aber auch unabhängig von der Einhaltung aufenthaltsbezogener Weisungen kann die elektronische Aufenthaltsüberwachung spezialpräventive Wirkung entfalten. Denn das Bewusstsein, im Fall der erneuten Begehung einer schweren Straftat einem deutlich höheren Entdeckungsrisiko zu unterliegen (vgl. § 463a Abs. 4 Satz 2 Nr. 5 StPO), kann die Eigenkontrolle der verurteilten Person stärken (BT-Drucks. 17/3403, S. 17, 38; vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 21. Juni 2012 - III-2 Ws 190/12, juris Rn. 62; KG, Beschluss vom 23. Januar 2014 - 2 Ws 11/14, juris Rn. 24 f.; OLG München, Beschluss vom 24. Juni 2015 - 1 Ws 405/15, juris Rn. 52; Stree/Kinzig in Schönke/Schröder, StGB, 29. Aufl., § 68b Rn. 14c). Dementsprechend ist die elektronische Aufenthaltsüberwachung nicht zwingend an eine aufenthaltsbezogene Weisung geknüpft (OLG Bamberg, Beschluss vom 15. März 2012 - 1 Ws 138/12, juris Rn. 33; Brauneisen, StV 2011, 311, 312).
Objektiv ist die elektronische Aufenthaltsüberwachung geeignet, das Entdeckungsrisiko bei einer neuen Missbrauchstat erheblich zu erhöhen. Aus den Verurteilungen in der Vergangenheit weiß der Verurteilte, dass die Entdeckung zu erneutem sehr lange andauernden Freiheitsentzug führen könnte. Der Umstand, dass dem Verurteilten aufgrund der elektronischen Fußfessel jederzeit bewusst ist, dass sein Aufenthalt mitverfolgt bzw. nachvollzogen werden kann, ist darüber hinaus geeignet, seine innere psychische Schwelle zur Begehung entsprechender neuer Taten signifikant zu erhöhen (vgl. auch OLG München a.a.O.) bzw. die Eigenkontrolle des Beschwerdeführers zu stärken (BT-Drucks. 17/3403, S. 38). Es ist nichts dafür ersichtlich, dass das durch die Fußfessel erhöhte Entdeckungsrisiko nicht abschreckend im Sinne einer spezialpräventiven Einflussnahme auf den Beschwerdeführer einwirken wird. Es kommt daher entgegen der Ansicht der Beschwerde nicht darauf an, ob besondere Einschluss- oder Ausschlusszonen definiert sind.
Auch kann die Führungsaufsichtsstelle aufgrund der durch die elektronische Aufenthaltsüberwachung erlangten Erkenntnisse im Rahmen des § 463a Abs. 4 Satz 2 StPO erforderlichenfalls frühzeitig etwaigen Fehlentwicklungen, durch die sich eine Erhöhung der Gefährlichkeit des Beschwerdeführers ergibt, begegnen, um so neue Katalogtaten gem. § 66 Abs. 3 Satz 1 StGB zu verhindern oder jedenfalls zu erschweren (BT-Drucks. 17/3403, S. 38). Auch unter diesem Aspekt erfüllt die unter Ziffer 10 erteilte Weisung die Voraussetzungen von § 68b Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 StGB.
(4) Die Anordnung weiterer technischer Einzelheiten der Aufenthaltsüberwachung durch Bereithalten eines Mobiltelefons sowie der "Home-Unit" durch Ziff. 11 des Beschlusses stellen nicht strafbewehrte Weisungen nach § 68b Abs. 2 StGB dar, die eine übermäßige Belastung des Verurteilten mit negativen Auswirkungen von Störungen des Senders der Fußfessel oder einer zu starken Kontrolle innerhalb seines Wohnbereiches vermeiden helfen sollen. Rechtsfehler sind insoweit nicht erkennbar.
d. Die weiteren erteilten Weisungen erweisen sich ebenfalls als rechtsfehlerfrei, so dass die Beschwerde auch insoweit unbegründet ist.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 473 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4 StPO.
Das Rechtsmittel hatte im ganz überwiegenden Umfang keinen Erfolg, so dass die Kosten des Beschwerdeverfahrens vollständig dem Verurteilten aufzuerlegen waren.
Gegen diese Entscheidung ist keine Beschwerde gegeben (§ 304 Abs. 4 StPO).