Verwaltungsgericht Braunschweig
Urt. v. 05.02.1997, Az.: 9 A 9448/95

Gebühren und Auslagen für Amtshandlungen; Begründung der Gebührenhöhe ; Ermittlung des tatsächlichen Verwaltungsaufwandes

Bibliographie

Gericht
VG Braunschweig
Datum
05.02.1997
Aktenzeichen
9 A 9448/95
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1997, 25060
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGBRAUN:1997:0205.9A9448.95.0A

Fundstellen

  • NVwZ-RR 1998, 413-414 (Volltext mit red. LS)
  • ZUR 1998, 159

Verfahrensgegenstand

Gebühren für Auskunftserteilung

Das Verwaltungsgericht Braunschweig - 9. Kammer - hat
auf die mündliche Verhandlung vom 05. Februar 1997
durch
den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht Hirschmann,
die Richter am Verwaltungsgericht Müller-Fritzsche und Dr. Nagler sowie
die ehrenamtliche Richterin ... und d
en ehrenamtlichen Richter ...
für Recht erkannt:

Tenor:

Der Kostenfestsetzungsbescheid der Beklagten vom 02.08.1995 in der Fassung des Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 27.10.1995 wird aufgehoben.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte; insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann eine Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des gegen sie festzusetzenden Betrages abwenden, wenn nicht die Kläger vor einer Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Tatbestand

1

Die Kläger wenden sich gegen einen Bescheid, mit dem die Beklagte Kosten für Auskünfte nach dem Umweltinformationsgesetz (UIG) festgesetzt hat.

2

Mit Schreiben vom 30.01.1995 beantragten die Kläger bei der Beklagten, ihnen umweltbezogene Informationen über eine Anlage für die Wiederverwertung von Lösemitteln und Fotochemikalien zu übersenden, die von einer in Braunschweig ansässigen Firma betrieben wird. Die Kläger beantragten wörtlich "die Übersendung von Kopien einer Anlagenbeschreibung sowie der Anlagentechnik", da diese Informationen über die Umwelt i.S.d. §4 Abs. 1 UIG enthielten. Die Kläger ergänzten, aus den begehrten Unterlagen gingen insbesondere "Tätigkeiten oder Maßnahmen, die den Zustand der Umwelt beeinträchtigen oder beeinträchtigen können" hervor. Daraufhin teilte die Beklagte den Klägern mit Schreiben vom 07.03.1995 mit, daß der Antrag auf Zugang zu Umweltinformationen in seiner bisherigen Fassung nicht erkennen lasse, auf welche konkreten Informationen er gerichtet sei, und daher - insbesondere im Hinblick auf die Art der Informationsgrundlage und auf den Zeitraum der Datenerhebung - einer Spezifizierung bedürfe. In diesem Schreiben wies die Beklagte ferner darauf hin, daß die von den Klägern bezeichnete Anlage objektiv aus zwei verschiedenen, technisch voneinander unabhängigen Anlagen bestehe. Darüber hinaus hob die Beklagte hervor, daß eine Offenbarung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen nur nach Maßgabe des §8 UIG zulässig sei.

3

Die Kläger konkretisierten mit Schreiben vom 28.03.1995 ihren Antrag: Dieser beziehe sich auf die Anlage zur Verwertung fotografischer Reststoffe; die begehrten Informationen beträfen nicht Emissionserklärungen oder Überwachungsmaßnahmen, sondern die Genehmigungsunterlagen. Sie beantragten daher "die Übersendung der Anlagenbeschreibung in Kopie, wie sie der Genehmigung zugrundeliegt". In der Anlagenbeschreibung enthaltene Betriebsgeheimnisse könnten insoweit durch eine Übermittlung bloßer Auszüge aus der Anlagenbeschreibung gewahrt werden. Jedenfalls handele es sich bei der technischen Beschreibung einer genehmigungsbedürftigen Anlage um eine Information über die Umwelt i.S.d. §3 Abs. 2 UIG.

4

Die Beklagte erwiderte unter dem 28.04.1995, dem Antrag sei noch immer kein eindeutiger und konkreter Umweltbezug der begehrten Informationen zu entnehmen; vielmehr beschränkten die Kläger ihr Interesse auf die reine Anlagenbeschreibung. Diese beinhalte aber nicht pauschal umweltrelevante Daten i.S.d. §3 Abs. 2 Nr. 2 und 3 UIG. Derartige Informationen enthalte eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung nur insoweit, als sie die möglichen oder tatsächlichen negativen Auswirkungen des Anlagenbetriebs auf die Umwelt beschreibe. Zugleich bot die Beklagte den Klägern an, aus den Unterlagen zum Genehmigungsantrag für die Anlage zur Verwertung fotografischer Reststoffe Daten über Maßnahmen für die Abluftreinigung, den Lärmschutz, den Explosionsschutz, den Abwasseranfall und die Nebenreaktionen und Produkte bei Störfällen zur Verfügung zu stellen.

5

Daraufhin beantragten die Kläger mit Schreiben vom 09.06.1995, ihnen aus den Unterlagen des Genehmigungsantrages Daten über die von der Beklagten aufgezählten Maßnahmen zu übermitteln.

6

Die Beklagte hörte das die Anlage betreibende Unternehmen zu der beabsichtigten Aushändigung der konkret bezeichneten Daten an. Nachdem sich das Betreiberunternehmen ausdrücklich mit einer Übermittlung der begehrten Daten an die Kläger einverstanden erklärt hatte, stellte die Beklagte den Klägern die begehrten Daten mit Bescheid vom 02.08.1995 zur Verfügung, indem sie mit dem Bescheid Auszüge aus den Unterlagen des Genehmigungsantrages in Fotokopie übersandte. Zugleich sprach die Beklagte in diesem. Bescheid dem Grunde nach die Kostenpflichtigkeit der Datenübermittlung aus. In einem weiteren Bescheid vom selben Tag setzte die Beklagte für den "Zugang zu Informationen über die Umwelt gemäß §4 des UIG" auf der Grundlage der Allgemeinen Gebührenordnung, lfd. Nr. 64 c 2.2 eine Gebühr in Höhe von 300,00 DM sowie für die übersandten Fotokopien Auslagen in einer Höhe von insgesamt 2,10 DM fest.

7

Gegen diesen Kostenfestsetzungsbescheid erhoben die Kläger am 10.08.1995 Widerspruch, den sie damit begründeten, daß die Überlassung der beantragten Umweltinformationen lediglich die Anfertigung und Zusammenstellung von Fotokopien erfordert habe und daher einen "einfachen Fall" i.S.d. lfd. Nr. 64 c, 2.1 der Allgemeinen Gebührenordnung (AllGO) i.d.F. der Verordnung vom 12.07.1995 (Nds.GVBl. S. 230) darstelle. Die Beklagte habe daher zu Unrecht auf den Gebührenrahmen der Nr. 2.2 der lfd. Nr. 64 c AllGO zurückgegriffen. Insgesamt sei es unverhältnismäßig, für die Anfertigung von sieben Fotokopien eine Gebühr in Höhe von 300,00 DM zu erheben. Schließlich habe die Beklagte unberücksichtigt gelassen, daß nach Sinn und Zweck des UIG sowie der diesem zugrundeliegenden Umweltinformations-Richtlinie (des Rates v. 07.06.1990; 90/313/EWG, ABl. Nr. L 158 v. 23.06.1990, S. 56; UIRL) der grundsätzliche und prinzipiell weite Anspruch des Bürgers auf Umweltinformationen nicht durch in ihrer Höhe überzogene Gebühren beeinträchtigt werden dürfe.

8

Die Beklagte wies den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 27.10.1995 (Zustellung: 31.10.1995) mit der Begründung zurück, der ursprünglich formulierte Antrag der Kläger habe in seiner Pauschalität dem im UIG enthaltenen Spezifizierungsgebot nicht Genüge getan. Daher habe sich die Beklagte veranlaßt gesehen, den Klägern in einem von einer technischen Dezernent in gefertigten Schreiben umfangreiche, durch einschlägige Fundstellen aus der Literatur untermauerte rechtliche und technische Hinweise zu den Voraussetzungen der Gewährung von Umweltinformationen zu geben. In Konsequenz des darauf ergangenen Antwortschreibens der Kläger habe zudem ein Rechtsdezernent der Beklagten mit der Angelegenheit befaßt werden müssen, um sicherzustellen, daß möglicherweise zu den Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen der Betreiberfirma zählende Daten nicht in die Hände von Konkurrenzunternehmen gelangten. Ferner sehe §10 Abs. 1 Satz 1 und 2 UIG eine am Kostendeckungsprinzip orientierte Erhebung von Gebühren für derartige Amtshandlungen ausdrücklich vor. Zudem ordne das ergänzend heranzuziehende Niedersächsische Verwaltungskostengesetz (NVwKostG) in seinem §9 Abs. 1 an, bei der Anwendung von Rahmengebühren die konkrete Kostenhöhe nach dem tatsächlichen Verwaltungsaufwand zu bestimmen. Dabei sei der Gebührenrahmen der Nr. 2.2 der seit dem 01.08.1995 in der AllGO enthaltenen Tarif-Nr. 64 c einschlägig. Denn zumindest bis zur hinreichenden Spezifizierung des klägerischen Antrages habe ein zum Teil schwieriger Schriftwechsel um eine rechtlich umstrittene Angelegenheit geführt werden müssen, was die Anwendbarkeit der Nr. 2.1 der o.g. Tarifnummer ausschließe. Bei Zugrundelegung des Kostendeckungsprinzips sei die festgesetzte Gebühr als sehr gering anzusehen, weil der in Ansatz gebrachte Aufwand (2,5 Std des höheren Dienstes) jedenfalls für die sachgerechte Bearbeitung erforderlich gewesen sei.

9

Daraufhin haben die Kläger am 29.11.1995 bei dem erkennenden Gericht Klage erhoben. Sie vertreten - in Vertiefung ihrer Widerspruchsbegründung - die Auffassung, eine eventuell zeitaufwendige rechtliche Prüfung dessen, auf welche Unterlagen oder Informationen sich der Auskunftsanspruch der Kläger erstrecke, könne nicht mehr als Maßnahme zur Zusammenstellung von Unterlagen i.S.d. lfd. Nr. 64 c Nr. 2.2 AllGO verstanden werden. Diese Tarifnummer erfasse nur Tätigkeiten, die nach Feststellung des Umfangs des Informationsanspruchs behördlicherseits zur eigentlichen Zusammenstellung und Übersendung von Kopien etc. erforderlich seien. Ferner habe die Beklagte die in Ansatz gebrachten Tätigkeiten ohnehin weitestgehend vor dem Inkrafttreten der seit dem 01.08.1995 geltenden Tarif-Nr. 64 c AllGO ausgeführt. Der eventuelle Verwaltungsaufwand sei zu einer Zeit angefallen, zu dem noch keine rechtliche Grundlage dafür bestanden habe, diesen Aufwand durch eine Gebühr den Klägern in Rechnung zu stellen. Schließlich habe die Beklagte den behaupteten umfangreichen zeitlichen Aufwand für die Zusammenstellung der Unterlagen nicht substantiiert dargelegt.

10

Die Kläger beantragen,

den Kostenfestsetzungsbescheid der Beklagten vom 02.08.1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.10.1995 aufzuheben.

11

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

12

Sie vertritt die Auffassung, der seit dem 01.08.1995 geltende Gebührentatbestand der lfd. Nr. 64 c sei auf den vorliegenden Fall anzuwenden, weil gem. §6 Abs. 1 NVwKostG der Zeitpunkt der Beendigung der Amtshandlung, hier die endgültige Bescheidung am 02.08.1995, für das Entstehen der Gebührenschuld maßgeblich sei. Ferner erfasse die Nr. 2.2 des genannten Gebührentatbestandes weniger ein umfangreiches, rein manuelles Zusammenstellen von Unterlagen als vielmehr umfangreiche Maßnahmen zur - im Sinne einer Vorbereitung der - Zusammenstellung der Unterlagen. Nach der Wertung des Verordnungsgebers sei für die Anwendbarkeit der Nr. 2.2 entscheidend, daß die der manuellen Zusammenstellung der Unterlagen vorausgehende Regelung und deren rechtliche Vorbereitung umfangreiche Maßnahmen erforderten. Ein solcher Fall habe wegen des ungenügend spezifizierten Antrages der Kläger vorgelegen. Im übrigen könne auf den Umfang der manuellen Zusammenstellung von Unterlagen schon deshalb nicht abgestellt werden, weil anderenfalls die in den Nrn. 2.1 bis 2.4 der Tarif-Nr. 64 c AllGO vorgenommene Differenzierung gegenstandslos werden würde; denn selbst in außergewöhnlich aufwendigen Fällen würden letztlich nur wenige Fotokopien gefertigt und übersandt werden.

13

Wegen des weiteren Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den des beigezogenen Verwaltungsvorgangs der Beklagten verwiesen, der dem Gericht bei der Entscheidungfindung vorgelegen hat.

Entscheidungsgründe

14

Die zulässige Klage ist begründet.

15

Der angegriffene Verwaltungsakt ist rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten (§113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

16

Die im angegriffenen Bescheid festgesetzte Gebührenhöhe von 300,00 DM ist mit den hier einschlägigen gebührenrechtlichen Normen nicht zu vereinbaren. Gemäß §10 Abs. 1 UIG werden für Amtshandlungen aufgrund dieses Gesetzes Gebühren und Auslagen erhoben, wobei die Gebühren die voraussichtlichen Kosten decken sollen (S. 2). Gemäß §10 Abs. 1 Satz 3 UIG bleiben Kostenregelungen in anderen Rechtsvorschriften unberührt. Für Amtshandlungen im Bereich der Niedersächsischen Landesverwaltung richtet sich die Erhebung von Kosten (Gebühren und Auslagen) nach dem NVwKostG. Die Kostenpflichtigkeit einer Auskunftserteilung nach dem UIG durch niedersächsische Behörden ergibt sich daher dem Grunde nach aus §10 Abs. 1 Satz 1 UIG i.V.m. den §§1, 3, 5 und 13 NVwKostG. Dabei ordnet §3 Abs. 1 NVwKostG an, daß die einzelnen Amtshandlungen, für die Gebühren erhoben werden sollen, und die Höhe der Gebühren in Gebührenordnungen zu bestimmen sind. Diesem gesetzgeberischen Auftrag ist der niedersächsische Verordnungsgeber im Hinblick auf das UIG durch Einfügung der seit dem 01.08.1995 geltenden neuen Tarif-Nr. 64 c der AllGO nachgekommen. Ziffer 2 dieser Tarif-Nr. bestimmt die Höhe der Kosten u.a. für die - vorliegend gegebene - Überlassung von Aktenauszügen nach §4 Abs. 1 Satz 2 UIG. Ziffer 2 der Tarif-Nr. 64 c AllGO differenziert zwischen vier Fallgruppen, wobei für "einfache Fälle" nach Ziff. 2.1 ein Gebührenrahmen von 20 bis 200 DM, für "umfangreiche Maßnahmen zur Zusammenstellung der Unterlagen" nach Ziff. 2.2 dagegen ein Gebührenrahmen von 200 bis 2.000 DM vorgegeben wird.

17

Nach Auffassung der Kammer ist die im angegriffenen Bescheid festgesetzte Gebührenhöhe schon deshalb rechtswidrig, weil sie den in Ziff. 2.1 der Tarif-Nr. 64 c AllGO eröffneten Gebührenrahmen überschreitet.

18

Dabei ist die Rechtmäßigkeit des angegriffenen, am 02.08.1995 erlassenen Gebührenbescheides am Maßstab der mit dem 01.08.1995 in Kraft getretenen Tarif-Nr. 64 c AllGO zu überprüfen. Diese Vorschrift ist nicht etwa deshalb auf den vorliegenden Sachverhalt unanwendbar, weil die Beklagte vor dem Inkrafttreten jener Vorschrift Maßnahmen zur Vorbereitung des am 02.08.1995 erlassenen Bescheides getroffen, insbesondere mit den Klägern korrespondiert hat. Die mit Wirkung zum 01.08.1995 in Kraft getretene Änderung der AllGO enthält keine Übergangsvorschrift des Inhalts, daß derjenige Verwaltungsaufwand, der einer Behörde vor dem 01.08.1995 entstanden ist, für eine Kostenentscheidung auf der Grundlage der nunmehr geltenden Tarif-Nr. 64 c AllGO außer Ansatz zu bleiben hätte. Daher ist weiterhin auf den Grundsatz zurückzugreifen, über die Rechtmäßigkeit eines angegriffenen Verwaltungsaktes nach Maßgabe der im Zeitpunkt seines Erlasses geltenden Vorschriften zu befinden.

19

Entgegen der von der Beklagten vertretenen Ansicht ist die streitgegenständliche Anfertigung und Übersendung von sieben Fotokopien nicht schon als umfangreiche Maßnahme zur Zusammenstellung der Unterlagen i.S.v. Tarif-Nr. 64 c Ziff. 2.2 AllGO, sondern als einfacher Fall gemäß Ziff. 2.1 der vorgenannten Tarif-Nr. zu qualifizieren; die maximal festsetzbare Gebühr beträgt demnach 200,00 DM.

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Die Beklagte verkennt, daß Ziff. 2.2 der Tarif-Nr. 64 c AllGO nicht schon dann einschlägig ist, wenn der Verwaltungsaufwand, der letztlich zur Zusammenstellung der begehrten Unterlagen führt, umfangreich ist. Auf diesen gleichsam im Vorfeld der Unterlagenzusammenstellung betriebenen Verwaltungsaufwand kommt es nach dem Wortlaut der Ziff. 2.2 der Tarif-Nr. 64 c AllGO nicht an. Entscheidende Voraussetzung für die Einschlägigkeit dieses Tatbestandes ist allein, daß die unmittelbar zur Zusammenstellung der begehrten Unterlagen durchgeführten - und erforderlichen - Maßnahmen "umfangreich" sind. Einen derartigen Fall vermag die Kammer nicht zu erkennen. Die Beklagte hat weder im Widerspruchsbescheid noch in der mündlichen Verhandlung dargelegt, aufgrund welcher Umstände zur Zusammenstellung der schließlich den Klägern übersandten Unterlagen "umfangreiche Maßnahmen" durchgeführt worden oder erforderlich gewesen sein sollten. Es ist insbesondere nicht erkennbar geworden, welche konkreten Maßnahmen die Beklagte selbst als umfangreich ansieht.

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Soweit die Beklagte zur Begründung der Gebührenhöhe auf die Vorbereitung der Unterlagenzusammenstellung, vor allem auf den vorbereitenden Schriftwechsel zwischen ihr und den Klägern, abgestellt hat, kommen diese vorbereitenden Tätigkeiten ohnehin nicht als "umfangreiche Maßnahmen zur Zusammenstellung der Unterlagen" i.S.d. Tarif-Nr. 64 c Ziff. 2.2 AllGO in Betracht. Derartige vorbereitende Tätigkeiten, zu denen auch die Aktivitäten der angegangenen Behörde zählen, um die Kläger zu einer hinreichenden Spezifizierung der von ihnen gewünschten Daten zu bewegen, gehören einerseits noch zum allgemeinen Verwaltungsaufwand und sind andererseits nicht schon den Maßnahmen zur Zusammenstellung der Unterlagen, sondern noch dem Vorfeld der Unterlagenzusammenstellung zuzuordnen.

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Diese Schlußfolgerung ergibt sich auch aus einer Gesamtbetrachtung des §9 Abs. 1 NVwKostG i.V.m. §1 Abs. 1 Satz 1 NVwKostG. Nach der erstgenannten Vorschrift hat die Behörde in den Fällen, in denen für den Ansatz einer Gebühr durch die Gebührenordnung ein Rahmen bestimmt ist, bei Festsetzung der Gebühr grundsätzlich das Maß des Verwaltungsaufwandes für die einzelne Amtshandlung sowie den Wert des Gegenstandes der Amtshandlung zu berücksichtigen. Nach der zuletzt genannten Vorschrift werden - sofern die Beteiligten dazu Anlaß gegeben haben - lediglich für Amtshandlungen Kosten erhoben. Als Amtshandlungen i.S.d. §1 Abs. 1 Satz 1 NVwKostG kann jedoch weder die rein behördeninterne Prüfung der Voraussetzungen für die Übersendung von Umweltinformationen noch der zur Konkretisierung des von einem Antragsteller geäußerten Begehrens qualifiziert werden. Die Kammer verkennt nicht, daß sich der Begriff der "Amtshandlung" nicht auf Verwaltungsakte beschränkt, sondern über diese hinausgehend auch rein tatsächliche Handlungen einer Behörde umfassen kann, sofern diese ein Mindestmaß an Außenwirkung entfalten. Im vorliegenden Fall besteht die eine Gebührenpflicht auslösende Amtshandlung allein in dem Erlaß des die gewünschten Umweltinformationen "freigebenden" Bescheides. Folglich können im Rahmen der Ermittlung des tatsächlichen Verwaltungsaufwandes nur diejenigen behördlichen Maßnahmen der Beklagten Berücksichtigung finden, die von ihr notwendigerweise durchgeführt worden sind, nachdem der von den Klägern gestellte Antrag auf Überlassung von Umweltinformationen als nunmehr - mit Schriftsatz vom 09.06.1995 - hinreichend spezifiziert erachtet worden war.

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Dies schließt zwar die Anwendbarkeit der Ziff. 2.2 der Tarif-Nr. 64 c AllGO aus, hindert die Beklagte jedoch nicht, den in Vorbereitung ihrer Amtshandlung notwendigerweise geführten Schriftwechsel mit den Klägern überhaupt zu berücksichtigen. Insoweit bleibt der Beklagten die von Ziff. 2.1 der Tarif-Nr. 64 c AllGO eröffnete Möglichkeit erhalten, innerhalb des dort vorgegebenen Gebührenrahmens einen an ihrem Verwaltungsaufwand orientierten Betrag festzusetzen. Im übrigen hält die Kammer ihre Rechtsauffassung auch mit Blick auf Sinn und Zweck sowohl des UIG als auch der ihm zugrundeliegenden UIRL 90/313/EWG für sachgerecht. §1 UIG nennt in wörtlicher Übereinstimmung mit Art. 1 UIRL als Zweck dieses Gesetzes, den freien Zugang zu den bei den Behörden vorhandenen Informationen über die Umwelt sowie die Verbreitung dieser Informationen zu gewährleisten. Diese von Art. 3 Abs. 1 UIRL für den nationalen Gesetzgeber konkretisierte Gewährleistungspflicht wird von der deutschen Rechtsordnung dadurch erfüllt, daߧ4 Abs. 1 Satz 1 UIG jedermann einen Anspruch auf freien Zugang zu Informationen über die Umwelt, die bei einer Behörde vorhanden sind, einräumt. Einem derartig weitgehenden und umfassenden Anspruch kann bei richtlinienkonformer Auslegung des §4 Abs. 1 Satz 1 UIG wie auch des §10 Abs. 1 Satz 1 UIG nicht mit unangemessen hohen Verwaltungsgebühren begegnet werden.

24

Die Kostenentscheidung folgt aus §154 Abs. 1 VwGO.

25

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §167 VwGO i.V.m. den §§708 Nr. 11, 711 Satz 1 ZPO.

26

Rechtsmittelbelehrung

27

Gegen dieses Urteil ist die Berufung nur zulässig, wenn sie von dem Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht in Lüneburg zugelassen worden ist.

28

...

Streitwertbeschluss:

Der Streitwert wird gemäß §13 Abs. 2 GKG auf 300 DM festgesetzt.

Hirschmann
Müller-Fritzsche
Dr. Nagler