Landgericht Braunschweig
Beschl. v. 08.11.1994, Az.: 8 T 459/94
Recht eines Vollstreckungsgläubigers auf Erteilung von Personenstandsurkunden wegen einer nach Titelerteilung erfolgten Namensänderung des Schuldners; Möglichkeit der Erteilung einer erweiterten Auskunft aus dem Melderegister
Bibliographie
- Gericht
- LG Braunschweig
- Datum
- 08.11.1994
- Aktenzeichen
- 8 T 459/94
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 1994, 17474
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LGBRAUN:1994:1108.8T459.94.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- AG Braunschweig - 21.06.1994 - AZ: 44 III 79/94
Rechtsgrundlagen
- § 61 Abs. 1 PStG
- § 49 Abs. 1 S. 1 PStG
- § 19 FGG
- § 20 FGG
- § 22 Abs. 1 FGG
- § 33 Abs. 2 Nds. Meldegesetz
Fundstellen
- FamRZ 1995, 1212 (Volltext mit red. LS)
- NJW 1995, 1971 (Volltext mit red. LS)
- Rpfleger 1995, 306-307 (Volltext mit amtl. LS)
Prozessführer
1. ...
2. ...
3. ...
4. ...
Prozessgegner
. ...
In dem Rechtsstreit
hat die 8. Zivilkammer des Landgerichts Braunschweig
durch
den Vors. Richter am Landgericht ... und
die Richter am Landgericht ... und ...
am 8. Nov. 1994
beschlossen:
Tenor:
Auf die Beschwerde der weiteren Beteiligten zu 3. wird der Beschluß des Amtsgerichts Braunschweig vom 21. Juni 1994 - 44 III 79/94 - aufgehoben.
Der Antrag der weiteren Beteiligten zu 1. auf Erteilung einer Heiratsurkunde vom 1 b. April 1994 wird zurückgewiesen.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei, Auslagen sind nicht zu erstatten.
Beschwerdewert: 5.000,- DM.
Gründe
Die weitere Beteiligte zu 1. betreibt die Zwangsvollstreckung aus dem Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Stuttgart vom 18.01.1993 (92-93 27 075-0-9) gegen die Schuldnerin ... Sie kann keine Vollstreckungsmaßnahmen durchführen, da der Vollstreckungstitel sich gegen eine Frau ... richtet und die Gläubigerin eine zwischenzeitliche Namensänderung der Schuldnerin nicht urkundlich nachweisen kann. Den Antrag der Gläubigerin auf Erteilung einer Heiratsurkunde bzw. einer beglaubigten Abschrift aus dem Familienbuch lehnte das Standesamt ... durch Verfügung vom 29.03.1994 unter Hinweis auf die Möglichkeit der Erteilung einer erweiterten Meldeauskunft ab. Der Standesbeamte legte daraufhin den Vorgang dem Amtsgericht Braunschweig am 02.05.1994 zur Entscheidung vor. Durch Beschluß vom 21.06.1994 wies das Amtsgericht Braunschweig das Standesamt ... an, eine Heiratsurkunde der Frau ..., früher ... zu Händen des Amtsgerichts Wolfsburg zu dem Verfahren 13 M 8060/94 zu erteilen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der weiteren Beteiligten zu 3. vom 14.07.1994. Zu der Beschwerde hat die Bezirksregierung ... am 20.09.1994 Stellung genommen, die Stellungnahme liegt den Beteiligten vor. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verfahrensakten Bezug genommen.
Die sofortige Beschwerde (§ 49 Abs. 1 Satz 1 PstG) ist zulässig (§§ 19, 20, 22 Abs. 1 FGG) und hat auch in der Sache Erfolg.
Nach § 61 Abs. 1 PstG haben nur Personen, auf die sich der Eintrag bezieht, sowie deren Ehegatten, Vorfahren oder Abkömmlinge ein Recht auf Erteilung von Personenstandsurkunden, andere nur dann, wenn sie ein rechtliches Interesse glaubhaft machen können. Die von der weiteren Beteiligten zu 1. betriebene Zwangsvollstreckung gegen die Schuldnerin darf u.a. gem. § 750 Abs. 1 ZPO u.a. nur beginnen, wenn die Person, für und gegen die sie stattfinden soll, in dem Urteil oder in der ihm beigefügten Vollstreckungsklausel namentlich bezeichnet ist. Eine nach Titelerteilung erfolgte Namensänderung des Schuldners muß der Gläubiger in öffentliche Urkunde nachweisen. Hierzu bedarf es aber im vorliegenden Fall nicht der Erteilung einer Heiratsurkunde oder der Abschrift aus dem Familienbuch für die Schuldnerin. Vielmehr kann die weitere Beteiligte zu 1. als Gläubigerin bei Glaubhaftmachung eines berechtigten Interesses vom Meldeamt ... die Erteilung einer erweiterten Auskunft aus dem Melderegister nach § 33 Abs. 2 des Nds. Meldegesetzes vom 02.07.1985 Nds. GVBL Seite 192 in der Fassung vom 10.01.1994 (Nds. GVBL Seite 1) verlangen. Diese Vorschrift sieht die erweiterte Meldeauskunft auch über frühere Vor- und Familiennamen und frühere Anschriften vor. Mit diesen Auskünften in einer amtlichen Melderegisterauskunft kann die Gläubigerin den Nachweis der Identität zwischen der Person, gegen die sich der Vollstreckungstitel richtet, und der Person, gegen die vollstreckt werden soll, erbringen. Ihrem rechtlichen Bedürfnis ist somit Rechnung getragen, so daß ein weitergehender Eingriff in die Rechtssphäre der Schuldnerin durch Ausstellung einer Heiratsurkunde nicht in Betracht kommt, zumal diese Urkunde auch persönliche Daten enthält, die Außenstehende nichts angehen.
Der angefochtene Beschluß war mithin aufzuheben und der Antrag auf Erteilung einer Heiratsurkunde oder einer Ablichtung aus dem Familienbuch zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 131 Abs. 1 Satz 2 KostO, 13 a Abs. 1 FGG.
Streitwertbeschluss:
Beschwerdewert: 5.000,- DM.
Der Beschwerdewert ist § 30 Abs. 2 KostO entnommen.