Landgericht Braunschweig
Beschl. v. 01.06.1992, Az.: 8 T 266/92
Anspruch eines Rechtsanwalts als Verfahrenspfleger auf Aufwandsersatz; Beiordnung eines Rechtsanwalts nach dem Verfahrensrecht für die öffentlich-rechtliche Unterbringung in Niedersachsen
Bibliographie
- Gericht
- LG Braunschweig
- Datum
- 01.06.1992
- Aktenzeichen
- 8 T 266/92
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 1992, 18885
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LGBRAUN:1992:0601.8T266.92.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- AG Wolfsburg - 03.04.1992 - AZ: 3 XIV 2 L
Rechtsgrundlagen
- § 1835 BGB
- § 70b FGG
- § 112 Abs. 4 BRAGO
Fundstelle
- JurBüro 1993, 113 (Volltext mit amtl. LS)
Tenor:
Die Beschwerde des Pflegers gegen den Beschluß des Amtsgerichts Wolfsburg vom 3. April 1992 - 3 XIV 2 L - wird gerichtsgebührenfrei zurückgewiesen.
Gründe
Das Amtsgericht Wolfsburg hat durch Beschluß vom 02.01.1992 die Betroffene nach den Vorschriften des Nds. Gesetzes über Hilfen für psychisch Kranke und Schutzmaßnahmen untergebracht und ihr den Beschwerdeführer zum Pfleger für das Verfahren bestellt.
Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf Antrag des Pflegers die ihm von der Landeskasse zu zahlenden Gebühren und Auslagen auf 428,56 DM festgesetzt.
Auf die Erinnerung des beteiligten Bezirksrevisors hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Festsetzungsbeschluß aufgehoben mit der Begründung, der Pfleger habe nur Anspruch auf Aufwendungsersatz nach § 1835 BGB. Die dagegen eingelegte Erinnerung des Pflegers hat das Amtsgericht - Richter - zurückgewiesen.
Gegen diese Entscheidung hat der Pfleger Beschwerde eingelegt mit der Begründung, er sei als Rechtsanwalt zum Verfahrenspfleger bestellt worden, damit die Betroffene fachkundig beraten werde.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die genannten Beschlüsse, die Beschwerdebegründung und die Stellungnahmen des Bezirksrevisors vom 04.02. und 18.05.1992 Bezug genommen.
Die Beschwerde ist nach Nichtabhilfe durch den Amtsrichter zulässig (§§ 112, 98 BRAGO), jedoch nicht begründet. Das Amtsgericht hat zu Recht die Festsetzung der von dem Verfahrenspfleger beantragten Gebühren für die Vertretung der Betroffenen in dem Unterbringungsverfahren gegen die Landeskasse abgelehnt.
Zur Vermeidung von entbehrlichen Wiederholungen wird dazu auf die zutreffenden Gründe der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen, denen die Kammer in vollem Umfange beitritt.
Ergänzend ist auf folgendes hinzuweisen:
Bis zum 31.12.1991 war das Verfahrensrecht für die öffentlich-rechtliche Unterbringung in Niedersachsen im Nds.PsychKG geregelt. Nach § 19 dieses Gesetzes mußte dem Betroffenen ein Rechtsanwalt beigeordnet werden. Dieser hatte dann dementsprechend nach § 112 Abs. 4 BRAGO einen Vergütungsanspruch gegen die Landeskasse.
Seit dem 01.01.1992 sind die Verfahrens Vorschriften für alle Unterbringungssachen einheitlich in den §§ 70 ff FGG n.F. geregelt. In § 70 b FGG n.F. ist der Grundsatz des § 64 b FGGübernommen, der für das Verfahren der zivilrechtlichen Unterbringung nach BGB gilt. Danach ist dem Betroffenen kein Rechtsanwalt beizuordnen, sondern ein Verfahrenspfleger zu bestellen, soweit dies zur Wahrnehmung der Interessen des Betroffenen erforderlich ist. Die Vorschrift des § 19 Nds.PsychKG ist durch Art. 10 Nr. 5 des Gesetzes zur Anpassung des Landesrechts an das Betreuungsgesetz vom 17.12.1991 - Nds. GVBl. 1991, 367 gestrichen worden.
Die Beiordnung eines Rechtsanwalts nach § 112 Abs. 4 BRAGO kann nur noch über die Prozeßkostenhilferegeln erfolgen.
Ein zum Verfahrenspfleger nach § 70 b FGG n.F. bestellter Rechtsanwalt hat also gegenüber der Landeskasse keinen unmittelbaren Anspruch auf Vergütung nach § 112 Abs. 4 BRAGO. Er hat vielmehr einen Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen nach §§ 1835, BGB gegen den Betroffenen selbst. Erst für den Fall der Mittellosigkeit des Betroffenen richtet sich der Anspruch gegen die Landeskasse.
Der Pfleger hat jedoch weder seine Ansprüche auf § 1835, BGB gestützt, noch zur Mittellosigkeit der Betroffenen vorgetragen, so daß sein Festsetzungsantrag unbegründet ist.
Es kann daher dahingestellt bleiben, ob der zum Verfahrenspfleger bestellte Rechtsanwalt über § 1835 Abs. 3 n.F. BGB eine Vergütung nach der BRAGO erhalten kann. Das ist nur dann der Fall, wenn der Vormund aufgrund seiner Fachkenntnisse für den Betroffenen etwas verrichten kann, wozu jeder andere fremde Hilfe in Anspruch nehmen müßte. Das wird regelmäßig bei einer Vertretung im Unterbringungsverfahren nicht der Fall sein. Dadurch, daß die Verpflichtung zur Beiordnung eines Rechtsanwalts abgeschafft worden ist, daß nicht in jedem Falle die Bestellung eines Verfahrenspflegers erforderlich ist und daß der Pfleger keiner besonderen juristischen Fachkunde bedarf, vielmehr jede geeignete Person bestellt werden kann, zeigt sich, daß es im Regelfall nicht der Bestellung eines Rechtsanwalts zum Pfleger bedarf.
Die Beschwerde war daher zurückzuweisen. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; Kosten sind nicht zu erstatten (§ 98 Abs. 4 BRAGO).