Oberlandesgericht Braunschweig
Urt. v. 03.09.1991, Az.: 4 U 16/91
Mängel eines Gebrauchtwagens; Anspruch auf Wandlung; Unfallschäden an den Quer- und Längsträgern des Vorderwagens als erhebliche Mängel
Bibliographie
- Gericht
- OLG Braunschweig
- Datum
- 03.09.1991
- Aktenzeichen
- 4 U 16/91
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1991, 14739
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGBS:1991:0903.4U16.91.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- AZ: 10 0 334/90
Rechtsgrundlagen
- § 459 Abs. 1 BGB
- § 462 BGB
- § 467 BGB
Verfahrensgegenstand
Wandlung eines Kfz.-Kaufvertrages
Prozessführer
Herrn (…)
Rechtsanwalt (…)
Prozessgegner
Herrn (…)
Rechtsanwalt (... )
Redaktioneller Leitsatz
Unsachgemäß reparierte Unfallschäden an den Quer- und Längsträgern eines Vorderwagen sind erhebliche Mängel im Sinne von § 459 Abs. 1 BGB. Die Erklärung des Verkäufers, "er habe einen fürchterlichen Abflug gemacht",geben dem Käuferer weder die Unfallschäden bekannt noch musste er nach dieser Äußerung damit rechnen, dass tragende Teile des Fahrzeugs erheblich beschädigt sind.
Der Ausdruck, dass ein Fahrzeug "wie es hier steht" verkauft wird, stellt keinen Haftungsausschluss für den Verkäufer dar. Der behauptete Gewährleistungsausschlusserklärung bezieht sich nur auf die offensichtlichen, nicht aber auf die verdeckten Mängel.
hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Braunschweig
durch
den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht (... )
die Richterin am Oberlandesgericht (... ) und
den Richter am Landgericht auf
die mündliche Verhandlung vom 23. August 1991
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts (…) vom 31. Januar 1991 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsrechtszuges.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung des Beklagten hat keinen Erfolg.
Der Kläger hat gegen den Beklagten nach §§ 459 Abs. 1 462, 467 BGB einen Anspruch auf Wandlung des Kaufvertrages über den PKW Opel Manta, den die Parteien am 6. März 1990 mündlich schlossen.
Das vom Kläger gekaufte Fahrzeug ist mit Fehlern behaftet, die den Wert und die Gebrauchstauglichkeit des Wagens erheblich mindern (§ 459 Abs. 1 BGB). Dabei kann es dahinstehen, ob die in dem vom Kläger eingeholten Sachverständigengutachten festgestellten erheblichen Rostschäden sowie die technischen Mängel an Lenkung und Spurstangenkopf als Fehler im Sinne von § 459 BGB anzusehen sind, weil bei einem zwölf Jahre alten PKW bei einer Laufleistung von fast 170000 km derartige Fehler als normale Abnutzungserscheinungen gewertet werden könnten. Als erhebliche Mängel im Sinne von § 459 Abs. 1 BGB sind jedoch anzusehen die unsachgemäß reparierten Unfallschäden an den Quer- und Längsträgern des Vorderwagens. Insoweit ist auf Grund der Feststellungen des Sachverständigen zwischen den Parteien unstreitig, dass der vordere Querträger unfachmäßig ersetzt wurde und die Längsträger des Vorderwagens gestaucht und eingeknickt sind. Diese Mängel an tragenden Teilen des Fahrzeugs beeinträchtigen den Wert und die Gebrauchstauglichkeit des Wagens erheblich, sie sind auch unter Berücksichtigung von Alter und Laufleistung des PKW weder als üblicher Verschleiß noch als Bagatellschäden anzusehen. Der Haftung des Beklagten nach §§ 459, 462 BGB für die Mängel an den Fahrzeugträgern steht nicht entgegen, dass dem Beklagten nach seiner Behauptung diese Mängel bei Abschluss des Kaufvertrages nicht bekannt gewesen seien. Die Sachmängelhaftung des Beklagten als Verkäufer setzt ein Verschulden nicht voraus. Die Haftung des Beklagten ist auch nicht nach § 460 BGB ausgeschlossen. Der Beklagte hat nicht schlüssig dargelegt, dass dem Kläger bei Abschluss des Kaufvertrages die das Wandlungsrecht begründenden Mängel bekannt waren oder infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt geblieben waren. Der Beklagte behauptet zwar, dass er dem Kläger mitgeteilt habe, er habe mit dem Fahrzeug einen "fürchterlichen Abflug" gemacht. Mit dieser Erklärung aber waren dem Kläger weder die Unfallschäden bekannt gegeben noch musste der Kläger nach dieser Äußerung damit rechnen, dass tragende Teile des Fahrzeugs erheblich beschädigt waren und nicht oder unsachgemäß repariert wurden. Auch bei Erwähnung eines "fürchterlichen Abflugs", bei dem bereits zweifelhaft ist, ob er als Unfall zu verstehen ist, war der Kläger bei Anwendung der zu erwartenden Sorgfalt nicht zu näherer Untersuchung oder Probefahrt des Wagens verpflichtet oder veranlasst. Dies gilt auch dann, wenn der Beklagte - wie er behauptet - dem Kläger angeboten haben sollte, das Fahrzeug auf einer Bühne zu besichtigen. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass ohne Einschaltung eines Sachverständigen die Schäden an den Trägern des Fahrzeugs von dem Beklagten nicht hätten festgestellt werden können, wie aus dem vorgelegten Sachverständigengutachten und auch aus dem Vortrag des Beklagten, der die verbliebenen Beschädigungen an den Trägern nicht bemerkt haben will, zu entnehmen ist. Zur Hinzuziehung eines Sachverständigen aber bestand für den Kläger auch nach der Bemerkung des Beklagten über den "Abflug" keine Veranlassung.
Die Haftung des Beklagten ist auch nicht vertraglich abbedungen. Das Wandlungsrecht des Klägers wegen der nicht ordnungsgemäß reparierten Quer- und Längsträger des Fahrzeugs ist nicht ausgeschlossen, auch wenn der Beklagte - wie er behauptet - ausdrücklich erklärte, das Fahrzeug werde verkauft "wie es hier steht". Zwar ist dieser Erklärung entgegen der Auffassung des Landgerichts zu entnehmen, dass eine Gewährleistung ausgeschlossen werden sollte. Haftungausschlussklauseln aber bedürfen einer besonderen Klarheit und sind in der Regel eng auszulegen (vgl. BGHZ 54, Seite 299f; Palandt-Heinrichs, 50. Aufl., Rdn. 23 zu § 133). Schon dem Wortlaut nach bezieht sich die behauptete Gewährleistungsausschlusserklärung nur auf die offensichtlichen, nicht aber auf die verdeckten Mängel. Auch die weiteren Umstände, wie die Höhe des Kaufpreises und das Angebot zu einer Probefahrt und Besichtigung des Fahrzeugs auf einer Bühne sprechen eher für einen Gewährleistungsausschluß nur für sichtbare Mängel (vgl. auch Reinking/Eggert, Der Autokauf, 4. Aufl., Seite 499 mit Rechtsprechungsnachweisen). Da die unsachgemäß reparierten Schäden an den Fahrzeugträgern nach den unbestrittenen Ausführungen im Sachverständigengutachten nicht erkennbar waren und also zu den verdeckten Mängeln gehören, werden sie von der vom Beklagten behaupteten Gewährleistungsausschlußvereinbarung nicht erfaßt. Ein vollständiger Gewährleistungsausschluß wäre nur dann anzunehmen, wenn der Beklagte durch einen weiteren Zusatz wie zum Beispiel "Jede Haftung ist ausgeschlossen" dies deutlich gemacht hätte (vgl. BGH, BB 1964, Seite 906). Solche eindeutigen Erklärungen aber sind unstreitig bei Vertragsschluß nicht abgegeben worden.
Die Berufung des Beklagten ist demgemäß mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
Streitwertbeschluss:
Der Beklagte ist mit 12.000,00 DM beschwert.