Verwaltungsgericht Braunschweig
Urt. v. 04.12.2013, Az.: 6 A 65/12

Altkleider; Altkleidercontainer; Altkleidersammlung; Ermessensentscheidung; Gesichtspunkt bekannt bewährt; Gleichbehandlungsgrundsatz; gewerbliche Sammlung; Sondernutzungsgebühr

Bibliographie

Gericht
VG Braunschweig
Datum
04.12.2013
Aktenzeichen
6 A 65/12
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2013, 64486
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Die Behörde darf bei ihrer Ermessensentscheidung über die Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis nach § 18 Abs. 1 NStrG für das Aufstellen von Altkleidercontainern den Gesichtspunkt bekannt und bewährt im Hinblick auf einen Anbieter berücksichtigen.

Es verstößt jedoch gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, mit dem Verweis auf diesen Gesichtspunkt einen anderen Bewerber auf Dauer von der Vergabe einer Sondernutzungserlaubnis auszuschließen.

Tatbestand:

Der Kläger möchte im Stadtgebiet von E. Altkleidercontainer (auch für Schuhe) aufstellen.

Mit Schreiben vom 03.11.1997 beantragte der Beigeladene die Erlaubnis zum Aufstellen von Altkleidersammelbehältern, um die Sammlung von Altkleidern und Altschuhen für hilfebedürftige Menschen zu intensivieren. Bisher würden nur die Kleiderkammern gut erhaltene Kleidungsstücke sortieren, reinigen und an bedürftige Personen ausgeben. Mit Bescheid vom 26.01.1998 erteilte die Beklagte dem Beigeladenen eine Sondernutzungserlaubnis für die Aufstellung von sechs Containern im Stadtgebiet der Beklagten. Mit Bescheid vom 16.06.1998 wurden weitere vier Standorte in Ortsteilen und im Januar 2006 fünf zusätzliche Standorte (ehemalige Standorte des DLRG) erlaubt. Die dem Beigeladenen erteilte Sondernutzungserlaubnis ist unbefristet. Der Beigeladene hatte Sondernutzungsgebühren nach der jeweils gültigen Sondernutzungsgebührensatzung (SGS) der Beklagten zu entrichten. 1998 waren dies pauschal 520,00 DM für alle genehmigten Behälter. Derzeit fallen nach der SGS vom 08.09.2011 (Amtsblatt für den Landkreis F. Nr. 42 v. 15.11.2011 i. F. d. 2. Änderungssatzung v. 03.05.2010, Amtsblatt Nr. 19 v. 05.05.2010) nach Nr. 4 des Gebührentarifs (Anlage zur SGS) jährlich pauschal 375,00 EUR an.

Für den Beigeladenen handelt der Ortsverein E., der über die Firma G. GmbH & Co. KG} die Altkleidercontainer mit der Aufschrift „Deutsches Rotes Kreuz“ aufstellen lässt und Teile des von der Firma H. erzielten Veräußerungserlöses für seine gemeinnützigen Aufgaben einsetzt. Von der Firma H. aus der Sammlung ausgewählte Kleidungsstücke gibt der Beigeladene in seinen Kleiderkammern an Bedürftige ab. Der Ortsverein kümmert sich auch um die Sauberkeit an den Standorten.

Bis Anfang Februar 2012 stellte der Kläger ohne Erlaubnis in der I. der Beklagten und in mehreren Ortschaften insgesamt 25 Altkleidercontainer auf öffentlichen Flächen auf (Aufschrift „Kleider- und Schuhsammlung J. i. G.“). Der Beigeladene nutzte zu dieser Zeit 18 Container im öffentlichen Straßenraum.

Nach Ermittlung des Klägers als Verantwortlichem hörte die Beklagte diesen mit Schreiben vom 24.02.2012 zu dem Erlass einer Beseitigungsverfügung an. Ihm wurde eine Frist zu Stellungnahme bis zum 12.03.2012 eingeräumt.

Am 24.02.2012 stellte der Kläger einen Antrag auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis für das Aufstellen von Altkleidercontainern auf öffentlichen Plätzen im Stadtgebiet der Beklagten.

Mit Bescheid vom 01.03.2012 lehnte die Beklagte den Antrag auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis ab und ordnete die Beseitigung der aufgestellten Container unter Sofortvollzug an. Außerdem drohte sie eine Ersatzvornahme an und untersagte dem Kläger vorsorglich das erneute Aufstellen von Containern an den gleichen oder anderen Stellen, wofür sie ein Zwangsgeld in Höhe von 50,00 EUR für den Fall der Zuwiderhandlung androhte.

Zur Begründung bezog sie sich u.a. darauf, im Rahmen des ihr bei der Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen eingeräumten Ermessens habe sie das Interesse des Klägers gegen öffentliche Belange abzuwägen. Dabei berücksichtige sie, dass sie im Stadtgebiet 18 Altkleidercontainer habe aufstellen zu lassen. Weitere Container sollten nicht zugelassen werden, weil sie zurzeit effektiv gegen die häufig an diesen Standorten auftretenden Verschmutzungen vorgehen könne. Träten Verschmutzungen auf, bestehe Klarheit, wer für die Beseitigung verantwortlich sei, so dass schnell und durchgreifend gehandelt werden könne und Belastungen für die Nachbarschaft weitgehend vermieden werden könnten. Auch Nachahmungsverschmutzungen könnten so verhindert werden. Ein übermäßiger Überwachungsaufwand solle vermieden werden. Zusätzliche Standorte würden diesen deutlich erhöhen. Würden Container von verschiedenen Aufstellern zugelassen, wären zunächst aufwendige Ermittlungen zur Zuordnung der Verschmutzungen notwendig, was zu Verzögerungen führe. Jeder weitere Container begründe die Gefahr weiterer Verschmutzungen. Bei Erteilung weiterer Erlaubnisse sei mit Folgeanträgen anderer Gewerbetreibender zu rechnen. Dies würde der Zielsetzung der Beklagten, die Zahl der Container im Hinblick auf ein Verschmutzungsrisiko zu begrenzen, zuwiderlaufen.

Der Kläger hat am 19.03.2012 Klage erhoben. Er trägt im Wesentlichen vor, er selbst sei ebenfalls in der Lage, die Sammlung „aus einer Hand“ durchzuführen und zuverlässig für Sauberkeit an den Standorten zu sorgen. Ein Anbieter werde einseitig begünstigt. Die Vergabe an den Beigeladenen sei deshalb im Hinblick auf das Gleichbehandlungsgebot in Art. 3 Abs. 1 GG fehlerhaft. Auch habe die Beklagte kein Standortkonzept für Alttextilcontainer und kein kommunales Entsorgungskonzept. Der Rat der Beklagten habe über das Aufstellen der Container nicht entschieden. Der angefochtene Bescheid leide an Ermessensfehlern, so dass die Beklagte neu zu entscheiden habe.

Der Kläger hat zunächst beantragt,

1. die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 01.03.2012 zu verpflichten, ihm eine Sondernutzungserlaubnis für das Aufstellen von Altkleidercontainern an – im Einzelnen benannten Standorten (11 in der I. u. in 15 Ortsteilen sowie in K.) unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu erteilen,

hilfsweise,

die Beklagte unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zur Neubescheidung zu verpflichten,

2. die Beklagte zu verpflichten, die zu Gunsten des Beigeladenen ergangene Sondernutzungserlaubnis zum Aufstellen von Altkleidercontainern aufzuheben.

Der Kläger hat die von ihm aufgestellten Container während des Klageverfahrens entfernt. Hinsichtlich der Beseitigungsverfügung in dem Bescheid vom 01.03.2012 haben die Beteiligten den Rechtsstreit deshalb übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt. In der mündlichen Verhandlung hat er die Klage außerdem teilweise zurückgenommen.

Der Kläger beantragt weiterhin,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 01.03.2012 zu verpflichten, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts hinsichtlich seines Antrages auf Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen an den in der Klageschrift genannten Standorten (mit Ausnahme von K.) neu zu bescheiden.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie stützt sich im Wesentlichen auf die in dem angefochtenen Bescheid dargelegten Gründe. Sie habe bei ihrer Entscheidung nur Gesichtspunkte zugrunde gelegt, die einen sachlichen Bezug zur Straße hätten. Insofern biete der Beigeladene nach den Erfahrungen in der Vergangenheit die Gewähr für ein effektives Vorgehen gegen Verschmutzungen. Sie müsse die Erlaubnis nicht auf mehrere Anbieter verteilen. Sie könne andererseits das Aufstellen von Containern auf öffentlichen Straßen auch gar nicht gestatten. Ein Standortkonzept sei nicht zwingend notwendig. Auf städtebauliche Gesichtspunkte beziehe sie sich nicht. Ein Ermessensfehler liege nicht vor.

Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.

Er macht geltend, es handele sich auch bei Einschaltung eines Dritten noch um eine gemeinnützige Sammlung. Es werde mehr gebrauchte Kleidung gespendet als an bedürftige Menschen weitergegeben werden könne. Daher gehe der Überschuss an Recyclingfirmen. Der Beigeladene und der DRK Ortsverein E. seien als gemeinnützig anerkannt. Der Vertreter des Beigeladenen hat in der mündlichen Verhandlung erläutert, inwiefern die Firma H. in die Altkleidersammlung einbezogen ist und auf welche Weise über die Altkleidersammlung die gemeinnützige Tätigkeit des Beigeladenen unterstützt wird.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des übrigen Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsvorgänge der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe

Soweit der Kläger die Klage hinsichtlich des ursprünglichen Hauptantrags auf Verpflichtung zur Erteilung der Genehmigung sowie des Antrags zu 2. auf Aufhebung der Sondernutzungserlaubnis des Beigeladenen zurückgenommen hat und soweit die Beteiligten den Rechtsstreit bezüglich der Beseitigungsanordnung übereinstimmend für erledigt erklärt haben, war das Verfahren gem. § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO (analog) einzustellen.

Mit dem Antrag auf eine Neubescheidung hat die Klage Erfolg. Der Bescheid der Beklagten vom 01.03.2012 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Er hat einen Anspruch auf eine erneute Entscheidung über seinen Antrag auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis, wobei die nachfolgend zum Ausdruck gebrachte Rechtsauffassung des Gerichts zu beachten ist (§ 113 Abs. 1 und 5 Satz 2 VwGO).

Die Beklagte hat das ihr bei der Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen zustehende Ermessen im Hinblick auf den Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 3 Abs. 2 Nds. Verf.) fehlerhaft ausgeübt.

Das Aufstellen von Alttextilcontainern und anderen Wertstoffsammelbehältern im öffentlichen Straßenraum ist eine straßenrechtliche Sondernutzung, die nur zulässig ist, wenn der zuständige Träger der Straßenbaulast – hier die Beklagte – dies erlaubt (§ 18 Abs. 1 Satz 1 und 2 NStrG). Nach 18 Abs. 1 Satz 4 NStrG kann die Gemeinde die Ausübung von Sondernutzungen durch Satzung regeln. Hierzu hat die Beklagte die Satzung über Erlaubnisse für Sondernutzungen in Gemeindestraßen und Ortsdurchfahrten in der Stadt E. vom 18.10.2007 (Amtsblatt für den Landkreis F. Nr. 43 v. 02.11.2007 – SNS -) erlassen, welche die Erlaubnispflicht für Sondernutzungen in § 2 Abs. 1 SNS regelt. Nach § 6 Abs. 1 SNS dürfen öffentliche Straßen für Sondernutzungen erst aufgrund einer Erlaubnis in Anspruch genommen werden. Die Erlaubnis darf nur auf Zeit oder Widerruf erteilt werden. Sie kann unter Bedingungen erteilt und mit Auflagen versehen werden. Die Erlaubnis kann gem. § 6 Abs. 2 Satz 1 SNS insbesondere aus Gründen der Sicherheit oder Leichtigkeit des Verkehrs, des Straßenbaus oder aus städtebaulichen Gründen versagt oder widerrufen werden. Das Aufstellen von Alttextilcontainern im öffentlichen Straßenraum fällt nicht unter die nach § 10 SNS erlaubnisfreien Nutzungen, weshalb der Kläger einer Erlaubnis nach §§ 2, 6 SNS bedarf. Denn es handelt sich bei der Containeraufstellung um eine über den Gemeingebrauch i. S. d. § 14 Abs. 1 Satz 1 NStrG hinausgehende Inanspruchnahme der Straße, wobei es unerheblich ist, wo sich der Container im Straßenraum genau befindet (Rand-, Seitenstreifen, öffentlicher Platz, eingerichtete Wertstoffsammelplätze, vgl. VG Braunschweig, Urt. v. 10.02.2009 – 6 A 240/07 -, juris Rn. 15, 18).

Das der Beklagten nach § 18 NStrG und § 6 SNS zustehende Ermessen ist entsprechend dem Zweck des § 18 NStrG unter Einhaltung der gesetzlichen Grenzen auszuüben (§ 1 Abs. 1 Nds. VwVfG i. V. m. § 40 VwVfG). Das Gericht hat die Ermessensentscheidung der Behörde nur darauf zu überprüfen, ob sie diesen rechtlichen Rahmen eingehalten hat (§ 114 Satz 1 VwGO). Ermessenserwägungen können im Gerichtsverfahren ergänzt werden (§ 114 Satz 2 VwGO).

Das Erlaubnisverfahren soll sicherstellen, dass die zuständige Behörde Kenntnis von Ort und Umfang der beabsichtigten Straßennutzung erhält, damit sie von vornherein erkennbare Störungen verhindern oder in zumutbaren Grenzen halten sowie die unterschiedlichen und teilweise gegenläufigen Nutzungsabsichten der Straßennutzer ausgleichen kann. Für ihre Entscheidung muss die Behörde dementsprechend die betroffenen Interessen gegeneinander abwägen. Zu berücksichtigen hat sie dabei insbesondere das Interesse des Antragstellers an der Durchführung des Vorhabens und die öffentlichen Belange, deren Schutz der zuständigen Behörde anvertraut ist. Die Regelungen dienen dem Schutz der Straße und ihrer Funktion. Als öffentliche Belange darf die Behörde ihrer Ermessensentscheidung daher nur Gesichtspunkte zugrunde legen, die einen sachlichen Bezug zur Straße haben. Dazu gehören die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs, die Aufrechterhaltung eines störungsfreien Gemeingebrauchs, der Schutz der Straßenanlieger vor Störungen und der Schutz der Straßensubstanz, aber auch alle anderen Gesichtspunkte, die noch in engem Zusammenhang mit dem Widmungszweck der Straße stehen. Dagegen darf die Behörde die Sondernutzungserlaubnis nicht wegen anderer rechtlicher Gesichtspunkte – insbesondere wegen drohender Straftaten, Ordnungswidrigkeiten oder sonstiger Verstöße gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften - ablehnen (VG Braunschweig, Urt. v. 15.01.2003 - 6 A 237/01 -; Sauthoff, Öffentliche Straßen, 2. Aufl., Rn. 661, jeweils m. w. N).

Es ist rechtlich nicht zu beanstanden, dass die Beklagte das Problem einer Verschmutzung als einen bei der Ermessensentscheidung zu berücksichtigenden Gesichtspunkt angesehen und darauf verwiesen hat, der Beigeladene biete die Gewähr für saubere Containerstandorte, nicht zuletzt, weil ein Mitglied des Ortsvereins E. des Beigeladenen bei Verschmutzungen sofort für Abhilfe sorge (s. das Sitzungsprotokoll). Das Ziel, derartige Verschmutzungen des Straßenraums zu vermeiden, ist ein unmittelbar auf den Straßengrund bezogenes Entscheidungskriterium, mit dem die Beklagte die Ablehnung einer Sondernutzungserlaubnis begründen darf (VG Braunschweig, Urt. v. 10.02.2009, a. a. O., Rn. 30 f., 47).

Auch hat die Kammer bereits entschieden, dass die Straßenbehörden mit ihrer Ermessensentscheidung nach § 18 Abs. 1 NStrG über die Aufstellung weiterer Alttextilcontainer das Ziel verfolgen dürfen, für die Altkleidersammelstellen die Wartung und Entsorgung „in einer Hand“ zu gewährleisten, sofern diese Zielsetzung im konkreten Fall einen sachlichen Bezug zur Straße hat (VG Braunschweig, Urt. v. 10.02.2009 – 6 A 240/07 –, a. a. O., Rn. 32). Die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung erneut darauf hingewiesen, dass sie die Wartung und Entsorgung „in einer Hand“ anstrebt, um einer Verschmutzung des öffentlichen Straßenraums in möglichst effektiver Weise zu begegnen und damit möglicherweise verbundene Beeinträchtigungen der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs in Grenzen zu halten.

Die Ermessensentscheidung ist jedoch gleichwohl insofern rechtlich unzulänglich, als die Beklagte gegen das Gebot der Gleichbehandlung in Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 3 Abs. 2 Nds.Verf. verstoßen hat. Dass ein Bewerber auf der Grundlage von Erwägungen zur Verschmutzungsproblematik und zur „Sammlung in einer Hand“ ausgeschlossen wird, verstößt gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, wenn die Differenzierung nicht durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist. Das Gleichbehandlungsgebot zwingt die Kommunen zwar nicht dazu, Sondernutzungserlaubnisse für Alttextilcontainer in jedem Fall auf mehrere Unternehmen zu verteilen. Andere Anbieter haben jedoch einen Anspruch darauf, dass ihnen nicht aus unsachlichen Gründen eine solche Erlaubnis verwehrt wird (VG Braunschweig, Urt. v. 10.02.2009, a. a. O,. juris Rn. 36, 38.). Diesem Maßstab ist die Beklagte bei ihrer Entscheidung nicht gerecht geworden.

Denn der Kläger hat angegeben, die geforderten Leistungen ebenfalls „aus einer Hand“ mit der gleichen Qualität erbringen zu können. In der mündlichen Verhandlung hat er dazu beispielsweise angeboten, Mitarbeiter mit der Kontrolle der Standorte zu beauftragen, so wie es der Beigeladene mit der ehrenamtlichen Tätigkeit eines Mitglieds des Ortsvereins praktiziert. Die Beklagte hat gleichwohl eindeutig erklärt, an dem gegenwärtigen Zustand mit der Bindung an den Beigeladenen auf unbestimmte Zeit festhalten zu wollen. Es ist nicht erkennbar, dass dem Kläger in absehbarer Zeit die Chance eingeräumt werden soll, als gleichberechtigter Bewerber ausgewählt zu werden. Zwar hat die Beklagte betont, mit dem Beigeladenen sehr gute Erfahrungen gemacht zu haben. Die erfolgreiche Zusammenarbeit solle fortgesetzt werden. Die Kammer sieht in dem damit angesprochenen Auswahlkriterium „bekannt und bewährt“ – sofern es auf die Verschmutzungsproblematik bezogen wird - einen für die Entscheidung nach § 18 NStrG sachlichen Grund (a. A. VG Gießen, Urt. v. 14.12.2000 - 10 E 31/00 -, juris Rn. 48).  Auch der Gesichtspunkt, sich für einen „bekannten und bewährten“ Anbieter zu entscheiden, kann einen dauerhaften Ausschluss anderer Bewerber im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG nicht sachlich rechtfertigen (vgl. BVerwG, U. v. 27.04.1984 - 1 C 24/82 -, juris Rn. 13 - zu § 70 Abs. 3 GewO - ). Der Beigeladene übernimmt die Altkleidersammlung bereits seit 15 Jahren. Dabei hat die Beklagte mit dem Beigeladenen aber anders als die Stadt L. mit einem Entsorgungsunternehmen keinen umfassenden Leistungsvertrag über die Abfallsammlung und –entsorgung geschlossen, der auch die Altkleider- und Schuhsammlung umfasst (VG Braunschweig, Urt. v. 10.02.2009, a. a. O., Rn. 37). Dieser Vertrag bot einen sachlichen Grund für eine Differenzierung, die eine Bevorzugung des Vertragspartners der Stadt zuließ.

Anders liegt der Sachverhalt im vorliegenden Fall. Da der Kläger seit nunmehr fast zwei Jahren seine wirtschaftliche Betätigung auf das Gebiet der Beklagten ausdehnen möchte, musste eine neue Entscheidung über die Vergabe der Sondernutzungserlaubnis zumindest zeitnah in Aussicht gestellt werden, was die Beklagte – auch in der mündlichen Verhandlung – nicht getan hat. In die Ermessenserwägungen der Beklagten ist damit der sachwidrige Gesichtspunkt eingeflossen, einen Anbieter von Altkleidersammlungen einseitig dauerhaft zu bevorzugen.

Die Beklagte ist infolgedessen zu verpflichten, über die Sondernutzungserlaubnis erneut zu entscheiden. Für die Entscheidung sollte sie Auswahlkriterien aufstellen, die von dem Erlaubnisnehmer zu erfüllen sind. Anhand von Angeboten kann dann ein Antragsteller ausgewählt werden. Möglich ist es auch, mehrere Bewerber durch eine Aufteilung von Standorten zum Zuge kommen zu lassen. Desgleichen kann ein revolvierendes System mit einem Wechsel nach einem bestimmten Zeitraum eingeführt werden. Sondernutzungserlaubnisse können befristet erteilt werden (§ 18 Abs. 2 Satz 1 NStrG und § 6 Abs. 1 Satz 2 SNS).

Die Beklagte ist nicht gezwungen, finanzielle Angebote einzuholen oder das Auswahlverfahren auf eine Ausschreibung mit dem Ziel eines Vertragsabschlusses umzustellen. Sie kann im Rahmen ihres Ermessens weiterhin lediglich die anfallenden Sondernutzungsgebühren einnehmen und sich anhand anderer Kriterien wie „Organisation der Standortreinhaltung“ o. ä. entscheiden.

Auf die Gemeinnützigkeit der Beigeladenen als Auswahlkriterium hat sich die die Beklagte bislang nicht berufen. Das war richtig, weil dieser Umstand keinen Bezug zu der betroffenen Straße hat, weshalb er bei der Entscheidung im Rahmen der § 18 NStrG und § 6 SNS auch nicht herangezogen werden darf (vgl. VG Gießen, Urt. v. 14.12.2000 – 10 E 31/00 –, juris Rn. 35). Daher darf auch zukünftig keine Unterscheidung nach gemeinnütziger Tätigkeit vorgenommen werden.

Zur Vorbereitung einer neuen Entscheidung bedarf es nicht zwingend eines Standort- oder Entsorgungskonzepts. Eine verwaltungsinterne „Richtlinie“ o. ä. ist nicht Voraussetzung einer ermessensfehlerfreien Entscheidung. Auch ist es rechtlich nicht geboten, dass der Rat über ein solches Konzept oder die Kriterien für die Auswahl eines Anbieters entscheidet. Die Entscheidung über Sondernutzungserlaubnisse ist regelmäßig ein Geschäft der laufenden Verwaltung, das der Zuständigkeit des Rats entzogen ist (vgl. § 58 NKomVG). Lediglich städtebauliche Erwägungen dürfen nur nach Beteiligung des Rats zur Grundlage einer Entscheidung über eine Sondernutzung nach § 18 NStrG gemacht werden (s. zum Vorstehenden VG Braunschweig, Urt. v. 10.02.2009, a. a. O, Rn. 25, 27).

Die dem Beigeladenen erteilte Sondernutzungserlaubnis muss zu einem geeigneten Zeitpunkt (dem Beginn eines neuen „Vergabezeitraums“) widerrufen werden (§ 18 Abs. 2 Satz 1 NStrG und § 6 Abs. 2 Satz 2 SNS i. V. m. § 1 Abs. 1 NVwVfG, § 49 VwVfG).

Die Kostenentscheidung beruht hinsichtlich des streitig entschiedenen Verfahrensteils auf § 154 Abs. 1 VwGO. Für den zurückgenommenen Antrag hat der Kläger die Kosten nach § 155 Abs. 2 VwGO zu tragen.

Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit bezüglich der Beseitigungsanordnung für erledigt erklärt haben, waren die Verfahrenskosten nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Verfahrensstands gem. § 161 Abs. 2 VwGO dem Kläger aufzuerlegen. Denn die Anordnung in dem Bescheid vom 01.03.2012, die im öffentlichen Straßenraum abgestellten Altkleidercontainer bis zum 22.03.2012 zu entfernen, war rechtmäßig. Nach § 22 Satz 1 NStrG i. V. m. § 7 Abs. 5 Satz 1 SNS durfte die Beklagte die Beseitigung verlangen und insofern gem. § 70 NVwVG i. V. m. §§ 66, 70 Nds. SOG die Ersatzvornahme androhen. Auch die vorsorgliche Untersagung des erneuten Aufstellens nach § 11 Nds. SOG war rechtlich nicht zu beanstanden. Die Beklagte durfte gem. §§ 7 Abs. 5 Satz 3 SNS i. V. m. 67, 70 Nds. SOG insofern ein Zwangsgeld von (nur) 50,00 EUR androhen.