Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 07.05.1985, Az.: 2 OVG A 29/82

Auswahlverfahren bei der Besetzung einer Stelle eines Fachleiters für besondere Aufgaben am Staatlichen Studienseminar; Einbeziehung eines Unterrichtsbesuchs in die Auswahlentscheidung für die Besetzung einer Stelle; Bekanntschaft des vorgezogenen Bewerbers mit Personen des Auswahlgremiums als Grund für die Abstimmung zugunsten des Bewerbers

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
07.05.1985
Aktenzeichen
2 OVG A 29/82
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1985, 31345
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:1985:0507.2OVG.A29.82.0A

Verfahrensgang

vorgehend
VG Oldenburg - 27.01.1982 - AZ: 3 OS VG A 17/81
VG Oldenburg - 27.01.1982 - AZ: 3 OS A 17/81
nachfolgend
BVerwG - 25.08.1988 - AZ: BVerwG 2 C 62/85

Fundstelle

  • DVBl 1985, 1245-1247 (Volltext mit amtl. LS)

Verfahrensgegenstand

Bewerbung

Der 2. Senat des Oberverwaltungsgerichts für die Länder Niedersachsen und Schleswig-Holstein in Lüneburg hat
auf die mündliche Verhandlung vom 7. Mai 1985
durch
den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Zeller,
die Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Heider und Sommer sowie
die ehrenamtlichen Richter XXX und XXX
für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Oldenburg - 3. Kammer Osnabrück - vom 27. Januar 1982 geändert.

Die Bescheide der Beklagten vom 24. Oktober 1980 und vom 15. Dezember 1980 werden aufgehoben. Die Beklagte wird verpflichtet, die Klägerin nach der Rechtsauffassung des Senats neu zu bescheiden.

Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagte 2/3 und der Beigeladene zu 1) 1/3. Die Kosenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte und der Beigeladene zu 1) können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung, die Beklagte in Höhe von 800,-- DM und der Beigeladene zu 1) in Höhe von 400,-- DM. abwenden, sofern nicht die Klägerin in derselben Höhe Sicherheit leistet.

Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu 2) sind nicht erstattungsfähig.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe

1

I.

Die im Jahre 1944 geborene Klägerin studierte nach der Reifeprüfung seit dem Sommersemester 1963 Philologie (mit den Hauptfächern Germanistik und Anglistik und den Begleitfächern Philosophie und Pädagogik) an der Universität XXX, unterbrochen durch ein Semester an dem XXX-College der Universität XXX. Im Jahre 1967 wurde sie zum Prüfungsteil "allgemeine Prüfung in Philosophie und Pädagogik" der ersten philologischen Staatsprüfung zugelassen, verfaßte eine schriftliche Arbeit im Fach Pädagogik und legte die mündliche Prüfung mit der Note "gut" ab. Die philologische Staatsprüfung in den Fächern Englisch (gut) und Deutsch (sehr gut) legte sie am 17. November 1969 ab und erhielt das Zeugnis "gut bestanden". Von Dezember 1969 bis Mai 1972 war sie als wissenschaftliche Hilfskraft am englischen Seminar der Universität beschäftigt. Seit dem 1. Juni 1972 leistete sie den Vorbereitungsdienst als Studienreferendarin im Regierungsbezirk Münster. Am 8. Mai 1973 bestand sie die zweite Staatsprüfung für das Lehramt am Gymnasium mit der Note "gut"; ihr wurde damit die Befähigung zum Lehramt an Gymnasien in den Fächern Deutsch und Englisch zugesprochen.

2

Die Klägerin bewarb sich um Einstellung in den Schuldienst des Landes Niedersachsen, wurde mit Wirkung vom 1. August 1973 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe zur Studienassessorin ernannt und ist seitdem am Gymnasium "XXX" in XXX tätig. Nach einem befürwortenden Bericht der Oberschulrätin XXX über einen Unterrichtsbesuch am 1. September 1974 wurde der Klägerin mit Wirkung vom 1. Februar 1975 die Eigenschaft einer Beamtin auf Lebenszeit verliehen. Seit dem Jahre 1975 hat sie in ihren Fächern ständig Abiturprüfungen als Referentin abgenommen und eine größere Anzahl von Referendaren ausgebildet.

3

Im Mai 1979 wurde im Schulverwaltungsblatt (S. 144) folgende Stelle ausgeschrieben:

"Staatliches Studienseminar für das Lehramt an Gymnasien in XXX, Studiendirektorstelle (Fachleiter für besondere Aufgaben), frei zum 1.11.1979."

4

Die Bewerbungsfrist lief bis zum 20. Juli 1979. Die Klägerin hatte sich zu dieser Zeit um die ausgeschriebene Stelle des schulfachlichen Koordinators am Gymnasium in XXX beworben. Sie wurde deswegen am 16. Juli 1979 durch den Leitenden Regierungsdirektor XXX im Unterricht besucht. Nach diesem Unterrichtsbesuch zog sie die Bewerbung für XXX zurück und bewarb sich um die Stelle eines Fachleiters für besondere Aufgaben am Staatlichen Studienseminar. Von den zunächst fünf, später vier weiteren Bewerbern waren zwei ebenfalls noch Studienräte (so auch der Beigeladene zu 1)). Die Bewerber wurden veranlaßt, sich in der Seminarkonferenz vorzustellen; der Seminarleiter fertigte einen Bericht über die geführten Vorstellungsgespräche. Anschließend stimmte die Seminarkonferenz über die Bewerber ab. Dabei hatten die Stimmen der 20 Ausbilder und der 15 zur Seminarkonferenz gehörenden Referendare gleiches Gewicht. Die meisten Stimmen erhielt der Beigeladene zu 1). Dieser war Studienrat mit Lehrbefähigung in den Fächern katholische Religion und Pädagogik (Beamter auf Lebenszeit seit dem 1. April 1976).

5

Am 28. Oktober 1979 fertigte der Ltd. Regierungsschuldirektor XXX für den Niedersächsischen Kultusminister einen Bericht über die Besetzung der Planstelle eines Fachleiters für besondere Aufgaben am Staatlichen Studienseminar. Er begründete darin seine Überzeugung, daß der Beigeladene zu 1) die Anforderungen am ehesten erfüllen werde. Die Klägerin und zwei weitere Bewerber schienen ihm im Augenblick vergleichsweise weniger für die Stelle in Frage zu kommen; sie seien engagierte, tüchtige und anerkannte Fachlehrer, die auch schon öfter Studienreferendare betreut hätten: Fraglich sei aber, wie weit sie sich in den allgemein pädagogischen Tätigkeitsbereich eines Fachleiters für besondere Aufgaben einarbeiten könnten. In menschlicher und fachlicher Hinsicht besitze die Klägerin noch die besten Voraussetzungen. Diesen drei Bewerbern seien der Beigeladene zu 1) sowie der Bewerber Oberstudienrat D. aufgrund ihres Studiums des Faches Pädagogik vorzuziehen; sie hätten bei der Vorstellung vor der Seminarkonferenz ihre bessere Sachkompetenz eindeutig nachgewiesen. Unter ihnen habe sich wiederum der Beigeladene zu 1) im Hinblick auf Theorietüchtigkeit, Argumentationsfähigkeit und Unterrichtserfahrung im Fach Pädagogik als der bessere Bewerber gezeigt. Unterstrichen werde diese Einschätzung durch die besseren Examensleistungen, nach denen der Beigeladene zu 1) der qualifizierteste unter allen fünf Bewerbern sei, und durch die Berichte über den Unterricht der beiden Bewerber, die für den Beigeladenen zu 1) besondere Anerkennung enthielten. Diesem Urteil schlössen sich die hierzu befragten Schulaufsichtsbeamten an. Allerdings seien dabei auch (keineswegs sehr gewichtige) Bedenken gegen den Beigeladenen zu 1) laut geworden. Über diese Bedenken könne auch deshalb hinweggegangen werden. weil dem Beigeladenen zu 1) über ein Jahr als Oberstudienrat Gelegenheit gegeben werden könne, diese möglichen Bedenken auszuräumen und seine Stärken unter Beweis zu stellen. Es werde daher gebeten, den Beigeladenen zu 1) zum nächstmöglichen Termin mit der Wahrnehmung der Aufgaben des Fachleiters zu beauftragen.

6

Der Kultusminister, der später als Beigeladener zu 2) am Verfahren beteiligt worden ist, folgte dieser Anregung, beauftragte den Beigeladenen zu 1) mit Wirkung vom 7. Dezember 1979 und forderte die Beklagte auf, zu gegebener Zeit die unterwertige Besetzung der Stelle mit diesem zu beantragen.

7

Im Januar 1980 wurde ein Bericht des Schulaufsichtsbeamten Thole über den Unterrichtsbesuch vom 16. Juli 1979 zu den Personalakten der Klägerin genommen. Darin wird die vorgeführte Stunde als "gut gelungen" bezeichnet.

8

Im Juli 1980 schlug die Beklagte dem Kultusminister vor, den Dienstposten des Fachleiters für besondere Aufgaben nicht nur vorübergehend dem Beigeladenen zu 1) zu übertragen, da er die in ihn gesetzten Erwartungen voll erfüllt habe. Nachdem der Kultusminister der unterwertigen Dienstpostenbesetzung zugestimmt hatte, wurde der Beigeladene zu 1) am 30. September 1980 zum Oberstudienrat ernannt und in die Fachleiter-Planstelle eingewiesen, aus der er zunächst Bezüge der Besoldungsgruppe A 14 erhalten sollte.

9

Mit Schreiben vom 24. Oktober 1980 teilte die Beklagte der Klägerin mit, ihre Bewerbung um die Stelle des Fachleiters am Studienseminar habe nicht berücksichtigt werden können; für die Planstelle sei ein anderer Bewerber vorgesehen und inzwischen in die Stelle eingewiesen worden.

10

Hiergegen erhob die Klägerin mit Schreiben vom 10. November 1980 Widerspruch und rügte insbesondere, daß sie aus Anlaß der Bewerbung nicht "anhospitiert" und dienstlich beurteilt worden sei; die Beurteilung der Stunde vom 16. Juli 1979 habe bei der Stellenvergabe noch nicht vorgelegen.

11

Mit Bescheid vom 15. Dezember 1980 wies die Beklagte den Widerspruch zurück und führte im wesentlichen aus: Die Aufgaben eines Fachleiters für besondere Aufgaben am Staatlichen Studienseminar bestünden insbesondere darin, allgemeine Sitzungen mit bevorzugt pädagogischen Themen abzuhalten sowie als Vertreter des Seminarleiters und als pädagogischer Fachmann Lehrproben abzunehmen, vor allem in Fächern, die nicht den vom Fachleiter selbst vertretenen Fächern entsprächen. Daher sei die Eignung der Bewerber im Hinblick auf die zu besetzende Funktion im Auswahlverfahren besonders zu berücksichtigen gewesen. Als Grundlage der Entscheidung hätten die Personalakten, das Votum der Seminarkonferenz sowie die Stellungnahme des Seminarleiters gedient. Die Personalakten hätten hinreichend Anhaltspunkte für eine vergleichende Entscheidung geboten. Im übrigen sei die positive Beurteilung der Unterrichtsbesichtigung vom 16. Juli 1979 mit in die Entscheidungsfindung einbezogen worden. Nach Prüfung aller Voraussetzungen sei nach § 8 NBG dem Beigeladenen zu 1) als dem am besten geeigneten Bewerber das Amt übertragen worden.

12

Am 19. Januar 1981 hat die Klägerin den Verwaltungsrechtsweg beschritten und im wesentlichen vorgetragen: Die Auswahlentscheidung leide an einein Verfahrensfehler, weil das Ergebnis des Unterrichtsbesuches vom 16. Juli 1979 nicht berücksichtigt worden sei. Der Kultusminister als die für die Stellenbesetzung maßgebliche Behörde habe das Ergebnis der Unterrichtsbesichtigung nicht gekannt. Die Beklagte habe nur den Beigeladenen zu 1) und einen weiteren Mitbewerber dienstlich beurteilt. Wenn dem Fach Pädagogik für die Stellenbesetzung maßgebliche Bedeutung zugekommen wäre, hätte dies in der Stellenausschreibung zum Ausdruck kommen müssen. Auffallend sei, daß die von der Beklagten im Besetzungsbericht vorgenommene Gruppenbildung unter den Bewerbern diese nach ihrer Konfession zusammengefaßt habe. Darin liege ein Anzeichen dafür, daß die Konfessionszugehörigkeit für die Auswahl entscheidend gewesen sei. Bei einer Auswahl allein nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung hätte ihre - der Klägerin - Bewerbung Erfolg gehabt. Ihre Examensleistungen seien denjenigen des Beigeladenen zu 1) gleichwertig. Die Befürwortung der Bewerbung des Beigeladenen durch den Seminarleiter und die Seminarkonferenz beruhe auf der Bekanntschaft des Beigeladenen zu 1) mit dem Seminarleiter und der "freundlichen Bewertung", die die Referendare von ihm erwartet hätten. Über "reiche Unterrichts- und Prüfungserfahrung im Fach Pädagogik" habe der Beigeladene zu 1) nicht verfügen können. Sie sei hingegen in ihren Fächern Englisch und Deutsch Jahr für Jahr an Abiturprüfungen beteiligt gewesen.

13

Am 24. November 1981 wurde der Beigeladene zu 1) zum Studiendirektor befördert. Die Klägerin hat hiergegen Widerspruch erhoben, über den noch nicht entschieden ist.

14

Ihren Antrag,

den Bescheid der Beklagten vom 24. Oktober 1980 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Dezember 1980 aufzuheben und die Beklagte für verpflichtet zu erklären, über ihre Bewerbung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden,

15

hat die Klägerin nach der Ernennung des Beigeladenen zu 1) zum Studiendirektor durch den Hilfsantrag ergänzt,

festzustellen, daß der Bescheid der Beklagten vom 24. Oktober 1980 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Dezember 1980 rechtswidrig gewesen ist.

16

Die Beklagte und der Beigeladene zu 1) haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

17

Beide haben die Ansicht vertreten, die Klage sei unzulässig, weil die Klägerin nach der Ernennung des Beigeladenen zum Studiendirektor ihr Ziel, eine neue Entscheidung über die Bewerbung herbeizuführen, nicht mehr erreichen könne. Die Ernennung des Beigeladenen zu 1) sei rechtsbeständig, da sie aus andern Gründen als denen des § 19 NBG nicht mehr aufgehoben werden könne. - Die Auswahlentscheidung sei Rechtens Der hierfür zuständige Dezernent habe, so hat die Beklagte vorgetragen, keine Notwendigkeit gesehen, ins einzelne gehende Belege und Differenzierungen in den Bericht aufzunehmen, da aus seiner Sicht die Entscheidung nur zugunsten eines der beiden Bewerber habe fallen können, die ein Studium der Pädagogik als selbständiges Fach hätten nachweisen können.

18

Mit Urteil vom 27. Januar 1982 hat das Verwaltungsgericht Oldenburg - 3. Kammer Osnabrück - die Klage abgewiesen. Es hat unter Hinweis auf seine bisherige Rechtsprechung (Urt. v. 19.5.1976, DVBl 1977, 584) den Hauptantrag als zulässig angesehen. Es hat jedoch die Klage für unbegründet gehalten, weil die angegriffenen Bescheide rechtmäßig seien. Das subjektive öffentliche Recht der Klägerin auf ermessensfehlerfreie Entscheidung unter Beachtung der gesetzlichen Auswahlkriterien sei nicht verletzt. Die Beklagte habe ihr gegenüber auch nicht fürsorgepflichtwidrig gehandelt. Das Eignungsurteil als subjektiv wertende Entscheidung beruhe nicht auf einen Verstoß gegen Verfahrensvorschriften. Insbesondere sei der Dienstherr, anders als zur Vorbereitung einer Beförderung, nicht verpflichtet, den Beamten anläßlich seiner Bewerbung um einen Dienstposten förmlich zu beurteilen. Der Inhalt der Ausschreibung habe im Ermessen des Dienstherrn gelegen. Diesem sei es nicht möglich, Auswahlkriterien, auf die er sich letztlich stütze, bereits in die Stellenausschreibung einzuführen. Ein schriftlicher Bericht über die Unterrichtsbesichtigung vom 16. Juli 1979 habe mindestens bei Abschluß des Verwaltungsverfahrens in den Personalakten der Klägerin gelegen. In dem Besetzungsbericht an den Minister habe die Beklagte die fachlichen Leistungen der Klägerin ausdrücklich hervorgehoben. Das Fehlen eines besonderen schriftlichen Berichtes über eine einzige Unterrichtsbesichtigung habe die Auswahlentscheidung nicht beeinflussen können. Auch sei nicht ersichtlich, daß sachfremde Erwägungen eingeflossen seien. Die Behauptung, die Konfessionszugehörigkeit sei ausschlaggebend gewesen, sei nicht belegt. Es fehle auch an Anhaltspunkten für sachwidrige Erwägungen der Seminarkonferenz und des Seminarleiters. Im pflichtgemäßen Ermessen des Beklagten habe es gelegen, dem Studium des Fachs Pädagogik bei der Auswahlentscheidung das größere Gewicht beizumessen. Diese subjektive Wertung sei gerichtlich nicht nachprüfbar.

19

Gegen dieses der Klägerin am 25. März 1982 zugestellte Urteil hat sie am 23. April 1982 Berufung eingelegt. Sie wiederholt ihr bisheriges Vorbringen und hält dem angefochtenen Urteil entgegen: Bei der Entscheidung seien die über Lehrerbeurteilungen bestehenden Rechts- und Verwaltungsvorschriften nicht berücksichtigt worden. An Seminar-Fachleiter sei bisher nie die Anforderung gestellt worden, sie müßten Pädagogik als Schulfach studiert haben. Die vorhandenen theoretischen und praktischen Kenntnisse und Erfahrungen im Bereich der Pädagogik seien bei der Bewerberauswahl vernachlässigt worden. Dem Vorbringen über sachfremde Auswahlerwägungen müsse nachgegangen werden.

20

Die Klägerin beantragt,

unter Änderung des angefochtenen Urteils nach ihren im ersten Rechtszuge gestellten Anträgen zu erkennen.

21

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

22

Sie hält die Anträge weiterhin für unzulässig und vertritt die Ansicht: Zwischen der angegriffenen Auswahlentscheidung und der Dienstpostenübertragung an einen der Bewerber bestehe ein Zusammenhang, der sich auf das Rechtsschutzbedürfnis auswirke. Denn es sei nur ein begrenztes Kontingent an A-15-Planstellen vorhanden; dieses sei nicht erweiterungsfähig.

23

Der Beigeladene zu 1) beantragt,

die Klägerin mit ihrem Hauptantrage abzuweisen.

24

Er vertritt die Ansicht, die Ernennung des ausgewählten Bewerbers könne nicht rückgängig gemacht werden. Die Auswahl bezwecke die Besetzung einer ganz konkreten Planstelle, womit dann der Vorgang erledigt sei. Rechtsschutz könne nur vorbeugend mit einer einstweiligen Anordnung gewährt werden. - Der Fachleiter für besondere Aufgaben müsse, auch wenn diese Bezeichnung und der Ausschreibungstext dies nicht genau zum Ausdruck bringe, ein Spezialist für Pädagogik sein. Bei allen Bewerbern sei gleichermaßen geprüft worden, ob sie sich, wenn nicht durch das Studium, so doch in sonstiger Weise im Bereich der Pädagogik qualifiziert hätten. Unerheblich sei das Fehlen einer dienstlichen Beurteilung für die Klägerin im ursprünglichen Auswahlverfahren gewesen; denn ihre fachlichen Leistungen seien nirgendwo bestritten worden. Diese hätten aber ebensowenig wie der Bericht über den Unterrichtsbesuch vom 16. Juli 1979 etwas an der Entscheidung ändern können. Es sei also keine andere Entscheidung in der Sache möglich gewesen (§ 46 des Verwaltungsverfahrensgesetzes).

25

Der als Beigeladener zu 2) in das Berufungsverfahren einbezogene Kultusminister stellt keinen eigenen Antrag. Er trägt vor: Anders als die Fachleiter für die Unterrichtsfächer habe der "Fachleiter für besondere Aufgaben" im Studienseminar den Bereich der Schulpädagogik und allgemeinen Didaktik wahrzunehmen. Es sei nicht selbstverständlich, daß sich Studienräte in der Schulpädagogik weiterbildeten. Der Beigeladene zu 1) und ein weiterer Bewerber seien in diesem Bereich über das Übliche hinaus qualifiziert gewesen. Den Bewerbern sei bekannt gewesen, daß besondere Bemühungen um die Schulpädagogik vorausgesetzt würden; ggf. hätten sie darauf in ihrer Bewerbung hinweisen müssen.

26

Wegen des Vorbringens der Beteiligten im einzelnen wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen. Die die Klägerin betreffenden Personalakten sowie der Auswahlvorgang der Beklagten haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

27

II.

Die rechtzeitig und in richtiger Form eingelegte Berufung der Klägerin ist begründet.

28

1.

Zutreffend hat das Verwaltungsgericht schon den Hauptantrag als zulässig angesehen. Es handelt sich dabei um eine Klage auf Verpflichtung zur Neubescheidung des von der Klägerin mit ihrer Bewerbung gestellten Antrages, verbunden mit dem Antrag auf (klarstellende) Aufhebung der dem Verpflichtungsbegehren entgegenstehenden ablehnenden Entscheidungen.

29

Eine solche Klage ist nach Ansicht des Senats zulässig. Dies gilt grundsätzlich unabhängig von dem weiteren Verlauf des Stellenbesetzungsverfahrens. Die Zulässigkeit setzt insbesondere nicht voraus, daß auch die Vergabe der Stelle an den erfolgreichen Bewerber, also seine Umsetzung, Versetzung, ggf. Beförderung, angefochten wird und überhaupt anfechtbar ist; die Klage erledigt sich mithin auch nicht mit einer Unanfechtbarkeit dieser Stellenvergabe.

30

Diese von der Auffassung des Verwaltungsgerichts zum Teil abweichende Rechtsansicht des Senats beruht auf der in Fortführung seiner Rechtsprechung (Urt. v. 20.11.1978 - 2 OVG A 64/75 -, OVGE 34, 475 ff) und in Auseinandersetzung mit dem Schrifttum und der Rechtsprechung gewonnenen Überzeugung, daß übergangenen Bewerbern nach folgenden Grundsätzen Rechtsschutz zu gewähren ist:

31

a)

Die Auswahlentscheidung, die mit der Bewerbung um eine ausgeschriebene Stelle beantragt worden ist und die ein Ausleseverfahren nach § 8 des Niedersächischen Beamtengesetzes (Fassung vom 28.9.1978, Nds. GVBl S. 677 - NBG -) beendet, ist ein regelnder Hoheitsakt (§ 35 Abs. 1 Satz 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes vom 25.5.1976, BGBl. I S. 1253 - VwVfG -); er wird mit der Bekanntgabe an die Bewerber wirksam. Der Dienstherr entscheidet, welchem der Bewerber nach den im Verfassungsrecht (Art. 33 Abs. 2 GG) vorgezeichneten Auslesegrundsätzen der Vorrang gebührt. Diese Auslese bezieht sich auf den Einzelfall, daß ein Dienstposten besetzt werden soll, um den sich mehrere Bewerber bemühen. Die Ausleseentscheidung soll unmittelbar bewirken, daß über die einzelnen Bewerbungsgesuche entweder positiv oder negativ endgültig entschieden ist. Mit entsprechenden Erwägungen hat der Senat schon in dem erwähnten Urteil (OVGE 34, 475) die Auswahlentscheidung als Verwaltungsakt angesehen. Daran wird festgehalten. Es handelt sich weder um einen nur beschreibenden oder regelungsfrei wertenden Akt, wie es bei dienstlichen Beurteilungen (vgl. BVerwGE 49, 355) angenommen wird, noch - wie etwa bei der Dienstpostenbewertung (vgl. BVerwGE 36, 192 ff, 218 ff [BVerwG 28.10.1970 - BVerwG VI C 48.68]) - um eine zwar gesetzesanwendende, aber den einzelnen Angehörigen des öffentlichen Dienstes nicht unmittelbar betreffende verwaltungsinterne Maßnahme, noch steht die Auswahlentscheidung einer bloßen Mitwirkungshandlung (vgl. Redeker/von Oertzen, § 42 VwGO, Anm. 83 ff) gleich, die gegenüber der bezweckten Dienstpostenübertragung ohne selbstständige Bedeutung wäre und nur mit dieser zusammen (inzident) überprüft werden könnte. Das entscheidende Gewicht liegt vielmehr - jedenfalls wenn mehrere Bewerbungen vorhanden sind und bis auf eine abgelehnt werden - auf der damit zwischen den Bewerbern nach rechtlichen Maßstäben getroffenen Auswahl, bei der ihre jeweiligen dienstlichen Qualifikationen aneinander gemessen werden müssen. Unerheblich für den Regelungscharakter der Auswahlentscheidung ist, daß sie nach der Verwaltungspraxis nicht durch einen gleichlautenden Bescheid an alle Bewerber bekanntgegeben, sondern daß jeder von ihnen einzeln nur über den Erfolg oder Mißerfolg seiner eigenen Bewerbung benachrichtigt wird. Dies ist, auch bei zeitlich uneinheitlicher Bekanntgabe, für den Inhalt und die rechtliche Bedeutung der getroffenen Ausleseentscheidung unwesentlich.

32

Die Auswahlentscheidung ist nach Ansicht des Senats ein "mehrgesichtiger" Verwaltungsakt, der den ausgewählten Bewerber begünstigt, indem er ihm den Erfolg seiner Bewerbung zuspricht und für die übrigen die Ablehnung eines beantragten Verwaltungsakts (vgl. §§ 42, 68 Abs. 2 VwGO) enthält. Die in dem erwähnten Urteil des Senats (OVGE 34, 475) verwendete Ausdrucksweise, daß ein "Verwaltungsakt mit Doppelwirkung" vorliege (ähnlich Battis, BBG, § 8 Anm. 6 d; Kopp, VwGO, § 113 RdNr. 89, m.w.Nachw.), bedarf nach Ansicht des Senats insofern der Präzisierung, als mit diesem Begriff üblicherweise die Vorstellung verbunden wird, daß dem durch die Begünstigung eines anderen belasteten Dritten die Anfechtungsklage zu Gebote stehe, der aufschiebende Wirkung zukomme (vgl. Kopp, VwGO, § 80, RdNr. 22 m.w.Nachw.). Dagegen erschöpft sich hier die Auswahlentscheidung im Verhältnis zu einem abgelehnten Bewerber in der Versagung des Beantragten. Der Erfolg des auf dasselbe Ziel gerichteten Antrags eines Mitbewerbers enthält für den unterlegenen Konkurrenten keinen über die Ablehnung hinausgehenden Eingriff, so daß eine aufschiebende Wirkung der Anfechtung des ablehnenden Bescheides nicht in Betracht kommt (vgl. Kopp, VwGO, § 80 RdNr. 21). Richtige und allein in Betracht kommende Klagart ist daher die Verpflichtungsklage, die mit dem klarstellenden Antrag auf Aufhebung der Auswahlentscheidung verbunden werden kann (so im Ergebnis auch schon OVGE 34, 475). Ziel der Verpflichtung ist, da im allgemeinen kein Anspruch auf eine positive Auswahlentscheidung besteht, die erneute Entscheidung über die Bewerbung nach wiederholtem Auswahlverfahren (§ 113 Abs. 4 Satz 2 VwGO).

33

b)

Die Auswahlentscheidung bezweckt, den am besten geeigneten, befähigten und fachlich bewährten Bewerber für die zu besetzende Stelle zu finden. Insofern bildet das Ergebnis der Auslese die Grundlage für die Übertragung des konkreten Amts (ausgeschriebenen Dienstpostens) an den Ausgewählten, d.h. seiner Versetzung oder Umsetzung. Bei diesem Verhältnis der dienstlichen Maßnahmen zueinander kann im weiteren Sinne davon gesprochen werden, daß die Übertragung des Dienstpostens ein "Vollzug der Auswahlentscheidung" sei (so das erwähnte Urteil des Senats, OVGE 34, 475). Damit ist nicht gemeint, daß sich die Stellenbesetzung als eine - nach § 80 VwGO aussetzbare - "Vollziehung" der Ausleseentscheidung darstellt, denn diese ist, wie erwähnt, kein belastender, in die Rechte der abgelehnten Bewerber eingreifender Verwaltungsakt. Dennoch kann sinnvoll davon gesprochen werden, daß die Auswahlentscheidung mit der Stellenbesetzung vollzogen wird, weil diese sich auf jene stützt und auf ihr aufbaut, ähnlich wie ein Folgebescheid auf einem Grundlagenbescheid.

34

Für den Rechtsschutz folgt aus diesem Verhältnis der Verwaltungsmaßnahmen, daß die gegen die Auswahlentscheidung möglichen Einwendungen durch die zulässige Verpflichtungs- oder Neubescheidungsklage ausgetragen werden können, ohne daß dieselben Einwendungen gegenuber der Stellenbesetzung ebenfalls erhoben werden müßten. Sie können also - nach Widerspruch oder Klagerhebung gegen die Auswahlentscheidung - grundsätzlich nicht dadurch verlorengehen, daß sie nicht gegenüber der Stellenbesetzung förmlich wiederholt werden und diese dadurch möglicherweise rechtsbeständig wird. Wie aus § 113 Abs. 1 Satz 2 VwGO hervorgeht, ist sogar bei belastenden Verwaltungsakten die Vollziehung nicht nur kein Hindernis für eine Aufhebung des angefochtenen Verwaltungsakts, sondern sie ist bei erfolgreicher Anfechtungsklage sogar wieder rückgängig zu machen, ohne daß es der selbstständigen Anfechtung des Vollzugsakts bedarf. Grundsätzlich kann nichts anderes gelten, wenn gegen eine Ausleseentscheidung Verpflichtungs- oder Neubescheidungsklage erhoben worden ist und daraufhin die Auswahl durch Besetzung der Stelle mit dem (bisher) erfolgreichen Bewerber vollzogen wird. Es erscheint weder sachgerecht noch geboten, daß die gegen die getroffene Auslese möglichen Einwendungen in einem Folgeverfahren ausgetragen werden, das diese Auslese nur zur Voraussetzung hat und in dem die Einwendungen zudem nicht ohne weiteres Gehör finden können. So ist dann, wenn die Stellenbesetzung durch eine Versetzung des erfolgreichen Bewerbers auf den ausgeschriebenen Dienstposten (§ 32 NBG) ausgeführt wird, eine Drittanfechtungsklage wegen behaupteter Fehlauswahl nicht ohne weiteres zulässig; denn die Versetzung betrifft in erster Linie die Amtsstellung des Versetzten im Verhältnis zum Dienstherrn und greift typischerweise nicht in Rechte eines Dritten ein; dieser müßte schon die Verletzung einer ihn begünstigenden Bindung des Versetzungsermessens geltend machen (§ 42 Abs. 2 VwGO). Das kommt nicht schon bei jedem Fehler des Ausleseverfahrens in Betracht, jedenfalls nicht schon dann, wenn der übergangene Bewerber nur eine Wiederholung des Auswahlvorgangs erstrebt und nicht eine Anwartschaft auf bevorzugte Vergabe des Dienstpostens an ihn selbst beansprucht. Geschieht die Stellenbesetzung durch eine bloße Umsetzung, so mag hiergegen eine Leistungsklage des übergangenen Bewerbers auf "Weg-Versetzung" des erfolgreichen eröffnet sein (H. Günther, Konkurrentenstreit um Beförderungsdienstposten, DOD 1984, 161 ff, 163). Indessen wird auch diese nicht schon immer dann Erfolg haben müssen, wenn die vorherige Auslese sich bei einer Überprüfung als fehlerhaft herausstellt.

35

Bleibt mitnin die Neubescheidungsklage gegen die Auswahlentscheidung die gegebene Rechtsschutzform für die Rüge von Auswahlfehlern, so kann die Stellenbesetzung nur dann zu einer Erledigung des eingeleiteten Überprüfungsverfahrens führen, wenn darin nicht nur ein Vollzug liegt, sondern damit auch eine das Besetzungsverfahren endgültig zum Abschluß bringende Ausschlußwirkung eintritt; das wäre etwa der Fall, wenn das Bewerbungsgesuch mit der Stellenbesetzung "verbraucht" und ein Wiederaufgreifen des Ausleseverfahrens unzulässig wäre. Dafür enthalten die gesetzlichen Vorschriften keinen Anhaltspunkt. Indessen liegt eine derartige Betrachtungsweise offenbar dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 14. Juni 1966 (BVerwG II C 89.64, Buchholz 232, § 8 BBG, Nr. 4) zugrunde, auf das sich seither die herrschende Meinung stützt. In der neueren Rechtsprechung ist jedoch immer wieder hervorgehoben worden, daß jedenfalls in dem Umfange, in dem die Stellenbesetzung korrigierbar sei, mit ihr das Überprüfungsverfahren noch nicht beendet sein müsse (Urt. d. Sen. v. 20.11.1978, a.a.O., S. 480; ähnlich für Rechtsmittel gegen die Besetzungsentscheidung selbst: BVerwG, Beschl. v. 20.2.1985 - 1 WB 37/83, 113/84, JZ 1985, 542; ähnlich bereits BVerwG, Beschl. v. 22.4.1975, I WB 189/72 und 227/72, DVBl 1976, 335 [BVerwG 23.04.1975 - I WB 189/72; I WB 227/72] mit zustimmender Anmerkung von Schick; Günther, a.a.O. unter Ablehnung einer "Stabilität der Dienstpostenbesetzung"). Allerdings hat das grundlegende Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 14. Juni 1966 (a.a.O.) den Wegfall der Möglichkeit einer Neubescheidung nach vollzogener Stellenbesetzung damit begründet, wegen der eingetretenen neuen Situation könne das abgeschlossene Verfahren nicht in der Lage wieder eröffnet werden, die vor der Besetzung bestanden habe. Das trifft sicherlich zu, kann aber nach Ansicht des Senats nicht entscheidend sein. Denn bei einer Verpflichtungs- oder Neubescheidungsklage geht es gar nicht darum, das Verfahren in der Lage wieder zu eröffnen, die bei der angegriffenen Ablehnung des gestellten Antrags bestanden hat. Nach allgemeiner Auffassung kommt es bei dieser Klagart nicht auf die Sach- und Rechtslage bei Erlaß des ablehnenden Bescheides an, sondern auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung (Redeker/von Oertzen, VwGO, § 108 Anm. 22 f, m.w.Nachw.). Zwar kann das Gericht ablehnende Bescheide im Bereich eines behördlichen Ermessens- oder Beurteilungsspielraums nur anhand der Sachverhalte überprüfen, die Gegenstand der behördlichen Abwägung gewesen sind; bei festgestellten Bewertungsfehlern verpflichtet es aber die Behörde zur Neubescheidung nach dem gegenwärtigen, möglicherweise in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht geänderten Erkenntnisstand (vgl. Urt. d. Sen. v. 14.3.1984 - 2 OVG A 64/78, Kopp, VwGO, § 113 RdNr. 104). Somit kann die Verpflichtung zur Neubescheidung auch dahin gehen, daß das Auswahlverfahren nach erneuter Ausschreibung, also unter Einbeziehung auch neuer Bewerber, zu wiederholen ist (etwa bei Ausschreibungsfehlern). Je nach der Art des Auswahlfehlers kommt aber auch in Betracht, daß ein "geeigneter Fall" für eine nochmalige Stellenausschreibung (§ 8 Abs. 2 Satz 1 NBG) nicht anzunehmen ist. In die Maßstäbe für die Neubescheidung kann somit der Gesichtspunkt der "Folgenbeseitigung im weiteren Sinne" eingehen (Kopp, VwGO, § 113 RdNr. 100).

36

Auch wenn hiernach der "Vollzug" der Auswahlentscheidung durch die Stellenbesetzung nicht ohne weiteres zur Erledigung des gegen die Auswahl gerichteten Neubescheidungsbegehrens führt, so kommen doch Ausnahmen hiervon in Betracht: Aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen kann die Stellenbesetzung unumkehrbar sein, etwa bei Unversetzbarkeit des Amtsträgers oder bei zwischenzeitlicher Übernahme des unterlegenen Bewerbers in ein anderes Amt. Auch ist nicht ausgeschlossen, daß dieser - selbst bei theoretischer Wiederholbarkeit der Auslese - Gründe hat, sein Gesuch mit der Stellenbesetzung als gegenstandslos zu betrachten und deshalb zur Fortsetzungsfeststellungsklage überzugehen (vgl. BVerwG, Urt. v. 7.12.1965 II C 226.62, Buchholz 310, § 113 VwGO, Nr. 23: "nicht mehr dienlich").

37

c)

Die Auswahlentscheidung kann neben der Stellenbesetzung (Übertragung des konkreten Amts) darauf abzielen, dem erfolgreichen Bewerber zugleich oder demnächst eine Statusverbesserung, insbesondere eine Beförderung zu verschaffen. Diese ist dann in einem noch entfernteren Sinne ebenfalls als Vollzug der Auswahlentscheidung anzusehen. Insofern ist sie noch weniger als die Stellenbesetzung geeignet, um als Bezugsobjekt von Einwendungen gegen die vorangegangene Auswahlentscheidung zu dienen und ein gegen diese gerichtetes Neubescheidungsbegehren zu erledigen. Sie ist zudem Einwendungen Dritter dadurch entzogen, daß sie durch das Gesetz gleichsam abstrakt ausgestaltet, d.h. weitgehend gegenüber Angriffen aufgrund von Mängeln des zugrunde liegenden Auswahlverfahrens abgeschirmt wird. Dies wird von der herrschenden Meinung zutreffend daraus gefolgert, daß die Rechtsbeständigkeit beamtenrechtlicher Ernennungen im Gesetz (§§ 18, 19 NBG) abschließend geregelt ist (Battis, BBG, § 8 Anm. 2 c, weitere Nachweise bei Günther, a.a.O., Fußnoten 29 f). Der gegenteiligen Auffassung des Verwaltungsgerichts (seinerzeit des VG Hannover - Kammer Osnabrück -, Urt. v. 19.5.1976 - III A 104/75 - in DVBl 1977, 584) vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Bei dem Hinweis des Verwaltungsgerichts auf das Gebot effektiver gerichtlicher Kontrolle von Verwaltungsentscheidungen (Art. 19 Abs. 4 GG) bleibt unberücksichtigt, daß der übergangene Bewerber grundsätzlich nicht dadurch in seinem Recht verletzt ist, daß einem fehlerhaft ausgewählten Konkurrenten im Zusammenhang mit der grundsätzlich korrigierbaren Übertragung des ausgeschriebenen Dienstpostens der - vielleicht - unverdiente Vorteil einer Statusverbesserung zuteil geworden ist. Dies gereicht der Allgemeinheit zum Schaden, verletzt aber den übergangenen Konkurrenten, auch wenn ihm eine unwiederbringliche Chance genommen wird, nur in seinen Interessen, weil ihm ein Anspruch auf Beförderung grundsätzlich nicht zusteht und daher auch nicht genommen werden kann (§ 14 Abs. 4 NBG). Rechtsschutz gegen den ihn in seinem Recht aus Art. 33 Abs. 2 GG verletzenden Auswahlfehler findet er auf dem beschriebenen Wege, der ihm die Chance auf einen Erfolg bei Korrektur der Auswahl wieder eröffnen kann.

38

Das setzt allerdings voraus, daß sich das Neubescheidungsbegehren durch die Statusverbesserung zugunsten des ausgewählten Bewerbers ebensowenig erledigt wie durch die Übertragung des konkreten Amts. An dieser Stelle sieht der Senat - entgegen der herrschenden Meinung (Günther, a.a.O., S. 164 bei Fußnote 39) - keinen Anlaß, der auf den Status eines Dritten bezogenen Maßnahme eine zwangsläufige Auswirkung auf das Neubescheidungsbegehren beizulegen. Denn dieses bezieht sich auf die Besetzung der ausgeschriebenen Stelle als eines konkreten Amts; die Statusverbesserung ist demgegenüber etwas Zusätzliches, eine persönliche Vergünstigung, die mit der Stelle nicht notwendig verbunden sein muß und dem erfolgreichen Bewerber unabhängig von dem Verbleib auf dieser Stelle erhalten bleibt. Insofern ist der gebräuchliche Hinweis auf die "Ämterstabilität" nicht geeignet, die Überprüfung der Auswahlentscheidung als gegenstandslos erscheinen zu lassen; denn das Neubescheidungsbegehren hat gar nicht zum Ziel, die rechtliche Stellung des beförderten Beamten zu verändern (§ 59 BRRG) und das ihm verliehene Amt im statusrechtlichen Sinne in Frage zu stellen. Dessen Stabilität gewinnt erst Bedeutung, wenn die Klage unter dem Gesichtspunkt der Folgenbeseitigung darauf gerichtet wird, nicht nur eine Neubesetzung des Dienstpostens zu erreichen, sondern dem erfolgreichen Kläger auch den höheren Status zu verschaffen. Dies ist grundsätzlich nicht dadurch erreichbar, daß dem fehlerhaft ausgewählten Mitbewerber sein Status entzogen wird. Die Gegenmeinung erklärt nicht, inwiefern die Statusverleihung das in bezug auf das konkrete Amt bestehende Rechtsverhältnis stärker verfestigen sollte als die Stellenbesetzung selbst. Das läßt sich auch nicht mit der Vergabe einer Planstelle als haushaltsrechtlicher Voraussetzung der Statusverbesserung erklären. Der Verbrauch von Planstellen hat zwar Einfluß auf die Chance, in einem wiederholten Ausleseverfahren die letztlich erstrebte Beförderung zu erreichen, macht aber das Bemühen um eine Korrektur der Dienstpostenbesetzung nicht gegenstandslos. Allerdings wird man dem übergangenen Bewerber, der angesichts der eingetreten Planstellenverknappung resigniert, nicht verwehren können, sein Neubescheidungsbegehren wegen faktischer Aussichtslosigkeit als erledigt zu betrachten (§ 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO analog).

39

2.

In Anwendung dieser Grundsätze ist zur Zulässigkeit des Hauptantrags der Klägerin folgendes auszuführen: Die ihr durch die Mitteilung vom 24. Oktober 1980 bekanntgegebene Auswahlentscheidung lehnte einen von ihr beantragten Verwaltungsakt ab und berechtigte sie daher zum Widerspruch (§ 68 Abs. 2 VwGO) sowie, als dieser zurückgewiesen wurde, zur Verpflichtungsklage auf Neubescheidung. Durch die Klage wurde gleichzeitig die dem Mitbewerber günstige Ausleseentscheidung in Frage gestellt; dieser war daher beizuladen (§ 65 Abs. 2 VwGO). Dadurch, daß die Stelle schon vor der Benachrichtigung der Klägerin mit dem Beigeladenen "unterwertig besetzt" worden war, war die Auswahlentscheidung "vollzogen" worden. Dies führte indessen nicht zur Erledigung des Besetzungsverfahrens; das gilt unabhängig von der Frage, ob es durch die nur unterwertige Besetzung überhaupt schon beendet sein konnte Die Rechtsbehelfe waren demnach nicht von vornherein gegenstandlos. Die nach Klagerhebung vollzogene Ernennung des Beigeladenen zu 1) zum Studiendirektor ließ das von der Klägerin eingeleitete gerichtliche Überprüfungsverfahren nicht gegenstandslos werden, weil dadurch der Beigeladene zu 1) - gemessen am Ziel der Neubescheidungsklage - keine verfestigte Rechtsstellung erwarb. Ohne Bedeutung für die fortbestehende Zulässigkeit der Klagart ist, daß die Klägerin auch die Ernennung des Beigeladenen zum Studiendirektor mit dem Widerspruch angefochten hat.

40

Die Klägerin macht im Sinne des § 42 Abs. 2 VwGO geltend, daß die Ablehnung des von ihr beantragten Verwaltungsakts sie in ihrem Recht verletze. Zur Zeit der Klagerhebung konnte und noch jetzt kann ein Recht der Klägerin auf anderweitige Vergabe des ausgeschriebenen Dienstpostens bestehen; dieses kann sich aus Art. 33 Abs. 2 GG, § 8 Abs. 1 NBG oder aus Verfahrensvorschriften ergeben, die (auch) den Schutz der Klägerin bezwecken. Solche Rechte stehen einem Beamten auch nicht nur befristet, etwa bis zur verwaltungsmäßigen Beendigung eines durch die Ausschreibung eingeleiteten Verfahrens, zu. Sie können nur dann nicht mehr geltend gemacht werden, wenn der Beamte die Bekanntgabe der Auswahlentscheidung, nicht zum Anlaß nimmt, um fristgemäß - hier mangels Rechtsmittelbelehrung innerhalb eines Jahres - Widerspruch zu erheben. Die Klägerin hat rechtzeitig um Rechtsschutz nachgesucht.

41

3.

Das Neubescheidungsbegehren zutreffend gegen die Beklagte gerichtet worden. Eine Verpflichtungs- oder Neubescheidungsklage ist in Niedersachsen gegen die Landesbehörde zu richten, die den beantragten Verwaltungsakt unterlassen hat (§ 78 Abs. 1 Satz 2 VwGO i.V.m. § 7 Abs. 2 des Niedersächsischen Ausführungsgesetzes zur VwGO). Diese Landesbehörde ist die Beklagte, denn sie wäre auch zuständig gewesen, die von der Klägerin beantragte, ihr günstige Auswahlentscheidung zu fällen. Die Ausleseentscheidung gehört, da sie organisatorisch in unmittelbarem Zusammenhang mit Ernennungen und anderen Stellenbesetzungen steht (vgl. § 8 Abs. 1 Satz 1 NBG). zu den personalrechtlichen Befugnissen, für die sich die Zuständigkeiten aus § 15 NBG i.V.m. Art. 29 Abs. 2 der Vorläufigen Niedersächsischen Verfassung und den entsprechenden Anordnungen des Landesministeriums ergeben. Durch Nr. 1.2.2 des Beschlusses des Landesministeriums (LM) über personalrechtliche Befugnisse vom 27. September 1977 (Nds. MBl S. 1350) wurden die personalrechtlichen Befugnisse, soweit sie sich auf Beamte der Besoldungsgruppe A 14 mit Amtszulage und abwärts beziehen, auf die Mittelbehörden übertragen, zu denen die Beklagte gehört. Zwar bezog sicht der Antrag der Klägerin auf eine Studiendirektorenstelle - Besoldungsgruppe A 15 -; sie strebte jedoch ein Amt dieser Besoldungsgruppe mit ihrer Bewerbung nicht unmittelbar an, da sie noch Studienrätin (Besoldungsgruppe A 13) war und die Stelle mithin wegen eines gesetzlichen Beförderungsverbots (§ 14 Abs. 2 Satz 2 NBG) mit ihr zunächst, ebenso wie im Falle des Beigeladenen zu 1), nur "unterwertig" hätte besetzt werden können. Zwar hätte eine solche Besetzung der Zustimmung des beigeladenen Kultusministers als oberster Landesbehörde bedurft (gem. RdErl. v. 18.10.1978, Nds. MBl S. 1968, Nr. 2.1 mit Anl. 1, Geschäftsbereich des Kultusministers, Spalte 2 Nr. 3 = S. 1974). Damit wird indessen die Entscheidungszuständigkeit der Beklagten gerade bestätigt, gerade auch für den Fall von Auswahlentscheidungen, bei denen mit Bewerbern zu rechnen ist, für die der Mittelbehörde die personalrechtliche Befugnis fehlt. Zwar konnte die Auswahlentscheidung insgesamt in diesem Falle nur von der Mittelbehörde und der obersten Landesbehörde gemeinsam getroffen werden; gegenüber den einzelnen Bewerbern ist sie aber jeweils von derjenigen Landesbehörde zu erlassen und in einem etwaigen Rechtsmittelverfahren zu vertreten, die die personalrechtlichen Befugnisse über ihn innehat. Wegen des Zustimmungserfordernisses bedurfte es der Beiladung des Kultusministers.

42

4.

Anders als das Verwaltungsgericht sieht der Senat den Hauptantrag auch als begründet an.

43

Das Verwaltungsgericht ist zutreffend von dem Bestehen eines Anspruchs des Bewerbers auf ermessensfehlerfreie Entscheidung unter Beachtung der gesetzlichen Auswahlkriterien sowie von den allgemeinen Grundsätzen ausgegangen, nach denen die Anwendung dieser Kriterien wegen der dem Dienstherrn erteilten Beurteilungsermächtigung gerichtlich nur begrenzt nachprüfbar ist. Eine Prüfung ist u.a. dahin möglich, ob ein Verfahrensfehler vorliegt, ein unvollständiger Sachverhalt als Entscheidungsgrundlage gedient hat oder sachfremde Erwägungen angestellt worden sind. Solche Fehler werden von der Klägerin gerügt.

44

Der von der Klägerin schon mit ihrem Widerspruch erhobene Einwand, eine dienstliche Beurteilung ihres Unterrichts habe bei der Stellenvergabe nicht vorgelegen, greift durch. Als Entscheidungsgrundlage hat ein unvollständiger Sachverhalt gedient, weil eine Beurteilung des von der Klägerin am 16. Juli 1979 erfolgreich vorgeführten Unterrichts nicht allen an der Auswahlentscheidung Beteiligten zugänglich gemacht wurde und auch sonstige, einen stellenbezogenen Qualifikationsvergleich ermöglichende Erkenntnisse über die Klägerin nicht vorlagen. Hierin lag ein wesentlicher Verfahrensfehler, weil ihre Eignung, Befähigung und fachliche Leistung damit nicht in derselben Weise hervorgehoben wurde wie bei dem Beigeladenen zu 1), auf dessen gute dienstliche Beurteilung sich der Besetzungsbericht wesentlich stützte.

45

Der gleiche Zugang zu jedem öffentlichen Amt, der jedem Deutschen nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung durch Art. 33 Abs. 2 GG gewährleistet ist, erfordert ein Auswahlverfahren, das die zur Entscheidung berufenen Dienstvorgesetzten oder Gremien über die Qualifikation der einzelnen Bewerber in gleichen Maße unterrichtet. Dasselbe folgt aus dem allgemeinen Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG). Wird die Auswahl, wie hier, im schriftlichen Verfahren durch Übersendung eines Besetzungsberichts, der Bewerbungsunterlagen und Personalakten von der vorschlagsberechtigten Mittelbehörde an die zustimmungs- oder entscheidungsbefugte oberste Landesbehörde eingeleitet, so kann die erforderliche Gleichbehandlung nur dadurch hergestellt werden, daß die Akten ein gleichermaßen vollständiges Bild von den einzelnen Bewerbern vermitteln. Ist für den vorgeschlagenen Bewerber eine aus diesem Anlaß erstellte dienstliche Beurteilung beigefügt, so müssen entsprechende Beurteilungen auch über die anderen Bewerber gefertigt und übersandt werden. Ist dies versäumt worden, so müssen sie nachgefordert werden, bevor die Entscheidung getroffen wird. Dies erscheint so selbstverständlich, daß es schwerfällt, sich mögliche Ausnahmen vorzustellen. So könnte bei einem Mitbewerber, dem es offensichtlich an einer zwingenden Voraussetzung für die Wahrnehmung des ausgeschriebenen Dienstpostens fehlt, der Aufwand einer gesonderten dienstlichen Beurteilung entbehrlich erscheinen. In geeigneten Fällen könnte auch auf eine in den Akten enthaltene, regulär oder aus vergleichbarem Anlaß gefertigte, wegen zeitlicher Nähe noch voll aussagekräftige Beurteilung verwiesen werden. Eine solche Möglichkeit bestand bei der Klägerin offensichtlich nicht. Die letzte Begutachtung eines Unterrichtsbesuchs bei der Klägerin, die vor der Auswahlentscheidung zu den Personalakten genommen worden war, datierte vom 12. September 1974; sie war aus Anlaß des Ablaufs der Probezeit der Klägerin gefertigt. Dabei handelte es sich offensichtlich nicht um eine geeignete Beurteilungsgrundlage für die vorliegende Stellenbesetzung.

46

Außerdem ergibt sich bei einem schriftlichen Auswahlverfahren bei dem die maßgeblich beteiligte Stelle die Bewerber nicht persönlich kennt, die Notwendigkeit der Vorlage einer aktuellen dienstlichen Beurteilung auch daraus, daß dies die gesetzlich vorgeschriebene Form verbindlicher Feststellungen über die Qualifikation von Beamten ist, die allein zu gewährleisten vermag, daß zwischen dem Beamten und dem ihn beurteilenden Dienstvorgesetzten Offenheit und Vertrauen herrschen (§ 101 Abs. 1 NBG). An diesen Grundsätzen muß sich auch die Handhabung der Laufbahn- und Verwaltungsvorschriften über das Beurteilungsverfahren ausrichten. Nicht zu befriedigen vermag deshalb die vom Verwaltungsgericht aus § 76 Abs. 1 der Niedersächsischen Laufbahnverordnung (hier in der Fassung vom 9.5.1975, Nds. GVBl 1975 S. 119 - NLVO -) hergeleitete Auffassung, eine Bewerbung als solche erfordere im Gegensatz zur Entscheidung über die Beförderung keine besondere Beurteilung. Richtig ist, daß der - auch bei Lehrern grundsätzlich anwendbare - § 76 NLVO eine Beurteilungspflicht, abgesehen von der periodischen Beurteilung, nur vorsieht, wenn es die dienstlichen oder persönlichen Verhältnisse erfordern. Übereinstimmend hiermit regelt § 36 Abs. 3 des Niedersächsischen Schulgesetzes (Fassung vom 6.11.1980, Nds. GVBl S. 425 - NSchG -), daß der Lehrer, soweit erforderlich, von einem Beamten der Schulbehörde beurteilt wird. Die Erforderlichkeit wird durch Verwaltungsvorschriften konkretisiert werden können. Nach dem Runderlaß vom 25. August 1975 (Nds. MBl S. 1337, dort Nr. 15), auf den die Klägerin zutreffend hinweist, werden Lehrer nur in den Fällen beurteilt, die in dem allgemeinen Beurteilungserlaß (Nds. NBl 1968, 230; 1970, 338) aufgeführt sind. Danach ist eine Beurteilung u.a. vorgesehen "vor der Zuweisung eines anderen Dienstpostens" und "vor einer Beförderung". Diese Regelung darf nach Ansicht des Senats nicht so verstanden werden, daß nur die Beurteilung desjenigen Lehrers gefordert wird, der dann schließlich befördert oder auf den ausgeschriebenen Dienstposten gesetzt wird; denn bei diesem Verständnis verfehlte die Beurteilung ihren gesetzlichen Zweck als Hilfsmittel, die Eignung und Leistung festzustellen und damit die Anwendung der Auswahlkriterien auf alle in Betracht kommenden Bewerber zu ermöglichen. Folgerichtig erwähnt der Runderlaß des Kultusministers vom 24. Juni 1975 (Schulverwaltungsblatt S. 185)edie Beurteilung von Lehrern im Falle von "Bewerbungen um Beförderungsämter und Funktionsstellen". Auch aus diesen Gründen war es deshalb grundsätzlich geboten, daß bei der Auswahlentscheidung eine dienstliche Beurteilung auch über die Klägerin erstellt und allen beteiligten Verwaltungsstellen zugänglich gemacht wurde. Das ist nicht geschehen.

47

Es genügte nicht, daß der Dezernent xxx am 16. Juli 1979 einen Unterrichtsbesuch bei der Klägerin ausgeführt hatte. Ein Vermerk hierüber gelangte nämlich erst am 29. Januar 1980 zu den Personalakten und gehörte somit noch nicht zu den Unterlagen, auf die der Besetzungsbericht vom 28. Oktober 1979 Bezug nahm. Die Beklagte trägt vor - und nach den Umständen kann davon ausgegangen werden -, daß der Dezernent Thole den Verfasser des Besetzungsberichtes, den Leitenden Regierungsschuldirektor xxx, über das gute Ergebnis der Unterrichtsbesichtigung mündlich informiert hat. Es kommt hier aber nicht allein auf den Besetzungsbericht an, der diese Kenntnis möglicherweise, ohne dies ausdrücklich zu erwähnen, mit auswertete. Denn die Beklagte war, wie dargelegt, für die Auswahlentscheidung nicht allein zuständig. Auch im Verhältnis zur Klägerin, bei der - ebenso wie bei dem Beigeladenen zu 1) - eine in die alleinige Zuständigkeit des Beigeladenen zu 2) fallende Personalentscheidung noch nicht in Betracht kam, war die Beklagte wegen der Zustimmungsbefugnis des Beigeladenen zu 2) gehindert, allein zu entscheiden. Zudem erforderte die Beteiligung von Bewerbern, die bei einem Bewerbungserfolg vom Beigeladenen zu 2) zu befördern gewesen wären, diesem die endgültige Auswahl unter sämtlichen Bewerbern zu überlassen. Es kam also wesentlich darauf an, daß dieser aus den Bewerbungsunterlagen und Akten ein vollständiges Bild über die Qualifikation der Bewerber gewinnen konnte. Die Beklagte hat nichts dafür vorgetragen, daß die Unvollständigkeit der Bewerbungsunterlagen im Falle der Klägerin irgendwie, etwa durch einen mündlichen Bericht des Dezernenten Thole an den Beigeladenen zu 2), überbrückt worden wäre. Somit hatte der Beigeladene zu 2) bei seiner Auswahlentscheidung zwar einen Bericht über den Unterricht des Beigeladenen zu 1) vorliegen, der "besondere Anerkennung" enthielt, wußte hingegen nichts von der guten, teils als "hervorragend" bezeichneten Unterrichtsweise der Klägerin. Diese Unvollständigkeit der Entsscheidungsgrundlage war ein wesentlicher Mangel des Auswahlverfahrens, denn es ist nicht auszuschließen, daß für die Auswahlentscheidung des Beigeladenen zu 2) dieser unterschiedliche Erkenntnisstand über die unterrichtlichen Leistungen von ausschlaggebendem Gewicht war.

48

Der Verfahrensverstoß ist nicht etwa aus den von der Beklagten angeführten Gründen rechtlich unerheblich:

49

a)

Nach § 46 VwVfG kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts wegen eines Verfahrensfehlers nicht beansprucht werden, wenn keine andere Entscheidung in der Sache hätte getroffen werden können. Bei einer Verpflichtungsklage bedeutet dies: Wenn offenbleibt, wie die Behörde ohne den bei der Ablehnung des beantragten Verwaltungsakts unterlaufenen Verfahrensfehler entschieden hätte, so ist die Sache nicht im Sinne des § 113 Abs. 4 Satz 1 VwGO spruchreif (Kopp, VwGO, § 46, RdNr. 10). Die Klage kann also nicht abgewiesen werden, sondern es kommt zum Ausspruch einer Verpflichtung zur Neubescheidung (§ 113 Abs. 4 Satz 2 VwGO).

50

Hier war eine andere Entscheidung in der Sache, insbesondere auch zugunsten der Klägerin, möglich. Besteht eine Beurteilungsermächtigung der Behörde, so sind Verfahrensfehler grundsätzlich immer relevant (Kopp, VwVfG, § 46, RdNr. 24). Allerdings ist denkbar, bei Auswahlentscheidungen nach § 8 NBG wegen des Prinzips der Bestenauslese die Entgegnung des Dienstherrn als berücksichtigungsfähig anzusehen, daß aus besonderen, seiner wertenden Erkenntnis überlassenen Gesichtspunkten eine besondere persönliche Qualifikation des erfolgreichen Bewerbers tatsächlich ausschlaggebend gewesen sei und daß auch aus Rechtsgründen nur so habe entschieden werden können (vgl. Beschl. d. Sen. v. 1.7.1983 - 2 OVG B 48/83 -; vgl. auch Kopp, VwGO, § 46, RdNr. 25).

51

Daher ist der Senat dem Vorbringen der Beklagten nachgegangen, der Beigeladene zu 1) und ein weiterer Bewerber seien für die ausgeschriebene Stelle eines "Fachleiters für besondere Aufgaben" am Studienseminar allein in Betracht gekommen, weil ein solcher innerhalb des Seminars die Schulpädagogik und allgemeine Didaktik zu vertreten habe Und nur diese beiden Bewerber, nicht aber die Klägerin, durch eine Examensprüfung in Pädagogik als Studienfach hierfür qualifiziert gewesen seien. Hiermit stimmt die im Widerspruchsvorgang enthaltene Stellungnahme des Leitenden Regierungsschuldirektors xxx überein, wonach der Beigeladene zu 1) den Vorzug erhalten hat, weil er eine Ausbildung für das Schulfach "Pädagogik" vorweisen konnte, während die Klägerin nur für den nach acht Semestern abgelegten Prüfungsteil - "allgemeine Prüfung in Philosophie und Pädagogik" - eine Ausbildung in Pädagogik abgeleistet und entsprechende, allerdings mit "gut" bewertete Prüfungsleistungen erbracht hatte. Indessen kann diesem Gedankengang der Beklagten, auch bei Berücksichtigung der vom Beigeladenen zu 2) in der mündlichen Verhandlung gekennzeichneten, nach seiner Darstellung in den beteiligten Kreisen bekannten Funktion des Fachleiters für besondere Aufgaben, nicht gefolgt werden. Aus rechtlichen und tatsächlichen Gründen kann eine in der Ausbildungszeit vorgenommene Spezialisierung nicht als alleingültiges Auslesekriterium angesehen werden, wenn, wie hier, die besonderen Anforderungen an einen Dienstposten auch auf andere Weise erworben worden sein können, etwa bei entsprechender Berufserfahrung und Weiterbildung. Es kann zwar davon ausgegangen werden, daß sich der gesuchte Fachleiter schwerpunktmäßig den schulpädagogischen, didaktischen und methodischen Aufgaben des Studienseminars widmen, die Referendare in theoretischer und praktischer Pädagogik wissenschaftlich ausbilden und in dieser Hinsicht beurteilen sollte. Diese Aufgaben erforderten aber bei einem Beamten, der die Laufbahnvoraussetzungen für ein Lehramt des höheren Dienstes erfüllte, nicht ein Studium der Pädagogik als Unterrichtsfach, weil das vorgeschriebene philosophische und pädagogische Grundstudium geeignet und bestimmt ist, jedem Lehramtsbewerber eine wissenschaftliche Einführung in diese Sachgebiete zu vermitteln und damit die Grundlage dafür zu schaffen, daß die spätere Tätigkeit im Lehrberuf in dem erforderlichen Umfang wissenschaftlich-pädagogisch reflektiert werden kann. Schon vom Berufsbild des Studienrats her ist demnach eine ständige wissenschaftliche Beschäftigung mit Fragen der Pädagogik vorauszusetzen, mag auch deren Intensität stark von den Interessen und der Initiative des einzelnen abhängen. Gegenüber einer solchen berufsbedingten Qualifikation bedeutet as keinen Vorsprung, wenn sich ein Bewerber während seines längere Zeit zurückliegenden Studiums schon auf das Fach Pädagogik spezialisiert hatte. Denn wegen der untergeordneten Bedeutung dieses Faches im Lehrstoff der allgemeinbildenden Schulen (vgl. Verordnung über die gymnasiale Oberstufe vom 12.3.1981, Nds. GVBl S. 17, § 12 Abs. 3 i.V.m. § 13 Abs. 2 bis 4) ist nicht sichergestellt, daß ein Studienrat aufgrund einer Lehrbefähigung im Fach Pädagogik bevorzugt Gelegenheit erhält, sich durch praktische Arbeit gerade auf diesem Gebiet stärker als seine Kollegen, die in den allgemein zugelassenen Leistungs- und Grundkursfächern unterrichten, zu qualifizieren. Bei allen Bewerbern besteht vielmehr besonderer Anlaß, in einer aktualisierten dienstlichen Beurteilung darauf einzugehen, inwieweit sie nach ihrer gegenwärtigen fachlichen Leistung, ihrem Fortbildungsstand und ihrer Befähigung zur Einarbeitung in neue Aufgaben den besonderen Aufgaben eines Dienstpostens voraussichtlich genügen werden. Hingegen ist es bei einer allgemein gefaßten Ausschreibung nicht Sache des Bewerbers selbst, seine Bewerbung von sich aus mit Hinweisen auf besondere Fähigkeiten oder Erfahrungen zu versehen, auf die vermutlich bei der Stellenbesetzung Wert gelegt wird.

52

Die gebotene dienstpostenbezogene Prüfung der Qualifikation der Klägerin konnte auch nicht durch den Bericht des Staatlichen Studienseminars über die Vorstellung der Bewerber ersetzt werden. Jedenfalls war der Bericht vom 29. September 1979 insoweit - abgesehen von dem der Klägerin vorteilhaften Hinweis auf ihre umfangreiche Tätigkeit als Mentorin für Referendare und ihr Verständnis für deren Probleme - ohne Aussagekraft. Weder hat ein Vertreter der Beklagten an den Vorstellungsgesprächen teilgenommen noch ist erkennbar, ob diese gezielt mit dem Schwerpunkt geführt wurden, die Sachkompetenz im Bereich der allgemeinen Pädagogik zu ermitteln. Auch hat die Seminarkonferenz über die Bewerber nicht erkennbar mit dem Ziel abgestimmt, den fachpädagogisch am besten Geeigneten zu ermitteln. Im übrigen weist die Klägerin zutreffend darauf hin, daß die an der Abstimmung teilnehmenden 15 Referendare wahrscheinlich eher dazu neigten, ihre Stimme für einen von ihnen als milde und zugänglich eingeschätzten Bewerber und nicht für einen solchen abzugeben, der als besonders fachkundiger Pädagoge beurteilt wurde.

53

b)

Der Beklagten kann auch nicht zugute kommen, daß die dienstliche Beurteilung über die Unterrichtsbesichtigung vom 16. Juli 1979 noch vor Abschluß des Widerspruchsverfahrens zu den Personalakten genommen worden ist und somit Entscheidungsgrundlage für den Widerspruchsbescheid war. Denn dadurch wurde nicht ausgeschlossen, daß eine andere, der Klägerin günstigere Sachentscheidung schon zuvor hätte getroffen werden können (§ 46 VwVfG). Eine solche andere Entscheidung wäre aber auch im Zeitpunkt des Widerspruchsbescheides vom 15. Dezember 1980 noch möglich gewesen, wenn sich die Beklagte durch die Verfahrensrüge der Klägerin veranlaßt gesehen hätte, im Widerspruchsverfahren eine Wiederholung der Auswahlentscheidung unter Wahrung der personalrechtlichen Befugnisse des Beigeladenen zu 2) herbeizuführen und diesem dabei die vervollständigten Personalakten der Klägerin zugänglich zu machen. Hierzu hätte Anlaß bestanden. In diesem Zusammenhang braucht nicht allgemein geklärt zu werden, in welchem Verhältnis die Übertragung personalrechtlicher Befugnisse (a.a.O.) und die Delegation der Zuständigkeit für Widerspruchsentscheidungen (§ 192 Abs. 3 Nr. 2 NBG i.V.m. der Allgemeinen Anordnung vom 20.8.1974, Nds. MBl S. 1526) zueinander stehen, Jedenfalls dann, wenn die im Widerspruchsverfahren ergehende Entscheidung nicht nur den Widerspruchsführer allein betrifft, sondern wenn eine Wiederholung der Auswahl unter sämtlichen Bewerbern in Frage steht, kann die Widerspruchsbehörde durch die allgemeine Anordnung nicht als ermächtigt angesehen werden, die der obersten Landesbehörde zustehenden personalrechtlichen Befugnisse an sich zu ziehen. Sie mag zwar einen Widerspruch allein zurückweisen dürfen, etwa weil dieser verfristet ist; sie muß jedoch den Beigeladenen zu 2) beteiligen, wenn unter Einbeziehung ergänzenden Materials, das bei der ersten Auswahlentscheidung nicht vollständig vorgelegen hat, der Sache nach die Auslese wiederholt und damit die Entscheidung auch im Verhältnis zu Personen, die nicht in das Widerspruchsverfahren einbezogen sind, erneut getroffen wird. Unterbleibt dies wegen unrichtiger Beurteilung der Kompetenz, so kann dadurch die Erheblichkeit eines (anderen) Verfahrensmangels nicht nach § 46 VwVfG entfallen.

54

Selbst wenn die Befugnis der Beklagten als Widerspruchsbehörde weiterginge, sie also auch bei personalrechtlichen Entscheidungen unter Freistellung von Zustimmungserfordernissen eine nochmalige eigenständige Auswahl treffen könnte, so folgte doch daraus nicht die Befugnis, einen ihr selbst im Ausgangsverfahren unterlaufenen Verfahrensfehler, der die deshalb mit dem Widerspruch angefochtene Entscheidung beeinflußt haben kann, ohne Nachholung des damals Versäumten als im Ergebnis unerheblich zu behandeln. Wenn eine versäumte Mitwirkung nur durch Nachholung geheilt werden kann (§ 45 Abs. 1 Nr. 5 VwVfG), so kann auch eine unzulängliche Beteiligung der mitwirkungsberechtigten Behörde im Widerspruchsverfahren nur korrigiert werden, wenn der Mangel unter Beteiligung dieser Behörde tatsächlich behoben wird. Anderenfalls könnte die Ausgangsbehörde, die zugleich Widerspruchsbehörde ist, die Mitwirkungsbefugnis einer übergeordneten Behörde durch deren unvollständige Information leerlaufen lassen, ohne daß hiergegen im Widerspruchs- und Klageverfahren eine Kontrollmöglichkeit bestände.

55

Die Rechtsauffassung der Beklagten hätte auch zur Folge, daß entgegen der abschließenden Regelung des § 45 VwVfG (Kopp, VwVfG, § 45 RdNr. 12) und abweichend von deren Zweck (Kopp, a.a.O., RdNr. 41) andere, dort nicht genannte Verfahrensfehler durch eine die Ausgangsposition des Widerspruchsführers schmälernde Nachholung geheilt werden könnten. Dem Gesetzeszweck entspricht es vielmehr, für die Anwendung des § 46 VwVfG auf das Ergebnis des Widerspruchsverfahrens nur dann abzustellen, wenn dieses zur vollständigen Ausschaltung aller Auswirkungen des bisherigen Verfahrensfehlers geführt hat.

56

5.

Der Senat sieht davon ab, auf die sonstigen, von der Klägerin geltend gemachten Mängel des Auswahlverfahrens näher einzugehen. Insbesondere wird dem Verdacht der Klägerin, die Auswahlentscheidung sei von konfessionellen Rücksichten beeinflußt gewesen, nicht nachgegangen. Dessen bedarf es auch nicht etwa deshalb, weil für die beantragte Verpflichtung zur Neubescheidung die Rechtsauffassung des Gerichts maßgebend ist (§ 113 Abs. 4 Satz 2 VwGO). Denn daß die Bewerberauswahl hier nicht von konfessionellen Rücksichten beeinflußt werden darf, steht unabhängig davon fest, ob bei der angegriffenen Auswahlentscheidung solche unzulässigen Erwägungen mitgespielt haben oder nicht.

57

6.

Wegen des festgestellten wesentlichen Fehlers des Ausleseverfahrens ist die Beklagte zu verpflichten, über die Bewerbung der Klägerin erneut zu entscheiden (§ 113 Abs. 4 Satz 2 VwGO). Die dem Antrage der Klägerin entsprechende klarstellende Aufhebung der ihr erteilten ablehnenden Bescheide ist nicht so zu verstehen, daß die Auswahlentscheidung im übrigen, nämlich soweit sie zugunsten des Beigeladenen zu 1) und zu Lasten der übrigen Mitbewerber ergangen ist, von dem Verpflichtungsausspruch unberührt bliebe. Sie ist vielmehr, da sie einen einheitlichen und untrennbaren, nur getrennt bekanntgegebenen Verwaltungsakt bildet, insgesamt fehlerhaft. Die Neubescheidung kann deshalb nicht nur gegenüber der Klägerin ergehen; in das wiederholte Verfahren ist vielmehr auch der Beigeladene zu 1) einzubeziehen sowie die übrigen Bewerber, soweit diese ihre Bewerbung aufrechterhalten. Wegen des Grundsatzes des gleichen Zugangs zu jedem öffentlichen Amt (Art. 33 Abs. 2 GG) können auch bisher unbeteiligte Personen nicht schlechthin von der Bewerbung ausgeschlossen werden. Das gesetzliche Gebot, die Bewerber durch Stellenausschreibung zu ermitteln (§ 8 Abs. 2 Satz 1 NBG), gilt aber nicht streikt, sondern nur "in geeigneten Fällen". Eine erneute Ausschreibung wird regelmäßig nicht als geeigneter Weg erscheinen, um bei einer Verpflichtung zur Neubescheidung eine Beurteilungsgrundlage zu gewinnen, die dem durch fortschreitenden Zeitablauf ohnehin nur noch sehr bedingt realisierbaren Rechtsschutzziel angemessen wäre. Die Verpflichtungs- und Neubescheidungsklage ist, wie dargelegt, nicht so ausgestaltet, daß dem erfolgreichen Kläger eine ihm günstige, bei der Ablehnung seines Antrages vernachlässigte Sach- oder Rechtslage erhalten bliebe. Diese Unvollkommenheit des Rechtsschutzverfahrens bringt es mit sich, daß bei komplexen Entscheidungen wie der "mehrgesichtigen" Bewerberauslese vielfältige neue Gesichtspunkte hinzutreten können. Die Chance, bei der erneuten Auswahl Erfolg zu haben, kann infolge solcher tatsächlicher Veränderungen erheblich geringer sein als die ursprüngliche, wegen eines Verfahrensfehlers nicht zum Zuge gekommene Aussicht. Insbesondere kann die Bewährung des fehlerhaft ausgewählten Bewerbers auf dem Dienstposten ins Gewicht fallen. Trotz dieser Unvollkommenheit ist die Rechtsschutzwirkung der Neubescheidungsklage nicht gering zu veranschlagen, weil jedenfalls diejenigen Fehler, die zu erheblichen Fehlgewichtungen geführt haben, auch noch nach längerer Zeit korrigiert werden können.

58

Im Falle einer Korrektur der ursprünglichen Auswahl erfordert die Neubescheidung auch Erwägungen dahin, ob von einer behördlichen Befugnis Gebrauch gemacht wird, den infolge der fehlerhaften Auswahl auf den ausgeschriebenen Dienstposten gelangten Beamten zu versetzen oder umzusetzen. Der Gesichtspunkt, daß die Folgen einer Fehlentscheidung beseitigt oder gemildert werden sollten, wird eine solche dienstrechtliche Maßnahme im allgemeinen rechtfertigen. Der ursprünglich ausgewählte Stelleninhaber, für den das Neubescheidungsurteil infolge seiner Beiladung verbindlich ist, wird hiergegen regelmäßig nichts einwenden können. Allerdings findet auch hier der Rechtsschutz seine Grenze in dienstlichen Notwendigkeiten, die sich während des Verfahrens ergeben haben können (vgl. zu den Grenzen des Anspruchs auf Umsetzung eines anderen Beamten OVG NW, Urt. v. 17.2.1984 - 6 A 270/82 -, DÖD 1985, 67). Dies bedarf hier aber nicht weiterer Vertiefung, weil noch nicht feststeht, ob die Neubescheidung zu einem Bewerbungserfolg der Klägerin führen wird.

59

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1, 3, § 159 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 2 ZPO. Hierbei ist berücksichtigt, daß der Beigeladene zu 1) an dem Zustandekommen des Verfahrensfehlers, der zum Erfolg der Klage geführt hat, nicht beteiligt gewesen ist. Der Beigeladene zu 2) hat sich einem eigenen Kostenrisiko nicht ausgesetzt; deshalb gebietet es die Billigkeit nicht, seine außergerichtlichen Kosten nach § 162 Abs. 3 VwGO für erstattungsfähig zu erklären. Die Entscheidungen zur Vollstrechbarkeit ergeben sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

60

Die Revision ist nach § 132 Abs. 2 VwGO wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache zugelassen worden; es bedarf der bundesgerichtlichen Klärung, ob Auswahlentscheidungen nach § 8 NBG durch Klage auf Verpflichtung zur Neubescheidung einer gerichtlichen Überprüfung unterbreitet werden können und welchen Einfluß eine Stellenbesetzung oder eine Ernennung auf das Rechtsschutzverfahren hat.

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Rechtsmittelbelehrung

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Zeller
Dr. Heider
Sommer