Verwaltungsgericht Göttingen
Urt. v. 19.02.2008, Az.: 3 A 52/06
Sachschadensersatz (§ 96 NBG) nach Beihilfemaßstab (hier: Gleitsichtbrille); Ermessen; Sachschadensersatz: Beihilfe; Sachschadensersatz: Maßstab; Schadensersatz
Bibliographie
- Gericht
- VG Göttingen
- Datum
- 19.02.2008
- Aktenzeichen
- 3 A 52/06
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2008, 45349
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGGOETT:2008:0219.3A52.06.0A
Rechtsgrundlage
Amtlicher Leitsatz
§ 96 NBG ist keine "klassische" Schadensersatznorm i.S.v. Naturalrestitution, sondern gebietet dem Dienstherrn, nach Maßgabe von Ermessenserwägungen zu entscheiden, ob und ggf. in welcher Höhe dem Beamten ein Zuschuss zu privaten Aufwendungen gewährt wird, die (auch) dienstlich veranlasst sind.
Tatbestand
Der Kläger ist Polizeioberkommissar im niedersächsischen Landesdienst bei der Polizeistation H..
Mit einer Schadensmeldung Dienstbekleidung (Ersatzantrag) vom 28. November 2005 beantragte der Kläger Ersatz der Gläser seiner Gleitsichtbrille, deren obere Ränder jeweils weggebrochen seien. Am Montag, 21. November 2005, seien am Schadensort in E. im Rahmen des Castortransportes Störer zur Personalienfeststellung vorläufig festgenommen worden. Hierbei seien Eile geboten und das Tragen der Brille zur Personalienfeststellung erforderlich gewesen. Beim eiligen Aussteigen aus dem VW Bus habe er mit dem Kopf den Türrahmen der hinteren Schiebetür gestreift, so dass seine Gleitsichtbrille auf die Straße gefallen sei. Hierbei seien die oberen Ränder beider Gläser abgesplittert. Ein Schädiger sei nicht vorhanden. Laut Aussage des Optikers sei eine Reparatur nicht möglich; die Gläser müssten ausgetauscht werden. Im Antrag fügte der Kläger die Rechnung eines Optikers aus I. vom 26. Oktober 2004 bei, die die Beschaffung der beschädigten Brillengläser betraf. Die Gläser rechts und links waren mit Preisen von jeweils 289,50 Euro als Mineralgläser, Gleitsicht, superentspiegelt (links mit Achsverschiebung) berechnet worden.
Mit Bescheid 12. Dezember 2005 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass gemäß § 96 Nds. Beamtengesetz (NBG) eine teilweise Erstattung des eingetretenen Schadens an seiner Brille möglich sei. Nach dieser Vorschrift könnten Gegenstände, die üblicherweise bei Wahrnehmung des Dienstes mitgeführt und in Ausübung des Dienstes beschädigt würden, ersetzt werden. Die Brille gehöre zu den Gegenständen, die bei der Wahrnehmung des Dienstes mitgeführt würden; der Schaden sei auch in Ausübung der dienstlichen Tätigkeit entstanden. Grundsätzlich bestehe daher ein Anspruch auf Schadensersatz, der jedoch der Höhe nach auf 100 % der Beihilfesätze begrenzt sei. Für das Mehrstärkenglas rechts ergebe sich ein Betrag von 72,00 Euro, für das Mehrstärkenglas links von 92,50 Euro sowie jeweils 21,00 Euro für die Ausführung als Gleitsichtglas, so dass der zu erstattende Betrag statt der geltend gemachten 579,00 Euro lediglich 206,50 Euro betrage.
Der Kläger hat am 30. Januar 2006 Klage erhoben. Zur Begründung führt er im Wesentlichen aus, er sei vom 15. Dezember 2005 bis einschließlich 1. Januar 2006 in Urlaub gewesen. Den Bescheid vom 12. Dezember 2005, der an seine Dienststelle gerichtet gewesen sei, habe er erst am 2. Januar 2006 erhalten.
Er habe einen Anspruch auf den vollständigen Ersatz des entstandenen Schadens. Zwar sei § 96 NBG als Kann-Vorschrift ausgestaltet, jedoch bedeute dies lediglich, dass der Dienstherr sich die Frage des Schadensersatzes dem Grunde nach in Form einer Einzelfallentscheidung vorbehalten könne. Habe er sich zum Schadensersatz entschlossen, bestehe aus seiner Sicht kein Ermessen mehr dahingehend, die Ersatzleistung als solche zu kürzen. Die verwaltungsinterne Praxis, auf die sich die Beklagte berufe, finde keine gesetzliche Grundlage. Mit der Fürsorgepflicht des Dienstherrn sei es gerade nicht vereinbar, dass er bei seiner gefahrgeneigten Arbeit nicht den Schaden ersetzt bekomme, den er dabei erleide. Er könne in dienstsituationsbedingten Gefahren zum Teil gerade nicht ausweichen, sondern habe sich diesen direkt zu stellen, um Einzelpersonen oder die Allgemeinheit vor bestimmten Gefahren zu schützen. Wenn er schon seine eigene Unversehrtheit für Dritte riskiere, sei nicht ersichtlich, weshalb ihm zusätzlich noch die Gefahr von dinglichen Zerstörungen als privates Risiko auferlegt werde. Nach seiner Auffassung habe er keine besonders hochwertige, sehr teure oder gar Luxusbrille beschädigt. Überdies handele es sich auch lediglich um die Gläser, die Gegenstand des Anspruchs seien. Es seien Mineralgläser, die regelmäßig ca. 70,00 Euro je Glas günstiger als Kunststoffgläser seien. Er habe sich bei drei Qualitätsstufen für mittlere Qualität entschieden. Die Gläser der untersten Qualitätsstufe würden bei Beachtung der auszugleichenden Sehschwäche 150,60 Euro bzw. 176,00 Euro kosten. Allerdings werde Gleitsichtglas billigster Qualität den medizinischen Anforderungen gerade nicht gerecht, weil es qualitäts- und preisbedingt erhebliche Seheinschränkungen in den jeweils vorhandenen drei Sehflächen enthalte. Das bedeute, dass der Nutzer den Kopf erheblich drehen bzw. ständig von unten nach oben oder umgekehrt bewegen müsse, um die notwendige Sichtfläche und Sichthaltung zu erreichen. Das ziehe erhebliche Beeinträchtigungen gesundheitlicher Art nach sich. Er sei gerade im Außendienst auf eine gute Sicht angewiesen, denn auch dort finde die Arbeit am PC statt und es sei ein unverzüglicher Sichtwechsel in die Weite ohne Einschränkungen erforderlich. Der Dienstherr verstoße gegen seine Fürsorgepflicht, weil er durch die zu niedrige Erstattung ihn nicht nur gesundheitlichen Beeinträchtigungen wie Sehstörungen und Kopfschmerzen, sondern auch Eigengefährdungen aussetzen würde, wenn er Gefahren nicht rechtzeitig erkennen könne. Es sei kein Luxus, sondern eine medizinische und dienstliche Notwendigkeit, dass der unter einer Sehschwäche leidende Beamte diese im Außendienst mit einer Sehhilfe mittlerer Art und Güte ausgleichen könne, ohne bei dem berufsbedingt hohen Risiko einer Beschädigung auf Sätze in einer Höhe verwiesen werde, die nicht einmal die Neuanschaffung von Gleitsichtgläsern billigster Qualität ermögliche. Dazu habe er ausführlich recherchiert und aktuell vorgetragen. Die bei ihm gemäß dem vorgelegten Rezept des Augenarztes (zusätzlich zur Gleitsichtausführung) verordnete Achsverschiebung sei bei den billigen Gläsern gar nicht lieferbar, das hätten ihm mehrere Optiker versichert. Ohne die Gleitsichtbrille könne er weiter entfernte Straßen- bzw. Nummernschilder nicht lesen. Das Umstellen von der schlechten Kurzsicht auf die schlechte Weitsicht klappe ohne die Gleitsichtbrille überhaupt nicht.
Zudem habe die Beklagte in der Vergangenheit den Beamten die beim Einsatz zerstörten Gegenstände in vollem Umfang, jedenfalls unter Berücksichtigung der üblichen Abzüge neu für alt erstattet. Er benenne zwei Kollegen, denen das Anfang der 1990er Jahre passiert sei. Wenn die Beklagte von dieser Praxis nunmehr abweiche, so hätte sie zuvor die Mitarbeiter davon informieren müssen, damit diese für den Einsatz entsprechende Dispositionen hätten treffen können.
Er berufe sich auch auf eine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung, wenn Beamten bei Unfällen auf einer Dienstreise Schadensersatz in voller Höhe geleistet werde, während ihm bei einer dienstlichen Beschädigung notwendiger Gegenstände im Einsatz das Schadensrisiko zumindest mit auferlegt werde.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter teilweiser Aufhebung ihres Bescheides vom 12. Dezember 2005 zu verpflichten, ihm für die beim Einsatz am 21. November 2005 zerstörten Brillengläser weitergehenden Schadensersatz i.H.v. weiteren 372,50 Euro zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung bezieht sie sich im Wesentlichen auf den angefochtenen Bescheid und führt ergänzend aus, die Ansprüche des Klägers seien durch die erfolgte Auszahlung in Höhe der Beihilfehöchstsätze voll befriedigt worden. Die Beihilfesätze seien seinen besonderen medizinischen Bedürfnissen angepasst und berücksichtigten die ärztliche Verordnung. Auch bei Ausübung des ihr zustehenden Ermessens könne der darüber hinausgehende, durch persönliche Dispositionen bedingte Betrag auch nicht ausnahmsweise erstattet werden. Die Sehhilfe habe grundsätzlich den medizinischen Bedürfnissen des Klägers entsprochen und sei seiner Sehschwäche angepasst gewesen. Über die Beihilfesätze hinausgehende medizinische Erfordernisse seien vorliegend nicht geltend gemacht worden. Das gelte auch für besondere dienstliche Erfordernisse. Wähle der Beamte darüber hinausgehend Leistungen aus, die seinen persönlichen Bedürfnissen besser entsprächen, könne er das Verlustrisiko nicht auf das Land abwälzen. Ihm stehe insbesondere im Falle einer Sehhilfe die besondere Versicherung offen, um das eigene Risiko zu minimieren. Eine solche erlangbare Versicherungsleistung sei im Übrigen vorrangig gegenüber § 96 NBG. Schon die Erstattungsgerechtigkeit verbiete eine vollständige Abwälzung des Verlustrisikos. Besonders sparsame Beamte, die mit den Beihilfesätzen auskämen, würden sonst benachteiligt. Insbesondere von Beamten mit besonders gefahrgeneigter Tätigkeit könne erwartet werden, dass sie im Rahmen des beschriebenen Interessenausgleichs bei der Wahl ihrer dienstlich genutzten, privaten Ausrüstungsgegenstände darauf Rücksicht nähmen.
Außerdem gehe die Qualität der vom Kläger angeschafften Brille über die medizinischen und dienstlichen Notwendigkeiten deutlich hinaus. Nach ihren Erkundigungen sei sie mit Sehgläsern der Firma Rodenstock ausgestattet gewesen, die preislich am oberen Ende der am Markt erhältlichen Gleitsichtgläser angesiedelt seien. Die Anschaffungskosten hätten deshalb auch die nach den Beihilfehöchstsätzen erstattungsfähigen Beträge bzw. gewährbaren Zuschüsse überschritten. Aus § 96 NBG könne aber nicht gefolgert werden, dass das Land Niedersachsen geschädigte Gegenstände nur deshalb voll erstatten wolle, weil ein Beamter seinen persönlichen Bedürfnissen entsprechend gestaltete, höherwertig ausgeführte Gegenstände im Dienst mitführe. Die Anschaffung einer besonderen Dienstbrille sei nicht bezuschusst worden und die Brille sei für ihn auch im privaten Bereich einsetzbar, ohne dass damit ein besonderer dienstlicher Zweck erfüllt werden könne. Das Verlustrisiko solcher Gegenstände könne nicht vollkommen auf die Landeskasse verlagert werden, ohne dass ein entsprechender Nutzen erkennbar sei, denn man nähme dem Beamten die Sorge um seine Gegenstände vollständig ab. Insbesondere bei besonders gefahrgeneigter Tätigkeit des Beamten könne das nicht Ziel des Gesetzgebers gewesen sein. Ohne eine entsprechende Erstattungsvorschrift verstieße der Beamte gegen die ihm selbst gegenüber bestehende Obliegenheit, besonders wertvolle Gegenstände nicht unnötig Gefahren auszusetzen. Eine grundgesetzliche Notwendigkeit einer Erstattungsvorschrift i.S.v. § 96 NBG bestehe ebenfalls nicht. Diese in Niedersachsen und z.B. auch in Bayern bestehende Billigkeitsnorm gebe es in einigen Ländern und im Bund gar nicht. Die Vorschrift solle in Niedersachsen dazu dienen, den Beamten nicht durch das Verlustrisiko privater Gegenstände, die er notwendigerweise im Dienst benutze, an seiner Einsatzfreude zu hindern. Jegliche Sorge um seine persönlichen Gegenstände solle dem Beamten damit aber nicht genommen werden. Vielmehr handele es sich um den Ausdruck gegenseitiger Fürsorge.
Die Beschränkung auf die Beihilfehöchstsätze sei nicht unbillig, sondern eine klare, nachvollziehbare und allgemein handhabbare Richtlinie des Verwaltungshandelns. Sie berücksichtige, dass das Land bei einer erstmaligen Anschaffung der Sehhilfe auch nicht mehr als die Beihilfehöchstsätze zu zahlen hätte und der Beamte zur Anschaffung einer Brille einplanen dürfe. Grundsätzlich gelte zwar beim Schadensersatz das Prinzip der Naturalrestitution, jedoch sei diese bei § 96 NBG durch die Ausgestaltung als Ermessensnorm in Richtung auf einen angemessenen Ausgleich überformt. Dann könnten aber auch die Grundsätze der Obliegenheitsverletzungen des Anspruchstellers im Rahmen des Ermessens bei der Erstattungshöhe berücksichtigt werden, selbst wenn dem Kläger hier tatbestandsausschließende grobe Fahrlässigkeit bei der Schadensentstehung nicht vorgeworfen werde.
Zu den angeblichen Erstattungsgeflogenheiten der Unfallfürsorge während einer Dienstreise führe sie aus, dass es ihrer Übung entspreche, auch bei Schadensersatz nach § 32 Beamtenversorgungsgesetz Erstattungen nur im Rahmen der Beihilfesätze vorzunehmen.
Die Kammer hat den Rechtsstreit nach Anhörung der Beteiligten durch Beschluss dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze und den Inhalt der Gerichtsakte im Übrigen sowie die Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen. Diese Unterlagen sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung gewesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Erstattung eines höheren Schadens wegen der beschädigten Brillengläser als die ihm bereits durch den Beklagten gewährten 206,50 Euro. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 12. Dezember 2005 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 5 VwGO).
Auch eine Neubescheidung seines Schadensersatzbegehrens kann der Kläger nicht von der Beklagten beanspruchen.
Rechtsgrundlage des vom Kläger geltend gemachten Schadensersatzbegehrens ist § 96 NBG. Danach kann dem Beamten dafür Ersatz geleistet werden, wenn bei Ausübung des Dienstes, ohne dass ein Dienstunfall eingetreten ist, Kleidungsstücke oder sonstige Gegenstände, die üblicherweise bei der Wahrnehmung des Dienstes mitgeführt werden, beschädigt oder zerstört worden oder abhanden gekommen sind.
Die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Schadensersatz dem Grunde nach durch das schädigende Ereignis am 21. November 2005 hat die Beklagte im angefochtenen Bescheid zutreffend als gegeben anerkannt. Die Beteiligten streiten im vorliegenden Verfahren jedoch darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger den tatsächlich entstandenen Schaden in der Höhe zu ersetzen, die sich bemisst nach den tatsächlichen Aufwendungen des Klägers für die Neubeschaffung der beschädigten Brillengläser, oder ob es ausreicht, dass die Beklagte - wie geschehen - 100 % der nach den Bestimmungen des Beihilferechts als beihilfefähig anzuerkennenden Aufwendungen für die Beschaffung solcher Brillengläser gewährt.
Im Gegensatz zur Auffassung des Klägers ist § 96 Abs. 1 NBG als Ermessensvorschrift nicht lediglich hinsichtlich des Anspruchs auf Schadensersatz dem Grunde nach, sondern auch und besonders als Ermessensvorschrift im Hinblick auf die Höhe des zu gewährenden Schadensersatzes ausgestaltet. Damit sollen zum einen Risikosphären abgegrenzt werden; denn es sind Fälle denkbar, in denen zwar die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Sachschadenshaftung erfüllt sind, die Leistung von Schadensersatz aber über das dem Dienstherrn zuzurechnende Betriebsrisiko hinausgehen würde. Zum anderen soll die Ausgestaltung der Vorschrift als Ermessensnorm helfen, den in § 254 BGB zum Ausdruck kommenden allgemeinen Rechtsgedanken anwenden zu können, wonach der Schaden von den Beteiligten bei mitwirkendem Verschulden des Geschädigten nach dem Maß der überwiegenden Verursachung zu tragen ist (vgl. zu Vorstehendem: Kümmel, BeamtR, Stand: Dezember 2007, § 96 NBG, Rn. 14, 15).
Die Beklagte hat ermessensfehlerfrei die Höhe des dem Kläger zu gewährenden Schadensersatzes anhand der beihilferechtlichen Bestimmungen ermittelt. Diese Verfahrensweise berücksichtigt zutreffend die Verwaltungsvorschriften zu § 96 NBG (Gemeinsamer Runderlass vom 25.11.1992, Nds. MBl. 1993, 111 ff. - zitiert nach: Kümmel, aaO.) und die tatsächliche Verwaltungspraxis der Beklagten.
In einem vergleichbaren Fall hat das Verwaltungsgericht Hannover (Urteil vom 09.10.2007 - 2 A 8905/05 -, Datenbank des Nds. OVG) in diesem Zusammenhang ausgeführt:
"Schon der Wortlaut des § 96 Abs. 1 Satz 1 NBG stellt auf solche Gegenstände ab, die "üblicherweise" bei Wahrnehmung des Dienstes mitgeführt werden, ohne dass das Gesetz selbst eine nähere Definition enthält, was unter ‚üblich‘ in diesem Zusammenhang zu verstehen ist. Ziffer 3.1 der VV zu § 96 NBG erklärt, dass zu den üblicherweise bei Wahrnehmung des Dienstes mitgeführten Gegenständen insbesondere solche gehören, die im Dienst benötigt werden. Ohne Frage liegt diese Voraussetzung hinsichtlich einer Sehhilfe für den Kläger vor. Damit ist allerdings eine Aussage zu der Qualität der ‚benötigten‘ Brille noch nicht getroffen. Da die VV zu § 96 NBG hierzu und auch im übrigen keine unmittelbare Regelung für im Dienst abhanden gekommene Brillen enthält, sind die dortigen Bestimmungen zu beachten, die die Schadensersatzleistung allgemein regeln. Dabei bietet Nr. 3.3 der VV zu § 96 NBG einen Anhalt, der sich zu Beschädigungen an besonders wertvollen Gegenständen verhält. Für Schäden an solchen Sachen ist danach nämlichen der Wert vergleichbarer Gegenstände mittlerer Art und Güte zugrunde zu legen. Dieser Gedanke lässt sich ohne weiteres auch auf abhanden gekommene Gegenstände wie hier die Brille des Klägers übertragen, weil ein Grund für eine sachliche Differenzierung gerade bei Berücksichtigung der wirtschaftlichen Interessen des geschädigten Beamten nicht besteht. Diese Bestimmung in den Verwaltungsvorschriften findet zudem eine Entsprechung im Gesetzeswortlaut, nach dem die Ersatzpflicht des Dienstherrn auf ‚üblicherweise‘ bei Wahrnehmung des Dienstes mitgeführte Gegenstände beschränkt ist. Hierzu gehören aber besonders hochwertige Gegenstände und Kleidungsstücke im allgemeinen nicht, insbesondere dann nicht, wenn mit der Art der Dienstausübung ein gewisses Beschädigungsrisiko verbunden ist. Dieses dürfte bei Beamten des Polizeivollzugsdienstes regelmäßig bestehen."
Diesen zutreffenden Erwägungen schließt sich das erkennende Gericht an.
Darüber hinaus kommt es auf die tatsächliche Verwaltungsübung der Beklagten an. Diese trägt mit Schriftsatz vom 8. Juni 2006 vor, die Beihilferichtlinien dienten als sachlich geeignete Anhaltspunkte für die Ermittlung einer angemessenen Schadensersatzleistung und würden deshalb von allen Polizeidirektionen des Landes für die Ermittlung dieser Leistungen herangezogen. Auch in diversen anderen Bundesländern werde vergleichbar verfahren. Aus dem Vorbringen des Klägers ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte nicht im Sinne dieser Verwaltungspraxis auch tatsächlich handelt. Die vom Kläger vorgetragenen abweichenden Fälle haben sich spätestens Anfang der 1990er Jahre ereignet, als nach allgemeiner Erkenntnis die Differenzierungen bei den Gleitsichtsgläsern noch nicht den gegenwärtigen Standard erreicht hatten. Zudem eignen sich derartig weit in der Vergangenheit liegende Einzelfälle nicht, eine gegenwärtig maßgebliche Verwaltungspraxis bzw. Abweichungen davon abzubilden. Im Übrigen bleiben die Ausführungen unsubstantiiert und die Beklagte tritt ihnen ausdrücklich entgegen. Zudem gäbe in einem vergleichbaren Einzelfall der jüngeren Vergangenheit anders gehandhabter Vorfall keinen Grund, die bestehende Verwaltungspraxis anzuzweifeln. Im Übrigen hätte der Kläger gegenüber der Beklagten auch keinen Anspruch auf Wiederholung eines solchen Fehlers.
Die bestehende Verwaltungspraxis seitens der Beklagten ist auch sachgerecht und rechtlich nicht zu beanstanden. Das Verwaltungsgericht Hannover (vgl. Urteil vom 09.10.2007, aaO.) hat in diesem Zusammenhang ausgeführt:
"Das Zugrundelegen der Beihilfesätze ist aus Sicht des Gerichts auch sachgerecht. Zwar steht der Schadensersatzanspruch mit dem Beihilfeanspruch nicht in einem unmittelbaren inhaltlichen Zusammenhang. Beide Regelungen beruhen aber auf dem Grundgedanken der Fürsorgepflicht des Dienstherrn gegenüber seinen Beamten und sollen sie in gewissem Umfang wirtschaftliche Belastungen mildern, ohne dass die Beamten allerdings Anspruch auf vollen Ersatz ihrer Aufwendungen oder des ihnen im Dienst entstandenen Schadens haben. Die Zugrundelegung der Beihilfesätze für eine Brille orientiert sich zudem erkennbar auch an dem Gedanken, dass der Beamte jedenfalls eine für die Dienstausübung taugliche Brille benötigt und eine solche im Falle des Verlustes während des Dienstes auch zu ersetzen ist. Damit berücksichtigt die Regelung zum einen das öffentliche Interesse daran, dass der Beamten etwa gefahrgeneigte dienstliche Tätigkeiten nicht aus Sorge vor drohenden Sach- oder Körperschäden scheuen muss, andererseits Ersatz aus Steuermitteln aber nur für solche Gegenstände geleistet wird, die der Beamte in der berechtigten Vorstellung legitimer Risikoübertragung in die Sphäre des Dienstherrn in den Dienst mitbringt. Er unterliegt insoweit abhängig von der Art seiner dienstlichen Tätigkeit in gewisser Weise auch der Schadens- bzw. Risikominderungspflicht."
Diesen zutreffenden Erwägungen schließt sich das erkennende Gericht an.
Entgegen der Auffassung des Klägers ist keine medizinische oder dienstliche Notwendigkeit ersichtlich, ihm für die ordnungsgemäße Ausübung seines Dienstes deshalb höheren Schadensersatz zu gewähren, damit er die von ihm für seine Brille gewählten höherwertigen Gläser, für die mehr aufzuwenden war, als beihilferechtlich anerkannt werden kann, zu gewähren. Die diesbezüglichen Ausführungen des Klägers bleiben vage und werden nicht - etwa durch ärztliche oder arbeitsmedizinische Gutachten bzw. Stellungnahmen - substantiiert. Im angefochtenen Bescheid hat die Beklagte überdies berücksichtigt, dass dem Kläger eine Gleitsichtbrille augenärztlich verordnet und dementsprechend einen Zuschlag von 21,00 Euro je Glas eingerechnet. Auch ist für das linke Glas mit der Achsverschiebung ein höherer Betrag eingestellt.
Die angefochtene Entscheidung der Beklagten bewegt sich innerhalb der gesetzlichen Grenzen des ihr eröffneten Ermessens. Auch kann nicht festgestellt werden, dass die Beklagte von ihrem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hätte. Sämtliche Ermessenserwägungen sind von § 96 Abs. 1 Satz 1 NBG gedeckt. Insbesondere die Formulierung "Gegenstände, die üblicherweise bei Wahrnehmung des Dienstes mitgeführt werden" beschränkt den Maßstab für den Schadensersatz auch ohne Rückgriff auf die Verwaltungsvorschriften auf Gegenstände mittlerer Art und Güte (vgl. auch so: VG Hannover, Urteil vom 09.10.2007, aaO.), wobei die Beklagte dies ihrer Entscheidung erkennbar zugrunde gelegt hat.
Letztendlich ist § 96 NBG nicht als "klassische" Schadensersatznorm zur Gewährung von Naturalrestitution ausgestaltet und anzusehen, sondern gebietet dem Dienstherrn, nach Maßgabe von Ermessenserwägungen zu entscheiden, ob und ggf. in welcher Höhe einem Beamten ein Zuschuss zu privaten Aufwendungen gewährt wird, die (auch) dienstlich veranlasst sind.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.