Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 30.10.2009, Az.: 21 UF 151/09

Unbegleitetes Umgangsrecht eines homosexuellen, seine Vaterschaft anerkennenden französichen Samenspenders

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
30.10.2009
Aktenzeichen
21 UF 151/09
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2009, 35627
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2009:1030.21UF151.09.0A

Verfahrensgang

vorgehend
AG Buxtehude - 26.03.2009 - AZ: 8 F 626/08

Fundstellen

  • FamFR 2010, 453
  • FamRB 2010, 236
  • ZKJ 2010, 74

Verfahrensgegenstand

Umgang mit V. D., geboren am .2007 ...

In der Familiensache
...
hat der 21. Zivilsenat - Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Celle
durch
den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht W.,
den Richter am Oberlandesgericht P. und
die Richterin am Oberlandesgericht B.
am 30. Oktober 2009
beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - B. vom 26. März 2009 unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels des Antragstellers dahin geändert, dass ihm der Umgang mit seinem Sohn, V. D., geboren am 2007, an jedem 1. Sonntag im Monat in der Zeit von 10.00 Uhr bis 18.00 Uhr zusteht.

Hinsichtlich der ersten Instanz verbleibt es bei der Kostenentscheidung des Amtsgerichts.

Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei. Von einer gesonderten Verteilung der außergerichtlichen Kosten wird abgesehen.

Beschwerdewert: 3.000 EUR

Gründe

1

Die Antragsgegnerin zu 1. ist die leibliche Mutter und der Antragsteller der leibliche Vater des inzwischen 2-jährigen Kindes V. D.. Die beiden Antragsgegnerinnen leben seit 2002 in einer eingetragen Partnerschaft nach französischem Recht. Beide haben die französische Staatsbürgerschaft, die Antragsgegnerin zu 1. zudem die deutsche Staatsangehörigkeit. Der Antragteller ist Psychiater, hat die französische Staatsbürgerschaft und lebt in T., einer Gemeinde ca. 20 km nördlich von P.. Er ist ebenso wie die Antragstellerinnen gleichgeschlechtlich orientiert und lebt mit einem Partner zusammen.

2

Als die Antragsgegnerinnen, welche damals noch in P. lebten, ihren Kinderwunsch umsetzen wollten, gewannen sie den Antragsteller schließlich als Samenspender.

3

Entgegen dem ursprünglich im Vorgriff auf die Samenspende geäußerten Wunsch der beiden Antragsgegnerinnen, das Kind allein, d.h. ohne Einbindung oder Kontakt mit dem Vater aufziehen zu wollen, äußerte der Antragsteller spätestens ab der Geburt des Sohnes den Wunsch zu regelmäßigem Kontakt mit dem Sohn, welcher ihm im Jahr 2007 auch fast durchgängig 2 mal im Monat gewährt wurde.

4

Der Antragsgegnerin zu 2. wurde durch Gerichtsbeschluss in F. die Mitinhaberschaft der elterlichen Sorge für V. zugesprochen.

5

Der Antragsteller erkannte im April 2007 zunächst lediglich vor dem Notar die Vaterschaft für das Kind an, was nach französischem Recht das Erbrecht des Kindes sichert. Nachfolgend erkannte er sodann am 4. Februar 2008 auch vor dem Standesamt die Vaterschaft an. Da zu diesem Zeitpunkt bereits mehr als ein Jahr seit der Geburt verstrichen war, führte dieses Anerkenntnis nach französischem Recht nicht mehr zur Erlangung des (Mit-) Sorgerechts.

6

Das hernach vom Vater beim Familiengericht in P. angestrengte Umgangsverfahren endete im Oktober 2008 damit, dass sich das Gericht für international unzuständig erklärte, weil die Antragsgegnerin zu 1. bereits seit März 2008 mit dem Kind in B. lebte. Mittlerweile sind beide Antragsgegnerinnen und das Kind in K. wohnhaft.

7

Durch den angefochtenen Beschluss hat das Amtsgericht Buxtehude nach Anhörung der Parteien den Umgang dergestalt geregelt, dass dem Vater der Umgang mit dem Sohn jeweils am 1. Sonntag im Monat von 15.00 Uhr bis 18.00 Uhr unter Begleitung der Antragsgegnerin zu 1. zusteht.

8

In diesem Umfang wird der Umgang seit Zugang dieser Entscheidung auch durchgeführt.

9

Mit der Beschwerde erstrebt der Antragsteller entsprechend seinem ursprünglichen Antrag häufigeren (alle drei Wochen), längeren (sonntags und montags von 10.00 Uhr bis 18.00 Uhr) und unbegleiteten Umgang.

10

Die Beschwerde ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.

11

Der Antragsteller hat als nichtsorgeberechtigter Vater als Ausfluss des durch das Grundgesetz geschützten Elternrechts gemäß § 1684 Abs. 1 BGB grundsätzlich Anspruch auf regelmäßigen Umgang mit seinem Sohn.

12

Gründe die derzeit einem unbegleiteten Umgang des Vaters mit seinem Kind im Interesse des Kindeswohls entgegen stehen, liegen weder allgemein, noch in der Person des Vaters vor.

13

Zwar hat V. nie mit seinem Vater in einem Familienverband zusammengelebt, jedoch ist ihm der Vater durch den von Geburt an gepflegten und seit der erstinstanzlichen Entscheidung wieder aufgenommenen Umgang vertraut. Im Übrigen ist das Kind an den Umgang mit mehreren Bezugspersonen aufgrund der Berufstätigkeit beider Antragsgegnerinnen gewöhnt. Die Antraggegnerin zu 1 arbeitet in S. als Lehrerin. Während ihrer Arbeitszeit wird V. in einem Hort betreut. Die Antragsgegnerin zu 2 ist an drei bis 4 Tagen in der Woche in P. als Anwältin berufstätig und steht nur am Wochenende und an den verbleibenden Werktagen für die Betreuung des Kindes bzw. für Kontakte mit ihm zur Verfügung.

14

Soweit die Antragsgegnerinnen abstrakte Vorbehalte gegen einen unbegleiteten Umgang des Vaters mit dem Sohn haben, weil er ebenso wie sie homosexuell ist, entbehrt der Einwand jeder sachlichen Grundlage. Die unausgesprochene Unterstellung, es sei nicht auszuschließen, der Vater könne die sexuelle Integrität des Kindes nicht respektieren, ist ohne besonderen Anhalt ebenso ins Blaue hinein vorgebracht, wie dies bei heterosexuellen Eltern gegenüber Kindern des anderen

15

Geschlechts der Fall wäre; also einer Konstellation, wie sie alltäglich vorkommt und von Eltern typischerweise bewältigt wird. Vielmehr steht zu erwarten, dass der Vater aufgrund seiner beruflichen Kompetenz als Psychiater eher als andere Elternteile in der Lage ist, Probleme die aus der sexuellen Ausrichtung beider Parteien und etwaigen Reaktionen der Gesellschaft hierauf erwachsen könnten, zum Wohle des Kindes zu meistern.

16

Hinsichtlich des Umfangs des Umgangs ist zu berücksichtigen, dass der Vater nie in einer festen Beziehung dauerhaft mit dem Kind zusammengelebt hat. Deshalb ist hier zwar ein Umgang in größeren Abständen als bei Elternteilen, die jahrelang in einer Familie mit ihrem Kind zusammengelebt haben, angezeigt. Nach der zwischenzeitlich zurückgelegten Phase der Wiedereingewöhnung durch begleiteten Umgang seit April dieses Jahres ist dem Vater aber nunmehr unbegleiteter Umgang von tageszeitlich längerer Dauer zu gewähren.

17

Die vorerst noch erfolgte Begrenzung der Häufigkeit trägt auch dem Umstand Rechnung, dass die Antragsgegnerin zu 2. nach dem Umzug der Familie nach K. aufgrund ihrer auswärtigen Berufstätigkeit in P. anders als früher V. überwiegend nur noch am Wochenende zur Verfügung steht.

18

Entsprechend der weiteren Entwicklung des Kindes werden die Parteien dann nach 1 bis 2 Jahren zu prüfen haben, ob der Umgang auch auf ein ganzes Wochenende mit Übernachtung in der Obhut des Vaters auszuweiten ist.

19

Die Kostenentscheidung folgt aus § 131 Abs. 3 FGG und § 13a FGG.