Amtsgericht Gifhorn
Urt. v. 15.08.2003, Az.: 2 C 279.03 (V)

Bibliographie

Gericht
AG Gifhorn
Datum
15.08.2003
Aktenzeichen
2 C 279.03 (V)
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2003, 40939
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:AGGIFHO:2003:0815.2C279.03V.0A

In dem Rechtsstreit

Kläger

gegen

Beklagter

hat das Amtsgericht Gifhorn auf die mündliche Verhandlung vom 15.08.2003 durch die Richterin Moll

für Recht erkannt:

Tenor:

  1. 1.)

    Die Klage wird abgewiesen.

  2. 2.)

    Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.

  3. 3.)

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollsteckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1

Der Kläger verlangt von dem Beklagten Ersatz der Kosten für die Reparatur der Dieseleinspritzpumpe seines PKW Mercedes Benz.

2

Der Beklagte betreibt einen Gebrauchtwagenhandel. Unter dem 07.06.2002 erwarb der Kläger bei ihm einen gebrauchten Mercedes Benz. In dem Vertrag ist als Verkäuferin eine Frau Birgit K., L-str. 2, B. angegeben. Der Beklagte ist als Vermittler bezeichnet. In dem Vertrag ist des weiteren jegliche Gewährleistung ausgeschlossen. Frau K. ist im KFZ - Brief nicht eingetragen. In der Folgezeit behob der Beklagte an dem Wagen auf seine Kosten diverse kleinere Defekte. Der Kläger bemängelte darüber hinaus, dass die Dieseleinspritzpumpe defekt sei. Die Kostenübernahme für diese Reparatur lehnte der Beklagte ab. Daraufhin ließ der Kläger die Dieseleinspritzpumpe zu einem Preis von 2.110,34 EUR selbst reparieren. Diesen Betrag möchte er von dem Beklagten im Wege des Schadensersatzes ersetzt haben.

3

Der Kläger behauptet, Frau Birgit K. sei nur deswegen als Verkäuferin angegeben worden, damit der Beklagte aus der strengen Gewährleistungshaftung der 474ff BGB herauskomme. Frau K. sei niemals Eigentümerin und Besitzerin des Mercedes gewesen. Sie habe ihm gegenüber am Telefon bestätigt, dass sie einen roten Mercedes gar nicht kenne, den Wagen naturgemäß auch nicht verkauft habe und auch nicht Eigentümerin des PKW's gewesen sei. Der Kläger ist der Ansicht, der Beklagte sei als Verkäufer des Mercedes anzusehen und hafte für Mängel nach dem neuen Kaufrecht.

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Er beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an ihn 2.110,34 EUR nebst 6,97 % Zinsen sei dem 01.02.2003 zu zahlen.

5

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

6

Er behauptet, Vertragspartnern des Klägers sei Frau K.; er habe den Kaufvertrag, wie im Formular auch deklariert, lediglich vermittelt. Der Beklagte trägt des weiteren vor, Frau K. habe seinerzeit den in Rede stehenden Mercedes bei ihm gekauft, weil sie sich selbständig habe machen wollen. Der Mercedes sei ihr als Geschäftsfahrzeug adäquater als ihr alter Wagen erschienen. Aus der beruflichen Selbständigkeit sei jedoch nichts geworden, weshalb Frau K. den Beklagten um Rücknahme des Mercedes gebeten habe. Der Beklagte habe an einem Rückkauf kein Interesse gehabt, Frau K. jedoch gestattet, den PKW auf seinem Betriebsgrundstück auszustellen und sich bereit erklärt, den Verkauf zu vermitteln. Im Anschluss sei es dann zu dem Geschäft mit dem Kläger gekommen. Der Beklagte hat die Kopie eines Kaufvertrages mit Datum vom 02.01.2002 zwischen ihm als Verkäufer und Birgit K., L-str. 2, B. als Käuferin vorgelegt. Dieser Vertrag ist handschriftlich mit "Birgit K." unterzeichnet.

7

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 15.08.2003 verwiesen.

Entscheidungsgründe

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Die Klage ist nicht begründet.

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I. Der Kläger kann von dem Beklagten mangels Passivlegitimation nicht gem. §§ 437 Nr. 3, 440, 280, 281 BGB Schadensersatz wegen Nichterfüllung für die angeblich defekte Dieseleinspritzpumpe verlangen.

10

Denn der Beklagte ist nicht Verkäufer des Mercedes. In dem Kaufvertrag vom 07.06.2002 ist vielmehr Frau Birgit K. als Verkäuferin angegeben, der Beklagte lediglich als Vermittler. Dass die Parteien bei Vertragsschluss übereinstimmend etwas anderes gewollt haben, lässt sich dem Sachvortrag nicht entnehmen. Angesichts der eindeutigen Angaben in dem Kaufvertragsformular kann auch nicht angenommen werden, der Beklagte habe den Anschein erweckt, er sei der Verkäufer. Die Umstände, dass Frau K. bei Abschluss des Kaufvertrages nicht anwesend war, der Verkauf in den Geschäftsräumen des Beklagten erfolgte und dieser als Gebrauchtwagenhändler aufgrund seiner Sachkunde besonderes persönliches Vertrauen in Anspruch genommen hat, können insoweit allenfalls zu einer Eigenhaftung des Beklagten gem. §§ 241 II, 280 l, 311 III BGB (cic) nach den Grundsätzen der sog. "Sachwalterhaftung" führen, machen diesen indes nicht zum Vertragspartner.

11

II. Der Kläger hat gegen den Beklagten aber auch aus §§ 241 II, 280 l, 311 III BGB (cic) aufgrund der sog. "Sachwalterhaftung" keinen Schadensersatzanspruch.

12

Zutreffend ist zwar, dass nach allgemeiner Meinung der KFZ - Gebrauchtwagenhändler, der den Wagen eines Kunden lediglich als Vermittler verkauft, aufgrund der Inanspruchnahme besonderen persönlichen Vertrauens als sog. "Sachwalter" neben dem eigentlichen Verkäufer persönlich haftet. Diese Haftung setzt jedoch eine Pflichtverletzung, insbesondere die Verletzung einer Aufklärungspflicht, voraus. Der Gebrauchtwagenhändler haftet danach für das Fehlen von zugesicherten Eigenschaften, für das Verschweigen wesentlicher Mängel sowie für ins Blaue hinein abgegebene objektiv unrichtige Erklärungen (vgl. Palandt, 62. Aufl., § 311 Rn 66). Im vorliegenden Fall kann dem Beklagten eine Pflichtverletzung in o. g. Sinne nicht vorgeworfen werden. In dem Kaufvertragsformular ist eine Zusicherung, die sich auf die Mangelfreiheit der Dieseleinspritzeinpumpe bezieht, nicht vorhanden. Auch aus der dem Kaufvertrag beigefügten DEKRA - Bescheinigung lässt sich eine solche nicht entnehmen. Denn bei der Hauptuntersuchung wird geprüft, ob das untersuchte KFZ verkehrssicher ist, nicht aber, ob sich der Motor bzw. die Dieseleinspritzpumpe in einem technisch einwandfreien Zustand befindet. Dementsprechend ist in der Bescheinigung diesbezüglich auch gar keine Aussage getroffen worden. Dass der Beklagte darüber hinaus gehende mündliche Zusicherungen gemacht hat oder dass ihm die Reparaturbedürftigkeit der Dieseleinspritzpumpe bei Abschluss des Vertrages bekannt war und er dies trotzdem nicht offenbart hat, hat der Kläger nicht vorgetragen. Die bloße Mangelhaftigkeit des verkauften KFZ stellt für sich gesehen noch keine Pflichtverletzung des Beklagten i. S. d. sog. "Sachwalterhaftung" dar. Insoweit kommt hinzu, dass die Haftung des "Sachwalters" ausgeschlossen ist, soweit die Gewährleistung wirksam abbedungen wurde (vgl. Palandt, a. a. O.). Der Mercedes wurde verkauft "unter Ausschluss jeglicher Gewährleistung". Beim Gebrauchtwagenkauf unter Privatleuten - um einen solchen handelt es sich hier- ist eine derartige in AGB getroffene Vereinbarung nicht gem. § 307 BGB als unangemessene Benachteiligung anzusehen. Der Gewährleistungsausschluss im Gebrauchtwagenhandel ist nämlich allgemein üblich und entspricht der Verkehrssitte (vgl. Palandt, § 307 Rn 114, 309 Rn 78). Er trägt den vielfältigen Schwierigkeiten, den tatsächlichen Zustand und damit den Wert eines Gebrauchtwagens verlässlich zu ermitteln, Rechnung (vgl. i. E. BGH 74, 382ff).

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III. Der Beklagte haftet dem Kläger auch nicht wegen eines Umgehungsgeschäftes über § 475 l 2 BGB wie ein gewerbsmäßiger Verkäufer. Denn der Kläger hat nicht substantiiert dargelegt, dass der Beklagte Frau K. nur deswegen in den Vertrag als Verkäuferin aufgenommen hat, um sich den strengen Regelungen des Verbrauchsgüterkaufes (§§ 474ff BGB) zu entziehen. Als Indizien für diese Behauptung hat der Kläger vorgebracht, Frau K. sei nicht im KFZ - Brief eingetragen. Sie sei niemals Eigentümerin und Besitzerin des Mercedes gewesen. Sie habe ihm am Telefon bestätigt, dass sie einen roten Mercedes gar nicht kenne, den Wagen naturgemäß auch nicht verkauft habe und nicht Eigentümerin dieses PKW's gewesen sei. Zudem habe der Beklagte dadurch, dass er zuvor andere Mängel bereits beseitigt habe, zu erkennen gegeben, dass er sich als Verkäufer fühle und Frau K. nur als Verkäuferin in den Kaufvertrag eingetragen worden sei, um die Anforderungen des Verbrauchsgüterkaufes zu umgehen. Für sich gesehen mögen diese Tatsachen zur substantiierten Darlegung zwar ausreichen. Unter Berücksichtigung des Beklagtenvortrages ist dies jedoch nicht mehr der Fall. Der Beklagte hat nämlich einen mit "Birgit K." unterschriebenen Kaufvertrag vom 02.01.2002 zwischen Frau K. als Käuferin und sich selbst als Verkäufer über den hier in Rede stehenden Mercedes vorgelegt und die konkreten Umstände, die zu dem Kauf und der anschließenden "Rückgabe" des Mercedes durch Frau K. geführt haben, im Einzelnen dargelegt. Es mag ungewöhnlich sein, dass Frau K. nicht im KFZ - Brief eingetragen ist. Die Eintragung im KFZ - Brief ist jedoch nicht Voraussetzung für den Eigentumserwerb eines PKW's und kann die verschiedensten Gründe haben. Der Beklagtenvortrag erscheint deswegen jedenfalls nicht gänzlich unglaubhaft zu sein. Auch die Tatsache, dass der Beklagte bereits andere Mängel an dem Mercedes beseitigt hat, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Denn er hat plausibel erklärt, diese Reparaturen aus Kulanzgründen durchgeführt zu haben. Der Kläger hätte somit zu dem Kaufvertrag vom 02.01.2003 sowie zu den von dem Beklagten diesbezüglich geschilderten Umständen Stellung nehmen müssen; § 138 II ZPO. Er hätte darlegen müssen, wie sich die Existenz des Kaufvertrages erklärt bzw. warum sein Vortrag, Frau K. sei niemals Eigentümerin und Besitzerin des Mercedes gewesen und habe ihm dies telefonisch bestätigt, trotzdem richtig sein soll. Er durfte sich nicht - wie er es in der mündlichen Verhandlung am 15.08.2003 getan hat - damit begnügen, auf die von Frau K. angeblich am Telefon getätigten Äußerungen zu verweisen. Hierauf wurde der Prozessbevollmächtigte des Klägers auch ausdrücklich hingewiesen. Im Falle der Vernehmung der Zeugin K. müsste das Gericht diese zur Aufklärung des Sachverhalts und Feststellung der seitens des Klägers zu beweisenden Tatsache, dass sie tatsächlich nur als "fingierte Verkäuferin" vorgeschoben wurde, unter Vorhalt des Beklagtenvortrages nach dem "Ob, Warum und Wie" des Zustandekommens des Kaufvertrages vom 02.01.2003 sowie nach dem "Ob, Warum und Wie" des anschließenden Verkaufs des Mercedes befragen. Das Gericht müsste die Zeugin fragen, ob das Vorbringen des Beklagten zutreffend ist und - wenn nein - was es mit dem Kaufvertragsformular vom 02.01.2003, das die Unterschrift "Birgit K." trägt, auf sich hat. Dies würde indes mangels diesbezüglichen klägerischen Vertrages eine unzulässige Ausforschung darstellen.

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IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat seine gesetzliche Grundlage in §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.