Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 10.01.1975, Az.: 2 U 114/73

Automatenaufstellungsvertrag; Schriftformerfordernis des Automatenaufstellungsvertrages; Vertragliche Benennung der Gerätezahl bei Automatenaufstellungsverträgen; Ausschließlichkeitsbestimmungen bei Automatenaufstellungsverträgen als Hauptpflicht; Nichtaufstellen von gleichartigen Konkurrenzautomaten als Nebenpflicht

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
10.01.1975
Aktenzeichen
2 U 114/73
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1975, 11486
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:1975:0110.2U114.73.0A

Verfahrensgang

vorgehend
LG Hannover - 28.05.1973 - AZ: 19 O 46/73

Fundstelle

  • DB 1975, 638 (Volltext mit amtl. LS)

Verfahrensgegenstand

Ansprüche aus Automatenaufstellvertrag

Zusammenfassung
  1. 1.

    Das Oberlandesgericht Celle hatte hier einen Fall über die Notwendigkeit von Einhaltung der Formerfordernisse bzgl. Automatenaufstellungsverträgen zu entscheiden.

In dem Rechtsstreit
hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die mündliche Verhandlung vom 25. Oktober 1974
unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht ... und
der Richter am Oberlandesgericht ... und ...

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten zu 2 wird das am 28. Mai 1973 verkündete Teilurteil der 19. Zivilkammer des Landgerichts Hannover abgeändert:

Die Klage gegen die Beklagte zu 2 wird abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten der Berufung zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, jedoch wird der Klägerin nachgelassen, die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung von 975,00 DM abzuwenden, die auch durch die Bürgschaft einer deutschen Großbank oder einer deutschen öffentlichen Sparkasse erbracht werden kann.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Klägerin hatte in der Gaststätte "..." in ... eine sogenannte Musikbox, ein Geldspielgerät und ein Unterhaltungsgerät aufgestellt. Im Oktober/November 1972 übernahmen die Beklagten die Gaststätte. Die Klägerin schloß mit der Beklagten am 7. November 1972 einen im wesentlichen vorgedruckten, schriftlichen Automatenaufstellvertrag für die Zeit ab 7. November 1972 auf zehn Jahre. Die Beklagte unterschrieb den Vertrag, der Beklagte nicht. In dem Vertrag (nach dem "Sigert-Formular") heißt es u. a.:

"1. Der Gastwirt gewährt dem Aufsteller das ausschließliche Recht, ab 07.11.1972 in der vorbezeichneten Gaststätte an den gemeinsam festgelegten Plätzen Spiel-, Musik-, Unterhaltungs- und sonstige Automaten aufzustellen.

Der Aufsteller zahlt an den Gastwirt bei jeder Abrechnung folgende Anteile des vorhandenen Einspielergebnisses nach vorherigem Abzug der Umsatzsteuer, der Vergnügungssteuer, der GEMA- und GVL-Tantiemen und der sonstigen laufenden Gebühren:

a) bei Spielautomaten mit Gewinnmöglichkeiten nach Auffüllung der Zahlröhre und Rückvergütung vom Gastwirt verauslagter Gewinne 40 %,

b) bei Musikautomaten 25 %,

c) bei Unterhaltungsautomaten 30 %.

...

3. Die für die Aufstellung der Automaten am vereinbarten Platz erforderlichen Installationen und die dadurch entstehenden Kosten übernimmt der Aufsteller. Einen Wechsel des vereinbarten Aufstellplatzes ist nur im beiderseitigen Einvernehmen möglich. Die Auswahl der für die Gaststätte geeigneten Gerätetypen obliegt dem Aufsteller, er ist zum Geräteaustausch innerhalb der vereinbarten Geräteart berechtigt.

...

6. Der Gastwirt hat sämtliche aufgestellten Geräte während der gesamten Öffnungszeit der Gaststätte spielbereit zu halten. Ist eine Musikbox aufgestellt, wird er auf keine andere Art. Musik darbieten.

Der Gastwirt ist verpflichtet, während der Dauer dieses Vertrages in seiner Gaststätte ohne Zustimmung des Aufstellers weder eigene Spiel-, Musik-, Unterhaltungs- und sonstige Automaten aufzustellen noch einem Dritten die Aufstellung zu gestatten.

...

10. Wenn der Kasseninhalt eines oder mehrerer Geräte nicht das für den Aufsteller erforderliche Rentabilitätsminimum erreicht, ist er berechtigt, diese Geräte nach einer Anzeigefrist von einer Woche abzuräumen. Die Abräumung einzelner Geräte berührt die übrigen Verpflichtungen des Gastwirtes aus diesem Vertrag hinsichtlich weiterer auf gestellter Geräte nicht.

Werden aber sämtliche Geräte einer bestimmten Art. (Musikboxen, Geldspielgeräte, Unterhaltungsgeräte oder andere) abgeräumt, so verzichtet der Aufsteller hinsichtlich dieser Geräteart auf sein Ausschließlichkeitsrecht.

...

12. Ist der Gastwirt dem Aufsteller gegenüber zum Schadensersatz verpflichtet, so kann der Aufsteller unbeschadet des Nachweises eines höheren Schadens 70 % des ihm nach Abzug des Wirteanteils verbliebenen durchschnittlichen Einspielergebnisses beanspruchen; hat der Vertrag länger als ein Jahr bestanden, so ist das durchschnittliche Einspielergebnis nach dem der letzten 12 Monate zu ermitteln.

Bei einem Verstoß des Gastwirtes, der das Ausschließlichkeitsrecht des Aufstellers verletzt oder zum Verlust des Aufstellplatzes führt, und für den Fall der Verhinderung der Aufstellung aller oder einzelner Geräte verwirkt der Gastwirt eine Vertragsstrafe von 2.000,00 DM. Hierdurch werden die Schadensersatzansprüche nicht berührt.

...

14. Sollten einzelne Bestimmungen dieses Vertrages unwirksam sein, so wird die rechtliche Gültigkeit der übrigen Bestimmungen nicht berührt. Es gilt dann vielmehr - soweit gesetzlich zulässig - eine der ungültigen Bestimmung möglichst nahekommende als vereinbart.

...".

2

Am selben Tage schloß die Klägerin mit der Beklagten einen Vertrag über die Gewährung eines Darlehens von 12.000,00 DM. Die Beklagte unterschrieb den Vertrag, der Beklagte nicht. In § 4 des Vertrages ist bestimmt:

"Als Gegenleistung zum Darlehen verpflichtet sich der Wirt, mit dem Aufsteller einen Aufstellvertrag abzuschließen. Das Darlehen ist voll und ganz hiervon abhängig. Dieser Vertrag ist nur in Verbindung mit einem Aufstellvertrag gültig. Der Aufsteller ist berechtigt, fristlos zu kündigen, wenn der Wirt irgendwelche vertragliche Pflichten nicht einhält."

3

Aufgrund des Automatenaufstellvertrages hielt sich die Klägerin für berechtigt, die Geräte weiterhin in der Gaststätte zu belassen. In der Gaststätte befanden sich ferner zwei der Klägerin gehörende Warenautomaten (eine sog. Nußglocke und ein Automat für Gummischutzmittel). Am 8. November 1972 erklärte der Beklagte, daß er und seine Ehefrau von den Verträgen zurücktreten wollten, sie hätten wider Erwarten von anderer Seite ein Darlehen erhalten. Mit dem Schreiben vom 15. November 1972 forderte der Beklagte den Ehemann der Klägerin auf, die Spielautomaten umgehend abzuholen. Mit dem Schreiben vom 17. November 1972 erklärte die Klägerin den Beklagten, daß sie die Automaten in den nächsten Tagen abholen werde, die Beklagten aus dem Automatenaufstellvertrag jedoch nicht entlasse. Die Klägerin holte die Geräte ab. Das Darlehen zahlte sie nicht aus.

4

Die Klägerin hat geltend gemacht: Der Automatenaufstellvertrag sei wirksam zustandegekommen, und zwar auch im Verhältnis zu dem Beklagten; denn die Beklagte habe den Vertrag zugleich in Vollmacht für ihren Ehemann unterzeichnet. Die Beklagten hätten den Vertrag gebrochen. Hierdurch habe sie für zehn Jahre die entsprechenden Aufstellplätze verloren. Sie könne 2.000,00 DM als Vertragsstrafe sowie für die Monate November und Dezember 1972 und für Januar 1973 Schadensersatz in Höhe von je 1.000,00 DM verlangen; denn unter den früheren Gastwirten hätten die Musikbox, das Geldspielgerät und das Unterhaltungsgerät im Durchschnitt monatlich zusammen 1.274,05 DM netto eingespielt. Nach Abzug gewisser Ersparnisse ergebe sich ein monatlicher Mindestschaden von 1.000,00 DM.

5

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagten zu verurteilen, ihr 5.000,00 DM nebst 4 v. H. Zinsen ab Klagezustellung zu zahlen.

6

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise,

ihnen nachzulassen, die Vollstreckung abzuwenden.

7

Der Beklagte hat geltend gemacht, daß er den Vertrag nicht unterschrieben habe, die Beklagte, daß sie bei der Unterzeichnung des Vertrages betrunken gewesen sei. Beide Beklagten haben ferner geltend gemacht: Der Automatenaufstellvertrag sei an die Hergabe eines Darlehens gebunden gewesen, und da sie das Darlehen nicht erhalten hätten, könne sich die Klägerin nicht auf den Automatenaufstellvertrag berufen. Sie haben den Vertrag außerdem für sittenwidrig gehalten. Die Beklagten haben den Automatenaufstellvertrag und den Darlehensvertrag für den Fall angefochten, daß diese Vereinbarungen dennoch wirksam seien.

8

Das Landgericht in Hannover hat mit dem Teilurteil vom 28. Mai 1973 der Klage gegen die Beklagte entsprochen und diese verurteilt, an die Klägerin 5.000,00 DM nebst 4 v. H. Zinsen seit dem 10. März 1973 zu zahlen. Es hat den Vertrag für wirksam und die Einwendungen der Beklagten für unerheblich gehalten.

9

Gegen dieses Urteil, auf das wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, richtet sich die Berufung. In der Berufungsschrift sind als Berufungskläger die beiden Beklagten aufgeführt. Die Beklagte greift das Teilurteil unter Wiederholung und Ergänzung ihres erstinstanzlichen Vorbringens an und macht weiterhin geltend: Die Klägerin habe ihr den Inhalt des vorgedruckten Vertrages nicht erläutert, was sie umso eher hätte tun müssen, als sie, die Beklagte, damals angetrunken gewesen sei. Auch halte der Vertrag nicht die Art. und die Zahl der Geräte fest, so daß es der Aufsteller in der Hand habe, Art. und Zahl der Automaten ohne Rücksicht auf die Wünsche des Gastwirtes zu bestimmen. Es sei fraglich, ob sich die Klägerin ihre etwaigen Ansprüche wirksam vorbehalten habe. Jedenfalls sei das Verlangen der Klägerin treuwidrig. Auch der Höhe nach sei der Anspruch nicht begründet. Wegen der Vertragsstrafe müsse sich die Klägerin an die früheren Pächter der Gaststätte halten. Gewinn sei der Klägerin nicht entgangen, weil sie die Geräte anderweitig wieder aufgestellt habe. Auf jeden Fall seien die als Schadensersatz verlangten Beträge weit überhöht.

10

Die Beklagte beantragt,

das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen,

hilfsweise,

ihr nachzulassen, durch Sicherheitsleistung die Vollstreckung abzuwenden, wobei die Sicherheitsleistung auch durch die selbstschuldnerische Bürgschaft einer Großbank oder einer öffentlichen Sparkasse geleistet werden könne.

11

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen,

hilfsweise,

ihr nachzulassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung abzuwenden und dabei als Sicherheit die Bürgschaft einer Großbank oder einer öffentlichen Sparkasse zuzulassen.

12

Sie meint, auch der Beklagte habe Berufung eingelegt, die jedoch wegen fehlender Beschwer zu verwerfen sei. Sie macht ferner geltend: Auch die Berufung der beklagten Ehefrau könne keinen Erfolg haben. Der Automatenaufstellvertrag sei unter jedem Gesichtspunkt wirksam. Die Schriftform sei gewahrt. Art. und Zahl der Geräte habe nicht angegeben werden müssen; denn der Vertrag habe sich auf die bereits aufgestellten Geräte bezogen. Falls ein monatlicher Schaden von jeweils 1.000,00 DM nicht entstanden sei, werde zur Auffüllung des Betrages von 1.000,00 DM hilfsweise Schadensersatz für die folgenden Monate verlangt, und zwar unbegrenzt bis zum Ende der Laufzeit des Vertrages.

13

Der Senat hat aufgrund des Beschlusses vom 22. März 1974 von dem Niedersächsischen Minister für Wirtschaft und öffentliche Arbeiten eine schriftliche Auskunft darüber eingeholt, ob Nr. 1 Abs. 1 des Automatenaufstellvertrages nach der Ansicht der Kartellbehörde dem gesetzlichen Schriftformerfordernis genüge. Die Landeskartellbehörde hat hierauf mit dem Schreiben vom 17. Mai 1974 - 321-50.89 - in Übereinstimmung mit einem an sie gerichteten Schreiben des Bundeskartellamtes vom 9. Mai 1974 erklärt, daß der gesetzlichen Schriftform nur genügt sei, wenn auch die Zahl der Geräte in den Automatenaufstellvertrag aufgenommen werde, weil die Bestimmung der Zahl der Automaten "eine Konkretisierung der Hauptpflicht des Gastwirtes" sei. In einem zu den Gerichtsakten gelangten Schreiben des Automaten-Verbandes Niedersachsen e.V. an die Landeskartellbehörde (undatiert, bei der Behörde am 6. Mai 1974 eingegangen) wird erklärt, daß Zahl und Art. der Geräte nicht in den Automatenaufstellvertrag aufgenommen zu werden brauchten. Auch hierzu hat sich die Landeskartellbehörde geäußert (Schreiben an das Bundeskartellamt vom 8. Mai 1974). Bei den Gerichtsakten befindet sich ferner ein Schreiben des Bundeskartellamts vom 10. August 1972 an den 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts in Celle, in dem die in einem anderen Rechtsstreit auf getretenen kartellrechtlichen Probleme behandelt werden.

14

Die Klägerin hat zu den Schreiben der Kartellbehörden Stellung genommen. Sie ist ihnen entgegengetreten und hat sich die Stellungnahme des Automaten-Verbandes zu eigen gemacht und insbesondere darauf hingewiesen, daß es auf die Gerätezahl für die Inhaltsbestimmung der Hauptpflichten der Parteien nicht ankomme, daß vielmehr die gemeinsame Bestimmung der Aufstellplätze genüge, daß die Aufnahme der Automaten nach Zahl und Art. die Kartellbehörden nicht interessiere und daß es wegen der wirtschaftlichen Folgen schlechthin nicht zu vertreten sei, die Wirksamkeit der Automatenaufstellverträge davon abhängig zu machen, ob Art. und Zahl der Geräte in ihnen genannt seien.

15

Der Senat hat die Landeskartellbehörde gebeten, sich zu diesem Schriftsatz zu äußern. Mit ihrem an den Senat gerichteten Schreiben vom 21. August 1974 hat die Landeskartellbehörde an ihrer Auffassung festgehalten. Sie befindet sich dabei in Übereinstimmung mit einer dem Senat ebenfalls vorliegenden Stellungnahme des Bundeskartellamts (Schreiben an die Landeskartellbehörde vom 12. August 1974) zu dem vorliegenden Rechtsstreit.

16

Die Klägerin ist auch dem entgegengetreten. Sie hält das von den Behörden verlangte Einhalten der Schriftform auch für die Benennung der Geräte nach ihrer Art. und ihrer Zahl für unnötig und dem Sinn und dem Zweck des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen widerstreitend, und sie meint, daß eine solche Formstrenge auch dem Grundsatz entgegenstehe, Rechtsgeschäfte, die alle Beteiligten für wirksam hielten, nicht für unwirksam zu erklären, wenn sie in einem Sinne aufrechterhalten werden könnten, der gleichermaßen dem Geschäftswillen der Parteien und dem Sicherheitsbedürfnis des geschäftlichen Verkehrs entspreche. Sie macht ferner geltend: Sollte der Senat zu der Auffassung kommen, daß der Vertrag an einem Formmangel leide, sei das Rechtsgeschäft in einen Vertrag ohne Ausschließlichkeitsbindung umzudeuten, was sich auch aus Nr. 14 des Vertrages ergebe. Beide Parteien hätten den Automatenaufstellvertrag auch ohne die Ausschließlichkeitsbindung geschlossen, weil es der Beklagten auf das Darlehen und ihr, der Klägerin, auf den Aufstellplatz angekommen sei und weil sich die Pflicht des Wirts, in der Gaststätte keine gleichartigen Automaten anderer Aufsteller zu betreiben, bereits als Nebenpflicht aus dem Grundsatz von Treu und Glauben ergebe. Abgesehen hiervon schulde die Beklagte Schadensersatz deswegen, weil sie die Vertragserfüllung verweigere.

17

Die Beklagte meint, daß der Vertrag nichtig sei. Sie beruft sich auf die Stellungnahmen der Kartellbehörden.

18

Wegen des Sach- und Streitstandes im einzelnen wird auf den vorgetragenen Inhalt der im Berufungsrechtszug gewechselten Schriftsätze sowie auf die vorgenannten Schreiben der Kartellbehörden und des Automaten-Verbandes Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

19

Die Berufung der Beklagten hat Erfolg. Die gegen sie gerichtete Klage ist unbegründet. Sie wird abgewiesen.

20

A

Die Auffassung der Klägerin, daß der Senat auch über eine Berufung des Beklagten zu entscheiden habe, und zwar in dem Sinne, daß sie wegen fehlender Beschwer unzulässig sei, trifft nicht zu. Der Beklagte hat keine Berufung eingelegt. Dem steht die Tatsache, daß der Beklagte in der Berufungsschrift vom 19. Juli 1973 aufgeführt ist, nicht entgegen. Das angefochtene Urteil hat der Berufungsschrift beigelegen. Dieses Urteil ließ keinen irgendwie gearteten Zweifel daran, daß es als ein Teilurteil ergangen war und allein die Beklagte betraf. Unter diesen Umständen war sowohl für das Gericht wie für die Rechtsmittelgegnerin ebensowenig ein Zweifel daran möglich, daß Rechtsmittelklägerin nur die Beklagte war. In solchen Fällen sind ungenaue, überflüssige oder unrichtigte Parteibezeichnungen unschädlich und verfahrensrechtlich ohne Belang (allgem. Auff., vgl. u. a. RG JW 1926, 2631; BGH LM Nr. 3 zu § 518 Abs. 2 Ziff. 1 ZPO; Rosenberg-Schwab, Zivilprozeßrecht, 11. Aufl., 1974, § 138 I 4 b, S. 742 f).

21

B

Die Berufung der Beklagten hat Erfolg, weil der Automatenaufstellvertrag vom 7. November 1972 wegen Verstoßes gegen das Schriftformerfordernis nichtig ist, weil er nicht in ein anderes, den Klageanspruch gleichwohl begründendes Rechtsgeschäft umgedeutet werden kann und weil es darüber hinaus keine weitere Rechtsgrundlage für den erhobenen Anspruch gibt.

22

I.

1. Automatenaufstellverträge der hier vorliegenden Art. bedürfen nach § 34 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) der Schriftform; denn sie enthalten Beschränkungen nach § 18 Abs. 1 Nr. 2 GWB. In Nr. 1 Satz 1 des Vertrages hat sich die Klägerin von der Beklagten das ausschließliche Recht einräumen lassen, ab Vertragsschluß in der von ihr und ihrem Ehemann betriebenen Gaststätte Automaten aufzustellen, und in Nr. 6 des Vertrages hat sich die Beklagte verpflichtet, auf keine andere Art. als durch die sogenannte Musikbox Musik darzubieten (S. 1 a. a. O.), und während der Dauer des Vertrages in der Gaststätte ohne Zustimmung der Klägerin weder eigene Spiel-, Musik- und Unterhaltungsautomaten oder sonstige Automaten aufzustellen noch einem Dritten die Aufstellung zu gestatten. Durch diese Ausschließlichkeitsbestimmungen ist die Beklagte in ihrer Freiheit beschränkt, anderen Unternehmen als der Klägerin die Aufstellung und den Betrieb von Automaten zu gestatten. Sie wird daher darin beschränkt, gewerbliche Leistungen an Dritte abzugeben (§ 18 Abs. 1 Nr. 2 GWB). Zu gewerblichen Leistungen in diesem Sinne gehören auch die Pflichten, die ein Gastwirt in einem Automatenaufstellvertrage der vorliegenden Art. übernimmt, so die Gestattung des Automatenbetriebes, die Spielbereithaltung der Geräte, die Unterlassung anderweiter Musikdarbietungen und die Inbetriebnahme anderer Automaten, die Übernahme der Stromkosten und der zusätzlichen Gebühren für Tanzveranstaltungen und sonstige Veranstaltungen sowie für die Übertragung der Musik in Nebenräume, die Obhutspflicht und die Benachrichtigungspflicht im Falle von Störungen u. a. m. (BGH -Beschluß- in BGHZ 54, 227[BGH 08.07.1970 - KVR 1/70]"Automaten-Aufstellvergütung III"), Derartige Verträge bedürfen der Schriftform auch dann, wenn sie Beschränkungen im Sinne von § 18 Abs. 1 Nr. 2 GWB enthalten, ohne gleichzeitig darauf hinauszulaufen, daß sie für andere Unternehmen den Zugang zu einem Markt im Sinne von § 18 Abs. 1 Buchst. a) bis c) GWB unbillig beschränken oder den Wettbewerb wesentlich beeinträchtigen. Das ergibt sich aus dem Sinn und dem Zweck des § 34 GWB, welcher in erster Linie den Kartellbehörden und den Gerichten die Prüfung ermöglichen soll, ob die Voraussetzungen zum Einschreiten nach § 18 GWB erfüllt sind (BGHZ 53, 304). Der Schriftform bedarf daher der gesamte Vertrag, nicht nur derjenige Teil, der die Beschränkung im Sinne von § 18 Abs. 1 Nr. 2 GWB enthält (BGH LM Nr. 2 zu § 34 GWB "Getränkebezug"; BGH GRUR 1967, 676 = BB 1967, 902 [BGH 08.06.1967 - KZR 2/66]"Gymnastiksandale"; BGHZ 53, 304;  54, 145[BGH 09.04.1970 - KZR 7/69]"Biesenkate II"; BGH WuW/E 1972, 706 = NJW 1972, 1712 [BGH 26.06.1972 - KZR 64/71]"Großkücheneinrichtung"; BayObLG NJW 1971, 1319; Müller-Gries-Giessler, Kommentar zum Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen, 2. Aufl., 1970, Anm. 2 zu § 34; Müller-Henneberg-Schwartz-Benisch in, Müller-Henneberg/Schwartz, Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen und Europäisches Kartellrecht, 3. Aufl., 1973/74, Anm. 1 ff, 5 zu § 34 und Schwartz, ebenda, Anm. 18 zu § 18); denn anders wäre den zuständigen Organen die kartell-rechtliche Prüfung der beschränkenden Abreden nicht vollständig möglich. Aus diesen Gründen bedarf der Vertrag in seiner Gesamtheit der Schriftform (Dörinkel, Die Bedeutung der Schriftform für Vertriebsbindungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (§ 34 GWB), DBetr 1960, 255; Spengler, Zivilrechtliche Auswirkungen des Kartellgesetzes, WuW 1960, 410, 411).

23

Von der Schriftform sind auch Nebenabreden nicht ausgeschlossen, sofern sie nach dem Willen der Vertragschließenden wesentlich sind oder eine erhebliche Änderung des Vertragsinhalts bewirken. Nur solche Nebenabreden, die schlechterdings keinen Einfluß auf die Entschließung der zur Prüfung nach § 18 GWB berufenen Behörden und Gerichte haben können, sind somit formfrei (BGHZ 54, 145[BGH 09.04.1970 - KZR 7/69]"Biesenkate II").

24

2. Die Heranziehung dieser von dem Senat in ständiger Rechtsprechung angewendeten Grundsätze (vgl. u. a. die Urteile vom 25. Januar 1974 - 2 U 124/72 -, abgedr. in: NdsRpfl 1974, 108 = JurBüro 1974 Sp. 899 = MDR 1974, 487 (LS), und vom 26. Juli 1974 - 2 U 53/74 -) für die Beurteilung des vorliegenden Falles führt zu dem Ergebnis, daß die gesetzliche Schriftform nicht gewahrt ist, weil sich die Parteien über die den Gegenstand des Automatenaufstellvertrages bildenden Geräte nach Art. und Zahl mündlich geeinigt haben, das Ergebnis dieser Einigung in dem Vertrag jedoch nicht schriftlich niedergelegt haben. Art. und Zahl der Geräte sind nicht angegeben. Der Hinweis auf die Einigung über die Aufstellplätze (Nr. 1 Satz 1 a. a. O.) und auf die vereinbarten Wirteanteile (Satz 2 a. a. O.) besagt nichts darüber, welche Gerätearten gemeint sind und um wieviele Geräte es sich handelt.

25

Ebensowenig kann mit der Klägerin (S. 4 ihres Schriftsatzes vom 10. Juli 1974) gesagt werden, die Art. der Geräte sei bereits in Nr. 1 des Vertrages aufgeführt, mündlich hätten sich die Parteien nur noch darüber geeinigt, wie viele Geräte von jeder Art. hätten aufgestellt werden sollen. Daß die Parteien in Nr. 1 Abs. 2 a. a. O. hinter dem vorgedruckten Wortlaut der Buchstaben a) bis c) betreffend die Spiel-, Musik- und Unterhaltungsautomaten handschriftlich die Prozentzahlen der Wirteanteile eingetragen haben, rechtfertigt zwar den Schluß, daß sich die Parteien tatsächlich auf die Aufstellung der vorgenannten Automatenarten geeinigt haben. Die Klägerin verkennt jedoch die Bedeutung des Begriffs "Art und Zahl" in dem für den vorliegenden Rechtsstreit allein entscheidenden Sinn; denn die Art. und die Zahl bilden eine untrennbare Einheit. Es genügt nicht die Angabe, Gegenstand der Aufstellung seien fünf Automaten, und ebenso unzureichend ist die Erklärung, es seien Spiel-, Musik- und Unterhaltungsautomaten aufzustellen, erst die Erklärung, daß sich der Automatenaufsteller und der Gastwirt auf zwei Spielautomaten, einen Musikautomaten und zwei Unterhaltungsautomaten geeinigt hätten, macht deutlich, was der wahre Inhalt des Vertrages ist.

26

Es kann auch nicht gesagt werden, die Angabe von Art. und Zahl der Geräte wäre ein Weniger gegenüber dem, was die Parteien in dem Vertrage vom 7. November 1972 tatsächlich schriftlich niedergelegt haben; denn da sich die Parteien über die Zahl und die Art. der Geräte geeinigt haben, kann sich nur die Frage stellen, ob sie das auch schriftlich niedergelegt haben. Gerade das ist nicht der Fall.

27

Entscheidend ist folgendes: Ein Automatenaufstellvertrag der vorliegenden Art. ist ohne Rücksicht darauf, wie er rechtlich einzuordnen ist (s. BGHZ 47, 202;  51, 55[BGH 31.10.1968 - V ZR 117/67]; Huffer, Typenprobleme beim Automatenaufstellvertrag, NJW 1971, 1433), ein auf den Austausch wirtschaftlicher Leistungen gerichteter gegenseitiger Vertrag, bei dem den Rechten und Pflichten des Automatenaufstellers entsprechende Rechte und Pflichten des Gastwirts gegenüberstehen. Zu den Hauptpflichten der Parteien eines solchen Vertrages gehören u. a. auf der Seite des Automatenaufstellers die Lieferung und die Aufstellung der Geräte, auf die sich die Parteien geeinigt haben, sowie die Zahlung der sogenannten Wirteanteile und auf der Seite des Gastwirts die Eingliederung in der von ihm spielbereit zu haltenden Geräte in seine Gastwirtschaft (BGHZ 47, 202 mit Nachw.) und die Beachtung des Ausschließlichkeitsrechts des Automatenaufstellers. Dementsprechend haben sich die Parteien des vorliegenden Rechtsstreits über alle diese Punkte geeinigt, ohne jedoch, wie es die vorgeschriebene Form verlangte und wie bereits erwähnt, alle diese Punkte, zu denen auch die Art. und die Zahl der Geräte gehörten, schriftlich niederzulegen.

28

3. Angesichts dieser von keiner der Parteien jemals bestrittenen Einigung auf bestimmte Arten und auf eine bestimmte Zahl von Geräten, nämlich auf die bei Vertragsschluß in der Gaststätte bereits vorhandenen Automaten (eine Musikbox, ein Geldspielgerät und ein Unterhaltungsgerät), besteht in dem vorliegenden Fall kein Anlaß, der Frage nachzugehen, ob der Vertrag in Nr. 1 Abs. 1 etwa so zu verstehen ist, die Beklagte habe der Klägerin das Recht eingeräumt, die Art. und die Zahl der an den gemeinsam festgelegten Plätzen aufzustellenden Geräte allein zu bestimmen, oder etwa so, daß der Vertrag, was die Zahl und die Art. der Geräte angeht, gewissermaßen nur als der Rahmen oder die Grundlage für die spätere Bestimmung der Gerätezahl und -art anzusehen ist (vgl. hierzu OLG Frankfurt am Main BB 1974, 1314 = WuW/E 1974, 641). Einer solchen Auslegung dürften bereits Nr. 3 Satz 3 und Nr. 10 Abs. 1 Satz 1 des Vertrages entgegenstehen, nach denen die Klägerin, die Wirksamkeit dieser Bestimmungen unterstellt, nur berechtigt sein soll, die für die Gaststätte geeigneten Gerätetypen auszuwählen (d. h. nicht die Gerätearten, also "Musikboxen, Geldspielgeräte, Unterhaltungsgeräte oder andere", s. Nr. 10 Abs. 2 a. a. O.), die Geräte innerhalb der vereinbarten Arten auszutauschen und bei Unwirtschaftlichkeit eines oder mehrerer Geräte diese Automaten "abzuräumen", d. h. aus der Gaststätte zu entfernen. Es kommt hinzu - und das ist hier entscheidend -, daß sich die Parteien auf die Art. und die Zahl der Geräte bei Vertragsschluß geeinigt haben (s. auch Nr. 3 Satz 3 a. a. O.: "vereinbarten Geräteart"), so daß weder von einem einseitigen Bestimmungsrecht noch von einem ausfüllungsbedürftigen Rahmenvertrag gesprochen werden kann.

29

4. Die Klägerin tritt alledem mit dem Bemerken entgegen (insoweit bereits im Ansatz über die Ausführungen auf S. 3-5 ihres Schriftsatzes vom 17. September 1974 erheblich hinausgehend), daß ein Vertrag der vorliegenden Art. der Schriftform schon deswegen nicht bedürfe, weil sich das in ihm enthaltene Wettbewerbsverbot (Ausschließlichkeitsklausel), wenn es nicht vereinbart worden wäre, aus dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) ergäbe und eine Nebenpflicht sei, die dem Formzwang des § 34 GWB nicht unterliege.

30

Damit kann sie nicht gehört werden. Es trifft zu, daß der Senat in dem Urteil vom 28. Juni 1974 - 2 U 163/73 - in Übereinstimmung mit Rechtsprechung und Schrifttum das sich im Einzelfall aus § 242 BGB ergebende Verbot, keine gleichartigen Konkurrenzautomaten aufzustellen, als eine den Formvorschriften des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen nicht unterliegende Nebenpflicht bezeichnet hat (vgl. hierzu auch BGHZ 53, 304 und WuW/E 1973, 706 = NJW 1972, 1712 "Großkücheneinrichtung"; von Olshausen-Schmidt, Automatenrecht, Anm. B 64, S. 99). Dieser Grundsatz läßt sich auf den vorliegenden Fall nicht übertragen; denn das in Nr. 6 des Vertrages vom 7. November 1972 vereinbarte Ausschließlichkeitsrecht der Klägerin geht weit über das hinaus, was sie nach § 242 BGB von der Beklagten verlangen könnte. Ob ein Automatenaufsteller nach dieser Vorschrift einen Konkurrenzschutz verlangen kann und wieweit dieser Schutz reicht, läßt sich regelmäßig nur den Umständen des einzelnen Falles entnehmen. So braucht die Aufstellung selbst eines gleichartigen Automaten in einer Großgaststätte mit mehreren Sälen dann nicht treuwidrig zu sein, wenn die von dem Unternehmer hinzugenommenen Konkurrenzgeräte in einem Saal aufgestellt werden, in dem sie den wirtschaftlichen Interessen des Erstaufstellers nicht im geringsten schaden können. Entsprechendes mag gelten, wenn ein Gastwirt "sonstige Automaten" im Sinne von Nr. 1 Abs. 1 a. a. O. (oder "andere" Geräte im Sinne von Nr. 10 Abs. 2 a. a. O.) aufgestellt hat und Geräte eines anderen Aufstellers hinzunimmt, die der Gaststätte neue Besucher zuführen, den Betrieb beleben und auf diese Weise auch dem Erstaufsteller zugutekommen. Denn in allen diesen Fällen kommt es allein und entscheidend auf die jeweiligen Umstände an. Gerade eine solche Prüfung dieser Umstände soll den Gerichten durch Nr. 6 Abs. 2 des Vertragsvordrucks verwehrt sein. Dem Gastwirt soll schlechthin und unter allen denkbaren Umständen die Aufstellung fremder Automaten verboten sein. Eine Vereinbarung dieses Inhalts bietet dem Automatenaufsteller somit einen über § 242 BGB weit hinausgehenden Schutz und eine dementsprechend gesicherte Rechtsstellung. Er braucht sich nicht auf die Beurteilung der in jeder Gaststätte verschiedenen Umstände einzulassen, sondern kann den Gastwirt grundsätzlich in jedem Fall dazu zwingen, sein Ausschließlichkeitsrecht zu beachten. Nichts anderes gilt für Nr. 6 Abs. 1 a. a. O.. Ob es treuwidrig ist, die Musikbox abzustellen, wenn über den Rundfunk wichtige Nachrichten verbreitet werden, ist zweifelhaft. Ähnlich ist es, wenn in der einzigen Gaststätte eines Dorfes aus besonderem Anlaß Musikanten zum Tanz aufspielen und der Gastwirt an diesem Abend die Musikbox abstellt oder wenn die Ehefrau des Gastwirts den Gästen Lieder vorsingt und der Musikapparat für diese Zeit ausgeschaltet wird. Nach Nr. 6 Abs. 1 a. a. O. hat der Gastwirt sämtliche Geräte während der Öffnungszeit der Gaststätte spielbereit zu halten, und wenn eine Musikbox aufgestellt ist, darf er auf keine andere Art. als durch diese Box Musik darbieten (so beispielsweise entschieden für den Fall der singenden Gastwirtsfrau durch das Landgericht in Hamburg, abgedr. in: Münzautomaten-Recht (MAR) 1967, 19). Auf die Umstände des einzelnen Falles kommt es, wie erwähnt, grundsätzlich nicht an. Das in Nr. 6 a. a. O. vereinbarte Ausschließlichkeitsrecht läßt sich hiernach aus § 242 BGB nicht herleiten. Der Konkurrenzschutz kann nicht als eine wettbewerbsrechtlich unbeachtliche Nebenpflicht verstanden werden, sondern unterliegt dem Schriftlichkeitsgebot des § 34 GWB.

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5. Zu Unrecht meint die Klägerin, eine Erstreckung des Schriftformerfordernisses auch auf die Angabe der Art. und der Zahl der Geräte gehe über das von dem Gesetzgeber verfolgte Ziel weit hinaus und sei geradezu eine "Überinterpretierung von Formvorschriften" (S. 4 ihres Schriftsatzes vom 10. Juli 1974), die dem Sinn und dem Zweck des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen zuwiderlaufe.

32

Der Senat teilt diese Ansicht nicht. Er hat gemäß § 90 Abs. 1 bis 3 GWB zu den hier aufgeworfenen Fragen schriftliche Erklärungen der Landeskartellbehörde eingeholt, die in Übereinstimmung mit dem Bundeskartellamt im wesentlichen folgenden Inhalt haben: Die Art. und die Zahl der Geräte müßten schriftlich niedergelegt sein, weil die Vereinbarung hierüber eine Konkretisierung der Hauptpflicht des Gastwirtes sei. Das Schriftformerfordernis bestehe deswegen ohne Rücksicht darauf, ob und inwieweit die Zahl der aufzustellenden Geräte die Prüfung des Vertrages nach § 18 GWB beeinflussen könne. Im übrigen seien die Kartellbehörden nur bei einer schriftlichen Niederlegung der Zahl und der Art. der Geräte ohne weiteres in der Lage, die Ausschließlichkeitsabreden unter wettbewerbsrechtlichen Gesichtspunkten zu prüfen, vor allem unter demjenigen der Unbilligkeit im Sinne von § 18 GWB. Bei einer solchen Prüfung könne es durchaus erheblich sein, ob beispielsweise fünf Unterhaltungsautomaten mit 30 % Wirteanteilen neben einem Musikautomaten mit 25 % Wirteanteilen oder allein ein Spielautomat mit 40 % aufzustellen sei. Außerdem sei den Kartellbehörden durch die Angabe der Zahl der Geräte überhaupt erst eine Prüfung möglich, "ob und welche Schlüsse hieraus für die Eingriffskriterien nach § 18 Abs. 1 lit. a) - c) zu ziehen sind" (Stellungnahme des Bundeskartellamts vom 12. August 1974). Die Einhaltung des Schriftformgebotes sei den Automatenaufstellern zuzumuten.

33

Der Senat stimmt dem zu. Inhalt und Umfang einer Formvorschrift ergeben sich aus ihrem Zweck (BGHZ 53, 304;  57, 53[BGH 14.07.1971 - V ZR 54/70]und WPM 1974, 905). Die Vorschrift des § 34 GWB soll den Kartellbehörden die Mißbrauchsaufsicht erleichtern, und das ist nur möglich, wenn sie in die Lage versetzt werden, die in den Verträgen ausbedungenen Leistungen und Gegenleistungen festzustellen. Gehören die in dem Vertrage vereinbarten Rechte und Pflichten zum Kernbereich des Leistungsaustausches, so sind sie nach § 34 GWB auf jeden Fall schriftlich niederzulegen.

34

Die Angabe der Art und der Zahl derjenigen Geräte, die aufgrund der Einigung der Parteien Gegenstand des Automatenaufstellvertrages sein sollen, gehört zur notwendigen Beschreibung der in diesen Kernbereich gehörenden Rechte und Pflichten beider Vertragsteile, ebenso wie etwa die Bezeichnung der Ware und des Preises in einem dem Schriftformzwang unterliegenden Kauf vertrage. Diese Angabe betrifft keine Nebenabrede i. S. der Entscheidung des Bundesgerichtshofs in BGHZ 54, 145[BGH 09.04.1970 - KZR 7/69]. Deswegen gilt hier das Schriftlichkeitsgebot des § 34 GWB, ohne daß es darauf ankommt, ob und aufgrund welcher Überlegungen im einzelnen die schriftliche Niederlegung von Art. und Zahl der Geräte geeignet ist, den Kartellbehörden die Mißbrauchsaufsicht zu erleichtern.

35

Abgesehen davon können die Kartellbehörden in einem Falle wie dem vorliegenden ihre Prüfungsaufgaben regelmäßig nur dann ordnungsgemäß wahrnehmen, wenn sich aus dem Automatenaufstellvertrag die Art. und die Zahl der Geräte ergeben. Es genügt nicht, lediglich für die Ausschließlichkeitsbindung die Schriftform zu fordern und für die "Ausfüllung des Vertrages", d. h. für die Beschreibung des Leistungsinhalts, mündliche Abreden als ausreichend anzusehen, wenn der Vertrag solche mündlichen Abreden zuläßt (so aber OLG Frankfurt am Main BB 1974, 1314 = WuW/E 1974, 641). Das von den Kartellbehörden wahrzunehmende öffentliche Interesse ist zwar auch darauf gerichtet, anhand der Verträge prüfen zu können, in wievielen Fällen dieser oder jener Automatenaufsteller Verträge mit Ausschließlichkeitsbindung eingegangen ist. Hieran laßt sich sein Einfluß auf das Marktgeschehen und den freien Wettbewerb bis zu einem gewissen Grade schätzen. Damit ist es indessen nicht getan; denn es macht für die Frage, ob eine unbillige Beschränkung des Wettbewerbs im Sinne von § 18 GWB vorliegt und somit für die Kartellbehörden die sogenannte Eingriffsschwelle erreicht ist, einen wesentlichen Unterschied, ob zum Bestand eines Automatenaufstellers 100 Verträge mit jeweils nur einem Musikautomaten oder 50 Verträge mit 50 Musikautomaten und 200 weiteren Geräten gehören. Die Kartellbehörden müssen das Marktgeschehen beobachten. Festgestellten Mißbräuchen haben sie entgegenzutreten. Das können sie nur, wenn sie wissen, was auf dem Markt tatsächlich geschieht. Dazu gehört auf dem Gebiet der Automatenaufstellung nicht nur die Kenntnis, in wievielen Verträgen Ausschließlichkeitsvereinbarungen enthalten sind, die Kartellbehörde muß vielmehr auch wissen, welchen tatsächlichen Umfang und welche wirtschaftliche Bedeutung diese Vereinbarungen haben, sie muß also auch die Zahl der Geräte und ihre Art. kennen, die von der Ausschließlichkeitsbindung betroffen sind; denn nur dann kann sie ermessen, was wirklich am Markt geschieht und ob diese oder jene Beschränkungen unwesentlich sind oder bereits Maßnahmen der Mißbrauchsaufsicht erfordern. Wer weiß, daß ein Automatenaufsteller 100 Verträge mit Ausschließlichkeitsbindung zu seinem Bestande zählt, hat von dem einschlägigen marktgeschehen in dem Gebiet, in dem der Automatenaufsteller auftritt, nur eine schwache Vorstellung. Wer darüber hinaus weiß, daß von diesen Verträgen 80 Musikautomaten und 300 andere Geräte betroffen sind, kann sich einen bedeutend besseren Überblick verschaffen und wird als Kartellbehörde dadurch überhaupt erst in den Stand gesetzt, seine gesetzlichen Aufgaben zu erfüllen. Entsprechendes gilt im einzelnen Falle der Automatenaufstellung von dem Verhältnis der Art. und der Zahl der Geräte einerseits zu den vereinbarten Wirteanteilen andererseits, dessen Beurteilung für die Mißbrauchsaufsicht ebenfalls wichtig sein kann, das sich aber nur dann ohne besondere Schwierigkeiten ermitteln läßt, wenn die Art. und die Zahl der Geräte aus den Verträgen ersichtlich sind.

36

Richtig ist allerdings, daß der Automatenaufsteller nach Nr. 10 Abs. 1 Satz 1 des Vertrages berechtigt sein soll, einzelne Geräte, über deren Aufstellung eine Einigung zustandegekommen ist, wegen Unwirtschaftlichkeit aus der Gaststätte ersatzlos zu entfernen, so daß sich, wenn hiervon ohne schriftliche Niederlegung im Vertrage Gebrauch gemacht wird, eine Nichtübereinstimmung der aus dem Vertrage ersichtlichen Zahl und Art. der Geräte mit den in der Gastwirtschaft tatsächlich aufgestellten Geräten ergeben kann. Der Senat hat in dem vorliegenden Fall, in dem keine Geräte wegen Unwirtschaftlichkeit entfernt worden sind, keinen Anlaß, der Frage nachzugehen, ob Nr. 10 Abs. 1 Satz 1 a. a. O. mit § 34 GWB vereinbar ist und wie bejahendenfalls bei seiner Anwendung verfahren werden muß. Das ist auch deswegen nicht nötig, weil die Entfernung unwirtschaftlicher Geräte ohne Neuaufstellung anderer, gleichartiger Geräte eine Ausnahme ist. Sie kann daher selbst dann, wenn sie dem Automatenaufsteller gestattet ist und nicht schriftlich niedergelegt zu werden braucht, die Überlegungen, nach denen jedenfalls die bei Vertragsschluß vereinbarten Geräte nach Zahl und Art. in den Vertrag aufzunehmen sind, nicht maßgeblich beeinflussen.

37

Die Klägerin meint, die Angabe von Art. und Zahl der Geräte sei für die Kartellbehörde bedeutungslos, weil "diese Tausende von kleinen Verträgen" doch nur "irgendein subalterner Sachbearbeiter" (S. 1 ihres Schriftsatzes vom 17. September 1974) prüfe. Aus diesem Blickwinkel können die Dinge jedoch nicht gesehen werden. Die Klägerin verkennt, daß die Kartellbehörden regelmäßig nicht von sich aus daran gehen werden, systematisch alle Automatenaufstellverträge auf ihre Vereinbarkeit mit § 18 GWB zu prüfen, sie werden vielmehr häufig durch Anstöße von den am Wirtschaftsleben Beteiligten oder durch Mitteilungen von Behörden auf Vorgänge aufmerksam gemacht, die ein kartellrechtliches Eingreifen erforderlich machen können. Die Vorschrift des § 90 GWB gibt ein Beispiel für Anstöße, die von Rechtsstreitigkeiten ausgehen können. In solchen Fällen - und das ist entscheidend - müssen die Kartellbehörden in der Lage sein, ihre gesetzliche Prüfungsaufgabe zu erfüllen, und dann spielt es keine Rolle, wie viele Verträge durchgesehen werden müssen und wer das tut.

38

Die Klägerin verweist ferner auf das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 3. Februar 1965 - VIII ZR 70/63 - (LM Nr. 8 zu § 765 BGB), nach dem ein Rechtsgeschäft, das alle Beteiligten für wirksam gehalten haben, nicht für unwirksam zu erklären ist, wenn es durch einschränkende Auslegung in einem Sinne aufrechterhalten werden kann, der gleichermaßen dem Geschäftswillen der Beteiligten und dem Sicherheitsbedürfnis des geschäftlichen Verkehrs entspricht. Dieser Grundsatz hat allgemeine Bedeutung in den Fällen, in denen der wahre Geschäftswille der Parteien durch Auslegung ermittelt werden kann. Wenn daher eine Auslegung des Vertrages vom 7. November 1972 ergäbe, auf welche Geräte sich die Parteien geeinigt haben, wäre der Klägerin zuzustimmen. Eine solche Auslegung ist jedoch nicht möglich.

39

Daß die bisher jahrzehntelang von der Rechtsprechung als wirksam betrachteten Verträge ... von heute auf morgen (S. 3 des Schriftsatzes der Klägerin vom 10. Juli 1974) unwirksam sein sollen, ist eine unerhebliche Überlegung. Niemand hat einen Anspruch auf Wahrung unrechten Besitzstandes. Ob es überhaupt einen Vertrauensschutz auf den Weiterbestand einer Rechtsprechung gibt, braucht hier nicht erörtert zu werden. Er besteht jedenfalls dann nicht, wenn der Punkt, auf den es ankommt, in der Rechtsprechung umstritten ist (BGHZ 60, 98 betr. Änderung der Rechtsprechung zur Verjährung des Anspruchs auf Architektenhonorar, s. ferner BGH VersR 1963, 881, 884 [BGH 02.05.1963 - VII ZR 233/61]; LM Nr. 5 zu § 242 (Cb) BGB; BGHZ 59, 265) oder wenn er, wie hier, in der Rechtsprechung noch nicht behandelt worden ist; denn andernfalls wären die Gerichte in Rechtsstreitigkeiten, deren Bedeutung über den Einzelfall hinausgeht, daran gehindert, neue Erkenntnisse zu verwerten. Das versteht sich von selbst.

40

Die Klägerin meint, die Annahme einer unheilbaren Nichtigkeit von Automatenaufstellverträgen der vorliegenden Art. werde einen ganzen Wirtschaftszweig - die Automatenaufsteller - ernstlich gefährden, was umso schwerer wiege, als es sich bei den Automatenaufstellern um kleinere und mittlere Gewerbebetriebe handele, zu deren Schutz die "Kartellrechtsnovelle" (S. 4 ihres Schriftsatzes vom 10. Juli 1974) ausschließlich geschaffen sei. Diese Befürchtungen und ebenso der Hinweis in der mündlichen Verhandlung auf ein mögliches Eindringen ausländischer Wettbewerber in den Markt sind so allgemein ausgedrückt, daß sie keine Beziehungen zu dem hier zu entscheidenden Einzelfall erkennen lassen, sie sind überdies, wenn überhaupt, nur zu einem Teil gerechtfertigt; denn wenn sich der Automatenaufsteller und der Gastwirt nicht auf die Weiterführung ihrer alten Beziehungen auf der Grundlage eines formgerechten Vertrages einigen können, haben die Parteien einander das rechtsgrundlos Geleistete nach Bereicherungsgrundsätzen herauszugeben (§ 812 Abs. 1 Satz 1 BGB). Dazu gehört das in enger Verbindung mit dem Automatenaufstellvertrag gewährte Darlehen (vgl. BGH WPM 1974, 720), zu dessen Rückzahlung nach Verrechnung mit den anderen Leistungen der Gastwirt häufig nicht sofort in der Lage sein wird. Die Frage, ob die Gastwirte ihre wirtschaftlichen Interessen letztlich auf Kosten der Automatenaufsteller durchsetzen können, läßt sich daher mit der von der Klägerin gegebenen Begründung auch für kleinere Gewerbebetriebe nicht ohne weiteres bejahen.

41

Der Vertrag vom 7. November 1972 verletzt nach alledem die Formvorschrift des § 34 GWB. Er ist nichtig (§ 125 Satz 1 BGB). Er gewährt der Klägerin auch keinen Anspruch auf Nachholung eines formgültigen Vertragsschlusses (RGZ 43, 136; 50, 47; Soergel-Siebert-Hefermehl, Bürgerliches Gesetzbuch, 10. Aufl. 1967, Anm. 16 zu § 125). Wie die Dinge liegen, wenn ein formnichtiger Automatenaufstellvertrag am Ende seiner Laufzeit von beiden Seiten vollständig erfüllt ist und die Parteien bei Kenntnis des Formfehlers den Vertrag formgültig geschlossen hätten (s. hierzu Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, Zweiter Band, 1965, § 15 III 4 c und d, S. 288 ff), hat der Senat nicht zu entscheiden.

42

II.

Die Vorschrift des § 139 Halbs. 2 BGB kann zugunsten der Klägerin nicht herangezogen werden. Nach dieser Bestimmung führt die Nichtigkeit eines Teiles eines Rechtsgeschäfts zur Nichtigkeit des ganzen Rechtsgeschäfts, wenn nicht anzunehmen ist, daß es auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen sein würde. Hier liegt keine Teilnichtigkeit, sondern eine Nichtigkeit des ganzen Vertrages vor. Die Anwendung des § 139 BGB setzt voraus, daß ein Rechtsgeschäft teilbar ist und daß es auch nach dem Wegfall des nichtigen Teils als selbstständiges, gültiges Geschäft ohne Veränderung seines Gesamtinhalts aufrechterhalten werden kann (Palandt-Heinrichs, Bürgerliches Gesetzbuch, 33. Aufl.; 1974, Anm. 2 zu § 139 mit weit. Nachw.). Da § 34 GWB die schriftliche Abfassung des Vertrages in seiner Gesamtheit verlangt, zieht ein Formverstoß die Gesamtnichtigkeit und nicht etwa bloß eine Teilnichtigkeit nach sich (vgl. Dörinkel und Spengler, a. a. O.).

43

Entsprechendes gilt für Nr. 14 des Vertrages, die nur auf den Fall anzuwenden ist, daß einzelne Bestimmungen des Vertrages unwirksam sind, nicht dagegen auf den hier vorliegenden, in dem der Vertrag in seiner Gesamtheit nichtig ist.

44

III.

Die Klägerin meint, auf jeden Fall sei der Vertrag mit der Ausschließlichkeitsbindung, wenn er wegen Verstoßes gegen § 34 GWB nichtig sein sollte, in einen wirksamen Vertrag ohne Ausschließlichkeitsbindung umzudeuten. Hiermit muß sich der Senat befassen. Die Geltendmachung eines Anspruchs aus einem umgedeuteten Rechtsgeschäft ist nämlich keine Klageänderung (Siller, Die Konversion (§ 140 BGB) in: AcP 138 (1934), 144, 187). Eine Umdeutung ist jedoch nicht möglich.

45

1. In § 140 BGB ist bestimmt, daß dann, wenn ein nichtiges Rechtsgeschäft den Erfordernissen eines anderen Rechtsgeschäfts entspricht, das letztere gilt, sofern anzunehmen ist, daß dessen Geltung bei Kenntnis der Nichtigkeit gewollt sein würde. Es ist daher zu fragen, ob der eine Ausschließlichkeitsbindung enthaltende Automatenaufstellvertrag im Zeitpunkt seines Abschlusses den Erfordernissen eines Automatenaufstellvertrages ohne Ausschließlichkeitsbindung entsprach und ob die Parteien dieses letztere Rechtsgeschäft abgeschlossen hätten, wenn sie die Fehlerhaftigkeit des Vertrages vom 7. November 1972 gekannt hätten. Die erste Frage ist zu bejahen, die zweite ist zu verneinen.

46

2. Wie bereits zur ersten Frage in anderem Zusammenhang erörtert (s. oben zu Nr. I 4), ergibt sich die Ausschließlichkeitsbindung in dem hier vereinbarten Umfang nicht schon aus § 242 BGB. Bedenken gegen den Ausgangspunkt, ein Automatenaufstellvertrag mit Ausschließlichkeitsbindung könne nach § 140 BGB in einen Vertrag ohne eine solche Bindung umgedeutet werden, bestehen nicht. Das andere Geschäft, das an die Stelle des nichtigen treten soll, muß keine andere Rechtsform (Qualifikation) als das ursprüngliche Rechtsgeschäft haben. Es genügt, daß es denselben Rechtscharakter hat und lediglich in seinem Inhalt von dem nichtigen Rechtsgeschäft abweicht, indem es hinter diesem Inhalt zurückbleibt; denn § 140 BGB bezweckt, dem wahren Willen der Parteien soweit wie möglich zum Durchbruch zu verhelfen, und darum kann es nicht darauf ankommen, ob das Ersatzgeschäft dieselbe Rechtsform aufweist wie das nichtige Geschäft (Erman-Westermann, Handkommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 5. Aufl., 1972, Anm. 5 zu § 140; Flume, a. a. O., § 32, 9 e, S. 596; Reinicke, Rechtsfolgen formwidrig abgeschlossener Verträge, 1969, 92; für Fälle des § 34 GWB s. Dörinkel, a. a. O.).

47

3. Die Umdeutung scheitert aber daran, daß die Geltung eines Automatenaufstellvertrages ohne Ausschließlichkeitsbindung bei Kenntnis der Formnichtigkeit des Vertrages vom 7. November 1972 nicht gewollt sein würde. Jede andere Auffassung würde dem Geschäftswillen jedenfalls der Klägerin nicht gerecht werden, wobei unter Geschäftswillen in dem hier im Zusammenhang mit § 140 BGB gebrauchten Sinne nicht der bei Vertragsschluß tatsächlich vorhandene Wille zu verstehen ist, sondern der gedachte (hypothetische) Parteiwille, so daß also zu fragen ist, wie sich die Partei auf der Grundlage ihres gedachten Bewußtseins und ihrer Willenslage bei Kenntnis der Nichtigkeit verhalten hätte (vgl. BGHZ 19, 269 = LM Nr. 1 zu § 140 BGB mit Anm. Fischer und LM Nr. 8 zu § 140 BGB).

48

Wie sich aus dem Vortrag der Klägerin in Verbindung mit dem (undatierten) Schreiben des Automaten-Verbandes an die Landeskartellbehörde ergibt, dessen Inhalt sich die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 25. Oktober 1974 zu eigen gemacht hat, haben die Parteien mit dem Abschluß des Vertrages vom 7. November 1972 auf die Erzielung einer bestimmten Rechtswirkung - Ausschließlichkeitsbindung - mitentscheidenden Wert gelegt, und diese Rechtswirkung konnten sie nur mit einem den Schriftformerfordernissen des § 34 GWB genügenden Vertrag herbeiführen. Ein Vertrag ohne die erklärte Ausschließlichkeitsbindung hätte der Klägerin lediglich einen aus § 242 BGB herzuleitenden Konkurrenzschutz geboten, und dieser wäre in seinem Umfang weit hinter dem zurückgeblieben, was die Parteien in dem nichtigen Vertrage tatsächlich vereinbart haben (s. oben zu Nr. I 4). Ihr erhebliches Interesse an der vollständigen (absoluten) Ausschließlichkeitsbindung im Gegensatz zu der nur sehr unvollständigen (relativen) Ausschließlichkeitsbindung hat die Klägerin überzeugend begründet. Sie hat zwar auf den harten Wettbewerb im Kampf der Automatenaufsteller um die begehrten Aufstellplätze hingewiesen, zugleich aber erklärt, daß Automatenaufstellverträge der hier vorliegenden und eine vollständige Ausschließlichkeitsbindung enthaltenden Art. nahezu im gesamten Bundesgebiet einheitlich verwendet würden. Daraus folgt, daß die Gastwirte in einem gewissen Umfang ihre wirtschaftlichen Interessen an einer für sie günstigen Vertragsgestaltung insoweit durchsetzen können, als es beispielsweise um die Wirteanteile oder die häufig gewährten Darlehen geht, daß sie aber den ihnen bei Vertragsschluß vorgelegten Vordruck im übrigen nicht ändern können. Sie müssen die Ausschließlichkeitsbindung hinnehmen. Die Automatenaufsteller haben an der Ausschließlichkeitsbindung ein so großes Interesse, daß sie sich auf eine Streichung dieser Bestimmung nicht einlassen. Sie verwenden den Vertragsvordruck einheitlich und lassen nur über die Wirteanteile, das Darlehen und andere Punkte (Aufstellplätze, Laufzeiten usw.) mit sich reden. Das gilt umso mehr, als die verwendeten Vordrucke über den Leistungsaustausch und die Folgen von Leistungsstörungen Bestimmungen enthalten, die oft bis ins einzelne durchdacht sind und miteinander so zusammenhängen, daß die ersatzlose Streichung einer einzelnen Bestimmung die von dem Formular Verwender gewollte Rechtswirkung erheblich in Frage stellen würde. Bereits das zeigt, in welche Richtung der Geschäftswille der Klägerin bei Abschluß des Vertrages vom 7. November 1972 gegangen ist und in welche Richtung er gegangen wäre, wenn sie gewußt hätte, daß dieser Vertrag wegen Formmangels nichtig ist.

49

Das erhebliche Interesse der Automatenaufsteller an der Ausschließlichkeitsbindung zeigt sich auch daran, daß bei jedem Verstoß des Gastwirts gegen das Ausschließlichkeitsrecht des Aufstellers eine Vertragsstrafe von 2.000,00 DM verwirkt sein soll (Nr. 12 Abs. 2 Satz 1 des Vertragsvordruckes).

50

Die Klägerin hat darüber hinaus die Interessenlage noch deutlicher gemacht: Der Aufsteller setze bei einer Neuaufstellung von Geräten in einer Gaststätte nicht nur die Kosten dieser Geräte (bei der sogenannten Standardaufstellung von zwei Geldspielgeräten, einem Musikautomaten und einem oder zwei Unterhaltungsgeräten) in Höhe von rund 20.000,00 DM, sondern auch das Darlehen ein, das in Höhe von 2.000 bis 10.000,00 DM gewährt werde. Zum Schutze dieser Investitionen (Investitionsrisiko "in regelmäßiger Höhe von 22.000 bis 30.000,00 DM", S. 5 der Stellungnahme des Automaten-Verbandes) sei nicht nur ein langfristiger Vertrag, sondern auch die Vereinbarung eines Ausschließlichkeitsrechts notwendig. Fehle die Ausschließlichkeitsbindung, so neigten die Gastwirte erfahrungsgemäß dazu, weiteren Unternehmern die Aufstellung von Geräten zu gestatten, um sich auf diese Weise weitere Darlehensbeträge zu verschaffen. Die Ausschließlichkeitsbindung ermögliche auch eine größtmögliche Ausnutzung der Gaststätte durch Spiel-, Musik- und Unterhaltungsgeräte sowie durch sonstige Geräte durch den Aufsteller, der sich durch die nur ihm eröffnete Möglichkeit des Geräteaustauschs den Verhältnissen in der Gaststätte anpassen könne.

51

Das leuchtet ein. Es zeigt, daß die Automatenaufsteller, die das "Sigert-Formular" verwenden, die Ausschließlichkeitsbindung für unverzichtbar halten. So ist es auch in dem hier zu entscheidenden Einzelfall, in dem die Klägerin aufgrund des Vertrages vom 7. November 1972 drei spielbereite Automaten aufgestellt und der Beklagten in enger Verbindung mit dem Automatenaufstellvertrag ein Darlehen von 12.000,00 DM zugesagt hat. Zu ermitteln ist der gedachte (hypothetische) Geschäftswille der Klägerin. Dieser Wille wäre bei Kenntnis der Formnichtigkeit des Vertrages nicht dahin gegangen, auf die sich aus der Ausschließlichkeitsbindung ergebenden ganz erheblichen Vorteile zu verzichten, und es ist nicht Sache des Gerichts, den Parteien im Wege der Umdeutung einen Vertrag aufzuzwingen, den sie bei Kenntnis seiner Nichtigkeit nicht abgeschlossen hätten. Das würde ihr Recht zur freien Vertragsgestaltung in unzulässiger Weise beschränken (BGHZ 19, 269 = LM Nr. 1 zu § 140 BGB mit Anm. von Fischer und LM Nr. 8 zu § 140 BGB; Soergel-Siebert-Hefermehl, a. a. O., Anm. 1 zu § 140).

52

Alles dies hätte übrigens auch zu gelten, wenn sich die Klägerin die Stellungnahme des Automaten-Verbandes nicht zu eigen gemacht hätte. Für die Ermittlung des gedachten (hypothetischen) Parteiwillens ist es bei der Verwendung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht ohne weiteres möglich, für die Zwecke der Umdeutung an eine innere, gedachte Vorstellung der Parteien anzuknüpfen, weil diese Bedingungen die Ordnung für eine Vielzahl von Verträgen sein sollen und somit regelmäßig keinen Raum für die Berücksichtigung der persönlichen Parteivorstellungen lassen (vgl. Dörinkel, a. a. O.; s. auch Fischer, Die allgemeinen Geschäfts- und Lieferungsbedingungen, BB 1957, 481, 484 sowie Schwartz, Teil- oder Gesamtnichtigkeit bei unwirksamen vertikalen Wettbewerbsbeschränkungen? in: WuW, 1961, 838, 842). Entsprechendes gilt für die Verwendung von Formularverträgen, die massenweise abgeschlossen werden und an deren Wortfassung (jedenfalls der Ausschließlichkeitsklausel als einer "Formularklausel") im wesentlichen nur eine Seite - die Automatenaufsteller und ihre Interessenverbände - mitgewirkt hat. Zudem stehen die Automatenaufstellverträge den Allgemeinen Geschäftsbedingungen nach Entstehung und Inhalt nahe (vgl. zur richterlichen Inhaltskontrolle von Automatenaufstellverträgen u. a. BGH WPM 1970, 1450; 1971, 503 = LM Nr. 8 zu § 138 (Bc) BGB). Hier ist eine entsprechende Anwendung des § 140 BGB in der Weise geboten, daß es nicht auf die (hypothetischen) Vorstellungen der einzelnen Vertragsparteien, sondern auf die allgemeine Meinung der an solchen Verträgen in typischer Weise beteiligten Wirtschaftskreise ankommt (Dörinkel und Fischer, a. a. O.). Diese allgemeine Meinung ist in der Stellungnahme des Automaten-Verbandes in eindrucksvoller Weise kundgetan. Der Automaten-Verband ist an der Aufrechterhaltung der nach den "Sigert-Formularen" geschlossenen Verträge interessiert. Der Verband hat darauf hingewiesen, daß diese Formulare "nahezu im gesamten Bundesgebiet einheitlich verwendet" werden (S. 4 a. a. O.), und er hat auch die Gründe für dieses erhebliche Interesse dargetan.

53

Gegenüber alledem versagt die Berufung der Klägerin auf Nr. 14 des Vertrages vom 7. November 1972. Dieser Bestimmung kann nicht entnommen werden, die Parteien wären auf jeden Fall einen Automatenaufstellvertrag ohne Ausschließlichkeitsbindung eingegangen, wenn sie die Nichtigkeit des tatsächlich geschlossenen Rechtsgeschäfts gekannt hätten. Die Nr. 14 a. a. O. ist ausdrücklich für den hier nicht vorliegenden Fall der teilweisen Nichtigkeit des Vertrages bestimmt. Selbst wenn sie in weiter Auslegung ihres Erklärungsinhalts auch auf die vollständige Nichtigkeit anzuwenden wäre, würde sich aus ihr noch nichts für die Frage ergeben, ob die Parteien gerade einen Vertrag ohne Ausschließlichkeitsbindung geschlossen hätten; denn die Nr. 14 ist allgemein gehalten und muß hinter dem zurückstehen, was die Klägerin selbst und was der Automaten-Verband zu der hier interessierenden Frage im einzelnen erklärt haben - daß nämlich auf Seiten der Automatenaufsteller ein grundlegendes Interesse an der Ausschließlichkeitsbindung besteht. Dieses Interesse erlaubt keine Umdeutung nach § 140 BGB und kann, abgesehen hiervon, nicht einmal als eine dem unwirksamen Vertrag "möglichst nahekommende" Vertragsgestaltung im Sinne von Nr. 14 a. a. O. angesehen werden.

54

4. Der Umdeutung steht ein weiterer Grund entgegen: Sie ist dann, wenn die Nichtigkeit auf einem Verstoß gegen gesetzliche Formvorschriften beruht, nicht zulässig, wenn sie dem Sinn und dem Zweck der Formvorschrift zuwiderläuft (Soergel-Siebert-Hefermehl, a. a. O., Anm. 6 zu § 140; Larenz, Allgemeiner Teil des deutschen bürgerlichen Rechts, 2. Aufl., 1972, § 23 III, S. 392; Reinicke, a. a. O., S. 108 f). Die Bestimmung des § 34 GWB soll den Kartellbehörden die Mißbrauchsaufsicht erleichtern. Wäre eine Umdeutung in dem vorliegenden Fall an sich möglich, so müßte sie der Senat auch in den vielen anderen Fällen für möglich halten, in denen Formverstöße nach § 34 GWB vorliegen, aber noch nicht bekannt sind. In allen diesen Fällen würden sich die Parteien an die Ausschließlichkeitsbindung halten, die nach der Auffassung des Senats nicht besteht. Es käme somit mindestens bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der vorliegenden Sache in dem Wirtschaftszweig der Automatenaufsteller und demjenigen der Gastwirte zu einem massenweisen Auftreten von Scheinbindungen und einem entsprechenden Unterlaufen der Kartellaufsicht. Das liegt nicht in dem durch die §§ 18, 34 GWB geschützten öffentlichen Interesse.

55

5. Es bleibt hiernach bei der Nichtigkeit des Vertrages vom 7. November 1972, so daß es nicht mehr darauf ankommt, ob der Vertrag auch deswegen nichtig ist, weil der Beklagte ihn mit der Klägerin, wie diese behauptet, zwar eingegangen ist, aber nicht unterschrieben hat (vgl. RGZ 59, 174; Flume, a. a. O., § 32, 2 b, S. 573).

56

Ebensowenig kommt es darauf an, ob der Vertrag wegen der von der Beklagten behaupteten Trunkenheit gemäß § 105 Abs. 2 BGB oder wegen Sittenwidrigkeit nach § 138 BGB nichtig ist oder ob er wegen des Zusammenhangs mit dem Darlehnsvertrag nicht wirksam geworden ist.

57

6. Die Berufung der Beklagten auf die Nichtigkeit des Vertrages verstößt nicht gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB). Das wäre nur dann zu bejahen, wenn die Aufrechterhaltung des Vertrages ein geradezu zwingendes Gebot der Gerechtigkeit wäre, die Unwirksamkeit dagegen für die von ihr betroffene Partei nicht nur hart, sondern schlechthin unerträglich wäre (BGH WPM 1970, 1480; LM Nr. 48 und 53 zu § 313 BGB und Nr. 32 zu § 242 (Ca) BGB; Palandt-Heinrichs, a. a. O., Anm. 6 A und C c zu § 125). Hiervon kann in dem vorliegenden Fall keine Rede sein, zumal die Beklagte weder die Geräte genutzt noch ein Darlehen erhalten hat.

58

IV.

In der Gaststätte der Beklagten waren noch weitere Automaten - eine sogenannte Nußglocke und ein Automat mit Gummischutzmitteln - aufgestellt. Da es die Klägerin für ihre Schadensberechnung auf diese beiden Automaten nicht abgestellt hat - sie behauptet einerseits, über die Warenautomaten sei ein besonderer Vertrag geschlossen worden, macht aber andererseits Ansprüche nur aus dem Vertrag vom 7. November 1972 geltend -, kann es dahingestellt bleiben, wie die Rechtslage betreffend die Warenautomaten zu beurteilen ist.

59

Der Hinweis der Klägerin auf § 325 BGB als weitere Anspruchsgrundlage (S. 6 ihres Schriftsatzes vom 17. September 1974) geht fehl, weil der Vertrag nichtig ist und seine Erfüllung somit nicht verlangt werden kann.

60

Auch nach den Grundsätzen über die Haftung wegen Verschuldens bei Vertragsschluß und nach denjenigen über die Herausgabe nach Bereicherungsrecht kann die Klägerin von der Beklagten nichts verlangen.

61

Die Berufung der Beklagten hat deswegen Erfolg.

62

C

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO. über die im ersten Rechtszug entstandenen Kosten hat das Landgericht im Schlußurteil zu entscheiden. Der Ausspruch über die Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 7 und § 713 Abs. 2 ZPO.

63

Die Revision wird zugelassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 546 Abs. 2 Satz 1 ZPO).