Oberlandesgericht Oldenburg
Beschl. v. 24.05.1978, Az.: Ss 146/78
Veränderung des äußeren Erscheinungsbildes durch Bekleben eines Wartehäuschens an einer Bushaltestelle als Sachbeschädigung
Bibliographie
- Gericht
- OLG Oldenburg
- Datum
- 24.05.1978
- Aktenzeichen
- Ss 146/78
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 1978, 16626
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGOL:1978:0524.SS146.78.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Osnabrück - 30.11.1977 - AZ: 33 Cs 286/76 Osn
- nachfolgend
- OLG Oldenburg - 04.01.1979 - AZ: Ss 146/78
Rechtsgrundlage
- § 303 StGB
Fundstellen
- JZ 1978, 450
- NJW 1978, 1656 (amtl. Leitsatz)
Verfahrensgegenstand
Sachbeschädigung,
In dem Strafverfahren
...
hat der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Oldenburg
am 24. Mai 1978
durch
den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht xxx und
die Richter am Oberlandesgericht xxx und xxx
beschlossen:
Tenor:
Der Senat legt die Sache dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung folgender Rechtsfrage vor:
Ist eine von dem Sachberechtigten nicht gewünschte Veränderung des äußeren Erscheinungsbildes einer Sache ein Vergehen der Sachbeschädigung nach § 303 StGB, wenn die Substanz, und sei es auch nur an der Oberfläche, in Mitleidenschaft gezogen und wenn das Gesamtbild der Sache in mehr als einem ganz unbeträchtlichen Ausmaß verändert, das heißt, die Sache verunstaltet wird?
Gründe
Das Amtsgericht hat den Angeklagten wegen Sachbeschädigung nach § 303 StGB zu einer Geldstrafe von fünf Tagessätzen zu je DM 30,- verurteilt. Die Strafkammer hat die Berufung des Angeklagten verworfen. Der Senat möchte die Revision des Angeklagten als offensichtlich unbegründet nach § 349 Abs. 2 StPO verwerfen; er sieht sich jedoch daran durch das Urteil des OLG Karlsruhe vom 28. April 1977 - 3 Ss 64/77 - JZ 1978, 72 - gehindert.
Der Senat hat zwar die dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorgelegte Frage für das unbefugte Bekleben eines Schaltkastens der Energieversorgung mit einem Plakat bereits in seinem Urteil vom 13. September 1977 - Ss 374/77 - JZ 1978, 70 - bejaht; auch ist in der Zwischenzeit das Urteil des OLG Celle vom 24. Januar 1978 - 1 Ss 632/77 - NRPfl 1978, 57 - ergangen. Dem Senat war jedoch am 13. September 1977 die erwähnte Entscheidung des OLG Karlsruhe noch nicht bekannt; ebensowenig scheint sie das OLG Celle bei Erlaß seines Urteils vom 24. Januar 1978 gekannt zu haben; es hat sie nicht erwähnt. Deshalb ist der Senat der Auffassung, er sei nach § 121 Abs. 2 GVG gehalten, dem Bundesgericht hof die Rechtsfrage zur Entscheidung vorzulegen,
ob eine von dem Sachberechtigten nicht gewünschte Veränderung des äußeren Erscheinungsbildes einer Sache ein Vergehen der Sachbeschädigung nach § 303 StGB ist, wenn die Substanz, und sei es auch nur an der Oberfläche, in Mitleidenschaft gezogen und wenn das Gesamtbild der Sache in mehr als einem ganz unbeträchtlichen Ausmaß verändert, das heißt, die Sache verunstaltet wird.
Zwar hat der Beschwerdeführer in der hier zu beurteilenden Sache nach den tatrichterlichen Feststellungen nicht einen Schaltkasten beklebt, sondern eine "Bushaltestelle", womit ein Wartehäuschen an einer solchen Haltestelle gemeint ist, in dem sich Menschen aufhalten können, um während des Wartens vor den Unbilden der Witterung geschützt zu sein (S. 3, 4 UA). Der Senat ist jedoch der Auffassung, daß kein grundsätzlicher Unterschied zwischen dem Bekleben eines Schaltkastens oder eines Wartehäuschens besteht, weil der Gestaltung beider Einrichtungen gleichermaßen das Ziel innewohnt, als rein funktionale Sache möglichst unauffällig zu wirken und in dieser erstrebten Unauffälligkeit nicht beeinträchtigt zu werden. Dies trifft für einen mausgrauen Schaltkasten ebenso zu wie für das aus durchsichtigen Materialien in Skelettbauweise errichtete Wartehäuschen. Der Senat hält demgemäß an der seinem Urteil vom 13. September 1977 zugrundeliegende Rechtsauffassung fest; er nimmt die Ausführungen dieses Urteils ausdrücklich in Bezug. Der Senat vermag die Auffassung des OLG Karlsruhe nicht zu teilen, daß ein Schaltkasten - oder wie hier ein Wartehäuschen - keine eigene Ansehnlichkeit besitze, die durch Plakatieren beeinträchtigt werden könne.
...
Ist eine von dem Sachberechtigten nicht gewünschte Veränderung des äußeren Erscheinungsbildes einer Sache ein Vergehen der Sachbeschädigung nach § 303 StGB, wenn die Substanz, und sei es auch nur an der Oberfläche, in Mitleidenschaft gezogen und wenn das Gesamtbild der Sache in mehr als einem ganz unbeträchtlichen Ausmaß verändert, das heißt, die Sache verunstaltet wird?
Der Senat möchte diese Frage bejahen, sieht sich hieran aber durch das Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 28. April 1977 (JZ 1978, 72 [OLG Karlsruhe 28.04.1977 - 3 Ss 64/77]) gehindert; er legt die Frage deshalb dem Bunde; Gerichtshof nach § 121 Abs. 2 GVG zur Entscheidung vor.