Amtsgericht Braunschweig
Beschl. v. 10.05.2000, Az.: 121 C 128/00
Kostenverteilung bei Erledigung des Streites in der Hauptsache; Bestehen mietvertraglicher Rechte einen Kinderwagen im Hausflur abzustellen
Bibliographie
- Gericht
- AG Braunschweig
- Datum
- 10.05.2000
- Aktenzeichen
- 121 C 128/00
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2000, 23461
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:AGBRAUN:2000:0510.121C128.00.0A
Rechtsgrundlagen
- § 91a ZPO
- § 91 ZPO
Fundstelle
- WuM 2003, 354-355 (Kurzinformation)
In dem Rechtsstreit
hat das Amtsgericht Braunschweig am 10.05.2000
durch
den Richter am Amtsgericht Thiele
beschlossen:
Tenor:
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.
Gründe
Durch Mietvertrag vom 11. Juni 1985 hatte die Klägerin an die Beklagten eine Wohnung im zweiten Obergeschoss des Mietshauses ... in Braunschweig vermietet.
Die Beklagte zu 1. bekam am 3. September 1999 ein Kind. Ihre Kinderkarre stellte sie von da ab im Eingang des Treppenhauses ab.
Die Klägerin hat daraufhin Klage auf Unterlassung dieses Verhaltens erhoben.
Das Mietverhältnis ist beendet. Die Beklagten sind am 15. April 2000 aus dem Hause ausgezogen.
Die Parteien erklären deshalb nunmehr den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt und streiten nur noch um die Kosten des Rechtsstreits.
Nach § 91 a ZPO hat das Gericht über die Kosten unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen zu entscheiden.
Bei der Ausübung des Ermessens ist die Erwägung zugrundezulegen, dass gem. § 91 ZPO derjenige die Kosten eines Rechtsstreits zu übernehmen hat, der den Rechtsstreit verliert. Es ist deshalb darauf abzustellen, ob die Klage begründet gewesen wäre, wenn sie sich durch den Auszug der Beklagten nicht erledigt hätte.
Die Klage war von Anfang an unbegründet.
Zu den mietvertraglichen Rechten des Mieters gehört es auch, dass er das Treppenhaus benutzen kann. Das schließt grundsätzlich auch die Berechtigung ein, gelegentlich einen Kinderwagen dort hinzustellen. Zumindest ist das dann der Fall, wenn der Kinderwagen kaum stört (vgl. dazu insbesondere AG Hannover, WM 87, 118; AG Köln. WM 95, 652; AG Schöneberg, Grundeigentum 99, 987; im Übrigen auch AG Charlottenburg, WM 84, 80; AG Hagen, WM 84, 80; LG Berlin, Grundeigentum 85, 735; AG Neuss, DWW 92, 179; LG Hamburg, WM 92, 188; AG Reichenbach, WM 94, 322; AG Winsen, WM 99, 452; anderer Ansicht: AG Wedding, Grundeigentum 90, 263; AG Schöneberg, Grundeigentum 83, 331; AG Charlottenburg, Grundeigentum 98, 49).
Das Gericht hat sich durch eine Augenscheinseinnahme davon überzeugen können, dass der Kinderwagen dort, wo die Beklagte zu 1. ihn abstellt, keineswegs stört. Die Beklagte zu 1. hat den Kinderwagen im Hausflur im Erdgeschoss des Hauses abgestellt. Die dortige Fläche beträgt etwa 3x4 Meter. Rechts und links des Treppenaufganges befinden sich zwei Wohnungstüren. Auf der Wand dazwischen befinden sich die Briefkästen der Mitmieter. Wenn die Beklagte zu 1. den Kinderwagen unter diese Briefkästen stellt, kann man ohne weiteres die Briefkästen noch benutzen. Auch die Benutzung der Wohnungstüren wird nicht erschwert. Im ungünstigen Falle kann man ohne Kraftaufwand den Kinderwagen etwas beiseite schieben. Die Beklagte zu 1. hatte auch durchaus einen Anlass, den Kinderwagen dort aufzustellen. Sie ist ersichtlich eine verhältnismäßig zarte Person, der Kinderwagen wiegt, wie wohl jeder Kinderwagen, 30 bis 40 Pfund. Es wäre für die Beklagte ein unnötiger Aufwand gewesen, jedes Mal bei Verlassen der Wohnung Kind und Kinderwagen die Treppe hinunter und wieder hinauf zu tragen.
Soweit die Klägerin darauf hinweist, die Beklagte habe den Kinderwagen auch in den Vorkeller bringen können, ist dem entgegenzuhalten, dass auch dieses mit einigem Kraftaufwand verbunden wäre. Einen wirklich sachlichen Anlass, dass die Beklagte den Kinderwagen in den Hausflur nicht stellen könnte, vermag das Gericht nicht zu erkennen, da nach dem vorstehend Gesagten eine wirkliche Störung von dem Kinderwagen nicht ausging. Die Erwägung der Klägerin, dass dann, wenn ein Kinderwagen dort stehe, andere Leute auch ihr Fahrrad dahinstellen könnten, ist abwegig. Bisher ist kein Mensch in dem Hause auf die Idee gekommen, ein Fahrrad oder Sonstiges neben den Kinderwagen zu stellen. Ob, wie die Klägerin meint, es auch aus polizeirechtlichen Gründen bedenklich wäre, den Kinderwagen im Hausflur zu plazieren, weil dadurch eine eventuelle Zuwegung für die Feuerwehr behindert werden könnte, hat das Gericht nicht zu untersuchen. Es geht im vorliegenden Fall nur um den Umfang der vertraglichen Rechte und Pflichten der Parteien. Wenn aus Gründen der Brandschutzgefahr der Kinderwagen dort nicht hätte stehen dürfen, dann wäre es Aufgabe der zuständigen Verwaltungsbehörde gewesen, das Verbringen des Kinderwagens in den Hausflur durch Verwaltungsakt zu untersagen. Allerdings ist das Gericht aufgrund der Augenscheinseinnahme davon überzeugt, dass bei dem verhältnismäßig geräumigen Hausflur auch die Feuerwehr keine Schwierigkeiten hätte, im Falle eines Brandes sachgerecht zu löschen.
Bei dieser Sachlage erscheint es angemessen, die Klägerin mit den Kosten des Rechtsstreites zu belasten.