Landgericht Lüneburg
Urt. v. 14.03.1997, Az.: 8 O 11/97

Feststellungen zu einem Anspruch auf eine Versicherungsprämie; Versicherung von Rindern; Zulässigkeit von Prämienanpassungsklauseln

Bibliographie

Gericht
LG Lüneburg
Datum
14.03.1997
Aktenzeichen
8 O 11/97
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1997, 23748
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGLUENE:1997:0314.8O11.97.0A

Fundstellen

  • KVuSR 2001, 67
  • VersR 1998, 449-450 (Volltext mit red. LS)

Die 8. Zivilkammer des Landgerichts Lüneburg hat
durch
den Vorsitzenden Richter am Landgericht ...,
den Richter am Landgericht ... und
die Richterin am Landgericht ...
auf die mündliche Verhandlung vom 14. Februar 1997
für Recht erkannt:

Tenor:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 5.454,45 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 06. September 1995 sowie 5,89 DM vorgerichtliche Mahnkosten zu zahlen.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben. Die durch die Anrufung des unzuständigen Amtsgerichts Uelzen entstandenen Kosten trägt die Klägerin.

Das Urteil ist für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 6.000,00 DM und im übrigen ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Der Beklagte unterhielt bei der Klägerin eine Tierlebensversicherung. Aus dieser Versicherung verlangt die Klägerin Prämienzahlung für das Versicherungsjahr 19. März 1995 bis 19. März 1996. Bis zum Versicherungsjahr 1995/1996 berechnete sich die Prämie, die der Beklagte zu zahlen hatte, nach einem Beitragssatz von 1,8 %. Mit Schreiben vom 23. Januar 1995 teilte die Klägerin dem Beklagten folgendes mit:

2

Aufgrund des ungünstigen Verlaufs dieser Versicherung müssen wir ab 19. März 1995 einen Risikozuschlag von 1,8 % berechnen. Wegen der notwendig gewordenen Prämienerhöhung haben Sie das Recht, den Vertrag zum Ende dieses Versicherungsjahres zu kündigen. Künftiger Beitragssatz 3,6 % der Versicherungssumme.

3

Die Beklagte errechnet aufgrund dieser Prämienerhöhung eine Gesamtprämie von 9.486,00 DM. Diesen Betrag zzgl. Versicherungssteuer sowie 2,00 DM Gebühr und 7/50 DM Rücklastschriftgebühr verlangt sie von dem Beklagten mit der Klage.

4

Die Klägerin beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an sie 10.918,70 DM nebst 4 % Zinsen seit 06. September 1995 sowie 5,89 DM vorgerichtliche Mahnkosten zu zahlen.

5

Der Beklagte beantragt,

6

Klagabweisung.

7

Fr behauptet, er habe entsprechend dem Schreiben der Klägerin vom 23. Januar 1995 das Versicherungsverhältnis rechtzeitig gekündigt.

8

Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe

9

Die Klage ist nur zum teil begründet. Der Klägerin steht für das Versicherungsjahr 1995/1996 eine Prämie nur auf der Grundlage eines Beitragssatzes von 1,8 % zu. Das ergibt einen Betrag von 5.454,45 DM.

10

Ein weitergehender Anspruch steht der Klägerin nicht zu, weil ihre Prämienerhöhung vom 23. Januar 1995 rechtswidrig ist. Insoweit kann sich die Klägerin nicht auf § 8 ihrer allgemeinen Bedingungen für die Versicherung von Rindern (AVR 95) berufen. Diese Klausel ist nämlich ebenso wie die entsprechende Klausel in den AVR 77 wegen eines Verstoßes gegen § 9 AGBG unwirksam.

11

Zwar sind Prämienanpassungsklauseln grundsätzlich zulässig, allerdings müsse gewisse Voraussetzungen erfüllt sein. Dazu gehört, daß geregelt ist, unter welchen Voraussetzungen eine Versicherung die Prämie erhöhen darf. Zwar mag es sein, daß es in der Natur der Sache liegt, daß sich Anpassungsklauseln in ihren Details einem laien nicht auf den ersten Blick erschließen, und zwar gerade dann nicht, wenn sie den Erfordernissen des § 9 AGBG, ihrem Inhalt nach genügen (so Prölss/Martin, Versicherungsvertragsgesetz 25. Aufl., § 31 Anm. 4). Das kann aber noch nicht bedeuten, daß eine Preisanpassungsklausel überhaupt nichts mehr dazu enthält, welche Anforderungen für eine Prämienerhöhung gelten. Andernfalls könnte eine Versicherung völlig willkürlich eine Prämie erhöhen. Das wäre eine unangemessene Benachteiligung im Sinne von § 9 AGBG.

12

Im vorliegenden Fall enthält die Prämienanpassungsklausel der Klägerin keinerlei Kriterien, nach denen die Klägerin ihre Prämien erhöhen darf. Die Prämienerhöhung darf lediglich die zum Zeitpunkt der Erhöhung Für Neuverträge geltende Prämiensätze nicht übersteigen. Das ist aber kein ausreichender Schutz vor ungerechtfertigten Benachteiligungen. Insbesondere gilt dies, wenn ein Versicherungsnehmer einen günstigen Beitragssatz vereinbart hat. In einem solchen Fall kann es nicht rechtens sein, daß eine Versicherung berechtigt sein soll, einseitig ohne nähere Begründung die Prämie bis zum für Neuverträge geltenden Prämiensatz anzuheben. Auch das Recht auf vorzeitige Kündigung ist kein ausreichender Schutz. Ein Versicherungsnehmer hat nämlich ein durchaus berechtigtes Interesse daran, daß ein Versicherungsvertrag möglichst zu den ursprünglichen Konditionen aufrechterhalten wird. Das Kündigungsrecht hat nur die Funktion, ihm im Falle einer angemessenen Erhöhung die. Lösung vom Vertrag zu ermöglichen (vgl. Prölss/Martin a.a.O. mit weiteren Nachweisen).

13

Der Klägerin steht deshalb Prämienzahlung nur nach einem Beitragssatz von 1,8 % zu. Das ergibt den oben genannten Betrag.

14

Da § 8 Ziffer 4 AVR 95 unwirksam ist, steht dem Beklagten auch kein außerordentliches Kündigungsrecht zu. Ob er rechtzeitig gekündigt hat ist deshalb Unerheblich. Auf seinen nicht nachgelassenen und völlig unglaubhaften Vortrag im Schriftsatz vom 04. März 1997 kommt deshalb nicht an.

15

Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 92, 281, 708 f. ZPO.