Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 15.06.1979, Az.: 4 U 30/79

Anspruch auf Veränderungen in einem Kellerraum in einer Wohnungseigentumsanlage; Verbot der unzumutbaren Beeinträchtigungen der Miteigentümer; Einschränkung des Eigentums des betroffenen Nachbarn im Interesse nachbarrechtlicher Rücksichtnahme; Zahlung einer Überbaurente oder Abkauf wegen der ungerechtfertigten Einbeziehung von gemeinschaftlichem Eigentum in das Sondereigentum; Unbewußte Inbesitznahme des Miteigentums der übrigen Wohnungseigentümer durch vom Aufteilungsplan abweichenden Bauausführung

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
15.06.1979
Aktenzeichen
4 U 30/79
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1979, 11707
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:1979:0615.4U30.79.0A

Verfahrensgang

vorgehend
AZ: 15 O 234/78

Verfahrensgegenstand

Verschaffung von Mitbesitz

Redaktioneller Leitsatz

  1. 1.

    Für das Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander gilt der Grundsatz, daß der Gebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums nicht so erfolgen darf, daß einer der Miteigentümer ohne besondere Notwendigkeit unzumutbar beeinträchtigt wird.

  2. 2.

    Hat ein Miteigentümer keine Kenntnis davon, dass er unberechtigt Miteigentum in sein Sondereingetum überführt hat, müssen sich die Miteigentümer auf die Zahlung einer Überbaurente oder einen Abkauf verweisen lassen.

Der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle hat
auf die mündliche Verhandlung vom 25. Mai 1979
durch
seine Mitglieder ...............
für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das am 22. Dezember 1978 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 15. Zivilkammer des Landgerichts ... wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Entscheidungsbeschwer des Klägers beträgt 10.000 DM.

Tatbestand

1

Die Beklagte war Alleineigentümerin des Grundstücks Flur Nr. 2256/2 ..., auf dem sie ein Gebäude errichtete und zur Begründung von Sondereigentum an 13 Einheiten am 3. Juli 1970 eine Teilungserklärung gemäß § 8 WEG nach Maßgabe des Aufteilungsplanes vom 29. Mai 1970 abgab (Urkundenrolle Nr. 2264/70 des Notars ...). Am 15. Oktober 1970 verkaufte sie dem Kläger und dessen Ehefrau die in diesem Objekt befindliche Eigentumswohnung Nr. 2 nach Maßgabe der Teilungserklärung vom 3. Juli 1970 mit Kelleranteil und dem dazugehörigen Miteigentumsanteil am Grundstück (Urkundenrolle Nr. 3500/70 des Notars ...). Das Gebäude befand sich damals im Zustand des Rohbaues und sollte nach der Baubeschreibung ausgeführt werden, die Bestandteil der Teilungserklärung war.

2

Der Beklagten steht außer einem Miteigentumsanteil jetzt noch im Sinne der Teilungserklärung das:

"Sondereigentum an den im Kellergeschoß gelegenen Hobbyräumen, bestehend aus 4 Räumen und Vorraum mit einer Gesamtfläche von 81,86 qm"

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zu. Die Räumlichkeiten der Beklagten (vgl. Grundriß Bl. 8 d.A.) sind etwas anders ausgestaltet worden, als es im Aufteilungsplan vom 29. Mai 1970 (Bl. 7 d.A.) vorgesehen war. Sie werden als Wohnräume genutzt.

4

Am 12. November 1976 beschloß die Wohnungseigentümerversammlung, der Beklagten zu untersagen, ihre Räume als Ferienwohnung zu vermieten. Sie beauftragte zugleich den Kläger, im eigenen Namen gegen die Beklagte einen Rechtsstreit zu führen wegen der unzulässigen Eingriffe in das gemeinschaftliche Eigentum an den Kellerräumen und am Geräteraum und zur Prüfung der Frage, ob die Umwandlung des Teileigentums in Wohnungseigentum zulässig sei (Bl. 48, 49 d.A.).

5

Der Kläger hat zunächst behauptet, die Beklagte habe den Aufteilungsplan des Kellergeschosses nachträglich eigenmächtig geändert, 1976 vom Landratsamt in ... genehmigen lassen (Bl. 8 d.A.) und daraufhin unter Verkleinerung der vorgesehenen Gemeinschaftsräume eine Küche und eine Toilette einbauen lassen. Er hat den Richter der Freiwilligen Gerichtsbarkeit in ... angerufen mit dem Verlangen, der Beklagten aufzugeben, die Untergeschoßräume entsprechend dem Aufteilungsplan vom 29.05.1970 wieder herzustellen. Er hat außerdem verlangt, der Beklagten im Wege der einstweiligen Anordnung zu untersagen, ihre Räume an Feriengäste zu vermieten (Bl. 36, 37 d.A.).

6

Die Beklagte hat um Zurückweisung dieser Anträge gebeten und eingewendet, daß sie das Kellergeschoß von vornherein zu dem jetzt noch vorhandenen Zustand ausgebaut habe und zwar entsprechend der am 7. April 1970 vom Landratsamt mit der Unterschrift "..." genehmigten Bauzeichnung (am hinteren Aktendeckel). Der Aufteilungsplan vom 29.5.1970 sei irrtümlich zum Bestandteil der Teilungserklärung gemacht worden. Der Aufteilungsplan vom 6.7.1976 weiche von der ursprünglichen Herstellung in keiner Weise ab und sei nur angefertigt worden, um die - dann auch erteilte - Genehmigung zu erhalten, die Hobbyräume als Ferienwohnung benutzen zu dürfen (Bl. 8 d.A.). Sämtliche Wohnungseigentümer hätten allein nach der Besichtigung der Wohnungen gekauft ohne sich den Aufteilungsplan vom 29.5.1970 zeigen zu lassen. Auch im Aufteilungsplan vom 29.5.1970 seien die in ihre Räume einbezogenen Kellerabteile Nr. 3 und 8 nicht als Miteigentum der Gemeinschaft vorgesehen gewesen. Die Käufer der Wohnungen Nr. 3 und 8 hätten Ansprüche hierauf für sich nicht erhoben. Auch habe sie sich bei den Kaufverträgen eine Änderung des Aufteilungsplanes ausdrücklich vorbehalten gehabt. In der Versammlung vom 9. April. 1976 habe die Mehrheit der Wohnungseigentümer außerdem der Benutzung der Hobbyräume als Ferienwohnung zugestimmt gehabt (Bl. 67, 68 d.A.).

7

Durch Beschluß vom 31. Januar 1978 hat der Richter der Freiwilligen Gerichtsbarkeit das Verfahren an die Zivilabteilung des Amtsgerichts abgegeben und erklärt, der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung sei gegenstandslos geworden (Bl. 94, 95 d.A.). Der Zivilprozeßrichter des Amtsgerichts hat alsdann den Rechtsstreit gemäß § 281 ZPO an das Landgericht ... verwiesen (Bl. 103 d.A.), das die Weiterverweisung an das Landgericht Hannover beschloß (Bl. 121 d.A.).

8

Die hiergegen eingelegte Beschwerde der Beklagten ist vom Oberlandesgericht ... als unzulässig verworfen worden (Bl. 132, 133 d.A.).

9

Die Beklagte hat weiterhin vorgetragen, die von ihr innegehaltenen Kellerräumen seien nur 1,5 qm größer, als im Aufteilungsplan vom 29. Mai 1970 vorgesehen. Die vom Kläger verlangte Änderung würde Kosten von etwa 150.000 DM notwendig machen und die Vermietbarkeit der Räume in Frage stellen. Dieser Nachteil stehe in keinem Verhältnis zu dem Interesse, das der Kläger verfolge. Vorsorglich werde die Verjährungseinrede erhoben.

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Durch das am 22. Dezember 1978 verkündete Urteil hat das Landgericht die Klage abgewiesen, da der Aufteilungsplan vom 29. Mai 1970 nur irrtümlich Bestandteil der Teilungserklärung und damit des Kaufvertrages der Parteien geworden sei. Tatsächlich sei die genehmigte Zeichnung vom 7. April 1970 Grundlage gewesen.

11

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Berufung. Er trägt insbesondere vor, der Aufteilungsplan vom 29.5.1970 sei zwar nicht den Ausfertigungen der Teilungserklärung beigefügt worden, die die Käufer erhielten. Er sei jedoch von dem amtierenden Notar zusammen mit der Teilungserklärung vom 3. Juli 1970 dem Grundbuchamt eingereicht worden (vgl. Bl. 194, 198, 199 d.A.). Dieser Teilungsplan sei auch genehmigt gewesen (Bl. 204 d.A.). Die Genehmigung des Landratsamts vom 7.4.1970 habe sich auf das Leitungssystem des Kellers bezogen (Bl. 206 bis 208 d.A.). Entgegen den Angaben des von der Beklagten beauftragten Maklers habe die Beklagte von vornherein nicht die Absicht gehabt, im Keller eine Hauswartswohnung einzurichten, sondern sie habe an dieser Stelle für sich eine Ferienwohnung einrichten wollen. Seine Ehefrau habe ihn zur Rechts Verfolgung im vorliegenden Prozeß ermächtigt.

12

Der Kläger beantragt,

  • unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagte zu verurteilen, die Kellerräume im Hause ... unter Beseitigung des jetzigen abweichenden Zustandes so herzustellen, wie es in dem am 29.5.1970 bauaufsichtlich genehmigten Aufteilungsplan vorgesehen sei,

  • hilfsweise,

    die Trennwand zwischen den Kellerräumen gemäß Teilungserklärung Nr. 3 und 8 zu Nr. 2 und 7 in der Mitte gemäß dem Plan der Protokollanlage und der dort vorgenommenen roten Schraffierung mit einem Türdurchbruch in der Breite von 1,50 m- oder hilfsweise auch geringer - zu versehen.

13

Der Kläger sieht in dem Verlangen der Beklagten, ihm die Kosten des Verfahrens der einstweiligen Anordnung aufzuerlegen eine Anschlußberufung, um deren Zurückweisung er bittet.

14

Die Beklagte widerspricht dem Hilfsantrag der Berufung als Klageänderung. Sie beantragt im übrigen,

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die Berufung zurückzuweisen und dem Kläger auch die Kosten des Verfahrens der einstweiligen Anordnung aufzuerlegen.

16

Sie verbleibt bei ihrer Behauptung, daß an ihren Kellerräumen hinsichtlich der Abgrenzung zu den übrigen Räumen seit Herstellung keinerlei Veränderungen vorgenommen worden seien, räumt jedoch ein, daß dem Kaufvertrag der Parteien der Aufteilungsplan vom 29.5.1970 zugrunde gelegen habe. Bei der Abnahme vom 5. Februar 1971 hätten der Kläger und dessen Ehefrau ohne weiteres die Größe der im Keller befindlichen Gemeinschaftsräume erkennen können. Der Kläger habe sogar ausdrücklich im Abnahmeprotokoll schriftlich bestätigt, das Vertrags Objekt ordnungsmäßig übergeben erhalten zu haben. Für keinen der Käufer sei die Verringerung der gemeinschaftlichen Kellerfläche um etwa 2,5 qm von Bedeutung gewesen, zumal diese Verringerung durch eine Flächenvergrößerung an anderer Stelle ausgeglichen werde. Dem Klagebegehren werde der Einwand der Schikane und der Verwirkung entgegengesetzt. Die unwesentliche Abweichung der Bauausführung vom Aufteilungsplan gestatte ohne weiteres dessen nachträgliche Berichtigung. Anderenfalls müßte mit den Käufern eine neue Einigung getroffen werden. Jedenfalls fehle dem Klageantrag auch die erforderliche Bestimmtheit. Dem Kläger müßten außerdem die durch die Anrufung des unzuständigen Gerichts entstandenen Kosten auferlegt werden.

17

Wegen der Einzelheiten des angefochtenen Urteils und des sonstigen Vertrages der Parteien im gesamten Verfahren wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

18

Die in zulässiger Weise eingelegte Berufung des Klägers hat keinen Erfolg: Der Kläger kann weder aufgrund des Kaufvertrages der Parteien vom 15. Oktober 1970 noch auf der Grundlage des Ermächtigungsbeschlusses der Wohnungseigentümerversammlung vom 12. November 1976 von der Beklagten die Veränderung der Innenwände des Kellergeschosses des Hauses ... im Sinne des Aufteilungsplanes vom 29. Mai 1970 (Bl. 7 d.A.) bzw. des Planes der Protokollanlage vom 25.5.1979 verlangen. Hierzu ist im einzelnen zu sagen:

19

1.

Die Beklagte war allerdings aufgrund des Vertrages vom 15. Oktober 1970 verpflichtet, dem Kläger und dessen Ehefrau das Sondereigentum der Wohneinheit Nr. 12 und das Miteigentum am Grundstück und an denjenigen Teilen des Bauwerks zu verschaffen, die weder Sonder- noch Teileigentum anderer Miteigentümer werden sollten. Sie war in diesem Zusammenhang dem Kläger und dessen Ehefrau gegenüber auch verpflichtet, die ihnen veräußerte Eigentumswohnung sowie das. Miteigentum in einem solchen Zustand herzustellen, wie es der in der Teilungserklärung vom 3. Juli 1970 enthaltenen Baubeschreibung und dem mit der Teilungserklärung zu den Grundakten eingereichten Aufteilungsplan vom 29. Mai 1970 entsprach (§§ 651, 631 BGB). Die ausdrückliche Einbeziehung der Teilungserklärung vom 3. Juli 1970 in den Vertrag vom 15. Oktober 1970 umfaßte naturgemäß auch den Aufteilungsplan vom 29. Mai 1970 bezüglich des Kellergeschosses (Bl. 7 d.A.) als dessen immanenten Bestandteil. Hierbei kann die Frage offenbleiben, ob der Aufteilungsplan notwendiger Bestandteil des notariellen Beurkundsaktes war (vgl. § 313 Satz 1 BGB; BGHZ 59, 15 [BGH 09.05.1972 - V ZB 19/71]; BGH DNotZ 1973, 96). Eine etwaige Nichtwahrung der Beurkundungsform ist nämlich durch die inzwischen durchgeführte Eigentumsumschreibung gegenstandslos geworden (§ 313 Satz 2 BGB). Denn es ist nicht erkennbar, daß der Streit über die Aufteilung der Kellerräume schon bei der Auflassung bestanden hatte, die die Beklagte auch in Vollmacht des Klägers und dessen Ehefrau nach Ziff. XIV des Vertrages erklären sollte.

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2.

Nach Ziff. III des Vertrages vom 15. Oktober 1970 sollten der Kläger und dessen Ehefrau "Erwerber je zur Hälfte" sein. Das bedeutete, daß ihnen die schuldrechtlichen Ansprüche aus dem Vertrag gegen die Beklagte gemeinschaftlich zustanden (§ 741 BGB), so daß der Kläger mit der vorliegenden Ermächtigung seiner Ehefrau auch zu der vorliegenden Rechtsverfolgung berechtigt ist (§ 747 Satz 2 BGB, vgl. auch § 62 Abs. 1 ZPO). Der Kläger und seine Ehefrau könnten die Herstellung der Gemeinschaftsräume im Kellerraum nach Maßgabe des Aufteilungsplanes vom 29. Mai 1970 schon aus eigenem Vertragsrecht verlangen, denn dieses Ergebnis entspräche auch dem Wunsche der übrigen Miteigentümer, wie er im Beschluß der Wohnungseigentümerversammlung vom 12. November 1976 zum Punkt 1 der Tagesordnung zum Ausdruck gekommen ist (vgl. § 1011; Protokoll Bl. 48 d.A.). Dem Kläger und dessen Ehefrau stand im Prinzip hiernach auch der Anspruch zu, im Wege der Nachbesserung von der Beklagten die plangerechte Ausgestaltung der im Miteigentum stehenden Räumlichkeiten des Kellergeschosses verlangen zu können, denn die Bezugnahme auf die Planung bedeutete zugleich die Zusicherung der Beklagten, das Bauwerk auch in dieser Form herzustellen (vgl. §§ 651 Abs. 1, 633 Abs. 1 BGB). Es kann in diesem Zusammenhang die Frage offen bleiben, ob eine Mängelbeseitigung in diesem Sinne vom Kläger allerdings schon deshalb nicht verlangt werden kann, weil der damit für die Miteigentümer erreichte Erfolg in keinem für die Beklagte zumutbaren Verhältnis wegen der dann für sie entstehenden Kosten und Nachteile stünde (§ 633 Abs. 2 BGB). Denn auf jeden Fall kann die Beklagte dem schuldrechtlichen Anspruch auf Mangelbeseitigung das Leistungsverweigerungsrecht der Verjährung entgegensetzen, weil die 5-jährige Verjährunsfrist, die mit der Abnahme vom 5. Februar 1971 begann, schon mit dem 5. Februar 1976 abgelaufen war, durch den Klageingang vom 9. Februar 1977 also auch nicht mehr unterbrochen werden konnte (vgl. §§ 638 Abs. 1, 209 Abs. 1 BGB; § 207 Abs. 1 ZPO). Dafür, daß die Beklagte die Abweichung der tatsächlichen Kelleraufteilung vom Aufteilungsplan vom 29. Mai 1970 den Käufern und insbesondere dem Kläger und dessen Ehefrau "arglistig" verschwiegen habe, fehlt ein genügender Anhalt: Es mag sein, daß der von der Beklagten zur Vermittlung herangezogene Makler den Kaufinteressenten bei den Vertragsverhandlungen erklärt hatte, daß im Kellergeschoß eine Hauswartswohnung entstehen sollte. Selbst wenn die Beklagte hiervon wußte und von vornherein entschlossen gewesen wäre, die Räume als Ferienwohnung zu verwenden, dann war durch diese unrichtige Information über den Verwendungszweck der Räume nichts darüber verlautbart worden, daß die Gemeinschaftsräume des Kellergeschosses geringfügig kleiner ausgestaltet werden sollten, als es der Aufteilungsplan an sich vorsah. Das hier in Frage stehende Interesse der Miteigentümer an den Gemeinschaftsräumen des Kellergeschosses ist durch eine solche Information also gar nicht berührt worden. Im übrigen befand sich das Bauwerk bei Abschluß der Kaufverträge für die Eigentumswohnungen schon im Rohbauzustand, so daß für die Interessenten jederzeit die Möglichkeit bestand, sich an Ort und Stelle davon zu überzeugen, welche Gemeinschaftsräume im Keller vorbereitet waren. Selbst wenn die Beklagte die Einzelheiten des Aufteilungsplanes vom 29. Mai 1970 gewußt und ihr bekannt gewesen war, daß dieser Plan mit der Bauzeichnung, wie sie dem Bauaufsichtsamt zur Genehmigung eingereicht worden war, nicht übereinstimmte, läßt sich der Vorwurf eines arglistigen Verschweigens hierauf nicht stützen. Denn für den Käufer einer Eigentumswohnung ist es in aller Regel von untergeordneter Bedeutung, ob der Verlauf der Zugänge für die Kellerräume geringfügig von der ursprünglichen Planung abweicht, und ein für die gemeinsame Benutzung von 14 Wohnungseigentümern vorgesehener Abstellraum um etwa 2,5 qm kleiner ausfällt, als in der Teilungserklärung angegeben. Daß sich die Beklagte bei Abschluß des Vertrages der Parteien bewußt war, gegen eine Aufklärungspflicht verstoßen zu haben, die für den Kaufentschluß Bedeutung haben konnte, läßt sich unter diesen Umständen nicht feststellen.

21

3.

Ungeachtet dessen haben der Kläger und dessen Ehefrau sowie auch die anderen Wohnungseigentümer Miteigentum an den Kellergeschoßräumen nach Maßgabe des Aufteilungsplanes vom 29. Mai 1970 in dem Umfange erlangt, wie es hiernach vorgesehen war. Der Vergleich dieses Planes mit der tatsächlichen Ausführung (Bl. 7, 8 d.A.) zeigt, daß die Beklagte den Miteigentümern an Stelle des zwischen den Kellerabteilen 3 und 8 vorgesehenen Zugangswegstückes eine im Knick an die Treppe anschließende, etwa gleichgroße Fläche ihres Vorratsraumes, als Gemeinschaftseigentum hatte zur Verfügung stellen wollen, und daß sie in ihr Sondereigentum eine etwa 2,5 qm große Fläche des gemeinschaftlichen Abstellraumes am Treppenhaus als Küchenraum einbezogen hat. Die von der Beklagten auf der Grundlage des Aufteilungsplanes vom 29. Mai 1970 abgegebene Teilungserklärung wurde spätestens mit der Anlegung der Wohnungsgrundbücher wirksam (§ 8 Abs. 2 Satz 2 WEG; vgl. Palandt-Bassenge, 38. Aufl., Anm. 3 zu § 8 WEG). Das bedeutet, daß für die Beklagte Sondereigentum nur in den Grenzen des Aufteilungsplanes vom 29. Mai 1970 entstanden war, dagegen den Miteigentümern im übrigen das Miteigentum an den Kellergeschoß flächen in dem Umfange zustand, wie es im Aufteilungsplan vorgesehen war. Die dargestellten und aus den Plänen Bl. 7 und 8 d.A. ersichtlichen Abweichungen sind nämlich nicht so unbedeutend und geringfügig, daß für die Beklagte Sondereigentum im Umfang der von ihr vorgenommenen Begrenzung durch Innenwände entstehenden konnte. Nur bei minimalen Abweichungen der Bauausführungen vom Aufteilungsplan kommt aus Gründen der Praktikabilität eine "Berichtigung" des Aufteilungsplanes in Betracht (vgl. Soergel-Bauer, 11. Aufl., Rdn 10 zu § 7 WEG; OLG Düsseldorf in OLGZ 1977, 468, 469). Das Klagebegehren und auch der erstmalig in der Berufungsinstanz gestellte Hilfsantrag stellen sich hiernach zugleich auch als Verlangen des Klägers dar, daß die Beklagte durch Veränderung der Kellerwände den Miteigentümern den Mitbesitz verschaffen solle, wie er dem Miteigentum entspreche (§§ 985, 1011, 432 Abs. 1 Satz 1 BGB). Selbst wenn man für das Herausgabeverlangen des Mitbesitzes an den streitigen Kellerflächen eine Ermächtigung der übrigen Miteigentümer für erforderlich hielte, dann wäre dem durch Beschluß der Wohnungseigentümer vom 12. November 1976 genüge getan, denn hierin heißt es:

"Die Wohnungseigentümer beauftragen Herrn ... in seinem Namen einen Prozeß gegen Frau ... zu führen. Gegenstand dieses Prozesses ist;

1.
der unzulässige Eingriff von Frau ... in das gemeinschaftliche Eigentum an den Kellerräumen und am Geräteraum,

2.
die Prüfung der Frage, ob die Umwandlung von Teileigentum in Wohnungseigentum zulässig ist." (Bl. 48 d.A.).

22

4.

Indessen steht diesem Verlangen der Einwand unzulässiger Rechtsausübung entgegen (§ 242 BGB): Für das Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander gilt der Grundsatz, daß der Gebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums nicht so erfolgen darf, daß einer der Miteigentümer - ohne besondere Notwendigkeit - unzumutbar beeinträchtigt wird (vgl. §§ 10 Abs. 1 Satz 1 WEG, 743 Abs. 2 BGB). Insbesondere soll tunlichst vermieden werden, daß bei dem Zusammenleben einem der Miteigentümer über das unvermeidliche Maß hinaus ein Nachteil erwächst (§ 14 Ziff. 1 WEG). Durch die abweichende Ausführung der Kellergänge sind den übrigen Miteigentümern keinerlei Nachteile entstanden. Die Verkleinerung des Geräteraumes um etwa 2,5 qm fällt so wenig ins Gewicht, daß eine Verminderung des Nutzwertes für den einzelnen Wohnungseigentümer kaum praktisch werden kann. Es ist seitens des Klägers jedenfalls nichts dafür vorgetragen worden, daß der Geräteraum durch diese Verkleinerung für den vorgesehenen Zweck nicht mehr brauchbar wäre. Es kann dahinstehen, ob die vom Kläger verlangte bauliche Veränderung eine Änderung der Statik des Gesamtgebäudes wegen der Verschiebung tragender Kellerinnenwände mit sich brächte. Auch ohne Hilfe eines Sachverständigen läßt sich jedenfalls sagen, daß allein die Kosten der Veränderung in keiner vertretbaren Relation zu dem angestrebten Resultat stünden, den Abstellraum im Ergebnis um etwa 2,5 qm zu vergrößern. Zur Lösung des Konfliktes, der sich aus dem ungerechtfertigten Besitz der Beklagten an Teilen des gemeinschaftlichen Eigentums ergibt, bietet sich vielmehr die entsprechende Anwendung der Vorschriften des Grenzüberbaues durch einen Nachbarn an (§§ 912 ff BGB). Denn auch diese Vorschriften bedeuten die Einschränkung des Eigentums des betroffenen Nachbarn im Interesse nachbarrechtlicher Rücksichtnahme, wie sie auch die wirtschaftliche Vernunft erfordert. Der Kläger muß sich deshalb auf die Möglichkeit verweisen lassen, von der Beklagten wegen der ungerechtfertigten Einbeziehung von gemeinschaftlichem Eigentum in ihr Sondereigentum die Zahlung einer "Überbaurente" oder den "Abkauf" der streitigen Fläche verlangen zu können (§§ 913, 915 BGB). Denn es läßt sich - wie schon ausgeführt - nicht feststellen, daß die Beklagte sich dessen bewußt war, mit der vom Aufteilungsplan abweichenden Bauausführung Miteigentum der übrigen Wohnungseigentümer in Besitz genommen zu haben. Über die dingliche Wirkung der Teilungserklärung in diesem Sinne besteht unter Nicht Juristen im allgemeinen keine klare Vorstellung. Ein Verkäufer von Wohnungseigentum, wie die Klägerin, wird in der Regel vielmehr davon ausgehen, daß die Erwerber die Aufteilung der Kellerräume in der Form aktzeptieren, wie sie bei Abschluß des Verkaufes erkennbar vorhanden ist. Unter diesen Umständen kann der Beklagten nicht einmal der Vorwurf "grober Fahrlässigkeit" gemacht werden.

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5. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Wohnungseigentümer Nr. 3 und 8 bei der Beschlußfassung vom 12. November 1976 anwesend waren, denn der Kläger ist mit diesem Beschluß nur zur Verfolgung von Ansprüchen ermächtigt worden, die sich aus dem gemeinschaftlichen Eigentum an den Kellerräumen ergeben konnten, nicht aber für die Verfolgung von Ansprüchen der Wohnungseigentümer zu 3) und 8 auf Überlassung des Besitzes an den im Aufteilungsplan als Sondereigentum ausgewiesenen Keller abteilen 3 und 8. Es kann deshalb dahinstehen, wie die Rechtsbeziehungen zwischen den Wohnungseigentümern Nr. 3 und 8 und der Beklagten in Bezug auf diese beiden Kellerräume zu beurteilen wären und ob diesen Erwerbern diese Räume vertraglich mitveräußert worden waren.

24

6.

Entgegen der Ansicht der Beklagten sind Klage- und Berufungsanträge genügend bestimmt im Sinne von § 253 ZPO, weil sie in Verbindung mit den von vornherein eingereichten Aufteilungsplänen Bl. 7, 8 d.A. und der Protokoll anlage vom 25.5.1979 eindeutig abgegrenzt und bestimmt werden können.

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7.

Andererseits stellt sich das Verlangen der Berufungserwiderung, dem Kläger die Kosten des Verfahrens der einstweiligen Anordnung vor dem Amtsgericht ... aufzuerlegen, nicht als Anschlußberufung dar, denn in Folge der verbindlichen Abgabe- und Verweisungsbeschlüsse besteht ein einheitlicher, prozeßrechtlicher Zusammenhang des gesamten Verfahrens (§§ 46 Abs. 1 WEG; 281 Abs. 2 ZPO), und zur Entscheidung über Verfahrens kosten bedarf es eines besonderen Antrages nicht (§ 308 Abs. 2 ZPO). Hätte das Landgericht eine notwendige Kostenentscheidung unterlassen, dann hätte insoweit eine Nachholung durch den Senat auch ohne besonderen Antrag erfolgen müssen.

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Allerdings ist das Verfahren der einstweiligen Anordnung vom Richter der freiwilligen Gerichtsbarkeit in ... in den Verweisungsbeschluß vom 31. Januar 1978 gar nicht einbezogen, sondern in den Gründen ausdrücklich als "gegenstandslos" behandelt worden (vgl. Bl. 94, 95 d.A.). Insoweit steht also auch eine Kostenentscheidung gemäß §§ 47, 48 WEG noch aus. Mit ihrem Antrag, dem Kläger die Verfahrens kosten insoweit aufzuerlegen, ist die Beklagte aber offensichtlich davon ausgegangen, daß dieses Verfahren Teil des streitigen Prozesses geworden war. Der Senat geht deshalb davon aus, daß dieser Kostenantrag nur hilfsweise für den Fall hatte gestellt werden sollen, daß das Verfahren der einstweiligen Anordnung nicht noch beim Richter der Freiwilligen Gerichtsbarkeit - zumindest hinsichtlich der Kostenfrage - schwebt.

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Die Nebenentscheidungen entsprechen §§ 97 Abs. 1, 708 Ziff. 10, 713, 546 Abs. 2 ZPO.

Streitwertbeschluss:

Die Entscheidungsbeschwer des Klägers beträgt 10.000 DM.