Oberlandesgericht Braunschweig
Urt. v. 14.10.1993, Az.: 1 U 11/93

Anspruch auf Restwerklohn; Pflicht zur gesonderten Vergütung einer Leistung; Auslegung des Leistungsverzeichnisses; Rechtsnatur von Abschlagsrechnungen und deren Begleichung; Vorliegen einer Anscheinsvollmacht oder einer Duldungsvollmacht des Bauleiters; Korrektur von Einheitspreisen; Klärung des Umfangs der verwendeten Stahlmengen; Rechtmäßigkeit eines Skonto-Abzugs

Bibliographie

Gericht
OLG Braunschweig
Datum
14.10.1993
Aktenzeichen
1 U 11/93
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1993, 21029
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGBS:1993:1014.1U11.93.0A

Verfahrensgang

vorgehend
LG Braunschweig - 07.01.1993 - AZ: 21 O 39/93

Fundstellen

  • IBR 1995, 108 (Volltext mit amtl. LS u. Anm.)
  • IBR 1995, 160 (Volltext mit red. LS u. Anm.)
  • NJW-RR 1995, 81-82 (Volltext mit red. LS)

Verfahrensgegenstand

restlicher Werklohnforderung

Redaktioneller Leitsatz

  1. 1.

    Die Werklohnforderung des Auftragnehmers ist eine einheitliche. Abschlagsrechnungen und Abschlagszahlungen sind zwar von der tatsächlich erbrachten Leistung abhängig. Das bedeutet aber nicht, dass durch derartige Zahlungen die nachgewiesenen Leistungen endgültig vergütet werden.

  2. 2.

    Sowohl eine Abschlagsrechnung mit der damit verbundenen Aufstellung der erbrachten Leistungselemente durch den Auftragnehmer als auch die Abschlagszahlung des Auftraggebers stellen nur eine vorläufige Erledigung dar. Aus ihnen kann weder ein Verzicht noch ein Anerkenntnis der Vertragspartner abgeleitet werden.

In dem Rechtsstreit
hat der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Braunschweig
durch
den Präsidenten des Oberlandesgerichts ... sowie
die Richter am Oberlandesgericht ... und ...
aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 12. August 1993
für Recht erkannt:

Tenor:

Aufgrund der Berufung der Beklagten wird das Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Braunschweig vom 07. Januar 1993 abgeändert,

Das Versäumnisurteil des Landgerichts Braunschweig vom 13. Juni 1991 bleibt aufrecht erhalten in Höhe von 33.829,14 DM, abzgl. am 07. August 1991 gezahlter 8.221,09 DM und abzgl. am 14. November 1991 für erledigt erklärter 197,60 DM, im Zinsausspruch mit der Maßgabe, daß der Zinssatz vom 21. Dezember 1990 bis zum 14. März 1991 11 %, vom 15. März 1991 bis zum 28. November 1991 12 % und seit dem 29. November 1991 9,5 %, mindestens aber 1 % über dem jeweiligen Lombardsatz der Deutschen Bundesbank, beträgt.

In Höhe von 39.934,63 DM wird das Versäumnisurteil aufgehoben. Die Klage wird in Höhe von 27.871,43 DM abgewiesen.

Die Entscheidung wegen des restlichen Betrages von 5.623,29 DM sowie über die Kosten des Berufungsverfahrens bleibt dem Schluß-Urteil vorbehalten.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beschwer der Beklagten beträgt 25.410,45 DM, diejenige der Klägerin beträgt 27.871,43 DM.

Tatbestand

1

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe

2

Aufgrund der zulässigen Berufung der Beklagten kann der Senat vorliegend erst über einen Teil des Klageanspruchs entscheiden und insoweit ein Teil-Urteil erlassen (§ 301 Abs. 1 ZPO). Im Rahmen dieser Entscheidung hat das Rechtsmittel nur teilweise Erfolg.

3

1.

Die ursprünglich in der Berufungsinstanz streitige Klagesumme betrug 70.968,37 DM: In ihrer Schlußrechnung vom 05.10.1990 hatte die Klägerin einen restlichen Werklohnanspruch von 83.114,74 DM geltend gemacht. Von diesem Betrag hat sie vor Rechtshängigkeit 3.727,12 DM (3.269,40 DM netto) abgezogen, so daß sich der in der Klageschrift und in dem Versäumnisurteil des Landgerichts vom 13.06.1991 enthaltene Betrag von 79.387,02 DM ergab. Im Verlauf des Rechtsstreits haben die Parteien sodann übereinstimmende Erledigungserklärungen in Höhe von 8.221,09 DM und von 197,60 DM abgegeben. Die verbliebene Forderung von 70.968,37 DM hat die Klägerin nunmehr durch Klagerücknahme, der die Beklagte ausdrücklich zugestimmt hat, um 12.063,20 DM vermindert. Es verbleiben somit noch 58.905,17 DM. Aufgrund des vorliegenden Teilurteils muß die Beklagte von diesem Betrag 25.410,45 DM bezahlen, während 27.871,43 DM als unberechtigt abzusetzen sind. Es verbleiben 5.623,29 DM, über die erst nach Beweisaufnahme im weiteren Verfahren entschieden werden kann.

4

2.

Der Streit der Parteien betrifft im wesentlichen die Frage, ob und ggf. in welcher Höhe die Beklagte die innere Stahlbewehrung der Fertigteildecke bezahlen muß. In diesem Zusammenhang erweist sich die Ansicht des Landgerichts als zutreffend, daß die Beklagte nach dem Inhalt des Vertrages die Bewehrung gesondert zu zahlen hat.

5

In ihrer Schlußrechnung hat die Klägerin in Position 06.0410 insgesamt 68.169,51 DM netto für 23.108,31 kg Betonstahlmatten berechnet. Die Fertigteildecke, d.h. also ohne die Bewehrung, hat sie in der Position 06.1060 gesondert in Rechnung gestellt. Das Leistungsverzeichnis enthält einführend zum Abschnitt "Beton- und Stahlbetonarbeiten" unter Nr. 913 000 15 "Bewehrung" folgende Vorschrift:

"Die Bewehrung ist in besonderen Positionen, soweit nicht im Leistungstext anders geregelt, erfaßt. Die Abrechnung der Bewehrung erfolgt nach den Stahllisten des Statikers ohne Zuschläge für Verschnitt. Die Stahllisten sind die ausschließliche Abrechnungsgrundlage ..."

6

Als Nr. 913 913 14 des Leistungsverzeichnisses ist bei den Beton- und Stahlbetonarbeiten sodann die Fertigteildecke wie folgt beschrieben:

"Fertigteildecke als "Filigran"-Elementdecke, Plattendecke 4 cm, aus Stahlbeton werksgefertigt, ... liefern und auf Leergerüst verlegen, einschließlich Abdichtung der Elementstöße."

7

In diese von der Beklagten gefertigte Leistungsbeschreibung hat die Klägerin einen Einheitspreis von 59,10 DM für den Quadratmeter eingetragen.

8

Am Schluß dieses Abschnitts der Leistungsbeschreibung hat die Beklagte unter Nr. 999 001 09 insgesamt 7.000 kg Stahlbetonmatten aufgeführt, für die die Klägerin einen Einheitspreis von 2,95 DM eingesetzt hat.

9

Zum Begriff der Filigrandecke ist erläuternd zu bemerken: Ein Filigranelement ermöglicht den Bau einer Massivdecke ohne Schalung mit Sichtbeton-Untersicht Die Elemente werden auf Montagestützen verlegt. Oben auf die Elemente werden anschließend die tragenden Stahlbetondecken gegossen. Die Untersicht der Filigranelemente ist eben und glatt und erfordert später lediglich eine Nachbehandlung durch den Maler.

10

Nach dem vom Landgericht eingeholten schriftlichen Gutachten des Sachverständigen ... vom 03.04.1992 ergibt sich aus der wiedergegebenen Anordnung der Ausschreibung für den Fachmann, daß die Bewehrung gesondert unter der zuletzt genannten Nr. 999 001 09 abgerechnet werden sollte, d.h. also im Rahmen einer Sonderposition zu Nr. 913 000 15. Eine Regelung dergestalt, daß die Bewehrung mit einzukalkulieren sei, hätte sich, wie der Sachverständige weiter ausgeführt hat, nur durch einen entsprechenden Leistungstext ergeben, zu dem auch eine Mengenangabe über die vorgesehene Bewehrung (= kg/qm) gehört hätte. In der mündlichen Verhandlung vom 08.10.1992 hat ... ergänzend ausgeführt, in der Regel sei zum Zeitpunkt der Ausschreibung noch nicht bekannt, was im einzelnen an Bewehrung erforderlich sein werde. Der Statiker rechne dies erst zu einem späteren Zeitpunkt genau aus. Der Anbieter habe also bei der Ausschreibung noch nicht die Möglichkeit, die Bewehrung zu kalkulieren. Es komme hinzu, daß auch das Herstellerwerk die Preise getrennt nach Bewehrung und Beton kalkuliere. Sache des Ausschreibenden sei es, dem Anbieter die für die Decke erforderliche Bewehrung anzugeben. Erst danach könne dieser bestellen. Der Sachverständige Matthes hat in seinen schriftlichen und auch mündlichen Ausführungen außerdem darauf hingewiesen, daß auch der von der Klägerin berechnete Einheitspreis von 59,10 DM für einen Quadratmeter Fertigdecke sich lediglich auf den Beton beziehe, die Bewehrung aber nicht enthalte. Für die Decke einschließlich der Stahlbewehrung sei ein Preis zwischen 96,30 DM und 112,43 DM/qm angemessen.

11

Eine für die Beklagte günstigere Auslegung des Leistungsverzeichnisses ergibt sich entgegen ihrer Ansicht auch nicht aus der besonderen Reihenfolge dieses Verzeichnisses im Zusammenhang mit den Positionen 913 000 14 sowie 913 913 00 (LV S. 17, 22). Nach der erstgenannten Position des Verzeichnisses ist die Schalung in gesonderten Positionen erfaßt, soweit der Leistungstext nichts Abweichendes regelt. In der zweiten Position ist vorgesehen, daß die Schalung in die Betonpositionen einzukalkulieren sei und nicht gesondert vergütet werde. Die nächste Position 913 913 14 des Leistungsverzeichnisses betrifft sodann die Beschreibung der Fertigteildecke mit dem bereits wiedergegebenen Inhalt. Die Beklagte leitet aus dieser Anordnung des Verzeichnisses die Schlußfolgerung ab, die Klägerin könne keine gesonderte Vergütung für die innere Bewehrung der Decke verlangen; beide zuletzt genannten Positionen für die Schalung und die Fertigteildecke seien anderweitige Regelungen gegenüber den allgemeinen Positionen des Verzeichnisses. Diese Auffassung ist nicht zutreffend. Zwar dürfte Nr. 913 913 00 bzgl. der Schalung eine Sonderregelung gegenüber Nr. 913 000 14 sein, da dort ausdrücklich vorgesehen ist, die Schalung werde nicht gesondert vergütet. Eine vergleichbare Regelung für die Fertigteildecke enthält Position 913 913 14 aber nicht. Unter 999 001 09 sind sogar ausdrücklich bestimmte Mengen von Betonstahlmatten, erwähnt. So hat auch die Klägerin das Leistungsverzeichnis verstanden, als sie in ihrem Schreiben vom 13.09.1989, mit dem sie das mit Preisen versehene Leistungsverzeichnis an die Beklagte zurückgeschickt hat, ausdrücklich darauf hinwies, daß sie bestimmte Positionen des Abschnitts Beton- und Stahlbetonarbeiten gemäß den Vorbemerkungen des Leistungsverzeichnisses ohne Schalungsarbeiten kalkuliert habe. Zusätzlich hat die Klägerin im Leistungsverzeichnis jeweils bei den betreffenden Positionen handschriftlich hinzugefügt: "Ohne Schalung".

12

Die Beklagte kann auch nicht geltend machen, die Klägerin habe den von ihr angebotenen Einheitspreis von 59,10 DM für den Quadratmeter Fertigteildecke als Komplettpreis verstanden, also einschließlich der Bewehrung. Sie habe nämlich bei Erteilung ihrer Abschlagsrechnungen jeweils den gesamten bis dahin erbrachten Leistungsstand erfaßt; und die Stahlbewehrung hätte in der zweiten Abschlagsrechnung enthalten sein müssen. Gegen diese Argumentation spricht bereits, daß der Sachverständige ... den Angebotspreis von 59,10 DM eindeutig als angemessen für die Decke ohne Bewehrung bezeichnet hat. Folgender Gesichtspunkt kommt hinzu: Zwar enthält die zweite Rechnung vom 23.02.1990 auf S. 3 die Fertigteildecke und als gesonderte Position rd. 11.590 kg Betonstahlmatten, während in der Schlußrechnung zusätzlich zur Fertigteildecke insgesamt 23.108,31 kg Betonstahlmatten aufgeführt sind. Die Klägerin war aber durch Erteilung der zweiten Abschlagsrechnung nicht gehindert, in der Schlußrechnung zusätzlich erbrachte Positionen zu berechnen, auch wenn diese bereits in jener Rechnung hätten angesetzt werden können. Die Werklohnforderung des Auftragnehmers ist eine einheitliche. Abschlagsrechnungen und Abschlagszahlungen sind zwar von der tatsächlich erbrachten Leistung abhängig. Das bedeutet aber nicht, daß durch derartige Zahlungen die nachgewiesenen Leistungen endgültig vergütet werden. Sowohl die Abschlagsrechnung mit der damit verbundenen Aufstellung der erbrachten Leistungselemente durch den Auftragnehmer als auch die Abschlagszahlung des Auftraggebers stellen nur eine vorläufige Erledigung dar. Aus ihnen kann weder ein Verzicht noch ein Anerkenntnis der Vertragspartner abgeleitet werden (Ingenstau-Korbion, VOB, 11, Aufl., B § 16 Rdnr. 35 m.w.N.; Heiermann-Riedl, Rusam, Handkommentar zur VOB, 6. Aufl., B § 16, 1 Rdnr. 44).

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Gegen die Richtigkeit der Auslegung des Leistungsverzeichnisses dahingehend, daß die Bewehrung für die Filigrandecke gesondert in Rechnung zu stellen war, kann die Beklagte auch nicht einwenden, die Klägerin habe vor Rücksendung des von ihr mit Einheitspreisen versehenen Verzeichnisses, also vor Vertragsschluß, den Umfang der Bewehrung gekannt. Die Beklagte hat bereits mit Schriftsatz vom 30.11.1992 behauptet, die Klägerin habe zuvor alle Bauunterlagen einschließlich der bereits erstellten Statik im Architekturbüro Kloster und Wiebe eingesehen. Unabhängig davon, daß die Klägerin demgegenüber geltend macht, die Statik allein ermögliche keine hinreichend genauen Feststellungen über die erforderliche Stahlmenge, dazu seien auch die Bewehrungspläne und Stahllisten erforderlich, die selbst nicht Gegenstand der Statik seien, ist folgendes zu bedenken: Die Klägerin traf keine Verpflichtung, den Umfang der von der Beklagten im Leistungsverzeichnis vorgegebenen Größen und Mengen nachzuprüfen. Von der Richtigkeit dieser Angaben konnte sie in jenem Stadium der vorvertraglichen Gespräche ausgehen. Im übrigen haben die Parteien sodann § 2 Abs. 1 der Allgemeinen Vertragsbedingungen der Beklagten gestrichen; die Klägerin hatte sich demzufolge vor Abgabe ihres Angebots ausdrücklich nicht über den Umfang der Leistung genau zu unterrichten und etwaige Unklarheiten zu klären. Der Einwand der Beklagten, der Sachverständige habe bei seiner mündlichen Anhörung darauf hingewiesen, im Zeitpunkt der Ausschreibung sei "in der Regel" noch nicht bekannt, was im einzelnen an Bewehrung erforderlich sein werde, führt zu keinem gegenteiligen Ergebnis Weder der Text der von der Beklagten verfaßten Leistungsbeschreibung noch deren Inhalt ändern sich, selbst wenn die Klägerin die Bauunterlagen einschließlich der Statik vor Abgabe ihres Angebots eingesehen haben sollte.

14

Zusammenfassend ist damit festzuhalten: Nach dem Leistungsverzeichnis, das Bestandteil des Vertrages ist, kann die Klägerin die Bewehrung der Fertigteildecke gesondert berechnen,

15

3.

Die Beklagte hat bereits im Schriftsatz vom 18.11.1991 behauptet, am 09.08.1990 hätten die Parteien die von der Klägerin bis dahin in Rechnung gestellten Leistungen gemeinsam überprüft und seien jede einzelne Position durchgegangen; die gemeinsam ermittelte Bruttosumme habe beinhaltet, daß alle diesem Betrag zugrundeliegenden überprüften Leistungen der Klägerin abschließend abgerechnet gewesen seien. Das Landgericht hat diese Behauptung und den Beweisantritt der Beklagten als unbeachtlich angesehen, da für den benannten Zeugen ..., der die Verhandlungen für die Klägerin geführt haben soll, keine Anhaltspunkte für eine vorgetragene Anscheins- bzw. Duldungsvollmacht geltend gemacht worden seien. Diese Argumentation mag im Hinblick auf den bereits erwähnten Schriftsatz der Beklagten vom 18.11.1991 zweifelhaft sein. Das Ergebnis, daß der Beweis nicht zu erheben ist, ist jedenfalls zutreffend.

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Daß der Bauleiter ... ausdrücklich bevollmächtigt gewesen wäre, bei jener Besprechung auch weitreichende Vereinbarungen über die dem Vertragsverhältnis zugrundeliegende Preisstruktur zu treffen, ist nicht erwiesen, Aufgrund der gegenteiligen und nachvollziehbaren Erklärungen des Inhabers der Klägerin in der Senatsverhandlung dürfte vielmehr vom Gegenteil auszugehen ist. In Betracht zu ziehen wäre also allenfalls, ob Erklärungen des Bauleiters Hill im Rahmen einer Anscheins- oder Duldungsvollmacht zu Lasten der Klägerin berücksichtigt werden könnten. Die Voraussetzungen einer Duldungsvollmacht sind gegeben, wenn der Vertretene es wissentlich geschehen ist, daß ein anderer für ihn wie ein Vertreter auftritt und der Geschäftsgegner dieses Tun nach Treu und Glauben dahin verstehen darf, daß der Handelnde bevollmächtigt ist (vgl. Palandt-Heinrichs, BGB, 52. Aufl., § 173 Anm. 4 b aa m.w.N.). Ein derartiger Fall kommt vorliegend nicht in Betracht, weil unstreitig der Inhaber der Klägerin den Bauleiter ... nicht wissentlich als Vertreter bei Preisabsprachen agieren ließ.

17

Nach dem tatsächlichen Vorbringen der Beklagten sind auch die Voraussetzungen einer Anscheinsvollmacht nicht gegeben, so daß eine Beweisaufnahme nicht erforderlich ist, Ebenso wie die Duldungsvollmacht beruht auch die Anscheinsvollmacht auf dem Gedanken des Vertrauensschutzes und damit auf dem Grundsatz von Treu und Glauben (BGH NJW 1962, 1003 [BGH 28.03.1962 - VIII ZR 187/60];  56, 1674). Die Beklagte konnte bei der Besprechung am 09.08.1990 aber nicht darauf vertrauen, daß der Bauleiter der Klägerin berechtigt sein könnte, auch verbindliche Absprachen im Hinblick auf die grundsätzliche Preisgestaltung zu treffen, die dem Vertragsverhältnis zugrunde lag. Die Besprechung diente dem Zweck, die bisher von der Klägerin erbrachten Leistungen zusammenfassend zu prüfen und die in den vorliegenden Abschlagsrechnungen enthaltenen Aufmaße festzustellen. Das kommt in der 6. Abschlagsrechnung vom 11.06.1990, die unmittelbarer Ausgangspunkt der gemeinsamen Prüfung war, auch deutlich zum Ausdruck. Diese Abschlagsrechnung ist mit diversen Korrekturen und handschriftlichen Bemerkungen versehen, und auch Preise sind geändert. Sämtliche Änderungen betreffen zunächst aber ausschließlich die angegebenen Mengen bzw. das Aufmaß. In keinem Fall sind Einheitspreise korrigiert worden, Soweit ursprüngliche Zahlungsbeträge ersetzt worden sind, ist dies lediglich das Ergebnis der geänderten Menge oder des geänderten Aufmaßes. Zu berücksichtigen ist ferner, daß Herr ... nach der nicht bestrittenen Erklärung des Inhabers der Klägerin in der Senatsverhandlung erst kurz vor dieser Besprechung als neuer Bauleiter eingestellt worden und mit dem Bauprojekt noch nicht vertraut war. Unter diesen Umständen konnte die Beklagte nicht davon ausgehen, daß der Bauleiter berechtigt sein könnte, verbindliche Preisabsprachen in der hier streitigen Größenordnung mit der Beklagten zu treffen. Gesichtspunkte des Vertrauensschutzes kommen daher für die Beklagte nicht in Betracht. Auch die Behauptung der Beklagten, ursprünglich habe der Inhaber der Klägerin den Termin selbst wahrnehmen wollen, ändert daran nichts. Gegenstand der Besprechung sollten nicht Einheitspreise und auch nicht die im Ursprungsvertrag getroffenen Vereinbarungen über die Preisgestaltung sein, sondern die Prüfung der von der Klägerin in der 6. Abschlagsrechnung im einzelnen aufgeführten Arbeitspositionen mit den dazu gehörenden Mengen und Massen. Daß die Gesprächspartner am 09.08.1990 tatsächlich keine Vereinbarung über die Berechnung der Bewehrung der Filigrandecke getroffen haben, folgt auch daraus, daß bei Position 06.0410 der 6. Abschlagsrechnung lediglich eine bestimmte Menge "Betonstahlmatten liefern, schneiden" geltend gemacht war, was den in der Decke enthaltenen Stahl nicht betreffen konnte: Diesen Stahl hatte die Klägerin weder geliefert noch geschnitten.

18

4.

Die Beklagte macht ferner geltend, sie könne mit Rücksicht auf den zusätzlichen Stahlverbrauch eine Reduzierung des vereinbarten Einheitspreises verlangen. Diese Ansicht ist unzutreffend.

19

Nach § 3 Abs. 2 i.V.m. § 4 Abs. 2 der Allgemeinen Vertragsbedingungen der Beklagten behalten die vereinbarten Einheitspreise ihre Gültigkeit auch dann, wenn die tatsächlichen Massen von den im Vertrag angegebenen abweichen; der Auftraggeber hat jedoch bei Änderungen, wie sie bei der Planung und Durchführung von Bauwerken eigentümlich sind, das Recht, den Auftrag zu mindern oder zu erweitern und dementsprechend auch Anspruch auf Vereinbarung eines neuen Einheits- oder Pauschalpreises, wenn die Änderung so wesentlich ist, daß ein Festhalten am ursprünglichen Preis nicht zumutbar ist. Ein derartiger Fall ist vorliegend nicht gegeben. Es handelt sich bei dem von der Klägerin angegeben Mehrverbrauch an Stahlmatten nicht um eine Änderung, wie sie bei der Planung und Durchführung von Bauwerken eigentümlich ist, sondern allenfalls um unrichtige Berechnungen seitens der Beklagten bei ansonsten unverändertem Planungsstand. Die in § 4 Abs. 2 AGB enthaltene Bestimmung, auf die die Beklagte sich beruft, findet daher keine Anwendung. Die Beklagte kann ihren Anspruch auch nicht aus § 2 Nr. 3 Abs. 2 VOB/B herleiten. Diese Bestimmung, die bei Überschreitungen des Mengenansatzes von mehr als 10 % einen Anspruch auf Vereinbarung eines neuen Preises vorsieht, wird vorliegend verdrängt durch die Sonderregelungen in den Allgemeinen Vertragsbestimmungen der Beklagten. Im übrigen hat die Beklagte die im Urteil des Landgerichts (S. 6 oben) wiedergegebene, nicht protokollierte Aussage des Sachverständigen nicht bestritten, aus der erhöhten Stahlmenge würden sich keine günstigeren Beschaffungskosten ergeben.

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5.

Die Beklagte bestreitet in der Berufungsbegründung auch, daß die Klägerin für die innere Bewehrung der Decke tatsächlich zusätzlich 10.285,88 kg Stahl geliefert und verlegt habe; eine vorsorglich vorgenommene Überprüfung anhand der Einzelblätter des Bewehrungsplanes für die Filigranelementdecke habe ergeben, daß das Gesamtgewicht nur 6.294,32 kg ausmache. Weitere Einwendungen hat die Beklagte erhoben, nachdem die Klägerin ihre ursprünglichen Mengeangaben im Schriftsatz vom 26.08.1993 korrigiert hatte. Aufgrund des Sach- und Streitstandes, wie er sich nunmehr darstellt, ist der Umfang der von der Klägerin verwendeten Stahlmengen weitgehend geklärt. Offen ist lediglich der der weiteren Verhandlung und Entscheidung vorzubehaltende Betrag von 5.623,29 DM.

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Die Klägerin hat nach ihrem nunmehr geänderten tatsächlichen Vorbringen insgesamt 8.997,59 kg Betonstabstahl verbaut (Position 06.0400 der Schlußrechnung vom 05.10.1990). Bei einem vereinbarten Einheitspreis von 2,75 DM berechnet sie jetzt 24.743,24 DM. Dieser Betrag ist rechnerisch zutreffend auf 24.743,37 DM zu korrigieren. Die Beklagte behauptet demgegenüber im Schriftsatz vom 14.09.1993, die Klägerin habe 1.070,54 kg weniger Betonstahl verwendet. In jedem Fall sind also bei der Position 06.0400 bereits 7.927,05 kg Betonstabstahl zu einem Nettopreis von 21.799,38 DM zu berücksichtigen. Die Differenz zwischen dem von der Klägerin geforderten und dem von der Beklagten zugestandenen Zahlungsbetrag macht 2.943,99 DM aus. Nach Addition von 14 % von Mehrwertsteuer (412,16 DM) ergeben sich 3.356,15 DM. Um diesen Betrag streiten die Parteien bzgl. der Position 06.0400 der Schlußrechnung der Klägerin.

22

Bei der Position 06.0410 dieser Schlußrechnung legt die Klägerin nunmehr 19.344,46 kg Betonstahlmatten zugrunde, die sie bei einem vereinbarten Einheitspreis von 2,95 DM mit insgesamt 57.066,16 DM netto berechnet. Bei dem in dieser Position 06.0410 abgerechneten Stahl ist auch die innere Bewehrung für die Filigrandecke enthalten, und zwar nach den jetzt maßgebenden Angaben der Klägerin mit 6.472,03 kg (2.068,87 kg zzgl. 4.403,16 kg). Das ergibt sich aus der dem neuen Schriftsatz der Klägerin beigefügten entsprechenden Aufmaßberechnung. Die Beklagte beanstandet die neuen Angaben und bestreitet auch die von der Klägerin nunmehr behauptete Stahlmenge für die innere Bewehrung; sodann macht sie geltend, insgesamt 496,43 kg Stahl, der bei Position 06.0410 abgerechnet sei, sei tatsächlich nicht erforderlich gewesen.

23

Von den 19.344,46 kg Betonstahlmatten, die die Klägerin nunmehr geltend macht, sind bereits jetzt 18.670,32 kg als begründet, da von der Beklagten nicht bestritten, anzusehen. Einstweilen nicht abschließend zu beurteilen sind die 496,43 kg, die die Beklagte als nicht erforderlich bezeichnet, sowie die Differenz, die sich für die Filigrandecke nach den Behauptungen der Klägerin und der Beklagten ergibt. Diese Differenz beträgt 177,71 kg. Während die Klägerin einen Verbrauch von 6.472,03 kg behauptet, hat die Beklagte selbst 6.294,32 kg errechnet, wie sie in der Berufungsbegründung (S. 5) angegeben hat. Die bereits jetzt unstreitige Stahlmenge von 18.670,32 kg ergibt bei einem Einheitspreis von 2,95 DM einen Nettobetrag von 55.077,44 DM. Nach Abzug dieser Summe von der von der Klägerin geltend gemachten (57.066,16 DM) verbleiben 1.988,72 DM, die sich um die Mehrwertsteuer (278,42 DM) auf 2.267,14 DM erhöhen.

24

Bei der Abrechnung der von der Klägerin zugrundegelegten Stahlmengen (Positionen 06.0400 sowie 06.0410) ergibt sich zwischen dem Vorbringen beider Parteien also eine Differenz von insgesamt 5.623,29 DM (3.356,15 DM zzgl. 2.267,14 DM). Im übrigen ist die Abrechnung der Klägerin als maßgebend zugrundezulegen.

25

6.

Die Parteien streiten sodann um einen Skonto-Abzug von 8.696,89 DM, den die Beklagte vornehmen möchte. Nach den zugrundeliegenden Vereinbarungen soll die Beklagte 2 % Skonto erhalten bei Zahlung per Scheck innerhalb von acht Tagen. Das ergibt sich aus entsprechenden Schreiben der Klägerin vom 29.09.1989 und der Beklagten vom 04.10.19.89. Die Beklagte ist lediglich zu einem Skonto-Abzug von 3.085,30 DM berechtigt.

26

Die im Schriftsatz der Klägerin vom 04.10.1991 genannten Daten für den jeweiligen Rechnungseingang bei der Beklagten und den Scheckeingang bei der Klägerin sind unstreitig bis auf den Eingang des Schecks für die erste Abschlagsrechnung, den die Klägerin dort mit dem 05.02.1990 angegeben hat, während die Beklagte den 03.02.1990 behauptet. Ein Skonto-Abzug steht der Beklagten insoweit nicht zu, ohne daß es auf den Streit der Parteien ankäme. Die erste Abschlagsrechnung ist bei der Beklagten am 25.01.1990 eingegangen, so daß die Frist am 26.01. begann und am 02.02.1990, einem Freitag, endete (§§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 1 BGB). Die Beklagte hat auch die vereinbarte Frist von acht Tagen bzgl. der Abschlagsrechnungen Nr. 3 bis Nr. 6 nicht eingehalten. Das steht aufgrund der insoweit unstreitigen Daten fest. Dagegen ist ein Skonto-Abzug bzgl. der zweiten Abschlagsrechnung berechtigt: Der Scheck ist unstreitig bei der Klägerin am 06.03.1990 eingegangen, während die Klägerin nicht anzugeben vermag, wann die Rechnung der Beklagten angekommen ist. Die Beklagte behauptet insoweit als Datum den 26.02.1990. Auf der Kopie der bei den Akten befindlichen zweiten Abschlagsrechnung befindet sich ein Eingangsstempel mit dem Datum 26. Februar 1996, wobei die Angabe des Jahres auf einem offensichtlichen Irrtum beruht. Die Rechnung ist ausgestellt am 23.02.1990, so daß der Eingangsstempel im übrigen bzw. die Angabe des Tages zutreffend sein dürften. Das bedeutet, daß die Zahlung der Beklagten innerhalb der Acht-Tages-Frist erfolgt ist. Der Beklagten stehen daher 2 % des auf die Rechnung gezahlten Abschlagsbetrages von 154.265,13 DM zu, mithin 3.085,30 DM.

27

Die Beklagte rechtfertigt den Skonto-Abzug außerdem mit der Begründung, die Rechnungen seien wegen Überhöhung insgesamt noch nicht fällig gewesen. Diese Argumentation ist im Ergebnis unzutreffend. Denn nach § 16 Nr. 5 Abs. 2 VOB/B sind nicht vereinbarte Skonto-Abzüge unzulässig. Die Beklagte kann einen entsprechenden Abzug von den ihr erteilten Rechnungen also nur dann vornehmen, wenn sie per Scheck zahlt und wenn dieser Scheck innerhalb von acht Tagen bei der Klägerin eingegangen ist. Außerdem ist darauf hinzuweisen, daß die Abschlagsrechnungen jedenfalls in Höhe der jeweils erbrachten Leistungen fällig waren; die Beklagte hätte ggf. im übrigen mindern können (vgl. Ingenstau-Korbion, a.a.O., B § 16 Rdnr. 37 m.w.N.; Heiermann-Riedl-Rusam, a.a.O., B § 16.1 Rdnr. 11). Etwa geleistete Überzahlungen hätte die Beklagte nach Bereicherungsrecht zurückverlangen können. Allerdings hat die Beklagte, wie sie selbst einräumt, jeweils im Vertrauen darauf gezahlt, daß die von der Klägerin abgerechneten Leistungen auch tatsächlich erbracht waren. Die Beklagte hat also auf eigenes Risiko gehandelt und kann nicht nachträglich die (ohnehin unzulässigen) Skonto-Abzüge damit rechtfertigen, zur Zeit der jeweiligen Rechnungserteilung seien die abgerechneten Leistungen nicht vollständig erbracht gewesen.

28

7.

Der letzte Streitpunkt der Parteien betrifft den Sicherheitseinbehalt, den die Beklagte vorgenommen hat. Insoweit hat die Verteidigung der Beklagten jedenfalls im Ergebnis Erfolg.

29

Nach § 9 Abs. 2 AGB werden 5 % der Gesamtabrechnungssumme erst fällig nach Ablauf der Gewährleistung. Diese beträgt nach dem von beiden Parteien unterschriebenen Verhandlungsprotokoll vom 26.09.1989, welches Vertragsbestandteil ist, fünf Jahre und einen Monat, ist also noch nicht abgelaufen. In § 9 Abs. 3 AGB ist vorgesehen, daß der Sicherheitsbetrag in Abweichung von § 17 VOB/B als zinsloser Einbehalt beim Auftraggeber stehenbleibt, sofern der Auftragnehmer den einbehaltenen Betrag nicht durch eine Bürgschaft ablöst. Die Beklagte hat diesen Sicherheitseinbehalt mit 24.786,13 DM errechnet, die Klägerin hat diesen Betrag übernommen.

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Die genannten Vorschriften der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten verstoßen entsprechend der Argumentation des Landgerichts gegen § 9 AGB-Gesetz und sind daher unwirksam. Denn die Bestimmungen über die Sicherheitsleistung benachteiligen die Klägerin entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen. Nach § 17 Nr. 5 und Nr. 6 VOB/B -die Verdingungsordnung für Bauleistungen ist insgesamt für Bauherren und Bauhandwerker eine angemessene und ausgewogene Regelung- muß der Auftraggeber einen Sicherheitsbetrag von seinem eigenen Vermögen trennen, da es Fremdgeld ist. Der Betrag muß auf ein Sperrkonto eingezahlt und dem Auftragnehmer muß davon Mitteilung gemacht werden. Eine Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, nach der der Auftraggeber nicht verpflichtet ist, den einbehaltenen Betrag auf ein Sperrkonto einzuzahlen, verstößt gegen § 9 AGB-Gesetz, weil sie dem Sinn und Zweck der Sicherheitsleistung grob zuwider läuft (Ingenstau-Korbion, a.a.O., B § 17 Rdnr. 85 m.w.N.; Heiermann-Riedl-Rusam, a.a.O., B § 17.5 Rdnr. 33). Etwas anderes gilt vorliegend auch nicht deshalb, weil die Klägerin die Befugnis hat, den Sicherheitseinbehalt durch eine Bürgschaft abzulösen. Denn auf diese Weise wird ihr ein zusätzliches Risiko übertragen. Der Auftragnehmer kann ein berechtigtes Interesse daran haben, den ihm von seiner Bank eingeräumten Kreditrahmen nicht durch Bürgschaftsverpflichtungen zu belasten (vgl. Heiermann-Riedl-Rusam, a.a.O.).

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Anstelle der unwirksamen Regelungen von § 9 Abs. 2 u. Abs. 3 der AGB der Beklagten tritt § 17 VOB/B. Sind zusätzliche Bedingungen zu einem VOB-Vertrag unwirksam, ist auf die VOB als Reserve-Ordnung zurückzugreifen (Palandt-Heinrichs, a.a.O., § 6 AGBB Anm. 3). Die Parteien haben die Geltung der VOB/B ausdrücklich vereinbart, die in § 17 Nr. 1 Abs. 1 vorschreibt, daß im Falle der Vereinbarung von Sicherheitsleistung zunächst die "nachstehenden Bestimmungen" und erst dann die §§ 232 ff BGB gelten. Nach § 17 Nr. 6 Abs. 3 VOB/B kann der Auftragnehmer dem Auftraggeber, der den einbehaltenen Betrag nicht rechtzeitig auf ein Sperrkonto einzahlt, dafür eine angemessene Nachfrist setzen; wenn der Auftraggeber auch diese Frist verstreichen läßt, kann der Auftragnehmer sofortige Auszahlung des einbehaltenen Betrages verlangen und braucht dann keine Sicherheit mehr zu leisten. Die genannte VOB-Vorschrift gilt auch für den vorliegenden Fall, in dem die Beklagte als Auftraggeberin einen bestimmten Teil der Auftragssumme von der Schlußzahlung einbehalten darf (vgl. Ingenstau-Korbion, a.a.O., Rdnr. 83). Die Klägerin hatte die Beklagte unter dem 07.08.1991 unter Fristsetzung bis zum 21.08.1991 aufgefordert, die einbehaltene Sicherheit auf ein Sperrkonto bei einer Bank einzuzahlen und darüber Mitteilung zu machen. Die Beklagte ist dieser Aufforderung nachgekommen, wie sie im Schriftsatz vom 14.10.1991 unwidersprochen angegeben hat. Auch wenn das genaue Datum der Zahlung nicht bekannt ist, ist das Verhalten der Beklagten unter Berücksichtigung des engen zeitlichen Rahmens sowie des Umstands, daß die Aufforderung seitens der Klägerin erst ein halbes Jahr nach Einreichung der Klage erfolgt ist, nicht so vorwerfbar, daß die Klägerin nunmehr berechtigt wäre, den Sicherheitsbetrag nach § 18 Nr. 6 Abs. 3 VOB/B endgültig herauszuverlangen.

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8.

Damit ergibt sich für die vorliegende Entscheidung folgendes Gesamtergebnis: Die nach der Teilrücknahme der Klage noch streitigen 58.905,17 DM vermindern sich um 24.786,13 DM für den Sicherheitseinbehalt sowie 3.085,30 DM berechtigten Skonto-Abzug. Wegen dieser beiden Beträge (zusammen 27.871,43 DM) ist die Klage unbegründet und das Versäumnis-Urteil des Landgerichts aufzuheben. Als derzeit noch nicht entscheidungsreif sind außerdem die bei der Abrechnung der Stahlmengen verbleibenden Differenzbeträge von 3.356,15 DM sowie 2.267,14 DM abzuziehen. Wegen dieser beiden Teilbeträge von zusammen 5.623,29 DM bleibt der Rechtsstreit anhängig. Insoweit wird eine Beweisaufnahme durch Einholung eines Gutachtens erforderlich sein. In Höhe der verbleibenden 25.410,45 DM ist die Klageforderung dagegen begründet.

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Der geltend gemachte Zinsanspruch ist aufgrund des Mahnschreibens vom 12.12.1990 mit Fristsetzung bis 20.12.1990 aus dem Gesichtspunkt des Verzuges ab 21.12.1990 berechtigt (vgl. § 16 Nr. 5 Abs. 3 VOB/B). Die Klägerin hat eine entsprechende Zinsbescheinigung der Volksbank am Elm eG vom 19.03.1992 vorgelegt.

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9.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 546 Abs. 2, 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Streitwertbeschluss:

Die Beschwer der Beklagten beträgt 25.410,45 DM, diejenige der Klägerin beträgt 27.871,43 DM.