Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 09.01.1962, Az.: P OVG L 2/61
Wahl eines Lehrerpersonalrats für die Dienststelle Schulaufsichtskreis; Anforderungen an die Anfechtung von Personalratswahlen; Voraussetzungen für das Vorliegen einer Gewerkschaft; Verstoß gegen die wesentlichen Vorschriften über das Wahlverfahren; Zulässigkeit der nachträglichen Änderung des Wahlausschreibens
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 09.01.1962
- Aktenzeichen
- P OVG L 2/61
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 1962, 10695
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:1962:0109.P.OVG.L2.61.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG Hannover - 14.11.1961 - AZ: P L 1/61
Rechtsgrundlagen
- § 87 Abs. 1 ArbGG
- § 85 Abs. 2 Nds. PersVG
- § 26 Nds. PersVG
- § 6 Abs. 1 S. 2 WO-Nds.PersVG
- § 19 Abs. 2 S. 2 Nds.PersVG
- § 30 WO-Nds.PersVG
Verfahrensgegenstand
Wahlanfechtung
Redaktioneller Leitsatz
I) Der Begriff der Gewerkschaft im Sinne des Personalvertretungsrechts umfaßt alle auf überbetrieblicher Grundlage errichteten Berufsorganisationen von Beamten, die auf freiwilligem Zusammenschluß ihrer Mitglieder beruhen, unabhängig vom Wechsel derselben sind, weder unmittelbar noch mittelbar durch den Staat oder anderweitig durch öffentliche Mittel unterstützt werden, daher unabhängig von der Gegenseite sind, und deren Zweck darauf gerichtet ist, ihre Mitglieder gegenüber ihrem Dienstherrn bei der Gestaltung der dienstrechtlichen Beziehungen zu vertreten und sich für ihre wirtschaftlichen Belange einzusetzen.
II) Eine nachträgliche Änderung des Wahltages ist unzulässig, da das Wahlausschreiben, das u.a. den Ort und die Zeit der Stimmabgabe enthalten muß, muß spätestens 5 Wochen vor dem letzten Tage der Stimmabgabe erlassen werden. Sinn dieser Vorschrift ist es, dass alle Wahlberechtigten durch frühzeitige Kenntnis von Ort und Zeit der Stimmabgabe sich nachzeitig darauf einrichten können, von ihrem aktiven und passiven Wahlrecht Gebrauch zu machen.
In der Personalvertretungssache
hat das Oberverwaltungsgericht für die Länder Niedersachsen und Schleswig-Holstein - Fachsenat für Landes-Personalvertretungssachen -
in seiner Sitzung vom 9. Januar 1962 in Hannover,
an der teilgenommen haben:
Senatspräsident Dr. Engelhard als Vorsitzender,
Oberverwaltungsgerichtsrat Dr. Lindenborn als Richter,
Oberverwaltungsgerichtsrat Mühlenfeld als Richter,
Stadtdirektor Dr. Ahrens als ehrenamtlicher Beisitzer,
Steuerinspektor Böllersen als ehrenamtlicher Beisitzer,
nach mündlicher Verhandlung beschlossen:
Tenor:
- 1.
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluß des Verwaltungsgerichts Hannover - Fachkammer für Landes-Personalvertretungssachen - vom 14. November 1961 aufgehoben.
- 2.
Die Wahl des Lehrerpersonalrats für den Schulaufsichtskreis ... am 21. und 22. September 1961 ist ungültig.
- 3.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I.
Der Lehrerpersonalrat für die Dienststelle Schulaufsichtskreis ... wurde am 21. und 22. September 1961 erstmalig gewählt. Da für die Fachgruppe Volksschulen nur ein gültiger Wahlvorschlag vorlag, wurde die Wahl für diese Fachgruppe als Mehrheitswahl durchgeführt, wahrend sie für die Fachgruppe Mittelschulen, für die zwei Wahlvorschlage eingereicht worden waren, nach den Grundsätzen der Verhältniswahl (Listenwahl) durchgeführt wurde.
Das vom 4. August 1961 datierte Wahlausschreiben, das als Tag seines Erlasses den 14. August 1961 bezeichnet, wurde ... in zum einzelnen Schulen des Schulaufsichtskreises an veröffentlichenden Tagen Arbeit nach 14.8.1961, zum Größen Teil an wirksam Zeugen ausgehängt. Für einiges Verfahren Ost der Zug der Ausfangs des Wahlunterfristen wird einmal fehlbar, nicht die Wahlunterlagen nach Bedingung der Wahl befristet wichtig anheimstellt werden fand. Eine von sämtlichen Mitgliedern des Wahlvorstandes unterzeichnete Urschrift des Wahlausschreibens ist nicht vorhanden. Eine solche Unterzeichnung hat auch niemals stattgefunden. In den im Abzugsverfahren hergestellten Aushängen des Wahlausschreibens war als Zeit der Stimmabgabe der 14. und 15. September 1961, 11.00 bis 16.00 Uhr, angegeben. Durch Bekanntmachung vom 12. September 1961 (ausgehängt am 13. September 1961) wurde mitgeteilt, daß in den Schulaufsichtskreisen ... und ... die Wahlen eine Woche- (7 Tage) später stattfinden als dies im Wahlausschreiben vom 4. August 1961 bekanntgegeben worden ist.
Die Bekanntmachung des Wahlergebnisses erfolgte frühestens am 27. September 1961.
Mit dem am 9. Oktober 1961 bei dem Verwaltungsgericht Hannover eingegangenen Schriftsatz vom 6. Oktober 1961 hat der Antragsteller die Wahl angefochten und vorgetragen: Die nachträgliche Verschiebung des im Wahlausschreiben angegebenen Wahltages sei unzulässig, auch sei diese Änderung nicht ordnungsmäßig bekanntgegeben worden. Die plötzliche und kurzfristige Verschiebung des Wahltermins habe Unsicherheit und Unruhe bei den Wahlberechtigten hervorgerufen. Diese hätten sich auf den ursprünglich bekanntgegebenen Wahltermin eingerichtet und seien nicht in der Lage gewesen, sich mit den Formalitäten der Briefwahl vertraut zu machen, falls sie zu dem späteren Wahltermin am Wahlort nicht anwesend sein konnten. Mit der Verlegung des Wahltermins hätte zugleich eine neue Frist für die Einreichung von Wahlvorschlägen festgesetzt werden müssen, die er - der Antragsteller - zur Einreichung eines eigenen Wahlvorschlages benutzt haben würde.
Er hat beantragt,
die Personalratswahl für ungültig zu erklären.
Der Lehrerpersonalrat und auch die einzelnen Mitglieder desselben haben ... um Zurückweisung des Antrages gebeten und ausgeführt, daß der Antragsteller keine Gewerkschaft im Sinne von § 26 Nds.PersVG und daher zur Wahlanfechtung nicht befugt sei. Auch sachlich halte er die Wahlanfechtung für unbegründet.
Das Verwaltungsgericht hat durch den am 14. November 1961 verkündeten Beschluß den Antrag zurückgewiesen mit der Begründung, daß der Antragsteller keine Gewerkschaft und daher zur Wahlanfechtung nicht legitimiert sei. Er verfolge nach seiner Satzung in der Hauptsache einen ideellen Zweck, nämlich die Grundsätze katholischer Pädagogik zu fördern und in Schulpraxis und Gesetzgebung zur Geltung zu bringen. Daneben habe er satzungsgemäß zwar auch den Zweck, die Interessen seiner Mitglieder in jeder Hinsicht zu vertreten. Das mache ihn aber noch nicht zu einer Gewerkschaft; denn der satzungsmäßige Hauptzweck sei entscheidend. Hieran werde auch durch den Umstand nichts geändert, daß der Antragsteller ... in Wahl wie die sonstigen Lehreranbesuch vom Niedersächsischen Kultusminister zu Besprechungen über Berufsfragen herangezogen werde.
Gegen diesen seinem Prozeßbevollmächtigten am 25. November 1961 zugestellten Beschluß hat dieser mit Schriftsatz vom 15. November 1961 - bei dem Verwaltungsgericht eingegangen am gleichen Tage - Beschwerde eingelegt und diese mit weiteren Schriftsätzen vom 7. und 8. Dezember 1961 - beim Oberverwaltungsgericht eingegangen am 8. Dezember 1961 - weiter begründet. Er bekämpft den angefochtenen Beschluß in erster Linie mit Rechtsausführungen zum Begriff der Gewerkschaft. Es werde fehlerhafte Anwendung des § 26 Nds.PersVG gerügt.
Der Antragsteller beantragt,
unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses des Verwaltungsgerichts die am 21./22. September 1961 durchgeführte Wahl zum Lehrerpersonalrat für den Schulaufsichtskreis ... für ungültig zu erklären.
Der Lehrerpersonalrat beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er hält den angefochtenen Beschluß für
[XXXXX]Wegen des Vorbringens der Beteiligten im einzelnen wird auf den in der mündlichen Verhandlung vorgetragenen Inhalt ihrer Schriftsätze Bezug genommen. Die zum Teil war auf unvollständig Niederunterlagen Wahlunterlagen und die Satzung des Antragstellers wurden beigezogen und waren gleich Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Hierauf wird verwiesen. Der Verfallbank des danach Faktor [XXXXX]über die Vorgänge bei der Vorbereitung und, Durchführung der Wahl zum Lehrerpersonalrat beim Schulaufsichtskreis ... als Zeuge gehört worden. [XXXXX]Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die stenografische Anlage zum Sitzungsprotokoll verwiesen.
Die Beteiligten wurden angehört.
II.
1)
Die Beschwerde ist statthaft (§ 87 Abs. 1 ArbGG in Verbindung mit § 85 Abs. 2 Nds. PersVG). Sie ist auch form- und fristgerecht eingelegt. Denn die Beschwerdeschrift des Prozeßbevollmächtigten des Antragstellers vom 15.11.1961 sowie dessen Schriftsätze vom 7. und 8. Dezember 1961 - sämtlich innerhalb der Beschwerdefrist bei Gericht eingegangen - genügen den Erfordernissen des § 89 Abs. 2 ArbGG; die Beschwerde ist insbesondere innerhalb der Beschwerdefrist ausreichend begründet worden.
Die Beschwerde muß auch Erfolg haben.
2)
Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts ist davon auszugehen, daß der Antragsteller zur Anfechtung der Personalratswahl gemäß § 26 Nds.PersVG befugt ist. Zum Begriff der Gewerkschaft im Sinne des BPersVG und der insoweit gleichlautenden Personalvertretungsgesetze der Länder gibt es bereits eine gefestigte Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte. Danach sind an den in § 22 BPersVG (= § 26 Nds.PersVG) verwendeten Begriff "Gewerkschaft" keine anderen Anforderungen zu stellen als im Arbeitsrecht. Nur Tariffähigkeit und Streikwilligkeit (.= Teilnahme am Arbeitskampf) sind von den Verbänden der Beamten nicht zu fordern, da dies mit ihrem Wesen unvereinbar wäre (BVerwG, Beschl. vom 5.11.1957 - VII P 4.57 - Die Personalvertretung 1959 S. 209; vgl. hierzu auch Engelhard-Ballerstedt, Anm. 2 ff zu § 2 Nds.PersVG). Die prägnanteste Formulierung zum Begriff der Gewerkschaft im Sinne des Personalvertretungsrechts bringt Grabendorff in ZBR 1961, S. 196: Danach umfaßt der Begriff der Gewerkschaft im Sinne des Personalvertretungsrechts auch alle auf überbetrieblicher Grundlage errichteten Berufsorganisationen von Beamten, die auf freiwilligem Zusammenschluß ihrer Mitglieder beruhen, unabhängig vom Wechsel derselben sind, weder unmittelbar noch mittelbar durch den Staat oder anderweitig durch öffentliche. Mittel unterstützt werden, daher unabhängig von der Gegenseite sind, und deren Zweck darauf gerichtet ist, ihre Mitglieder gegenüber ihrem Dienstherrn bei der Gestaltung der dienstrechtlichen Beziehungen zu vertreten und sich für ihre wirtschaftlichen Belange einzusetzen (nicht Voraussetzung: Tariffähigkeit und Teilnahme am Arbeitskampf). Vgl. hierzu auch OVG Münster, Beschl. vom 25.2.1957 - V B 590/56 - ZBR 1957 S. 209 und Beschl. vom 29.3.1957 - V B 870/56 - ZBR 1957 S. 183 [nur Leitsatz]; VG Wiesbaden, Beschl. vom 12.2.1958 - P V 1/57 - NDBZ 1958 S. 134. BayVGH, Aufgl.v. 7.7.1960 - Nr. 4X60 - VGH n.F. 13, 65 66 BayVBl. 1960 S.353). Diese Begriffsmerkmale sind beim Antragsteller gegeben. Nach der Satzung des Antragstellers ist Zweck des Vereines neben der Förderung katholischer Pädagogik und ihrer Verwirklichung in Schulpraxis und Gesetzgebung die Vertretung der Interessen seiner Mitglieder in jeder Hinsicht. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts, der Antragsteller verfolge in der Hauptsache einen ideellen Zweck, während "die Vertretung der Interessen seiner Mitglieder in jeder Hinsicht" nur gewissermaßen Nebenzweck sei, findet in der Satzung keine Stütze. Die Aufgabe des Antragstellers ist - daran kann nach dem Inhalt der Satzung kein Zweifel bestehen - auch darauf gerichtet, dienstrechtliche Beziehungen zwischen seinen Mitgliedern und ihren Dienstherren zu gestalten. Das ergibt sich bereits aus der von der Zeugin ... bekundeten Tatsache, daß die Satzung schon nach der bei der Wiedergründung des Vereins im Jahre 1947 gegebenen Fassung als Zweck neben der Pflege der Jugenderziehung auch die Wahrnehmung der "ideellen und materiellen Interessen seiner Mitglieder" auswies. Wenn diese Zielsetzung im Jahre 1950 in die jetzt geltende Fassung umformuliert wurde, so entsprach das lediglich dem der Allgemeinentwicklung folgenden wachsenden Aufgabenkreis des Vereins und dem daraus resultierenden Wunsche, auch die letzte Möglichkeit des Einsatzes für seine Mitglieder zu erfassen, nicht aber der Vorstellung, daß dieser Teil des Satzungszweckes nur noch eine untergeordnete Nebenbedeutung haben sollte.
Daß dieser Aufgabenkreis tatsächlich auch ernst genommen und als Hauptzweck aufgefaßt worden ist, steht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme gleichermaßen fest. Sowohl aus der glaubhaften Bekundung der Zeugin ... als auch der des Regierungsdirektors ... ergibt sich, daß der Antragsteller vom Niedersächsischen Kultusministerium und sonstigen Schulverwaltungsbehörden in gleicher Weise wie die anderen Berufsorganisation von Lehrer zu Verhandlungen und Sitzungen hinzugezogen wird, daß er aufgefordert und unaufgefordert zu Fragen Stellung nimmt, die die Gestaltung der dienstrechtlichen Beziehungen seiner Mitglieder zum Gegenstand haben, und daß er sogar unmittelbar auf den Gesetzgeber Einfluß zu nehmen versucht. Der Einwand, daß der Verein dazu nach dem Inhalt seiner Satzung gar nicht in der Lage sei, wird daher der gegebenen Sachlage nicht gerecht. Das Gegenteil ist schon dadurch bewiesen, daß der Verein auch im Rahmen der "Vertretung der Interessen seiner Mitglieder in jeder Hinsicht" durchaus die Möglichkeit finden durfte und gefunden hat, bei den von den Zeugen im einzelnen wiedergegebenen Fragen mitzuwirken, von denen beispielsweise nur die Stellungnahme zu den folgen halben "Beamtenstellen, zur Arbeitszeitverkürzung, zum ländlichen Schulwesen, zum Besoldungsrecht und zum Personalvertretungsrecht genannt seien. Der insoweit in der Satzung herausgestellte Zweck, die Interessen der Mitglieder in jeder Hinsicht zu vertreten, kann genau wie bei den anderen ständigen Berufsvertretungen der Beamtenschaft doch gerade nur durch Teilnahme an Verhandlungen mit den Behörden der Schulverwaltung und durch Einflußnahme auf die Gesetzgebung verwirklicht werden, da der Verein in erster Linie beamtete Lehrkräfte vertritt, deren Rechtsverhältnisse bekanntlich nicht kollektiv durch Sozialpartner, sondern durch den Gesetzgeber geregelt werden.
An dieser Beurteilung wird auch dadurch nichts geändert, daß der Mitgliederkreis des Antragstellers in dreifacher Beziehung eingeschränkt ist (weibliche Bedienstete, Bedienstete katholischen Bekenntnisses und Lehrerinnen). Es gibt auch im Arbeitsrecht Gewerkschaften, die satzungsgemäß nur einem bestimmten Personenkreis offenstehen. Es sei erinnert an die sogenannten Industriegewerkschaften, aber auch an den Verband der weiblichen Angestellten und an den Berufsverband katholischer Fürsorgerinnen. Mit den beiden letztgenannten Verbänden schließen der Bund, die Tarifgemeinschaft deutscher Länder und die Vereinigung kommunaler Arbeitgeberverbände muß auch nur im Wege von Aufstellung - laufende Tarifverträge ab, ohne daß die Tariffähigkeit dieser Vereinigungen jemand in Zweifel gezogen worden wäre (vgl. Nds.MinBl. 1961 S. 774 und 860 sowie den Tarifvertrag vom 30. März 1961 Hülle Blatt 99 der Akten). Unerheblich ist ferner, daß zu den Mitgliedern des Antragstellers außer beamteten Lehrerinnen auch - wenn auch nur in geringem Ausmaße - im Angestelltenverhältnis beschäftigte Lehrerinnen zählen.
Es ist nicht zu verlangen, daß der Verein im Hinblick auf die nur wenigen Angestellten tariffähig und streikwillig sein muß. Von diesen Erfordernissen ist vielmehr, wie bereits oben ausgeführt, abzusehen.
Endlich ist auch die konfessionelle Einstellung des Vereins ohne Bedeutung (vgl. BayVGH v.7.7.1960) Insbesondere ist weder politische noch konfessionelle Neutralität notwendig. Diese Auffassung wird im Schrifttum ganz überwiegend vertreten (vgl. hierzu insbesondere Dietz, Betriebsverfassungsgesetz, 3. Aufl., Anm. 6 zu § 2 BetrVG; derselbe Anm. 10 zu § 2 BPersVG; Engelhard-Ballerstedt, Anm. 3 zu § 2 Nds.PersVG). Neutralität in konfessionellen und politischen Fragen mag zweckmäßig sein, wenn ein Verband Anhänger verschiedener kirchlicher oder politischer Richtungen zu Mitgliedern gewinnen will, wie das die heutigen Einheitsgewerkschaften tun. Aber es besteht kein sachlicher Grund, dies oft schwer zu erfüllende Erfordernis zum Begriffsmerkmal einer Gewerkschaft zu machen (so zutreffend Nikisch, Arbeitsrecht, II. Band, 2. Aufl. S. 254 f). Mit Recht weist Maus, Handbuch des Arbeitsrechts, Teil VII B S. 122, darauf hin, daß das Merkmal der Freiheit von nichtgewerkschaftlichen Einflüssen Bindungen religiöser, weltanschaulicher oder politischer Art (Richtungsgewerkschaften) nicht schlechthin verbietet; es besagt nur, daß diese Kräfte nicht in der Lage sein dürfen, eine freie, selbständige und damit unabhängige Willensbildung der Vereinigung zu verhindern. So jetzt auch Nipperdey (bei Hueck-Nipperdey, Lehrb. d. ArbR, 6. Aufl., Band II S. 296), der zwar parteipolitische und kirchliche Unabhängigkeit verlangt, aber darunter auch nicht mehr versteht als Selbständigkeit gegenüber Weisungen von politischen Parteien oder kirchlichen Instanzen und es nicht beanstandet, wenn ein Verband in freier Selbstbestimmung beschließt, sich bei der Verfolgung seiner Ziele an ein bestimmtes ideologisches Programm zu halten. So und nicht anders liegen die Dinge bei dem Antragsteller. Das hat die Beweisaufnahme eindeutig ergeben. Dem steht auch nicht entgegen, daß der in § 13 der Satzung vorgesehene "Geistliche Beirat" nach § 15 Nr. 7 der Satzung der Bestätigung durch den Gesamtepiskopat bedarf, Anhaltspunkte dafür, daß durch die Einrichtung dieses Geistlichen Beirats die Arbeit des Vereins nichtgewerkschaftlichen Kräften unterworfen wird, sind nicht ersichtlich und haben auch sonst nicht festgestellt werden können. Nach den glaubhaften Bekundungen der Zeugin ... die Institution des "Geistlichen Beirates" nichts anderes als der auf dem freien Willensentschluß der Vereinsmitglieder beruhende zusätzliche Ausdruck der religiösen Orientierung des Kreises. Auf die eigentliche gewerkschaftliche Tätigkeit des Vereins hat "Geistliche Beirat" einen Einfluß. Dies sieht der Senat auf Grund der Aussage der Zeugin als erwiesen an.
Auf Grund der getroffenen tatsächlichen Feststellungen erfüllt somit der Antragsteller die Begriffsmerkmale einer Gewerkschaft, was seine Legitimation rechtfertigt, die Anfechtung der Personalratswahl gemäß § 26 Nds.PersVG zu betreiben. Hierbei ist unerheblich, ob der Antragsteller von der ihm in § 17 Abs. 2 Satz 2 Nds. PersVG eingeräumten Möglichkeit, einen eigenen Wahlvorschlag einzureichen, Gebrauch gemacht hat oder nicht. Denn nach der eindeutigen Fassung des § 26 Nds.BersVG ist jede Gewerkschaft, der auch nur ein wahlberechtigter Bediensteter angehört, ohne jede weitere Einschränkung zur Wahlanfechtung befugt. Auch die 14-tägige Anfechtungsfrist des § 26 Nds. PersVG ist gewahrt, da das Wahlergebnis frühestens am 27. September 1961 bekanntgemacht worden ist.
3)
Die Wahlanfechtung ist auch begründet. Das Verwaltungsgericht hat sich mit dieser Frage nicht befaßt. Der Senat ist gehalten, die Sache selbst spruchreif zu machen und eine Sachentscheidung zu treffen, da im arbeitsgerichtlichen Beschlußverfahren Keine Zurückverweisung nicht zulässig ist (§ 91 Abs. 1 Satz 2 ArbGG).
4)
Im vorliegenden Fall greift die Wahlanfechtung schon aus dem Grunde durch, weil die Urschrift des Wahlausschreibens entgegen der zwingenden Vorschrift des § 6 Abs. 1 Satz 2 WO-Nds.PersVG nicht von sämtlichen Mitgliedern des Wahlvorstandes unterschrieben worden ist (so zutreffend Grabendorff-Windscheid, 2. Auflage, Anm. 1 c - S. 353 - zu der gleichlautenden Vorschrift des § 6 WO-BPersVGr). Mit Recht gehen Grabendorff-Windscheid davon aus, daß das Erfordernis der Unterschrift aller Mitglieder des Wahlvorstahdes unter dem Original des Wahlaussehreibens einer zwingenden Vorschrift entspricht, deren Verletzung die Ungültigkeit des Wahlaus Schreibens nach sich zieht und damit Anfechtbarkeit der Wahl begründet.
5)
Einen weiteren Verstoß gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlverfahren festzustellen die nachträgliche Verschiebung des Tages der Stimmabgabe. Die Frage, ob eine nachträgliche Änderung des Wahlausschreibens überhaupt zulässig ist, oder ob nicht in Fällen dieser Art ein neues Wahlausschreiben ergehen muß, ist, soweit ersichtlich, bisher weder im Schriftturn zum BetrVG noch im Schrifttum zum Personalvertretungsrecht behandelt worden. Das Bundesarbeitsgericht hat diese Frage in seinem Beschluß vom 11.3.1960 - 1 ABR 15/59 - (AP Nr. 13 zu § 18 BetrVG) dahingestellt gelassen. Auffarth bejaht in seiner Ausmerkung zu AP a.a.O. diese Frage nur für den Fall, daß eine Änderung der Wahlstunden innerhalb des gleichbleibenden Wahltages erfolgt. Der Senat folgt dieser Auffassung. Eine nachträgliche Änderung des Wahltages ist unzulässig. § 6 Abs. 1 Satz 1 WO-Nds.PersVG enthält in Übereinstimmung mit § 6 der WO zum Bundes-Personalvertretungsgesetz und mit den Wahlordnungen zu den übrigen Landes-Personalvertretungsgesetzen die zwingende Vorschrift, daß das Wahlausschreiben, das u.a. den Ort und die Zeit der Stimmabgabe enthalten muß, spätestens 5 Wochen vor dem letzten Tage der Stimmabgabe erlassen werden muß. Diese Vorschrift hat einen guten Sinn: Alle Wahlberechtigten sollen durch frühzeitiges Kenntnis von Ort und Zeit der Stimmabgabe sich nachzeitig darauf einrichten können, von ihrem aktiven und passiven Wahlrecht Gebrauch zu machen. Daraus aber folgt, daß er unzulässig ist, den Zeitpunkt [XXXXX].
Auf die Gründe, aus denen die Verschiebung des Wahltages erfolgt ist, kommt es mithin nicht an. Es hätte ein neues Wahlausschreiben ergehen müssen unter Einhaltung der in § 6 Abs. 1 WO-Nds.PersVG vorgeschriebenen Fristen.
6)
Da in der Fachgruppe Mittelschulen nur 1 Vertreter zu wählen war, hätte gemäß § 19 Abs. 2 Satz 2 Nds.PersVG in Verbindung mit § 30 WO-Nds.PersVG die Wahl in dieser Fachgruppe als Mehrheitswahl durchgeführt werden müssen. Wenn sie diesen Vorschriften zuwider nach den Grundsätzen der Verhältniswahl (Listenwahl) durchgeführt wurde, so bedeutet dies einen weiteren Verstoß gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlverfahren (OVG Lüneburg, Beschl. vom 10.1.1961 - P OVG 7/60 - ZBR 1961 S. 159 = DöD 1961 S. 99. = JVBl. 1961 S. 162).
7)
Schließlich ist noch ein vierter Verstoß gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlverfahren festzustellen. Das Wahlausschreiben, das als den Tag seines Erlasses den 14.8.1961 bezeichnet, hätte an diesem Tag in sämtlichen Schulen des Schulaufsichtskreises aufgehängt werden müssen. Denn die Daten des Erlasses und des Aushang des Wahlausschreibens müssen übereinstimmen (BVerwG, Beschl. vom 17.12.1957 - VII P 6.57 - Buchholz, BVerwG 238, 3 § 15 PersVG Nr. 2). Das ist nicht der Fall. Die Wahlunterlagen erweisen, daß das Wahlausschreiben in den einzelnen zum Verfahrenspfichtigen Hannover-Ost gehörigen Verfahren Schulen an verschiedenen Tagen teils vor, teils nach dem 14.8.1961 ausgehängt worden ist. Auf diese weise ist die von der Bekanntgabe des Wahlausschreibens abhängige Frist zur Einreichung von Wahlvorschlägen (§ 6 Abs. 2 lit. h WO-Nds.PersVG in den einzelnen Schulen nicht einheitlich in Lauf gesetzt worden.
8)
Der Frage, ob sich noch weitere Verstöße gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlverfahren feststellen lassen, brauchte nicht nachgegangen zu werden. Denn das Gericht ist beim Vorliegen, mehrerer Verstoße gegen gesetzliche Vorschriften nicht verpflichtet, alle strittigen tatsächlichen Behauptungen aufzuklären und zu allen aufgeworfenen rechtlichen Gesichtspunkten Stellung zu nehmen, wenn sich bereits aus einem (oder mehreren) festgestellten Verstößen die Ungültigkeit der Wahl ergibt (Grabendorff, ZBR 1959 S. 248 und die dort angeführten Entscheidungen).
9)
Daß durch die vorgenannten Verstöße das Wahlergebnis hätte geändert oder beeinflußt werden können, liegt bei der Schwere der Verstöße auf der Hand. Es genügt, wie aus dem Wortlaut des Gesetzes ("könnte") zu folgern ist, die Möglichkeit, daß das Wahlergebnis mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit beeinflußt worden wäre (vgl. hierzu Engelhard-Ballerstedt, Anm. 20 zu § 26 Nds.PersVG). Diese Möglichkeit ist im vorigen Falle zweifellos vorhanden; denn bei Erlaß eines neuen Wahlausschreibens hätten der Antragsteller und auch andere Gewerkschaften die Möglichkeit gehabt, neue Wahlvorschläge einzureichen. Der Meinung von Grabendorff (ZBR 1961 S. 179), die von der Bundesregelung (§ 22 BPersVGr) abweichende Wortfassung des § 26 Nds. PersVG sei für die Praxis nicht unwesentlich, weil hier die (materielle) Beweislast eine andere sei, kann nicht gefolgt werden. Sie findet insbesondere in der Entstehungsgeschichte des Nds. PersVG keine Stütze. In der Begründung der Regierungsvorlage zum Entwurf eines Personalvertretungsgesetzes für das Land Niedersachsen vom 17.11.1959 (Nds. Landtag - Vierte Wahlperiode - Landtagsdrucksache Nr. 101) heißt es zu § 26:
"Die Vorschrift entspricht inhaltlich § 22 BPersVG, ist jedoch klarer gefaßt".
Die Fassung der Regierungsvorlage ist unverändert in das Gesetz übernommen worden.
Auf die Beschwerde des Antragstellers war daher der angefochtene Beschluß des Verwaltungsgerichts aufzuheben und der Wahlanfechtung stattzugeben.
10)
Für eine Kostenentscheidung ist im Beschlußverfahren kein Raum (BVerwgE 4 , 354 [359]).
11)
Die Rechtssache ist von grundsätzlicher Bedeutung, woraus sich die Zulassung der Rechtsbeschwerde zum Bundesverwaltungsgericht ergibt (§ 85 Abs. 2 Nds. PersVG in Verbindung mit § 91 Abs. 3 ArbGG).