Verwaltungsgericht Oldenburg
Urt. v. 31.10.2001, Az.: 6 A 1088/00
Verringerte Erhöhung der allgemeinen Dienstbezügen; Überprüfung der gesetzlichen Regelung, wonach die Besoldung der Beamten um 0,2 v.H. gekürzt wird; Verstoß gegen das Verbot echter Rückwirkung und gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes
Bibliographie
- Gericht
- VG Oldenburg
- Datum
- 31.10.2001
- Aktenzeichen
- 6 A 1088/00
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2001, 24964
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGOLDBG:2001:1031.6A1088.00.0A
Rechtsgrundlagen
- Art. 33 Abs. 5 GG
- § 14 BBesG
- § 14a BBesG
Fundstelle
- NdsVBl 2002, 165-168
Verfahrensgegenstand
Versorgungsrücklage nach § 14 a BBesG
Prozessführer
...
Rechtsanwälte Dr. Barten und andere, Ellernstr. 41, 30175 Hannover,
Prozessgegner
Nieders. Landesamt für Bezüge und Versorgung, Schloßplatz 3, 26603 Aurich,
In dem Verwaltungsstreit
hat das Verwaltungsgericht Oldenburg - 6. Kammer -
ohne mündliche Verhandlung am 31. Oktober 2001
durch
Richter am Verwaltungsgericht Wündrich als Vorsitzenden,
Richterin am Verwaltungsgericht Hoeft,
Richter am Verwaltungsgericht Burzynska, sowie
die ehrenamtlichen Richter Herren Herzog und Janssen
fürRecht erkannt:
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens;
insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.
Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abzuwenden, falls nicht zuvor der Beklagte Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
I.
Die Klägerin wendet sich gegen eine um 0,2 v.H. verringerte Erhöhung ihrer allgemeinen Dienstbezüge ab dem Juni 1999.
Die Klägerin ist Beamtin auf Lebenszeit und steht als Lehrerin im Dienst des Landes Niedersachsen. Nachdem mit dem Besoldungs- und Versorgungsanpassungsgesetz 1999 die Besoldung der Klägerin ab dem 1. Juni 1999 vermindert auf nur 2,9 v.H. festgesetzt wurde, beantragte die Klägerin mit Schreiben vom 15. Dezember 1999 eine Erhöhung ihrer Dienstbezüge um 0,2 v.H. auf 3,1 v.H. rückwirkend zum 1. Juni 1999, da der verminderte Anstieg durch den Abschlag zur Finanzierung einer Versorgungsrücklage in Höhe von 0,2 v.H. verfassungswidrig sei. Denn das derzeitige Versorgungssystem der Beamten sehe eine Beteiligung aus eigenen finanziellen Mitteln der Bediensteten nicht vor. Der Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 29. Dezember 1999 ab und führte zur Begründung aus, dass die Erhöhung der Dienstbezüge ab dem 1. Juni 1999 den gesetzlichen Vorschriften entspreche, die abschließend seien und den Dienstherrn hinderten, höhere Bezüge abweichend von den gesetzlichen Regelungen zu gewähren.
Dagegen legte die Klägerin mit Schreiben vom 13. Januar 2000 Widerspruch ein und wiederholte die Begründung aus dem Antragsschreiben.
Der Beklagte wies den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 9. Februar 2000 - zugestellt am 17. Februar 2000 - als unbegründet zurück und führte zur Begründung aus, dass die Erhöhung der Dienstbezüge in einem ordnungsgemäßen gesetzlichen Verfahren um 2,9 v.H. geregelt worden sei.
Am 17. März 2000 hat die Klägerin Klage erhoben. Sie macht geltend: Die Regelung in § 14 a Bundesbesoldungsgesetz stehe nicht in Einklang mit Art. 33 Abs.5 Grundgesetz. Daher sei eine Vorlage des Rechtsstreits an das Bundesverfassungsgericht geboten. Denn es gehöre zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums, dass die Beamten an der Aufbringung der Mittel für ihre Versorgung durch Leistung von Beiträgen an eine Versorgungskasse nicht beteiligt würden. Es stelle eine Umgehung dieses Grundsatzes dar, wenn derartige Beiträge nicht unmittelbar, sondern durch Verminderung der Besoldungs- und Versorgungsanpassung erhoben würden.
Die Klägerin beantragt (sinngemäß),
den Bescheid des Beklagten vom 29. Dezember 1999 und dessen Widerspruchsbescheid vom 9. Februar 2000 aufzuheben und
den Beklagten zu verurteilen, ihr ab 1. Juni 1999 um monatlich 0,2 v.H. erhöhte Dienstbezüge zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er wiederholt und vertieft die Begründung der angefochtenen Bescheide und macht geltend, dass sich die Verringerung der Besoldungserhöhung um 0,2 v.H. im Rahmen des dem Gesetzgeber zustehenden Gestaltungsspielraums bewege. Auch handele es sich bei der durch das Gesetz eingeführten Versorgungsrücklage nicht um einen individuellen Beitrag der Beamten zu ihrer Altersversorgung, sondern es werde lediglich ein staatliches Sondervermögen geschaffen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge ergänzend Bezug genommen. Sie sind Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen.
Gründe
II.
Die zulässige Klage, über die aufgrund des Einverständnisses der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden werden konnte (vgl. § 101 Abs. 2 VwGO) und für die das nach § 126 Abs. 3 Beamtenrechtsrahmengesetz notwendige Vorverfahren durchgeführt wurde, ist nicht begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die von ihr begehrte höhere Besoldung. Die angefochtenen Bescheide sind rechtlich nicht zu beanstanden; insbesondere verstößt die gesetzliche Regelung, auf deren Grundlage die Bescheide ergangen sind, nicht gegen höherrangiges Recht. Dazu im Einzelnen:
Gemäß § 14 Bundesbesoldungsgesetz - BBesG - idF der Bekanntmachung vom 3. Dezember 1998 (BGBl. I S. 3434) wird die Besoldung der Beamten entsprechend der Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse und unter Berücksichtigung der mit den Dienstaufgaben verbundenen Verantwortung durch Bundesgesetz regelmäßig angepasst. Ergänzend zu dieser Regelung wurde durch das Versorgungsreformgesetz vom 29. Juni 1998 (BGBl. I S. 1666) die Vorschrift des § 14 a BBesG eingefügt, nach der zur Sicherstellung der Versorgungsleistungen angesichts der demographischen Veränderungen und des Anstiegs der Zahl der Versorgungsempfänger beim Bund und bei den Ländern Versorgungsrücklagen als Sondervermögen aus der Verminderung der Besoldungs- und Versorgungsanpassungen nach Abs. 2 der Vorschrift gebildet werden sollen. Damit soll zugleich das Besoldungs- und Versorgungsniveau in gleichmäßigen Schritten von durchschnittlich 0,2 v.H. um 3 v.H. abgesenkt werden. Nach § 14 a Abs. 2 BBesG werden in der Zeit vom 1. Januar 1999 bis zum 31. Dezember 2013 die Anpassungen der Besoldung nach § 14 BBesG um durchschnittlich 0,2 v.H. vermindert und der so gewonnene Unterschiedsbetrag wird einem Sondervermögen zugeführt. Dieses darf nur zur Finanzierung künftiger Versorgungsausgaben verwendet werden, wobei in Ausführung von § 14 a Abs. 3 BBesG für den Bund zur Bewirtschaftung des Sondervermögens das Versorgungsrücklagengesetz vom 9. Juli 1998 (BGBl. I S. 1800) und in Niedersachsen das Niedersächsische Versorgungsrücklagengesetz vom 16. November 1999 (Nieders.GVBl. S. 388) geschaffen wurden. In Anwendung der zuvor genannten Vorschriften wurde mit dem Gesetz über die Anpassung von Dienst- und Versorgungsbezügen in Bund und Ländern 1999 - BBVAnpG 99 - vom 19. November 1999 (BGBl. I S. 2198) nicht die Höhe des Tarifergebnisses für die Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes auf den Beamtenbereich übertragen, sondern dort wurde in Art. 1§ 1 bestimmt, dass die in den Anlagen IV, V und IX BBesG ausgewiesenen Beträge der Grundgehaltssätze etc. ab dem 1. Juli 1999 um 2,9 v.H. erhöht werden. Zugleich wurde das nach§ 14 a BBesG vorgesehene Sondervermögen geschaffen.
Entgegen der Ansicht der Klägerin hat sie keinen Anspruch auf höhere Dienstbezüge. Die ihr tatsächlich gewährten Dienstbezüge entsprechen den gesetzlichen Regelungen (§ 2 BBesG). Nach Ansicht der Kammer sind diese Regelungen auch nicht verfassungswidrig, so dass eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht nach § 100 Abs. 1 GG unterbleiben konnte.
1.
Die Vorschriften zur Bildung einer Versorgungsrücklage verstoßen nicht gegen das zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums im Sinne von Art. 33 Abs. 5 GG zählende Alimentationsprinzip. Danach ist dem Beamten vom Dienstherrn nach ihrem Dienstrang, nach der mit ihrem Amt verbundenen Verantwortung und nach Maßgabe der Bedeutung des Berufsbeamtentums für die Allgemeinheit entsprechend der Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse und des allgemeinen Lebensstandards ein angemessener Lebensunterhalt für sie und ihre Familie zu gewähren; diesen Grundsatz hat der Gesetzgeber zu beachten und dem Beamten steht insoweit ein grundrechtsähnliches Individualrecht zu. Jedoch gibt es keinen hergebrachten Grundsatz, dass dem Beamten ein einmal erworbener Anspruch auf ein summenmäßig bestimmtes Einkommen gewährleistet sei und auch hinsichtlich der oberen und unteren Grenze der Angemessenheit hat der Gesetzgeber einen weiten Beurteilungsspielraum. Allerdings ist dabei die vom Dienstherrn nach Maßgabe der Verfassung geschuldete Alimentierung keine dem Umfang nach beliebig variable Größe, die sich einfach nach den wirtschaftlichen Möglichkeiten der öffentlichen Hand oder nach politischen Dringlichkeitsbewertungen hinsichtlich der verschiedenen vom Staat zu erfüllenden Aufgaben oder nach dem Umfang der Bemühungen um Verwirklichung des allgemeinen Sozialstaatsprinzips bemessen lässt (vgl. Summer/Rometsch, Alimentationsprinzip gestern und heute, ZBR 1981, 1 ff). Um die Formel für die angemessene Besoldung von Beamtenfamilien weiter zu konkretisieren, knüpft die Rechtsprechung an eine 15 v.H.-Schwelle an: Ob der Gesetzgeber eine ausreichende Alimentation von Beamten sichergestellt hat, beurteilt sich danach auf der Basis des sozialhilferechtlichen Gesamtbedarfs, wobei ein um 15 v.H. über dem sozialhilferechtlichen Gesamtbedarf liegender Betrag wohl den verfassungsrechtlich gebotenen Unterschied zwischen der der Sozialhilfe obliegenden Befriedigung des notwendigen Lebensunterhalts (vgl. §§ 11, 12 Bundessozialhilfegesetz) und dem dem Beamten und seiner Familie geschuldeten Unterhalt hinreichend deutlich werden lässt (vgl. BVerfGE 81, 363 = NJW 1991, 97 = NVwZ 1990, 1061 und BVerfG NJW 1999, 1013, 1016).
Ausgehend von diesen Grundsätzen sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich oder vorgetragen, die im BBVAnpG 99 vorgenommene Erhöhung der Bezüge um 2,9 v.H. würde die amtsangemessene Alimentation der Beamten nicht hinreichend wahren. Die Absenkung der vorgesehenen Erhöhung um 0,2 v.H. erscheint unproblematisch in Anbetracht des weiten Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers bei der Bestimmung dessen, was als amtsangemessen anzusehen ist (vgl. auch BVerfGE 65, 141, 148). In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass die Gerichte die Regelungen zur Höhe der Besoldung bzw. Versorgung nur dann beanstanden dürfen, wenn der gesetzgeberische Gestaltungsspielraum deutlich unterschritten wird, wenn also eine Unteralimentation vorliegt. Auch dafür sind Anhaltspunkte nicht ersichtlich. Die vom statistischen Bundesamt ermittelten Preisindizes für die Lebenshaltung aller privaten Haushalte belegen, dass die Lebenshaltungskosten seit der vor dem BBVAnpG 99 vorangegangenen Besoldungserhöhung zum 1. Januar 1998 nur geringer als die vorgesehene Erhöhung angestiegen sind. Nach den Preisindizes für die Lebenshaltung (1995 = 100 %) betrug dieser im Januar 1998 103,9 % und im Juni 1999 104,9 % und nach dem harmonisierten Verbraucherindex (1996 = 100 %) im Januar 1998 101,7 % und im Juni 1999 102,8 %. Der Preisindex für die Lebenshaltung wird als Maßstab für die allgemeine Inflation verwendet. Im Jahresdurchschnitt 1999 stieg der Preisindex für die Lebenshaltung aller privaten Haushalte (nur) um 0,6 % gegenüber 1998. Die durchschnittlichen Bruttomonatsverdienste der Angestellten haben sich in den verschiedenen Branchen von 1998 zu 1999 wie folgt erhöht: Produzierendes Gewerbe 1,03 %, Großhandel 1,03 %, Einzelhandel 1,01 % und Handel, Kredit- und Versicherungsgewerbe 1,03 % (vgl. die entsprechende im Internet veröffentlichte Statistik: www.statistik-bund.de). Nach alledem kann zumindest für das BBVAnpG 99 ein Verstoß gegen das Alimentationsprinzip nicht festgestellt werden. Ob spätere und künftige Anpassungsgesetze dieses verfassungsrechtliche Alimentationsprinzip insoweit beachten, kann erst zu gegebener Zeit geprüft werden; jedenfalls wahrt die in Streit stehende Alimentation ohne weiteres den betreffenden hergebrachten Grundsatz des Beamtenrechts (vgl. auch Battis/Kersten, Die Bildung von Versorgungsrücklagen für die Alterssicherung von Beamten, NVwZ 2000, 1337, 1338 m.w.N.).
Dass die Klägerin keinen Anspruch auf uneingeschränkteÜbertragung der für die Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst vereinbarten Tariferhöhungen auf die Besoldung hat, liegt auf der Hand. Denn diese Tariferhöhungen in kollektiven Arbeitsverträgen folgen anderen Strukturprinzipien als dem Beamtenrecht.
2.
Auch verstoßen die Regelungen in §§ 14, 14 a BBesG nicht gegen den Grundsatz, dass der Dienstherr die Besoldung und Versorgung nicht auf einen Dritten übertragen darf, sondern sie dem Beamten unabdingbar, unmittelbar und unteilbar schuldet (vgl. BVerwGE 54, 177, 183). Denn der Dienstherr bleibt auch nach § 14 a BBesG Schuldner der Besoldung und vor allem auch der Versorgung. Er will bei der Erbringung der Versorgungsleistungen ab dem Jahr 2014 auf die Versorgungsrücklage lediglich zurückgreifen. Dies stellt im Fall des Bundes ein nicht rechtsfähiges Sondervermögen dar (vgl. § 4 Satz 1 Versorgungsrücklagegesetz des Bundes), das ändert jedoch nichts an der unmittelbaren Eigenerbringung der Versorgung durch den Dienstherrn für den Beamten (vgl. Battis/Kersten, aaO, S. 1338).
3.
Entgegen der Ansicht der Klägerin kann durch die Bildung der Versorgungsrücklage auch nicht davon ausgegangen werden, sie stelle die Umgehung einer durch Art. 33 Abs. 5 GG garantierten Versorgungsbeitragsfreiheit der Beamten dar. Es erscheint schon fraglich, ob überhaupt die Versorgungsbeitragsfreiheit einen hergebrachten Grundsatz des Berufsbeamtentums im Sinne des Art. 33 Abs. 5 GG darstellt (vgl. die Nachweise bei Battis/Kersten, aaO, S. 1339). Selbst wenn man mit einer verbreiteten Auffassung in der Literatur die Einführung einer echten Beitragspflicht für die Versorgung von Beamten für verfassungswidrig hält (so: Merten, NVwZ 1999, 809, 814 und ZBR 1996, 356, 376; Lecheler/Determann, ZBR 1998, 1, 3), so lässt sich daraus ein Verfassungsverstoß durch die oben geschilderten Gesetzesbestimmungen nicht ableiten.
Zwar hat der ursprüngliche Entwurf des § 14 a BBesG dahin gelautet, dass "Versorgungsrücklagen als Sondervermögen aus dem Beitrag der Besoldungs- und Versorgungsempfänger gebildet werden". Diese Formulierung wurde aber im Gesetzgebungsverfahren abgeändert (vgl. BT-Drs. 13/10322 S. 12). Zur Begründung hierfür (aaO, S. 71) wurde angegeben: "Durch die Neuformulierung von § 14 a BBesG soll klar gestellt werden, dass die Besoldungs- und Versorgungsempfänger keine Individualbeiträge an die Sondervermögen abführen. Vielmehr werden die Sondervermögen durch pauschale Zuführungen aus einer Verminderung der Besoldungs- und Versorgungsanpassung gebildet. Mit der Änderung gegenüber dem Regierungsentwurfs wird deutlicher, dass der Gesetzgeber eine Regelung innerhalb des bestehenden eigenständigen Versorgungsrechts für Beamte vornimmt." Damit kann nach dem Wortlaut und auch der Entstehungsgeschichte nicht von einer - möglicherweise - unzulässigen Beitragspflicht ausgegangen werden.
Dem kann nach Überzeugung der Kammer auch nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, dass die Verminderung der Besoldungs- und Versorgungsanpassung die gleiche wirtschaftliche Wirkung hat wie ein Beitragsabzug, so dass bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise eben doch durch Formenmissbrauch eine verdeckte Beitragspflicht eingeführt werde (so: Lecheler/Determann, ZBR 1998, 1,2 und v. Zezschwitz, ZBR 1998, 115, 119).
Denn die Gesetzesregelung sieht eben gerade keinen individuellen Abzug beim einzelnen Beamten von den gesetzlich bereits geschuldeten Bezügen vor, auf die nach dem oben genannten Grundsatz der Gesetzesbindung ein Anspruch bestünde. Vielmehr leisten die Beamten dadurch einen"fiktiven Beitrag" zu ihrer Alters- und Hinterbliebenenversorgung, das ein rechnerischer Teilbetrag der Bezüge insgesamt in einem pauschalierenden Ansatz für alle Bediensteten im Lande zu einem Sondervermögen zusammengefasst wird. Damit wird aber kein grundsätzlich neues Element in das System der beamtenrechtlichen Versorgung eingeführt, sondern nur ein neuer Rechnungsposten im Haushalt des Bundes geschaffen, der sich auf die Höhe der regelmäßigen Besoldungsanpassung auswirkt. Ein derartiger "globaler" Versorgungsbeitrag führt nicht zu einer rentenversicherungsbeitragsähnlichen Belastung für den einzelnen Beamten. Neu ist lediglich die Verpflichtung des Dienstherrn, einen Teil der so gewonnenen Gelder der Versorgungsrücklage in Form eines Sondervermögens zuzuführen. Dies ist dabei lediglich ein Rechnungsposten bei der Ermittlung der den Beamten zustehenden amtsangemessenen Alimentation. Dann kann es aber lediglich nur noch darauf ankommen, ob die amtsangemessene Alimentation gleichwohl noch gewahrt bleibt (vgl. Battis/Kersten, aaO, S. 1339). Dies ist aber - wie unter 1 ausgeführt - nach Ansicht der Kammer der Fall.
4.
Allerdings enthält § 14 a Abs. 2 Satz 1 BBesG die Verminderung der Besoldungs- und Versorgungsanpassungen bis zum 31. Dezember 2013. Jedoch verstößt diese langfristige Selbstbindung des Gesetzgebers nachÜberzeugung des Gerichts bei heutiger Betrachtung für sich gesehen nicht gegen das Alimentationsprinzip (so: Merten, NVwZ 1999, 809, 815; Lecheler/Determann, aaO, S. 5). Auch wenn damit der Gesetzgeber jährliche Absenkungsraten für 15 Jahre im Voraus festlegt, so ist er im Rahmen der vom Alimentationsprinzip gezogenen Grenzen grundsätzlich nicht gehindert, das Besoldungs- und Versorgungsrecht dergestalt zu ändern, dass Ansprüche für die Zukunft verkürzt werden oder entfallen (vgl. BVerfGE 70, 69, 79). Entscheidend ist, dass durch die in Rede stehende Regelung die aus dem Alimentationsprinzip folgende Verpflichtung des Besoldungsgesetzgebers, mit der Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse Schritt zu halten bei der Festsetzung der Besoldungs- und Versorgungsbezüge (vgl. § 14 BBesG), nicht beseitigt wird. Vielmehr ist es Sache des jeweiligen "Anpassungs"-Gesetzgebers, die Grundsätze des Alimentationsprinzips zu wahren, wenn er im Einzelnen die Besoldung regelt. Eine Abkoppelung der Anpassungsraten von der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung ist daher mit der Bildung einer Versorgungsrücklage nicht gegeben. Hinzu kommt, dass in § 14 a Abs. 1 Satz 2 BBesG lediglich von "durchschnittlichen" Verminderungen gesprochen wird, so dass ein gewisser Spielraum besteht und die Regelung als Soll-Vorschrift ausgestaltet ist, so dass der Gesetzgeber bei den jeweiligen Anpassungsentscheidungen diese Absicht umsetzen kann, aber nicht muss. Der Besoldungsgesetzgeber hat sich somit nicht aus der Pflicht entlassen, jede Besoldungsanpassung an den Erfordernissen einer amtsangemessenen Alimentation auszurichten (vgl. Battis/Kersten, aaO, S. 1340).
5.
Entgegen einer in der Literatur vertretenen Ansicht enthält die angegriffene Vorschrift auch keinen unzulässigen rückwirkenden Eingriff in die erdienten Versorgungsansprüche oder bereits erworbenen Rechte vorhandener Versorgungsempfänger. Unter echter Rückwirkung von Gesetzen wird herkömmlich eine Einwirkung auf in der Vergangenheit bereits abgeschlossene Tatbestände in der Form, dass sie nachträglich veränderten Bedingungen unterworfen werden, verstanden. Wann dies der Fall ist, lässt sich nur im Einzelfall nach dem jeweils in Betracht kommenden gesetzlichen Tatbestand ermitteln. Soweit geltend gemacht wird, dass hier nachträglich die Beitragsfreiheit der Besoldung abgeschafft worden sei und damit insbesondere aus der Sicht heutiger Versorgungsempfänger Strukturprinzipien rückwirkend geändert worden seien (so: Lecheler/Determann, aaO, S. 4), so ist dem entgegenzuhalten, dass durch die Einführung der Versorgungsrücklage gerade nicht rückwirkend eine Versorgungsbeitragspflicht eingeführt wird. Ein Eingriff in einen in der Vergangenheit liegenden, abgeschlossenen Lebenssachverhalt ist daher nicht ersichtlich, denn nach der gesetzlichen Regelung erfolgt keine Rückwirkung auf die frühere Besoldung, sondern es wird lediglich eine gewisse (geringe) Verminderung bei der Erhöhung der Bezüge der Besoldungs- und Versorgungsempfänger vorgenommen (vgl. Battis/Kersten, aaO, S. 1340).
6.
Auch überzeugt es die Kammer nicht, wenn in der Literatur von einem Verstoß gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes gesprochen wird (so: Lecheler/Determann, aaO, S. 5). Ein schutzwürdiges Vertrauen aktueller Versorgungsempfänger, (vgl. BVerfGE 76, 256, 346), ist nicht negativ betroffen. Die Regelung in § 14 a Abs. 1 Satz 1 BBesG nennt selbst die sachlichen Gründe, die zum Erlass dieser Vorschrift führten. Die genannten Gesichtspunkte der demographischen Entwicklung und der Zahl der Versorgungsempfänger bezeichnen strukturelle Probleme der Beamtenversorgung und lassen sich nicht auf das allgemein fiskalische Interesse der Ausgabenkürzung zurückführen, welches für sich genommen möglicherweise nicht als ausreichende Legitimation für eine Kürzung von Bezügen herangezogen werden könnte. Da - mit durchaus guten Gründen - der Personalbestand im öffentlichen Dienst in den Jahren zwischen 1960 und 1993 erheblich zugenommen hat und zudem in der tatsächlichen Entwicklung eine erhebliche Zunahme von vorzeitigen Pensionierungen einsetzte (vgl. zu dieser Entwicklung: Schwegmann/Summer, BBesG, Stand: August 1998,§ 14 a BBesG, Erl. 2.2. und 3.2.), stellte sich für den Gesetzgeber die Problematik, dass die Versorgungslasten die Leistungsfähigkeit der öffentlichen Haushalte gefährden könnten. Der dem Versorgungsreformgesetz 1998 zugrunde liegende Versorgungsbericht der Bundesregierung (BT-Drs. 13/5840) auf den sich die Gesetzentwürfe beziehen, legt diese drohende Entwicklung nachvollziehbar dar. Letztlich wird diese drohende Entwicklung von den Kritikern der hier in Rede stehenden gesetzlichen Lösung auch nicht bestritten. Bei dieser Sachlage hat der Gesetzgeber bei der Auswahl der Mittel, mit denen er dieser Gefahr begegnen will, einen weiten Spielraum zur Gestaltung, so dass die mit§ 14 a BBesG vorgenommene "Niveauabsenkung" - zusammen mit den übrigen gesetzgeberischen Maßnahmen - nicht unzulässig in Vertrauenstatbestände eingreift (vgl. auch: Battis/Kersten, aaO, S. 1340, 1341).
7.
Nach Ansicht der Kammer ist auch kein Verstoß gegen die verfassungsmäßige Ordnung im Sinne des Art. 2 Abs. 1 GG im Hinblick auf verfassungsrechtliche Haushaltsgrundsätze der Haushaltseinheit und Haushaltsklarheit gegeben.
Art. 110 Abs. 1 GG schreibt zwar den Grundsatz der Vollständigkeit und Einheit des (Bundes-)Haushalts fest, verbietet jedoch die Bildung von Sondervermögen nicht generell, wie sich schon aus dem zweiten Satzteil des ersten Satzes im ersten Absatz ergibt. Allerdings muss ein sachlicher Grund für die Einrichtung von Sondervermögen bestehen. Dieser Grund muss nicht zwingend sein, sondern es reicht angesichts des finanzpolitischen Gestaltungsspielraums aus, wenn dieser verfassungsrechtlich legitimiert ist. Im Hinblick auf die bekannte Versorgungslast, wie sie insbesondere im Versorgungsbericht der Bundesregierung zum Ausdruck kommt, erscheint die Bildung von Versorgungsrücklagen durch Sondervermögen daher als durchaus legitim (vgl. Battis/Kersten, aaO, S. 1342).
8.
Schließlich ist im Ergebnis auch kein Verstoß gegen die föderale Finanz- und Haushaltsautonomie, wie sie in Art. 109 Abs. 1 GG geregelt ist, zu rügen. Nach dieser Vorschrift sind Bund und Länder in ihrer jeweiligen Haushaltswirtschaft selbständig und grundsätzlich unabhängig voneinander und müssen sich nach Art. 109 Abs. 3 GG Vorgaben des Bundes an den Landesgesetzgeber auf eine Rahmensetzung beschränken. Hier könnte mit § 14 a Abs. 1 BBesG zwar insoweit darüber hinausgegangen worden sein, als die Bildung von Versorgungsrücklagen als Sondervermögen auch für die Länder vorgeschrieben wird. Da die Vermindung der Besoldung und Versorgung aber nach § 14 a Abs. 2 BBesG der Sicherung künftiger Versorgungsausgaben dient, erscheint die Annahme einer Gesetzgebungskompetenz des Bundes kraft Sachzusammenhangs mit Art. 74 a Abs. 1 GG durchaus als zutreffend (vgl. Battis/Kersten, aaO, S. 1342, 1343). Hinzu kommt aber insbesondere, dass die Klägerin als Landesbeamtin diese möglicherweise verfassungswidrige Situation eines Eingriffs der Bundesgesetzgebung in die Regelungskompetenz der Länder nicht mit Erfolg geltend machen kann. Denn das Land Niedersachsen hat gesetzlich die Bildung der Versorgungsrücklage beschlossen, so dass Bedenken in dieser Richtung für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits nicht erheblich wären (vgl. BverfGE 66, 110, 105).
Nach alledem sind die Voraussetzungen einer Verfassungswidrigkeit und damit einer Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 GG zurÜberzeugung des Gerichts nicht gegeben. Die gesetzliche Vorschrift und ihre Anwendung sind rechtlich nicht zu beanstanden (vgl. auch: VG Koblenz, Urteil vom 7. September 2000 - 6 K 1910/00.KO -; VG Karlsruhe, Urteil vom 19. September 2000 - 11 K 1106/00 -; VG Ansbach, Urteil vom 18. Januar 2001 - AN 17 K 00.00873 -; VG Frankfurt am Main, Urteil vom 20. November 2000 - 9 E 2982/00 (2) - jeweils V.n.b.). Die Klage war daher mit der Kostenfolge aus §§ 154 Abs. 1, 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr.11, 711 ZPO abzuweisen.
Gegen dieses Urteil ist die Berufung nur eröffnet, wenn sie von dem Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht in Lüneburg zugelassen worden ist.
Streitwertbeschluss:
Beschluss
Der Wert des Streitgegenstands wird auf 8.000,00 DM (in Worten: achttausend Deutsche Mark) festgesetzt.
Gründe:
Die Festsetzung beruht auf § 13 Abs. 1 Satz 2 GKG.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen die Streitwertfestsetzung ist die Beschwerde an das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht in Lüneburg statthaft, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 100,00 DM übersteigt. Die Beschwerde ist spätestens innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem
Verwaltungsgericht Oldenburg, Schlossplatz 10, 26122 Oldenburg,
schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Die Beschwerdefrist ist auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist bei dem Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht eingeht.
Hoeft
Burzynska