Oberlandesgericht Braunschweig
Beschl. v. 07.02.2013, Az.: 2 W 10/13
Grundbuchrecht; Grundbuch; Grundschuld; Gesamtgrundschuld; Sicherungsgrundschuld; GBO; Grundbuchordnung; Grundbuchamt
Bibliographie
- Gericht
- OLG Braunschweig
- Datum
- 07.02.2013
- Aktenzeichen
- 2 W 10/13
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2013, 64320
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 1193 Abs 2 S 2 BGB
- § 1193 Abs 1 BGB
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Soll eine vor dem 20. August 2008 bestellte sofort fällige Grundschuld auf ein weiteres Grundstück erstreckt werden, und steht aufgrund der Umstände fest, dass es sich um eine Sicherungsgrundschuld handelt, dann bedarf es keiner ausdrücklichen Erklärung zur (abweichenden) Fälligkeit der Grundschuld auf dem neu belasteten Grundstück in der Nachverpfändungserklärung. Das Grundbuchamt hat von Amts wegen einen Klarstellungsvermerk einzutragen, wenn durch die Eintragung der unzutreffende Eindruck entstehen würde, die Gesamtgrundschuld sei insgesamt sofort fällig.
Tenor:
Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird die Zwischenverfügung des Amtsgerichts - Grundbuchamt - Northeim vom 20. Dezember 2012 teilweise aufgehoben und das Amtsgericht - Grundbuchamt - angewiesen, den Vollzug des Antrags auf Eintragung der Grundschuld über 1.081.382,33 € im Erbbaugrundbuch des Amtsgerichts Northeim von Northeim Blatt B nicht aus den in der genannten Zwischenverfügung angeführten Gründen zu verweigern. Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Antragstellerin zu tragen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens: 6.000,00 €
Gründe
I.
Die Beteiligte ist Inhaberin eines Erbbaurechts auf dem unter der lfd. Nr. 1 im Grundbuch von Northeim Band X Blatt C eingetragenen Grundstück. In der Abt. III unter Nr. 1 des Erbbaugrundbuchs von Northeim, Blatt B, ist eine Grundschuld über 1.081.382,33 € zugunsten der H Bank Aktiengesellschaft eingetragen.
Die Beteiligte ist ferner Inhaberin eines Erbbaurechts, eingetragen auf dem unter der lfd. Nr. 1 im Grundbuch von Northeim Band X Blatt D eingetragenen Grundstück. In Abt. III Nr. 1 des Erbbaugrundbuchs von Northeim, Blatt B, ist eine Grundschuld in Höhe von 869.196,20 € zugunsten der HypoVereinsbank Aktiengesellschaft eingetragen.
Mit notariell beurkundeter Erklärung vom 15. November 2012 erstreckt die Erbbauberechtigte diese vorbezeichneten Grundpfandrechte wechselseitig jeweils auf das andere Erbbaurecht. Sie nimmt wegen des weiteren Grundschuldinhalts auf die Bestellungsurkunden der Grundschulden vom 05. Juli 1985 zu UR-Nr. X und vom 09. September 1985 zu UR-Nr. Y des Notars K Bezug. Das Amtsgericht - Grundbuchamt - Northeim hat mit Zwischenverfügung vom 20. Dezember 2012 die Grundbucheintragungen mit der Begründung abgelehnt, dass die Nachverpfändungserklärung (Bewilligung) dahingehend zu ergänzen sei, dass insoweit die Fälligkeitsregelung des § 1193 BGB (n. F.) Anwendung finde, weil die bisher eingetragenen Grundschulden uneingeschränkt fällig seien, neu eingetragene Sicherungsgrundschulden hingegen nur noch eingeschränkt fällig würden.
Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit ihrer Beschwerde vom 03. Januar 2013, in der sie die Auffassung vertritt, dass die gesetzliche Kündigungsfrist nach § 1193 Abs. 1 Satz 3, Abs.2 S.2 BGB im Rahmen eines Klarstellungsvermerks von Amts wegen einzutragen sei. Das Amtsgericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 15. Januar 2013 nicht abgeholfen und die Akten dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
II.
1. Die Beschwerde ist zulässig (§§ 71 ff. GBO) und hat teilweise Erfolg.
a) Soweit die Beteiligte die Eintragung der Grundschuld in dem Erbbaugrundbuch von Northeim Blatt B beantragt, bedarf die Nachverpfändungserklärung keiner Ergänzung. Das vom Grundbuchamt angenommene Eintragungshindernis steht diesem Antrag nicht entgegen. Der Hinweis auf die abweichende Fälligkeit nach § 1193 Abs. 1 BGB im Hinblick auf das nachverhaftete Grundstück kann von Amts wegen im Grundbuch eingetragen werden.
Zutreffend geht das Grundbuchamt davon aus, dass die Pfanderstreckung bezogen auf das weitere Erbbaurecht als Neubestellung einer Grundschuld anzusehen ist (vgl. BGH, Beschl. v. 10. Juni 2010, V ZB 22/10, Rn. 20 zitiert nach juris). Handelt es sich bei der Grundschuld um eine Sicherungsgrundschuld, gilt an dem nachbelasteten Erbbaurecht die gesetzliche Kündigungsfrist gem. § 1193 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Abs.1 BGB (n. F.). Da nach der Übergangsregelung in Art. 229 § 18 Abs. 3 EGBGB die Regelung in § 1193 Abs. 2 S.2 BGB n. F. nur auf diejenigen Grundschulden anzuwenden ist, die nach dem 19. August 2008 bestellt werden, gilt hinsichtlich des ursprünglich belasteten Grundstücks diese gesetzlich zwingende Fälligkeitsregel, wonach die Kündigungsfrist sechs Monate beträgt, nicht. Um diese Abweichung deutlich zu machen, soll ein entsprechender Klarstellungsvermerk im Grundbuch angebracht werden, weil andernfalls der Eindruck erweckt werden könnte, das Grundschuldkapital sei an allen haftenden Erbbaurechten ohne Einhaltung der Kündigungsfrist sofort fällig (Böhringer, Rechtspfleger 2010, 406 (411 f.), ders., Rechtspfleger 2009, 124 (131), Bestelmeyer, Rechtspfleger 2009, 377 (378), OLG München, Beschluss vom 26. Jan. 2010, 34 Wx 112/09, Rn. 34 zit. nach juris). Der Bundesgerichtshof hat die Frage in seinem Beschluss vom 10.06.2010, V ZB 22/10 (vorhergehend OLG München a.a.O.), offengelassen, aber gemeint, dass das Grundbuchamt zu erwägen habe, ob der (aus der Eintragungsbewilligung nicht ersichtliche) Umstand, dass für den neu belasteten Grundbesitz abweichend die neue Kündigungsfrist gilt, durch eine Klarstellungsvermerk im Grundbuch zu kennzeichnen ist (Rn. 29 zit. nach juris).
Zu der Frage, ob bei unterschiedlicher Fälligkeit von bereits eingetragener und noch einzutragender Grundschuld in der Nachverpfändungserklärung die Geltung des § 1193 Abs.1, Abs.2 BGB (n.F.) dargetan werden muss, werden unterschiedliche Auffassungen vertreten. Teilweise wird gefordert, dass die abweichende Fälligkeit aus der Nachverpfändungserklärung ersichtlich sein müsse (Böhringer, Rechtspfleger 2010, 406 (411 f.), ders., Rechtspfleger 2009, 124 (131), Meikel/Böhringer, GBO, 10. A., § 48 Rn.106, so wohl auch OLG München, a.a.O.). Teilweise wird dies wohl nur gefordert, wenn sich der Charakter als Sicherungsgrundschuld nicht bereits aus anderen Umständen ergibt (Bestelmeyer, Rechtspfleger 2009, 377 (378)). Der Bundesgerichtshof hat in der o.g. Entscheidung, in der feststand, dass es sich um eine Sicherungsgrundschuld handelt, eine entsprechende Nachverpfändungserklärung mit Erklärung zur Fälligkeit nicht ausdrücklich gefordert, aber sich u.a. auf die von Böhringer (Meikel/Böhringer, GBO, 10. A., § 48 Rn.106, Rechtspfleger 2009, 124 (131)) vertretene Auffassung bezogen.
Ob es einer ausdrücklichen Erklärung zur Fälligkeit in der Nachverpfändungserklärung bedarf oder ob ein Klarstellungsvermerk von Amts wegen eingetragen werden kann, hängt nach Auffassung des Senats davon ab, ob sich bereits aus den Umständen ergibt, dass es sich bei dem zu erstreckenden Recht um eine Sicherungsgrundschuld handelt. Steht eindeutig fest, dass es sich um eine Sicherungsgrundschuld handelt, dann ist eine Erklärung zur (abweichenden) Fälligkeit nicht erforderlich, weil es sich insoweit um eine zwingende gesetzliche Regelung handelt, und das Grundbuchamt kann den Klarstellungsvermerk von Amts wegen eintragen. „Schweigt“ die Bewilligung in diesem Punkt und steht auch sonst nicht fest, dass es sich um eine Sicherungsgrundschuld handelt, dann ist die Bewilligungserklärung nicht eindeutig und das Grundbuchamt ist nicht in der Lage zu beurteilen, ob von der gesetzlichen Regelung abweichende und für die bereits belasteten Grundstücke/Erbbaurechte wirksame bisherige Kündigungs- und Fälligkeitsregelungen auch für das neu belastete Grundstück/Erbbaurecht gelten oder ob die gesetzliche Fälligkeits-/Kündigungsregelung gilt. In diesem Fall ist in die Bewilligung des Eigentümers ein Hinweis auf die abweichende Fälligkeit nach § 1193 Abs. 1 BGB im Hinblick auf das nachverhaftete Grundstück/Erbbaurecht aufzunehmen (vgl. Bestelmeyer, a.a.O.).
Bezüglich der im Erbbaugrundbuch von Northeim Blatt A eingetragenen Grundschuld ergibt sich bereits aus der Bewilligungserklärung der Erbbauberechtigten vom 15. November 2012, dass es sich bei dem zu erstreckenden Recht um eine Sicherungsgrundschuld handelt. In der Urkunde wird wegen des weiteren Grundschuldinhalts auf die Bestellungsurkunde vom 05. Juli 1985 zu UR-Nr. X Bezug genommen, in der es unter sonstige Bestimmungen (Nr. 7a) heißt, dass „sämtliche Zahlungen ausschließlich auf die durch die Grundschuld gesicherten Ansprüche geleistet werden“. Hieraus ergibt sich, dass es sich um eine Sicherungsgrundschuld handelt und damit § 1193 Abs. 2 Satz 2 BGB n. F. gilt. Soweit die Erbbauberechtigte die Erstreckung dieser Grundschuld auch auf das im Erbbaugrundbuch von Northeim Blatt B eingetragene Recht bewilligt, bedarf es daher keiner ausdrücklichen Erklärung zur Fälligkeit. Der Klarstellungsvermerk kann vom Grundbuch von Amts wegen eingetragen werden.
b) Anders ist die Situation betreffend die mit Urkunde vom 09. September 1985 bestellte und im Erbbaugrundbuch von Northeim Blatt B eingetragene Grundschuld, die auf das im Erbbaugrundbuch von Northeim Blatt A eingetragene Erbbaurecht erstreckt werden soll. Weder aus der Nachverpfändungserklärung selbst noch aus der Grundschuldurkunde vom 09.09.1985, auf die mit der Eintragungsbewilligung Bezug genommen wird, ergibt sich, dass es sich um eine Sicherungsgrundschuld handelt. Insoweit ist es daher erforderlich, dass sich die Beteiligte als Erbbauberechtigte in der Nachverpfändungsbewilligung dazu erklärt, dass es sich um eine Sicherungsgrundschuld handelt und die abweichende Fälligkeit nach § 1193 Abs. 1 BGB im Hinblick auf das nachverhaftete Erbbaurecht aufgenommen wird.
3. Höchstrichterlich ist bisher nicht geklärt, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen eine Nachverpfändungserklärung einen Hinweis auf die abweichende Fälligkeit der Grundschuld betreffend das nachverhaftete Grundstück/Erbbaurecht enthalten muss. Die Rechtsbeschwerde ist daher gemäß § 78 Abs. 2 S.1 GBO zur Fortbildung des Rechts und wegen grundsätzlicher Bedeutung dieser Frage zuzulassen.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 84 FamFG, 131 KostO. Da die Beschwerde teilweise Erfolg hat, hat die Antragstellerin nur einen Teil der Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
5. Die Festsetzung des Geschäftswerts beruht auf den §§ 30, 131 Abs. 4 KostO. Da die Beschwerde teilweise Erfolg hat, wird die Zurückweisungsgebühr nach § 131 Abs. 1 Nr. 1 KostO nur nach einem Geschäftswert von 3.000,00 € erhoben (vgl. Lappe in: Korintenberg/Lappe/Bengel/Reimann, KostO, 18. Auflage, § 131 Rn. 18).