Oberlandesgericht Braunschweig
Beschl. v. 12.02.2013, Az.: 2 W 18/13

Verfahren des Grundbuchamts zur Einführung von Eintragungsanträgen im Fall einer eingereichten Urkunde mit mehreren Eintragungsbewilligungen

Bibliographie

Gericht
OLG Braunschweig
Datum
12.02.2013
Aktenzeichen
2 W 18/13
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2013, 36023
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGBS:2013:0212.2W18.13.0A

Fundstellen

  • FGPrax 2013, 193-194
  • MittBayNot 2014, 160-162
  • Rpfleger 2013, 442-444

Amtlicher Leitsatz

Stellt der Notar aus einer gemäß § 15 Abs. 2 GBO beim Grundbuchamt eingereichten Urkunde, die mehrere Eintragungsbewilligungen enthält, nur zu einzelnen Bewilligungen Anträge, so sind die übrigen Bewilligungen nicht in das Grundbuchverfahren eingeführt. Ein Urkundsbeteiligter kann diese nicht ohne Mitwirkung des Bewilligenden zur Grundlage späterer Eintragungsanträge machen.

Tenor:

Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 1. wird das Amtsgericht - Grundbuchamt - X angewiesen, gegen die am 24.09.2012 im Grundbuch von X, Blatt - Erbbaugrundbuch - in Abt. III lfd. Nr. 5 fehlerhaft vorgenommene Löschung des dort zugunsten des Beteiligten zu 1. vermerkten Grundpfandrechts einen Amtswiderspruch einzutragen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens haben die Beteiligten zu 2. und 3. zu tragen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Beschwerdewert: 15.338,76 €.

Gründe

I.

Der Beteiligte zu 1. ist zur Hälfte eingetragener Erbbauberechtigter des eingangs genannten Erbbaurechts, das ihm mit notarieller Urkunde vom 28. März 1988 des Notars L. von seiner Mutter übertragen worden ist. Der andere hälftige Anteil des Erbbaurechts wurde mit gleicher notarieller Urkunde seinem zwischenzeitlich (2010) verstorbenen Bruder F. übertragen, der von G. allein beerbt worden ist, die mit weiterer notariellen Urkunde vom 14. Mai 2012 des Notars E. dieses an die Beteiligten zu 2. und 3. übertragen hat. Die Beteiligten zu 2. und 3. sind seit dem 05. Oktober 2012 zu je 1/4 als Erbbauberechtigte des oben genannten Erbbaurechts neben dem Beteiligten zu 1. im Grundbuch von X eingetragen.

Unter Abteilung III/12 und 13 war am 28. März 1988 im Grundbuch weiterhin zugunsten des Beteiligten zu 1. und seines Bruders F. jeweils eine brieflose Grundschuld über 30.000,00 DM nebst Zinsen eingetragen. Mit der oben genannten notariellen Urkunde des Notars L. vom 28. März 1988 erklärten beide dort auf Seite 6 wörtlich:

"Es wird bewilligt und beantragt, Löschung der Post III/12, 13, 14 und 15."

In dieser Urkunde heißt es weiter unter Gliederungsziffer 8. auf Seite 9:

"Notarvollmachten

Der Notar wird mit der Durchführung des Geschäfts beauftragt.

Er wird bevollmächtigt Anträge zu stellen, zu ändern und zurückzunehmen, wenn dies von Amtsstellen verlangt wird.

Die in dieser Verhandlung gestellten Anträge sollen nicht als einheitliche Anträge angesehen werden.

Die Vertragsparteien verzichten auf ihr eigenes Antragsrecht und übertragen dies dem amtierenden Notar."

Mit Schreiben vom 19. Juli 1988 reichte der Notar L. eine 1. Ausfertigung der Urkunde vom 28. März 1988 beim Grundbuchamt X ein mit der Bitte, gemäß § 15 GBO die Eigentumsänderung im Grundbuch einzutragen. Weiterhin bezog er sich auf die im Vertrag vom 28. März 1988 auf Seite 6 befindlichen Löschungsanträge, überreichte beigefügt eine Löschungsbewilligung der Gläubigerin der Post III/15 vom 02. Mai 1988 und bat darum, Post III/15 im Grundbuch zu löschen. Eine Löschung der unter Post III/12 und 13 eingetragenen Grundschulden erfolgte nicht. Am 03. November 2003 wurden u. a. diese beiden Eintragungen umgeschrieben und die Grundschuld zugunsten des Beteiligten zu 1. fortan unter der lfd. Nr. 5 in Abt. III und die für seinen Bruder F. unter der lfd. Nr. 4 in Abt. III geführt.

Mit Schreiben vom 21. Mai 2012 beantragte der Notar E. gemäß § 15 GBO die Löschung der Grundschuld unter der lfd. Nr. 5 unter Bezugnahme auf die vor ihm als Notar errichtete Urkunde vom 14.05.2012. Auf Seite 4 und 5 dieser Urkunde ist dabei folgendes aufgenommen worden:

"Hinsichtlich der Grundschuld in Abteilung III lfd. Nr. 5 (früher lfd. Nr. 13) wird unter Erteilung der Eigentümerzustimmung die Löschung allseits beantragt.

Die Löschungsbewilligung nebst Antrag durch A. ist in der Urkunde des Notars L., vom 28.03.1988, URNr. enthalten, welche im Grundakt befindlich ist. Die Bewilligung beinhaltet auch die Eigentümerzustimmung des A.

Hinsichtlich der Grundschuld in Abteilung III lfd. Nr. 4 wird allseits Berichtigung durch Verlautbarung der Erbfolge beantragt. Die Bewilligung zur Löschung, enthalten in der Urkunde des Notars L. vom 28.03.1988, URNr. ..., wird widerrufen, ebenso der Antrag hinsichtlich der Löschung dieses Pfandrechts".

Mit Fax vom 18. Juni 2012 erklärte der Beteiligte zu 1. persönlich, dass er seine Löschungsbewilligung nebst Antrag in der Urkunde des Notars L. vom 28. März 1988 und ebenso den Antrag hinsichtlich der Löschung dieses Pfandrechts widerrufe. Auf den Hinweis des Grundbuchamtes X vom 19. Juni 2012 erklärte er mit unterschriebenem Schreiben vom 25. Juni 2012 dieses erneut, und zwar mit der Ergänzung, dass er die in der Urkunde des Notars L. vom 28.03.1988 dem Notar und dessen Notariatsmitarbeiterinnen erteilten Vollmachten ebenfalls widerrufe. Zudem fügte er sein Schreiben vom 18. Juni 2012 mit Unterschrift bei. Am 24.09.2012 nahm das Grundbuchamt X die Löschung der Grundschuld Abt. III Nr. 5 vor.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 27. Dezember 2012 wendet sich der Beteiligte zu 1. gegen die Löschung der Grundschuld in Abt. III unter Nr. 5, legt Beschwerde ein und beantragt, das Grundbuchamt anzuweisen, gemäß § 53 GBO einen Widerspruch gegen die Löschung einzutragen. Er habe den ehemals beurkundeten Löschungsantrag zurückgenommen. Darin liege zugleich eine Versagung seiner Zustimmung. Von der Möglichkeit, zur Beschwerde Stellung zu nehmen, hat Notar E. keinen Gebrauch gemacht. Mit Beschluss vom 23. Januar 2013 hat das Amtsgericht - Grundbuchamt - X die Eintragung eines Amtswiderspruchs abgelehnt und die Sache zur Entscheidung dem Oberlandesgericht vorgelegt.

II.

1. Die Beschwerde ist statthaft und auch sonst zulässig.

Das Beschwerdebegehren, eine gelöschte Eintragung wiederherzustellen, ist dahingehend auszulegen, dass damit das Ziel der Eintragung eines Amtswiderspruchs gemäß § 53 GBO verfolgt wird, was der Beteiligte zu 1. auch ausdrücklich wünscht. Insoweit ist der Beteiligte zu 1. auch beschwerdeberechtigt, weil er grundsätzlich seinem Vorbringen zufolge einen Grundbuchberichtigungsanspruch geltend machen könnte. Schließlich trägt er vor, dass die Löschung des zu seinen Gunsten eingetragenen Grundpfandrechts entgegen der materiellen Rechtslage erfolgt sei.

2. Die Beschwerde ist auch begründet. Die Voraussetzungen für die Eintragung eines Amtswiderspruchs nach § 53 Abs. 1 S. 1 GBO liegen vor. Ein Amtswiderspruch im Sinne des § 53 Abs. 1 S. 1 GBO ist einzutragen, wenn eine unter öffentlichem Glauben stehende Eintragung unter Verletzung gesetzlicher Vorschriften vorgenommen worden ist (dazu unter a) und diese Eintragung das Grundbuch unrichtig gemacht hat (dazu unter b), wobei es genügt, dass die Unrichtigkeit des Grundbuches glaubhaft ist (Demharter, GBO, 27. Aufl., § 53 Rn. 28).

a) Dem Grundbuchamt ist bei der Löschung der in Abt. III unter lfd. Nr. 5 eingetragenen Grundschuld ein Verfahrensfehler unterlaufen. Erforderlich für eine Löschung eines Grundpfandrechts ist nämlich das Vorliegen einer wirksamen Löschungsbewilligung des Pfandrechtsinhabers, an der es vorliegend fehlte. Der Beteiligte zu 1., dem das Grundpfandrecht in Abt. III unter der lfd. Nr. 5 zusteht, hat zwar in der notariellen Urkunde vom 28. März 1988 vor dem Notar L. eine entsprechende Bewilligung erklärt, jedoch führt allein dieser protokollierte Vorgang - wovon das Grundbuchamt ausgeht - nicht dazu, dass damit schon eine für die Löschung erforderliche wirksame Bewilligung vorliegt.

Die Löschungsbewilligung ist rechtlich eine Verfahrenshandlung und kann deshalb erst ihre Wirkungen im Verfahren selbst entfalten (vgl. Bauer/v. Oefele, GBO, 2. Aufl. § 19 Rn. 29 m.w.N. aus der Rspr. - auch des BGH - in Fn 40). Demzufolge setzt ihr Wirksamwerden voraus, dass sie nicht nur in der von der Grundbuchordnung beschriebenen Form abgegeben wird, sondern auch in gültiger Form in das Grundbuchverfahren eingeführt werden muss, was nicht ausschließt, dass sie schon vor Einleitung eines solchen Verfahrens - so wie hier - erklärt wird. Solange die eine Bewilligung enthaltende Urkunde dem Grundbuchamt aber nicht vorliegt, ist sie deshalb nicht verfahrensrelevant, so dass sie auch nicht im Verfahren ihre Wirkung entfalten kann.

Vorliegend ist die Löschungsbewilligung des Beteiligten zu 1. betreffend das Pfandrecht Post III/13 nicht in das Grundbuchverfahren eingeführt worden. Zwar hat der Notar L. mit Schreiben vom 19. Juli 1988 eine Ausfertigung der notariellen Urkunde vom 28. März 1988 dem Grundbuchamt zukommen lassen, jedoch hat er zugleich in seinem Schreiben unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass er von der eingereichten Urkunde nur insoweit (beschränkt) Gebrauch machen will, als die dort aufgenommene Eigentumsänderung im Grundbuch einzutragen ist und die Löschung des Grundpfandrechtes unter Post III/15 zu veranlassen ist. Dass das für den Beteiligten zu 1. damals unter Post III/13 (und heute unter der lfd. Nr. 5) eingetragene Grundpfandrecht (brieflose Grundschuld über 30.000,00 DM nebst Zinsen) gelöscht werden soll, der Notar L. mithin von der in der Urkunde hierfür enthaltenen Löschungsbewilligung Gebrauch machen wollte, erklärt er in dem Schreiben hingegen nicht. Damit ist die Löschungsbewilligung des Beteiligten zu1. insoweit nicht wirksam geworden.

Der Umstand allein, dass sich bei den Akten des Grundbuchamtes eine Urkunde befindet, welche ihrem Inhalt nach auch eine Bewilligungserklärung zur Löschung eines weiteren Grundpfandrechts enthält, besagt nicht - wie der Notar E. meint -, dass auch diese Erklärung mit Zustimmung des Bewilligenden eingereicht worden ist (vgl. Bauer/von Oefele, GBO, 2. Auflage, § 19 Rn. 98). Zwar spricht die Lebenserfahrung dafür, dass mit der Einreichung einer vom Notar verfassten Urkunde, die dieser selbst beim Grundbuchamt einreicht, grundsätzlich alle (dort) protokollierten Erklärungen in das Verfahren eingeführt werden sollen, jedoch gilt dieser Grundsatz nicht, wenn der Notar - so wie hier - ausdrücklich Gegenteiliges erklärt und auch der Urkunde - so wie hier - unter Gliederungspunkt 8. zu entnehmen ist, dass die in dieser Verhandlung gestellten Anträge nicht als einheitliche Anträge angesehen werden sollen und die an der Beurkundung Beteiligten unter Verzicht auf ihr eigenes Antragsrecht dieses dem Notar übertragen haben. In einem solchen Fall geht das von dem Notar ausdrücklich Erklärte vor, weil nur so der erklärende Notar den ihm erteilten Treuhandauftrag erfüllen kann.

Hieraus folgt weiter, dass auch nicht der von den Beteiligten zu 2. und 3. nunmehr beauftragte Notar durch Bezugnahme auf diese Urkunde von der dort beurkundeten Bewilligungserklärung Gebrauch machen kann, um diese in das Grundbuchverfahren einzuführen. Insoweit fehlt ihm jegliche Befugnis. Zudem handelt er insoweit treuwidrig, weil sein Handeln nicht im Einklang mit dem dem Notar L. erteilten Treuhandauftrag steht.

b) Es ist auch glaubhaft, dass das Grundbuch infolge der vorgenommenen Löschung unrichtig geworden ist. Die Grundschuld zugunsten des Beteiligten zu 1. ist nicht erloschen. Von einer wirksamen Aufhebung oder einem wirksamen Verzicht, den mangels anderweitiger Anhaltspunkte allein in Betracht zu ziehenden Löschungstatbeständen, kann nicht ausgegangen werden. Entsprechende, wirksame Erklärungen des Beteiligten zu 1. sind nicht erkennbar und können auch nicht der notariellen Urkunde entnommen werden.

Nach alledem ist deshalb der begehrte Amtswiderspruch einzutragen.

3. Da das Rechtsmittel erfolgreich ist, fallen Gerichtskosten nicht an. Die Entscheidung betreffend die Kostentragungspflicht der Beteiligten zu 2. und zu 3. im Hinblick auf die außergerichtlichen Kosten des Beteiligten zu 1. folgt aus § 81 FamFG. Nachdem sie treuwidrig die unzulässige Löschung des Grundpfandrechtes bewirkt haben, entspricht es der Billigkeit, dass sie auch die außergerichtlichen Kosten des Beteiligten zu 1. zu tragen haben, die zur Rechtsverteidigung hierzu angefallen sind.

4. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde sind nicht gegeben.

5. Die Beschwerdewertfestsetzung orientiert sich am Wert des Grundpfandrechtes, §§ 131 Abs. 4, 30 KostO.