Verwaltungsgericht Osnabrück
Beschl. v. 06.12.1999, Az.: 5 B 313/99 /La

Aussicht politischer Verfolgung als Abschiebungshindernis; Verteilung der Zuständigkeiten für die Aufnahme von Flüchtlingen nach dem Dubliner Übereinkommen; Prüfungsdichte des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge

Bibliographie

Gericht
VG Osnabrück
Datum
06.12.1999
Aktenzeichen
5 B 313/99 /La
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 1999, 18585
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGOSNAB:1999:1206.5B313.99.LA.0A

Verfahrensgegenstand

Asylrecht

Prozessführer

der kasachische Staatsangehörige ...

Prozessgegner

die Bundesrepublik Deutschland
vertreten durch das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge, Klostermark 70-80, 26135 Oldenburg, ... -

In der Verwaltungsrechtssache
hat das Verwaltungsgericht Osnabrück - 5. Kammer -
am 6. Dezember 1999
durch
den Einzelrichter ...
beschlossen:

Tenor:

Die aufschiebende Wirkung der am 3. November 1999 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 21. Oktober 1999 erhobenen Klage - 5 A 649/99 - wird angeordnet.

Gerichtskosten werden nicht erhoben. Die Antragsgegnerin trägt die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens.

Gründe

1

Der nach § 80 Abs. 5 VwGO zulässige und auch fristgerecht gestellte (§ 36 Abs. 3 Satz 1 AsylVfG) Antrag ist begründet. Die vom Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge erlassene Abschiebungsandrohung ist rechtswidrig.

2

Das Bundesamt hat einem Ausländer, dessen Asylantrag als unbeachtlich abgelehnt worden ist und der keine Aufenthaltsgenehmigung besitzt, seine Abschiebung anzudrohen (§ 34 Abs. 1 AsylVfG). Nach § 36 Abs. 1 AsylVfG beträgt die zu setzende Ausreisefrist eine Woche. Ein Asyleintrag ist nach § 29 Abs. 1 AsylVfG unbeachtlich, wenn offensichtlich ist, dass der Ausländer bereits in einem sonstigen Drittstaat vor politischer Verfolgung sicher war und die Rückführung in diesen Staat oder in einen anderen Staat, in dem er vor politischer Verfolgung sicher war, möglich ist. Nach § 29 Abs. 3 Satz 1 AsylVfG ist ein Asylantrag ferner dann unbeachtlich, wenn aufgrund eines völkerrechtlichen Vertrages ein anderer Vertragsstaat, der ein sicherer Drittstaat (§ 26 a AsylVfG) ist, für die Durchführung eines Asylverfahrens zuständig ist oder die Zuständigkeit übernimmt. Beide Voraussetzungen liegen hier nach dem unstreitigen Sachverhalt vor. Trotzdem gilt mit Rücksicht darauf, dass auch die Ehefrau des Antragstellers ein Asylverfahren betreibt, etwas anderes.

3

Nach Art. 4 des Dubliner Übereinkommens vom 15. Juni 1990, veröffentlicht mit Gesetz vom 27. Juni 1994 - BGBl. II Seite 791 - ist für die Entscheidung über das Asylverfahren der Staat zuständig, in dem ein Familienangehöriger die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des Genfer Abkommens hat, sofern die betreffenden Personen dies wünschen. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Ausweislich der beigezognen Verwaltungsvorgänge des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge. Zentrale Nürnberg, ist über den Antrag der Ehefrau auf Anerkennung als Asylberechtigte und Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 51 AuslG noch nicht entschieden. Die vom Antragsteller überreichten Entscheidungen des Verwaltungsgerichts Oldenburg, die diese Vorschrift angewendet haben, treffen ersichtlich nicht den vorliegenden Fall. Aus ihnen ergibt sich nämlich, dass der Ehegatte des betreffenden Asylbewerbers bereits als Asylberechtigter anerkannt war, gegen diese Entscheidung aber der Bundesbeauftragte für Asylangelegenheiten Klage erhoben hatte.

4

Nach Art. 3 Abs. 4 des Dubliner Übereinkommens hat aber darüber hinaus jeder Mitgliedstaat unter der Voraussetzung, dass der Asylbewerber diesem Vorgehen zustimmt, das Recht, einen von einem Ausländer gestellten Asylantrag auch dann zu prüfen, wenn er aufgrund der in diesem Übereinkommen definierten Kriterien nicht zuständig ist. Diese Voraussetzungen liegen vor, da sowohl der Antragsteller als auch offensichtlich dessen Ehefrau die Entscheidung deutscher Asylbehörden wünschen. Dass der Antragsgegnerin in dieser Vorschrift eingeräumte Ermessen ist ersichtlich noch nicht angewendet worden und damit fehlerhaft. In dem angefochtenen Bescheid ist das Verfahren der Ehefrau des Antragstellers nicht erwähnt. Daraus ergibt sich zwingend, dass das der Antragsgegnerin eingeräumte Ermessen nicht angewendet worden ist.

5

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO; Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83 b Abs. 1 AsylVfG).

6

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylVfG).

Greiser