Landgericht Aurich
Urt. v. 22.05.1998, Az.: 3 O 231/98
Bibliographie
- Gericht
- LG Aurich
- Datum
- 22.05.1998
- Aktenzeichen
- 3 O 231/98
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1998, 40623
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
In dem Rechtsstreit
...
hat die 3. Zivilkammer des Landgerichts Aurich aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 29.4.1998 durch die Richter Di., D. und B. für Recht erkannt:
Tenor:
Die einstweilige Verfügung des Landgerichts Aurich vom 4.3.1998 wird mit der Maßgabe aufrechterhalten, daß der Antragsgegnerin bei Androhung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 500.000,00 DM, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfalle Ordnungshaft bis zu zwei Jahren untersagt wird, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken, unter Hinweis auf Umbauarbeiten, die Artikelgruppen Schmuck und Uhren mit Ausnahme von Wand- und_Standuhren bis zu 50 % reduziert datumsmäßig befristet anzubieten und/oder solchermaßen angekündigte besondere Verkäufe durchzuführen, solange eine Auslagerung der Warenbestände in den Gewahrsam von Kreditinstituten möglich ist und/oder die Baugenehmigungspflicht bzw. die baurechtliche Zulässigkeit des angestrebten Bauvorhabens nicht durch Vorlage einer Baugenehmigung der zuständige Behörde nachgewiesen ist.
Im übrigen wird die einstweilige Verfügung aufgehoben und der Antrag auf Erlaß zurückgewiesen.
Von den Kosten des Verfahrens tragen die Antragstellerin 1/4 und die Antragsgegnerin 3/4.
Das Urteil ist für die Parteien vorläufig vollstreckbar. Der Antragsgegnerin bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 1.500,- DM abzuwenden sofern nicht die Antragstellerin zuvor Sicherheit in dieser Höhe leistet; der Antragstellerin bleibt nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 500,- DM abzuwenden, sofern nicht zuvor die Antragsgegnerin Sicherheit in dieser Höhe leistet.
Tatbestand
Die Antragsgegnerin, die in E. ein Schmuckwarengeschäft betreibt, meldete am 10.2.1998 bei der zuständigen Industrie- und Handelskammer einen Räumungsverkauf wegen Umbauarbeiten an. Eine Baugenehmigung wurde der Anzeige nicht beigefügt. Mit Schreiben vom 12.2.1998 bat die Industrie- und Handelskammer um Vorlage der Baugenehmigung und Nachweise, daß eine anderweitige Einlagerung des Schmuckes und der Uhren nicht möglich sei. Dieser Aufforderung kam die Antragsgegnerin nicht nach. Durch Schreiben der Industrie- und Handelskammer vom 20.2.1998 wurde der Antragsgegnerin mitgeteilt, daß bei der R.-V. E.-P. die Lagerung kleinteiliger Waren möglich sei; das gelte auch mit Einschränkung für die C.bank in E.. Auch hierauf erfolgte keine weitere Reaktion der Antragsgegnerin.
Gleichwohl warb die Antragsgegnerin trotz der Hinweise der IHK im Sonntagsblatt am 1.3.1998 mit der Aussage:
"Wir bauen um!
Schmuck & Uhren vom 2.März bis 14. März
bis 50 % reduziert."
Auf Antrag der Antragstellerin hat das Landgericht Aurich am 4.3.1998 der Antragsgegnerin durch einstweilige Verfügung untersagt, unter Hinweis auf Umbauarbeiten Schmuck und Uhren bis zu 50 % reduziert datumsmäßig befristet anzubieten. Gegen den Erlaß der am 4.3.1998 zugestellten einstweiligen Verfügung hat die Antragsgegnerin Widerspruch eingelegt.
Die Antragstellerin behauptet, die vorgesehenen Umbauarbeiten seien genehmigungspflichtig gewesen, eine Baugenehmigung sei erst Anfang April 1998 nach Änderung der geplanten Maßnahme erteilt worden. Zuvor habe es keine - auch keine mündlich erteilte - Genehmigung gegeben. Kleinteile hätte die Antragsgegnerin anderweitig einlagern können, soweit es Probleme hinsichtlich großer Uhren gegeben habe, wäre bei entsprechender Angabe die Genehmigung für einen Teilräumungsverkauf erteilt worden. Dabei habe es sich aber nur um wenige Uhren gehandelt, im wesentlichen sei es der Antragsgegnerin darauf angekommen, erhöhten Umsatz mit ihrem gesamten Sortiment zu erzielen.
Für die Antragstellerin sei auch nicht ersichtlich gewesen, daß es sich bei dem Geschäft in E. nur um eine unselbständige Niederlassung gehandelt habe.
Die Antragstellerin beantragt,
die einstweilige Verfügung vom 4.3.1998 aufrechtzuerhalten.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die einstweilige Verfügung aufzuheben und den Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.
Sie behauptet, das Geschäft in E. sei lediglich eine unselbständige Niederlassung, in der keine kaufmännischen Entscheidungen eigenständig getroffen werden können. Der Sitz der Antragsgegnerin sei in S., so daß das Landgericht Aurich nicht zuständig gewesen sei.
Die Antragsgegnerin habe sich auch in einer Zwangslage befunden, da es ihr nicht möglich gewesen sei, den Schmuck einzulagern. Die von ihr angeschriebenen Banken hätten dies im Hinblick auf das erhöhte Risiko abgelehnt. Aus versicherungstechnischen Gründen habe die Antragsgegnerin auch Schmuck und Armbanduhren nicht auslagern können, da Versicherungsschutz nur im Geschäft bestanden hätte. Die Baugenehmigung habe zwar tatsächlich nicht vorgelegen. Seitens der Stadt E. sei aber mündlich diese erteilt worden. Dies sei auch der IHK mitgeteilt worden.
Entscheidungsgründe
Auf den Widerspruch der Antragsgegnerin war die einstweilige Verfügung vom 4.3.1998 teilweise aufzuheben, im wesentlichen aber aufrechtzuerhalten, da die Voraussetzungen für einen genehmigten Räumungsverkauf nach § 8 I UWG nur teilweise als gegeben anzusehen sind.
Die Zuständigkeit des Landgerichts Aurich folgt aus § 24 UWG. Die Zuständigkeit richtet sich nach dem Ort der gewerblichen Niederlassung, wobei auf den äußeren Anschein des Geschäftes abgestellt werden kann. Es kann dahin stehen, ob nach der Unternehmensstruktur das Geschäft der Antragsgegnerin in E. eine unselbständige Niederlassung ist, denn für den Außenstehenden geriert sich das Geschäft wie ein selbständiges Unternehmen, zumal dort über einen längeren Zeitraum unmittelbar Geschäfte getätigt werden. Entscheidend ist zudem darauf abzustellen, daß die Antragsgegnerin in der an die IHK gerichtete Anzeige des Räumungsverkaufes vom 10.2.1998 die Anschrift des Gewerbetreibenden und der Ort der Verkaufsveranstaltung gleichlautend angegeben hat. Damit aber ist das Geschäft der Antragsgegnerin in E. als Zweigniederlassung im Sinne des § 21 ZPO anzusehen, so daß das Landgericht zuständig zum Erlaß der einstweiligen Verfügung war.
Die nach § 13 UWG klagebefugte Antragstellerin kann auch nach § 8 V UWG von der Antragsgegnerin die Unterlassung des Räumungsverkaufes wegen Umbaus verlangen, soweit die Antragsgegnerin kleinteiligen Schmuck und Uhren zu ermäßigten Preisen anbietet.
Die Antragsgegnerin behauptet zwar, die für den Umbau unstreitig benötigte Baugenehmigung sei ihr mündlich erteilt worden. Entsprechend sei auch die IHK informiert worden. Diese Behauptung, die durch eidesstattliche Versicherung des bei der Antragsgegnerin beschäftigten Angestellten Herrn d. B. glaubhaft gemacht worden ist, steht aber im Widerspruch zu der Behauptung der Antragstellerin, daß zu keinem Zeitpunkt eine mündliche Baugenehmigung erteilt worden sei, da die zunächst vorgelegten Pläne diese auch nicht zugelassen hätten. Der Vortrag der Antragstellerin ist durch eidesstattliche Versicherung glaubhaft gemacht worden. Diese stehen sich unvereinbar gegenüber; von einer erteilten Baugenehmigung kann daher nicht ausgegangen werden.
Die Antragsgegnerin kann sich auch nicht auf eine Zwangslage im Sinne des § 8 I UWG berufen, da die IHK ihr mit der R.-V. E.-P. und der C. Emden zwei Kreditinstitute namhaft gemacht hat, die kleinteilige Ware der Antragsgegnerin eingelagert hätte. Auch wenn die Einlagerung organisatorische Schwierigkeiten bereitet hätte, indem eine Vielzahl von Schmuckstücken pp hätte aufgelistet werden müssen, kann dies die Antragsgegnerin nicht entlasten. In diesem Fall hätte sie in eigener Verantwortlichkeit diese Zusatzaufgaben erledigen müssen. Soweit für den Transport kein Versicherungsschutz bestanden haben mag, hätte die Antragsgegnerin sich um eine zusätzliche Absicherung bemühen müssen. Das hat sie offensichtlich unterlassen.
Die Antragsgegnerin hat aber glaubhaft gemacht, daß Stand- und Wanduhren von ihr nicht anderweitig hätten eingelagert werden können. Hinsichtlich dieser Warengruppe hat eine Zwangslage im Sinne des § 8 I UWG bestanden, so daß insoweit die einstweilige Verfügung aufzuheben und deren Erlaß zurückzuweisen war.
Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92, 708, 711 ZPO.