Amtsgericht Diepholz
Urt. v. 18.03.2009, Az.: 2 C 323/08 (II)
Bibliographie
- Gericht
- AG Diepholz
- Datum
- 18.03.2009
- Aktenzeichen
- 2 C 323/08 (II)
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2009, 44648
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:AGDIEPH:2009:0318.2C323.08II.0A
Rechtsgrundlagen
- BGB § 134
- ApBetrO § 2 Abs. 5
- ApoG § 1
- ZPO § 139
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung des Beklagten in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand
Die Klägerin schloss im Januar 2007 mit dem zwischenzeitlich verstorbenen Apotheker Thomas R... einen Vertrag über eine sogenannte "Chefvertretung" in dessen Apotheke, ... für den Zeitraum vom 30.01. bis 23.02.2007. Vereinbart war ein Stundenlohn von 30,00 Euro. Die Klägerin war nicht weisungsgebunden und es wurden keine Sozialversicherungsbeiträge oder Lohnsteuer für die Klägerin abgeführt. Die Klägerin erstellte eine Rechnung für die von ihr erbrachten Arbeitsstunden in Höhe von 4 245,00 Euro zuzüglich 250,00 Euro Fahrtkosten, mithin über eine Gesamtsumme von 4 495,00 Euro. Es erfolgte am 01.03.2007 ein teilweiser Ausgleich in Höhe von 2 160,00 Euro. Mit der Klage macht die Klägerin den restlichen Betrag in Höhe von 2 335,00 Euro geltend.
Die Klägerin behauptet, sie habe insgesamt 141,5 Stunden bei einem Stundenhonorar von 30,00 Euro in der Apotheke des verstorbenen Apothekers ... gearbeitet und es sei zusätzlich eine Vereinbarung über die Tragung der Fahrtkosten erfolgt.
Mit der Klage begehrt sie zudem die Zahlung außergerichtlicher Anwaltskosten in Höhe von 272,87 Euro.
Dementsprechend beantragt die Klägerin,
den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 2 335,00 Euro nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 01.03.2007 zu zahlen sowie außergerichtliche Anwaltskosten der Klägerin in Höhe von 272,87 Euro.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er ist der Auffassung, dass ein Anspruch nicht bestehe, da nach dem Vortrag der Klägerin diese gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen habe, nämlich § 134 BGB in Verbindung mit § 2 Abs. 5 Apothekenbetriebsordnung. Danach sei eine Vertretung in Apotheken nur durch nichtselbstständige Mitarbeiter möglich und könne ausschließlich aufgrund eines Anstellungsvertrages erfolgen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die gewechselten und in der mündlichen Verhandlung vorgetragenen Schriftsätze der Parteien Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage unterliegt der Klageabweisung.
Die Klage ist bereits nicht schlüssig. Die Parteien des vorlegenden Rechtsstreits können keinen Vertrag abgeschlossen haben über die sogenannte Wahrnehmung einer "Chefvertretung". Dieser Vertrag ist zwischen dem verstorbenen Herrn ... und der Klägerin und nicht dem jetzigen Beklagten ... abgeschlossen worden. Es fehlt jedweder Vortrag zur Rechtsnachfolge des verstorbenen .... Der Vortrag, Zahlungen seitens des Beklagten, bzw. dessen Rechtsvorgängers, erfolgten nicht, reichen insofern für die Darlegung der Rechtsnachfolge nicht aus.
Da das Gericht auf diesen Umstand gemäß § 139 ZPO hätte hinweisen müssen und die Beklagtenseite die Passivlegitimation nicht ausdrücklich bestritten hat, wird die Klageabweisung des weiteren wie folgt begründet:
Das zwischen der Klägerin und dem verstorbenen Apotheker ... abgeschlossene Rechtsgeschäft über die Vertretung in einer Apotheke ist gemäß § 134 BGB nichtig, so dass die Klägerin aus diesem Vertrag keine weiteren Ansprüche auf Zahlung herleiten kann.
Gemäß § 134 BGB ist ein Rechtsgeschäft, welches gegen ein gesetzliches Verbot verstößt nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt. Im vorliegenden Fall haben beide Parteien gegen ein bestehendes Verbotegesetz verstoßen. Es ist beiden Parteien ein bestimmtes Verhalten bzw. eine bestimmte Regelung untersagt. Beide Parteien haben gegen dieses Verbot verstoßen. Gemäß § 1 Apothekengesetz bedarf der Betreiber einer Apotheke der Erlaubnis der zuständigen Behörde und diese Erlaubnis gilt nur für den Apotheker, dem sie erteilt ist und für die in der Erlaubnisurkunde bezeichneten Räume. Gemäß § 2 Abs. 5 Apothekenbetriebsordnung muss der Apothekenleiter, sofern er seine Verpflichtung zur persönlichen Leitung der Apotheke vorübergehend nicht selbst wahrnimmt, sich durch einen Apotheker vertreten lassen. Vertretungen bei Apothekern sind jedoch nur in Form eines Arbeitsverhältnisses zum Apothekeninhaber möglich (vgl. BFH, Urteil vom 20.02.1979 - VIII R 52/77). In der Literatur wird deshalb auch die Auffassung vertreten, dass ein Apotheker, der vertretungsweise in einer öffentlichen Apotheke tätig ist, nur als angestellter Apotheker beschäftigt werden darf (vgl. Kommentierung zu Cyran/Rotta zu § 2 Abs. 5 Apothekenbetriebsordnung). Im vorliegenden Fall haben die Parteien jedoch nicht ein Arbeitsverhältnis abgeschlossen, da keine Sozialversicherungsbeiträge und Lohnsteuer für die Klägerin abgeführt worden sind. Dies spricht eindeutig dafür, dass beide Parteien kein abhängiges Arbeitsverhältnis begründen wollten. Die von den Vertragsparteien gewählte Form einer unabhängigen "Chefvertretung" entspricht daher nicht den gesetzlichen Anforderungen.
Die Klägerin hat letztendlich nach ihrem eigenen Vortrag eine Stellung eines unabhängigen Apothekers inne gehabt. Eine solche rechtliche Konstruktion ist jedoch nicht vorgesehen. Die von den Vertragsparteien gewählte Ausgestaltung des Vertrages führt zu einer Umgehung der in § 1 des Apothekengesetzes normierten Erlaubnispflicht. Die Klägerin hatte keine Erlaubnis wie der verstorbene Apotheker ... zum Betreiben der Apotheke und sie hatte auch keine entsprechende Erlaubnis der zuständigen Behörde erhalten. Das von der Klägerin und dem verstorbenen Apotheker abgeschlossene Rechtsgeschäft beinhaltet letztendlich ein Umgehungsgeschäft, nämlich im Ergebnis ist der Erlaubnisgrundsatz des Apothekengesetzes unterlaufen worden. Das Vorliegen einer Umgehungsabsicht für den Eintritt der Nichtigkeit im Sinne von § 134 BGB ist nicht erforderlich. Allein der objektive Tatbestand des Gesetzes führt zur Nichtigkeit des Rechtsgeschäftes. Der beiderseitige Verstoß gegen die einschlägigen Vorschriften des Apothekengesetzes und der Apothekenbetriebsverordnung führt nach dem entsprechenden Sinn und Zweck dieser Vorschriften zur Nichtigkeit des Rechtsgeschäftes. Denn den Apotheken obliegt die im öffentlichen Interesse gebotene Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung der Bevölkerung. Um diesen Interessen nachkommen zu können, bedarf es eines vorgeschalteten Erlaubnisverfahrens oder es muss ein angestellter Apotheker beschäftigt werden im Falle einer Vertretung, da letztendlich der Apotheker, welchem die Erlaubnis zum Betreiben der Apotheke erteilt worden ist, die volle Verantwortung behält. Dies ist im vorliegenden Fall nicht beachtet worden, so dass letztendlich das Rechtsgeschäft wegen eines Verstoßes gegen ein Verbotsgesetz der Nichtigkeit unterliegt.
Die Klage unterliegt daher insgesamt der Klageabweisung mit der Kostenfolge aus § 91 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit findet ihre Rechtfertigung in den §§ 708 Nr. 11, 711 S. 2 ZPO.