Verwaltungsgericht Göttingen
Urt. v. 18.05.2022, Az.: 3 A 67/19

Gebührenkalkulation; Grundsatz der Erforderlichkeit; Leistungsproportionalität; Nachsorgekosten; Quersubventionierung; Sickerwasser; Unterhaltungspflicht

Bibliographie

Gericht
VG Göttingen
Datum
18.05.2022
Aktenzeichen
3 A 67/19
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2022, 59565
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Fundstellen

  • AbfallR 2022, 228
  • Gemeindehaushalt 2023, 72

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Die Verlegung eines Gewässers III. Ordnung gehört nicht zu den gebührenfähigen Kosten der Nachsorge.

Tatbestand:

Die Kläger wenden sich gegen ihre Heranziehung zu Abfallbeseitigungsgebühren für das Jahr 2019. Sie waren im Jahr 2019 Eigentümer des bebauten Grundstücks „H-Weg“ im Ortsteil E der Beklagten. Mit Bescheid vom 17.01.2019 wurden die Kläger für dieses Grundstück zu Abfallbeseitigungsgebühren für das Kalenderjahr 2019 in Höhe von 156,43 € herangezogen; für einen 40-L-Behälter wurden 52,14 € und für einen 80-L-Behälter 104,29 € bei jeweils 14-täglicher Leerung veranlagt.

Am 12.02.2019 haben die Kläger Klage erhoben.

Zur Begründung berufen sie sich auf eine Rechtswidrigkeit der Gebührenkalkulation und des Satzungsrechts der Beklagten. Die Gebührensätze seien im Vergleich zum Vorjahr um 9,9% erhöht worden, was hauptsächlich auf der Einbeziehung einrichtungsfremder Kosten in die Kalkulation beruhe. Zu Unrecht habe die Beklagte in den Unterhaltungsaufwand von 530.000 € auch Kosten für die Umlegung des Gewässers „B-graben“ einbezogen. Dieses laufe verrohrt unter der ehemaligen, in der Nachsorgephase befindlichen Altdeponie F hindurch und solle als offenes Gewässer III. Ordnung künftig um das Deponiegelände herumgeführt werden. Es sei jedoch kein Teil der öffentlichen Einrichtung zur Abfallbeseitigung und gehöre insbesondere nicht zur ehemaligen Deponie. Im Jahr 2019 sei noch kein Aufwand für die Verlegung des Gewässers entstanden, weil der Baubeginn auf das Jahr 2020 verschoben worden sei. Der Planfeststellungsbeschluss sei erst am 30.01.2020 erteilt worden. Unter Berücksichtigung der üblichen Dauer eines derartigen Verfahrens hätte die Beklagte schon im Zeitpunkt der Beschlussfassung über die Gebührensätze für 2019 erkennen müssen, dass im Jahr 2019 kein Baubeginn erfolgen könne. Die Maßnahme sei keine Unterhaltung, sondern allenfalls eine Neuherstellung, die über Abschreibungen zu refinanzieren sei; sie diene vor allem einrichtungsfremden Zwecken, nämlich der ökologischen Aufwertung des Gewässers und eines Naherholungsgebietes. Die Maßnahme sei die Folge grober Planungsfehler bei der Verrohrung des Gewässers.

Außerdem sei nicht zu erkennen, warum die prognostizierten Kosten für Gebäude und Grundstücke von 275.000 € auf 362.000 € gestiegen seien, warum die Öffentlichkeitsarbeit 714.000 € koste und wie das Drittleistungsentgelt des Abfallzweckverbandes Südniedersachsen in Höhe von 217 €/t kalkuliert sei. Soweit Kosten für die Aufstockung des Verwaltungsgebäudes und für die Sanierung der Fassadendämmung als Unterhaltungsaufwand berücksichtigt worden seien, handele es sich um Investitionsaufwand, dessen Abschreibung erst nach Fertigstellung beginnen dürfe. Die Beklagte erhalte jährliche Ausschüttungen des Abfallzweckverbands S. in Höhe von ca. 40.000 €, die nicht in der Kalkulation berücksichtigt würden. Das Drittleistungsentgelt sei darüber hinaus überhöht, weil der Abfallzweckverband S. Umsatzsteuer auf die Verbandsumlage gezahlt habe, obwohl dazu keine Verpflichtung bestanden habe; allein für die Beklagte hätte die Umlage ca. 850.000 € niedriger ausfallen müssen.

Die Kläger beantragen,

den Bescheid der Beklagten über Grundbesitzabgaben vom 17.01.2019 für das Grundstück H-Weg und das Kalenderjahr 2019 aufzuheben, soweit darin Abfallgebühren in Höhe von 156,43 € festgesetzt worden sind.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen

sowie für den Fall des Unterliegens, die Berufung zuzulassen.

Sie verteidigt den angegriffenen Bescheid und die Gebührenkalkulation. Die Altdeponie F. sei Bestandteil der öffentlichen Einrichtung, weil sie noch nicht aus der Nachsorge entlassen sei. Es habe sich ursprünglich um die Hausmülldeponie der Gemeinde F. gehandelt. Sie sei nach der Eingemeindung von F. durch die Beklagte noch bis 1966 zur Ablagerung von Haus- und Gewerbeabfällen und danach bis 1987 als Boden- und Bauschuttdeponie genutzt worden. Zwecks Erweiterung des Deponiegeländes nach Norden sei der B-graben aufgrund einer wasserbehördlichen Erlaubnis vom 27.02.1969 während der 1970-er Jahre in zwei Bauabschnitten verrohrt und anschließend mit Bauschutt- und Bodenabfällen überdeckt worden. Die Verrohrung sei nicht von der Beklagten in Ausübung ihrer wasserrechtlichen Unterhaltungspflicht, sondern zum Schutz des Gewässers vor unmittelbar vom Deponiekörper ausgehenden Emissionen vorgenommen worden. Die eingebauten Schleuderbetonrohre seien für die aufgebrachte Überdeckung von bis zu 30 Metern statisch nicht ausgelegt. Eine Videountersuchung habe ergeben, dass die Rohrleitung erhebliche Schäden aufweise. Die größten Schäden seien in den am höchsten überdeckten Bereichen festgestellt worden. Es bestehe eine erhebliche Gefahr, dass der Deponiekörper über die schadhafte Verrohrung in das Gewässer emittiere und das Wasser des B-grabens aufgestaut werde. Eine Sanierung der Rohrleitung unterhalb des Deponiekörpers sei technisch nicht möglich, eine Neuverlegung in offener Bauweise sei technisch sehr schwierig und zu teuer. Die Verlegung des Gewässers sei das probate Mittel für den dauerhaften Schutz vor Verunreinigungen als Voraussetzung für die Entlassung aus der Nachsorge. Bereits 1980 und 1982 sei eine Verunreinigung des aus der Verrohrung austretenden Wassers mit Schwermetallen und chemischen Verbindungen festgestellt worden. Das Gewerbeaufsichtsamt Braunschweig fordere die Umlegung des B-grabens, damit kein unbelastetes Wasser mehr unter der Altdeponie durchfließe und sie aus der Nachsorge entlassen werden könne. Die Untere Wasserbehörde habe sich dieser Forderung angeschlossen. Die Baumaßnahmen seien daher unmittelbar der Deponie und damit der Nachsorge zuzuordnen. Während der Ablagerungsphase seien für eine Umlegung dieses Gewässers keine Rücklagen gebildet worden. Der kalkulierte Unterhaltungsaufwand im Vergleich zum Vorjahr sei dadurch von 50.000 € auf 530.000 € gestiegen. Zum Zeitpunkt der Kalkulation sei davon ausgegangen worden, dass sämtliche Mittel in den Jahren 2019 und 2020 abfließen würden. Die Beklagte habe im Juli 2018 mit der Planfeststellung auch die Zulassung des vorzeitigen Baubeginns beantragt. Der Beginn der Baumaßnahmen habe sich verzögert, weil zunächst keine Einigung mit einem der beteiligten Eigentümer habe erzielt werden können. Zwar handele es sich weder um die Reparatur der vorhandenen Rohrleitung, noch werde der neu geschaffene Bachlauf zu einem abschreibungsfähigen Vermögensbestandteil der öffentlichen Einrichtung. Es handele sich um Aufwand für tatsächlich durchgeführte Nachsorgemaßnahmen, die nach dem Ermessen der Beklagten refinanziert werden dürfen, wenn mit dem Anfall der Kosten zu rechnen sei. Die wirtschaftlichste Variante sei ausgeführt worden.

Für die eigentliche Öffentlichkeitsarbeit seien 34.300 € eingeplant worden; die Differenz zu den kalkulierten 714.000 € solle für andere Aufwendungen in Wahrnehmung der abfallrechtlichen Aufgaben wie die Beratung nach § 8 Abs. 1 NAbfG verwendet werden. Die Kostensteigerung für Gebäude und Grundstücke sei vor allem für die Mängelbeseitigung am Wärmeverbundsystem des neu errichteten Verwaltungsgebäudes prognostiziert worden.

Wegen der Einzelheiten des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze, die Hinweis- und Aufklärungsverfügungen vom 31.03. 2021, 26.01.2022 und 30.03.2022, den übrigen Inhalt der Gerichtsakten sowie die Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen. Diese Unterlagen sind Gegenstand der Verhandlung und Entscheidungsfindung gewesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und begründet. Der Bescheid über Grundbesitzabgaben vom 17.01.2019 für das Grundstück H-Weg und das Kalenderjahr 2019, soweit darin Abfallgebühren in Höhe von 156,43 € festgesetzt worden sind, ist rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Rechtsgrundlage des angefochtenen Gebührenbescheids ist § 12 Abs. 1 NAbfG in Verbindung mit § 5 NKAG und der Satzung der Beklagten über die Erhebung von Gebühren für die Abfallbewirtschaftung in der Stadt G. vom 16.12.2016 in der Fassung der 2. Nachtragssatzung vom 14.12.2018 (AGS). Die AGS ist keine wirksame Rechtsgrundlage, denn die Kalkulation der in § 2 Abs. 2 festgelegten Gebührensätze für Restabfallbehälter widerspricht Vorschriften des höherrangigen Rechts, insbesondere dem Nds. Kommunalabgabengesetz und dem aus dem Verhältnismäßigkeitsprinzip abgeleiteten Grundsatz der Erforderlichkeit.

Die Beklagte hat für die Kalkulationsperiode 2019 den prognostizierten Unterhaltungsaufwand im Vergleich zum Vorjahr um ca. 480.000 € erhöht. Der Grund hierfür liegt in dem für 2019 ursprünglich beabsichtigten Beginn von Bauarbeiten zur Verlegung einer Teilstrecke des B-grabens. Dieses Gewässer III. Ordnung entspringt nach dem Vorbringen der Beteiligten und dem Ergebnis der Einnahme des richterlichen Augenscheins in einem ca. 300 m langen Geländeeinschnitt in der Feldflur südlich von F. Es führt abhängig von der Niederschlagsmenge und dem Grundwasserspiegel nicht ständig Wasser. Am Westende des Einschnitts unterquert es die Landesstraße 000 und verlief ursprünglich nördlich des Geländes der früheren Abfalldeponie F. nach Westen über weitere offene Gewässer III. Ordnung bis in die ca. 3,5 km entfernte Leine. Die Deponie F. wurde im südlichen Teil bis 1966 zur Ablagerung ungetrennter Abfälle vorwiegend häuslicher und gewerblicher Herkunft genutzt. Nach der Eingemeindung der Gemeinde F. im Jahr 1964 übernahm die Beklagte die Deponie. Eigentümerin sämtlicher Flurstücke der ehemaligen Deponie F. ist die Beklagte; der Eigentumserwerb der ursprünglichen Deponieflächen dürfte mit der Eingemeindung von F. im Jahr 1964 im Wege der Rechtsnachfolge erfolgt sein. Das Grundstück, auf dem der B-graben verläuft, sowie die nördlich anschließenden Flächen wurden von der Beklagten nach 1969 erworben.

Zwecks einer Erweiterung des Deponiegeländes nach Norden wurde der B-graben westlich der L 000 auf einer Länge von ca. 472m in zwei Bauabschnitten in den 1970-er Jahren verrohrt; hierzu wurden im vorhandenen Gewässerverlauf Schleuderbetonrohre von jeweils 3,5m Länge und einem Meter Durchmesser verlegt. Die entsprechende wasserbehördliche Genehmigung des Landkreises G. für die Verrohrung von ca. 350 m Gewässerstrecke wurde der Beklagten unter dem 27.02.1969 erteilt. Sie enthält unter der Bezeichnung „Auflagen und Bedingungen“ die Regelung: „1. Die Stadt G. hat die erstellte Rohrleitung in regelmäßigen Abständen zu reinigen, zu unterhalten und zu erhalten.“ Ausweislich eines Prüfungsberichts vom 11.05.1973 waren die Rohre für eine Erdüberdeckungshöhe von 7 bis 10 m statisch geeignet. Über der Leitung wurde Deponiematerial mit unterschiedlichen Höhen von bis zu 30m abgelagert. Die Deponie wurde als Boden- und Bauschuttdeponie mit „eingestreuten Kraftfahrzeugen“ bis in die 2. Hälfte der 1980-er Jahre betrieben.

Untersuchungen von Wasserproben aus dem B-graben vor und hinter der Verrohrung stellten bereits im September 1980 und im Juni 1982 Verunreinigungen des Gewässers durch Metallverbindungen und Chemikalien fest, die in der verrohrten Strecke entstanden waren. Im Verfahren zur Entlassung der ehemaligen Deponie aus der Nachsorge wurde im Jahr 2015 eine Videountersuchung der zugänglichen Teilstrecken des verrohrten B-grabens unter der früheren Deponie durchgeführt. Dabei wurde im Wesentlichen festgestellt, dass viele Rohrsegmente unter dem Druck schadhaft geworden sind, und dass an Verbindungsmuffen sowie durch Schadstellen der Rohrwände Sickerwasser aus dem Deponiekörper in den B-graben läuft. Das Ausmaß der Schäden nimmt mit der Höhe der Überdeckungen zu. Nach einem im Juli 2018 eingeleiteten Planfeststellungsverfahren wurde im Jahr 2020 mit Bauarbeiten begonnen, um die verrohrte Teilstrecke des B-grabens durch ein offenes Gewässer III. Ordnung entlang der nordöstlichen und westlichen Randbereiche der ehemaligen Deponie zu ersetzen. Die Bauarbeiten wurden den G.er Entsorgungsbetrieben übertragen. Die voraussichtliche Gesamthöhe der Planungs- und Baukosten wurde dem Gericht ebenso wenig mitgeteilt wie diejenige aller möglichen Alternativen zur planfestgestellten Ausführung; lediglich für Inlinersanierung (ca. 820.000 € netto) und unterirdischen Rohrvortrieb (ca. 2.600.000 € netto) liegen grobe Kostenschätzungen vor.

Nach dem Ergebnis der richterlichen Inaugenscheinnahme in der mündlichen Verhandlung ist die Neubaustrecke des B-grabens zwischenzeitlich in Betrieb genommen worden. Sie mündet ca. 10 m unterhalb (westlich) des Rohraustritts aus der Deponie wieder in den Wegeseitengraben, in dem der B-graben auch bisher verläuft. Obwohl das Oberflächenwasser nicht mehr durch die Rohrleitung fließt, tritt weiterhin ein stetiger Wasserfluss aus dem westlichen Ende der defekten Rohrleitung unter Bildung bräunlichen Schaums und Schlieren auf der Wasseroberfläche aus. Maßnahmen, den Auslauf der defekten Rohrleitung, die nach dem Eindruck in der Örtlichkeit inzwischen ähnlich wie eine Drainage des Deponiekörpers funktioniert, zu verschließen oder das austretende Deponiewasser zu sammeln und einer Reinigung zuzuführen, sind nach der vorgelegten Bauplanung und dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung bisher nicht beabsichtigt. Nach Auskunft der Technischen Betriebsleiterin der G.er Entsorgungsbetriebe in der mündlichen Verhandlung findet in Absprache mit dem Gewerbeaufsichtsamt zweimal jährlich eine Beprobung des Abwassers statt. Es sei nicht unbelastet, aber ungefährlich.

Unter Zugrundlegung dieses Sachverhalts ist die Beklagte aus mehreren Gründen nicht berechtigt, Planungs- und Errichtungskosten des Bachlaufs als Unterhaltung zum gebührenfähigen Aufwand für Restmüllbehälter in der Kalkulationsperiode 2019 zu nehmen.

a. Der fragliche Aufwand zählt nicht zu den gebührenfähigen Kosten der Nachsorge gemäß § 12 Abs. 3 Nr. 5 NAbfG. Zwar ist die Altdeponie F. als stillgelegte Anlage, die noch nicht aus der Nachsorge entlassen ist, kraft gesetzlicher Fiktion gemäß § 12 Abs. 2 Satz 4 NAbfG Teil der öffentlichen Einrichtung der Beklagten zur Abfallbeseitigung, so dass grundsätzlich auch alle Aufwendungen im Rahmen der Nachsorge dieser Altdeponie gemäß § 12 Abs. 2 Satz 1 NAbfG gebührenfähig sind. Der Landesgesetzgeber hat sich damit (in Umsetzung des Art. 10 der Richtlinie 1999/31/EG) für die Einbeziehung von Kosten insbesondere der Rekultivierung, Grundwasserüberwachung, Sickerwasserentsorgung und Entgasung als wesentliche Nachsorgemaßnahmen in den gebührenfähigen Aufwand entschieden, ohne dass es auf eine periodengerechte Zuordnung ankäme. Diese Aufwendungen knüpfen damit außerhalb des betriebswirtschaftlichen Kostenbegriffs (§ 5 Abs. 2 Satz 1 NKAG) an eine abgeschlossene Leistungserbringung an. Auf die während der Betriebsdauer der Deponie F. und nach ihrer Stilllegung geltende Regelung in § 10 AbfG (vom 07.06.1972, BGBl. I. S 873 in der Neufassung vom 05.01.1977, BGBl. I. S. 41, außer Kraft getreten am 31.10.1986), ebenso in § 36 Abs. 2 KrW-/AbfG (vom 27.09.1994, BGBl. I. S. 2705, außer Kraft getreten am 31.05.2012), dass die Nachsorge zur Kostenlast des Inhabers geht, kommt es daher nicht mehr an.

Diese gesetzliche Regelung wirkt allerdings erst ab dem ihrer Einführung durch Gesetz vom 14.07.2003 (Nds. GVBl. S. 274) nachfolgenden Kalkulationszeitraum, da sie ohne Rückwirkung erlassen wurde (vgl. OVG LSA, Urteil vom 15.04.2004 – 2 L 274/03 –, juris, Rn. 35f). Ebenfalls ab dem Kalkulationszeitraum 2004 war die Beklagte unmittelbar aus § 12 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 NAbfG verpflichtet, Rücklagen für die voraussichtlichen späteren Aufwendungen für die mindestens 30 Jahre umfassende Nachsorge ihrer Abfallbeseitigungseinrichtungen zu bilden. Der Beklagten war infolge der 1980 und 1982 durchgeführten Wasseruntersuchungen bekannt, dass Sickerwasser aus dem Deponiekörper in die Rohrleitung eindringt und das Oberflächenwasser des B-grabens kontaminiert. Dies ließ nur die Folgerung zu, dass die Rohrleitung undicht und unterhaltungsbedürftig ist. Die wesentliche Ursache der Undichtigkeit lag in Form des Drucks auf die Leitung durch die viel zu hohe Überdeckung, die während des Betriebs der Bau- und Bodenschuttdeponie noch problemlos hätte beseitigt werden können, auf der Hand. Wenn die Beklagte entgegen ihrer in der wasserrechtlichen Genehmigung vom 27.02.1969 enthaltenen Verpflichtung die Rohrleitung weder jemals repariert noch zeitnah ausreichende Rücklagen gebildet hat, geht dieses vorsätzliche Verhalten zu Lasten ihrer allgemeinen Deckungsmittel. Im Übrigen hat die Beklagte vorgetragen, dass sie zum 31.12.2018 Rücklagen für die Altdeponien in Höhe von 593.072 € aufgebaut und sie bis zum 31.12.2019 auf 1.093.072 € erhöht hat. Sie hat nicht angegeben, warum sie die Kosten für die Umlegung des B-grabens nicht aus den zum 01.01.2019 vorhanden Rückstellungen zumindest teilweise decken konnte.

b. Als Gewässer III. Ordnung (§ 40 NWG) ist der verrohrte Teil des B-grabens Eigentum der beklagten Kommune, da ihr die beiderseitigen Ufergrundstücke gehören (vgl. § 41 Abs. 1 und 5 NWG). Sie ist damit auch kraft Gesetzes unterhaltungspflichtig (vgl. §§ 61, 69 Abs. 1, 71 NWG). Soweit die Beklagte vorträgt, die Verrohrung sei nicht in Ausübung der wasserrechtlichen Unterhaltungspflicht, sondern zum Schutz des Gewässers vor unmittelbar vom Deponiekörper ausgehenden Emissionen vorgenommen worden, ist dies offensichtlich unrichtig. Ohne die Errichtung der Rohrleitung oder eine Umlegung des Gewässers wäre die beabsichtigte Deponieerweiterung nicht durchführbar gewesen, weil das Bachbett zugeschüttet worden wäre. Wo auch immer das Wasser des B-grabens dann entlanggelaufen wäre, hätten es Deponieemissionen nicht erreicht. Die Beklagte wollte also offensichtlich mit der Rohrleitung bezwecken, dass der Bach dauerhaft weiter über das angestammte Gewässergrundstück fließen konnte. Zu einer Übertragung der Unterhaltungspflicht auf die öffentliche Einrichtung zur Abfallbeseitigung ist es nicht erkennbar gekommen. Insbesondere hat die Beklagte weder Unterlagen vorgelegt, aus denen sich eine zeitnahe Refinanzierung der Baukosten durch die gebührenpflichtigen Benutzer der Deponieerweiterung ergeben könnte, noch wurde die Rohrleitung in das Abschreibungskataster der Einrichtung aufgenommen.

Die aktuelle Baumaßnahme wurde erforderlich, weil der Durchfluss stellenweise durch Verkalkungen eingeschränkt ist und ein Einsturz von Teilstrecken wegen instabil gewordener Rohrsegmente droht. Durch eine Verstopfung der Rohrleitung würde innerhalb kürzester Zeit ein Rückstau entstehen, der dazu führen würde, dass sich das Oberflächenwasser des B-grabens im Zuge des natürlichen Gefälles entlang der Landesstraße 000 nach Nordwesten ein neues Bett suchen würde. Dies zu verhindern, ist allein Aufgabe der gewässerunterhaltungspflichtigen Stadt G., die Inhaberin der wasserbehördlichen Genehmigung zur Verrohrung des Gewässers vom 27.02.1969 ist. Dagegen kann nicht mit Erfolg eingewandt werden, dass die Umleitung des Gewässers von der Unteren Wasserbehörde – einer Organisationseinheit der Beklagten – und dem Gewerbeaufsichtsamt gefordert würde, damit die Altdeponie F. aus der Nachsorge entlassen werden könne. Denn die im Bau befindliche Umleitung ist jedenfalls nach dem derzeitigen Planungs- und Ausführungsstand offensichtlich ungeeignet, um die seit den 1980-er Jahren der Beklagten bekannte Verunreinigung von Oberflächengewässern im Zuge des Grabensystems bis zur Leine durch Deponieabwässer zu beenden. Solange das Sickerwasser (§ 2 Nr. 33 DepV) der Altdeponie sich weiterhin in der Rohrleitung sammeln und an ihrem unteren Ende austreten kann, ohne dort aufgefangen und einer Reinigungseinrichtung zugeleitet zu werden, wird es ca. 10 m grabenabwärts in die dort endende Umleitungsstrecke des B-grabens münden und sich wieder – genau wie zuvor in der Rohrleitung – mit dessen Wasser vermischen. In Bezug auf eine Trennung von belastetem Sickerwasser und sauberem Oberflächenwasser ist die Umleitung nach dem derzeitigen Planungsstand weitgehend sinnlos. Dem kann auch nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, dass derzeit die ca. zweimal jährlich durchgeführten Beprobungen des Sickerwassers keine gefährliche Kontamination enthielten. Zum einen ist auch aktuell eine Belastung des Sickerwassers unbestritten und anhand der Schaum- und Schlierenbildung beim Austritt aus der Rohrleitung ohne weiteres erkennbar. Zum anderen ist es zu spät, wenn nach künftigen Beprobungen signifikant erhöhte Schadstoffwerte festgestellt werden, weil die Belastungen dann längst im Oberflächengewässer angekommen sind. Außerdem kann die vom Gewerbeaufsichtsamt befürchtete Ausspülung von Teilen des Deponiekörpers auch geschehen, wenn ein Teil der Rohrleitung einbricht und nach Starkregenfällen das sich im Rohr sammelnde Sickerwasser mit mengenbedingt erhöhtem Strömungsdruck den freiliegenden Deponiekörper mitreißt.

Zu welchem Zweck die Verrohrung erfolgte, ist für die gewässerrechtliche Unterhaltungspflicht ohnehin irrelevant, sofern nicht ihre Übertragung auf einen Dritten wegen der ausschließlichen Fremdnützigkeit erfolgt ist; dafür ist vorliegend nichts ersichtlich. Die nebenbei verfolgten ökologischen und landschaftspflegerischen Zwecke mögen für die Streckenführung und die Höhe der Kosten relevant sein, betreffen den wasserrechtlichen Grund der Baumaßnahme und die Nachsorge für die Altdeponie aber nicht. Da die Umlegung des B-grabens eine wasserrechtliche Unterhaltungsmaßnahme ist, handelt es sich nicht um Nachsorgekosten.

Ob die Grundsätze, die für die gebührenrechtliche Bewertung von der Kommune zurechenbaren Planungsfehlern (VG Göttingen, Urteil vom 23.02.2011 - 3 A 170/09 -, juris, Rn. 28ff mwN.) in Bezug auf das Missverhältnis zwischen der Druckfestigkeit und der Überdeckung der Rohrleitung gelten, auch auf diesen Fall anzuwenden wären, ist daher nicht mehr zu entscheiden.

c. Selbst wenn die Beklagte entgegen den vorstehenden Ausführungen den Aufwand für die Verlegung des B-grabens für gebührenfähige Nachsorge hält, wäre ihre Aufnahme allein in die Kalkulation der Restabfallbehältergebühren rechtswidrig. Nach dem auch im Abfallgebührenrecht geltenden Grundsatz der Leistungsproportionalität und dem daraus resultierenden grundsätzlichen Verbot der Quersubventionierung dürfen Kosten, die durch eine Leistung verursacht werden, welche von einem abgrenzbaren Nutzerkreis abgerufen wird, oder Kosten, die nach speziellen Maßstäben verteilt werden, grundsätzlich nicht Kostenstellen zugeordnet werden, die diese Voraussetzungen nicht erfüllen. Eine Einschränkung im Bereich der Abfallgebühren erfährt dieser ansonsten strikte Grundsatz zum einen durch § 12 Abs. 5 Satz 1 NAbfG insoweit, als dass die Entsorgung von häuslichen Restabfällen und der generell von derselben Erzeugergruppe stammenden hausmüllähnlichen Abfälle wie Bioabfall, Sperrmüll, Altglas, Altpapier und Problemabfälle (z.B. Farb- und Medikamentenreste) auch dann in einer gemeinsamen Gebühr kalkuliert werden darf, wenn die Entsorgung der unterschiedlichen Abfallfraktionen unterschiedlich hohe Kosten verursacht (VG Göttingen, Urteil vom 17.12.2008 – 3 A 108/07 –, juris, Rn. 19 mwN.). Zum anderen erlaubt § 12 Abs. 5 NAbfG in den Sätzen 2 und 3 die Zuordnung von Aufwendungen und Abschreibungen für Altdeponien mit ungetrennt überlassenen Abfällen in die Kalkulation für Restabfallgebühren, „wenn die stillgelegte Entsorgungsanlage teilweise oder vollständig für die Ablagerung von anderen Abfallarten als gemischten Siedlungsabfällen genutzt wurde“.

Diese Vorschrift findet jedoch dann keine Anwendung, wenn sich Altablagerungen einer bestimmten Abfallfraktion zurechnen lassen. Hier bedarf es der durch § 12 Abs. 5 S. 2 und 3 NAbfG gewollten Beweiserleichterung für die Einrichtungsträger nicht. Eine Quersubventionierung, die bewirkt, dass eine abgrenzbare Gruppe von Gebührenpflichtigen, für die eine Leistung der Einrichtung erbracht wird, auf Kosten aller übrigen Einrichtungsbenutzer entlastet wird, verstößt nicht nur gegen den Grundsatz der Leistungsproportionalität, sondern wird außerdem teilweise als Verstoß gegen das Kostenüberschreitungsgebot, teilweise als Verstoß gegen das Äquivalenzprinzip verworfen (VG Göttingen, Urteil vom 25.07.2014 – 3 A 305/13 –, juris, Rn. 31 mwN.; vgl. auch Nds. OVG, Urteil vom 10.11.2014 – 9 KN 37/14 –, juris, Rn. 75). Des Verbots der Quersubventionierung war sich der Gesetzgeber bei der Einfügung der Sätze 2 und 3 in § 12 Abs. 5 NAbfG durch Art. 3 Nr. 2 des Gesetzes vom 02.03.2017 (Nds. GVBl. S. 48, 119) bewusst (LT-Drs. 17/5422, S. 26f). Deshalb führt die Begründung aus:

Eine Quersubventionierung, z. B. zugunsten der Entsorgung von Erdaushub und Bauschutt, wäre als Verstoß gegen das Kostenüberschreitungsverbot, als Verstoß gegen das Äquivalenzprinzip in Verbindung mit dem Gleichheitsgrundsatz des Artikels 3 des Grundgesetzes, als Verstoß gegen den in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts anerkannten Grundsatz der sachlich gerechtfertigten Verknüpfung zwischen den Kosten des jeweiligen Teilleistungsbereichs und der Gebührenbelastung sowie als Verstoß gegen den Grundsatz der Leistungsproportionalität zu werten und nicht zulässig.

Der Beklagten ist bekannt, dass auf der Erweiterungsfläche der Altdeponie F. beiderseits des verrohrten Gewässerlaufs und nördlich davon – abgesehen von wenigen Alt-Kfz – ausschließlich Bau- und Bodenabfälle gelagert wurden. Die Beschädigung und Undichtigkeit der Rohrleitung ist allein durch die viel zu hohe Ablagerung dieser Abfallarten verursacht worden. Die Beklagte ist durch Verfügung vom 31.03.2021 auf das Verbot der Quersubventionierung und die fehlerhafte Zuordnung des Aufwandes zum Restabfall hingewiesen worden und hat keine Gründe benannt, warum der Aufwand nicht dem Teilleistungsbereich Bau- und Abbruchabfälle zuzuordnen wäre (zum Umfang der Darlegungslast der Beklagten vgl. VG Göttingen, Urteile vom 23.02.2011 - 3 A 170/09 -, juris, Rn. 23, vom 16.12.2009 - 3 A 70/08 -, juris Rn. 16ff, und vom 15.04.2011 - 3 A 341/09 -, Seite 10f). Demzufolge waren bei der Kalkulation der Benutzungsgebühren für 2019 die Kosten dem Teilleistungsbereich Restabfall zu Unrecht zugeordnet worden; besondere sachliche Gründe, vor allem gesetzliche Lenkungszwecke, die ein Abweichen vom Verbot dieser Quersubventionierung erlauben könnten (vgl. Sächs. OVG, Urteil vom 16.09.2020 – 5 C 9/16 –, juris Rn. 52), sind weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich.

d. Davon abgesehen, ist auch nicht zu erkennen, dass der betriebene Aufwand erforderlich wäre. Der Grundsatz der Erforderlichkeit (vgl. Driehaus-Lichtenfeld, Kommunalabgabenrecht, Stand: 03/22, § 6 RdNr. 740 mwN.) begrenzt den Umfang der als gebührenfähig anzusehenden Kosten. Er beruht auf der Überlegung, dass eine sparsame und wirtschaftliche Haushaltsführung besonders dort geboten ist, wo das kommunale Handeln Gebührenpflichten auslöst und deshalb dazu führt, dass Dritte die Kosten letztlich zu übernehmen haben. Aufwendungen dürfen daher nur insoweit in die Gebührenkalkulation eingestellt werden, als sie notwendig und im Blick auf eine sachgerechte Aufgabenerfüllung unvermeidbar sind.

Dieser Grundsatz ist vorliegend missachtet worden. Weder hat die Beklagte für alle in Betracht gezogenen Umbauvarianten des Gewässers nachvollziehbare Prognosen vorgelegt, die einen Vergleich der Kosten ermöglicht hätten, noch hat sie naheliegende Möglichkeiten der Kostenersparnis ernsthaft in Erwägung gezogen. So hätte zumindest festgestellt werden müssen, ob der Straßengraben entlang der Nordostseite der Landesstraße 000, welcher nach dem Anschein in der Örtlichkeit mindestens die Aufnahmekapazität des auf der gegenüberliegenden Seite neu gezogenen Grabens hat, über mehrere hundert Meter Länge benutzt werden könnte, und ob der B-graben nicht in andere Gewässer III. Ordnung am Südrand von F. eingeleitet werden könnte. Unabhängig davon hätte sich die eingehende Untersuchung und Dokumentation aufdrängen müssen, ob eine Verrohrung des Gewässers zwischen der Westseite der Altdeponie und dem angrenzenden Feldweg vor allem wegen der Grunderwerbskosten der tatsächlich durchgeführten Verlegung nicht wesentlich kostengünstiger gewesen wäre. Die Angabe der Beklagten in der mündlichen Verhandlung, dass eine verrohrte oder offene Leitung zwischen der Altdeponie und dem Feldweg um 100.000 € teurer geworden wäre, erscheint der Kammer ohne nähere Begründung nicht plausibel.

e. Selbst wenn die Kosten der Verlegung des B-grabens entgegen den vorstehenden Gründen als Kosten der Nachsorge gemäß § 12 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Nr. 5 NAbfG grundsätzlich zu den gebührenfähigen Aufwendungen zählen würden, wären sie damit nicht ohne weiteres „periodengenau“ in die Kalkulation einzustellen. Nach der Rechtsauffassung des Nds. OVG (Urteil vom 15.04.2011 - 9 LB 146/09 -, OVG Rechtsprechungsdatenbank, Rn. 24 und 27; Urteil vom 18.09.2003 - 9 LB 390/02 -, ebendort, Rn 22), die von der Kammer geteilt wird, gehört zu den nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen zu ermittelnden Kosten der Einrichtung im Sinne von § 5 Abs. 2 NKAG der gesamte in Geld ausgedrückte betriebsbedingte Verzehr an Wirtschaftsgütern zum Zweck der betrieblichen Leistungserbringung. Der betriebswirtschaftliche Kostenbegriff umfasst die Summe aller absatzbestimmten und innerbetrieblichen Leistungen innerhalb eines Zeitabschnitts, hier einer Kalkulationsperiode im Sinne von § 5 Abs. 2 Satz 2 NKAG. Da Kosten also grundsätzlich (vgl. die Ausführungen oben unter a.) periodenbezogen sein müssen, können in eine Gebührenkalkulation nur diejenigen Ausgaben eingestellt werden, die dem Einrichtungszweck in der gewählten Kalkulationsperiode dienen. Aufwendungen, mit denen auch die Aufgabenerfüllung in späteren Zeiträumen sichergestellt wird, sind dem Anlagevermögen zuzurechnen. Das insofern für sich reklamierte Wahlrecht über die Art einer Refinanzierung steht der Beklagten deshalb nicht zu.

Zu gebührenfähigen Kosten im Sinne des § 5 Abs. 2 NKAG können solche längerfristigen Investitionen nur dadurch werden, dass sie über eine Abschreibung im Sinne von § 5 Abs. 2 Satz 4 NKAG der jeweiligen Kalkulationsperiode zugeordnet werden. Andererseits können Kosten, die zwar in zurückliegenden Rechnungsperioden durch die Leistungserbringung im Rahmen der öffentlichen Einrichtung verursacht worden sind, die aber nicht in die Kalkulation eingestellt worden waren, nicht bzw. allenfalls unter engen Voraussetzungen erstmals als Aufwand und/oder Unterdeckung im Sinne des § 5 Abs. 2 Satz 3 Alt. 2 NKAG in die Gebührenbedarfsberechnungen für nachfolgende Kalkulationszeiträume eingestellt werden.

Daher ist bei der Kalkulation der Gebührensätze zwischen Reparaturen und Renovierungen/Erneuerungen zu unterscheiden. Unter den Begriff der Reparatur fallen alle Maßnahmen, durch die örtlich begrenzte Schäden behoben werden und die Betriebsbereitschaft in der jeweiligen Kalkulationsperiode aufrechterhalten wird. Diese Maßnahmen sind rein periodenbezogen und ändern weder die betriebsüblichen Nutzungszeiten noch die Abschreibungsfristen. Damit lassen sie sich im vollen Umfang derjenigen Kalkulationsperiode zuordnen, in der sie angefallen sind. Ein vergleichbarer Sachverhalt liegt bei Renovierungen und Erneuerungen nicht mehr vor. Zu den Renovierungen zählen alle Maßnahmen zur Verbesserung der allgemeinen Funktionsfähigkeit von Einrichtungsbestandteilen unter vollständiger oder teilweise Einbeziehung ihrer ursprünglichen Substanz. Erneuerung bedeutet die Herstellung neuer Einrichtungsbestandteile in der bisherigen oder einer anderen Ausführung. Renovierung und Erneuerung schaffen damit im Gegensatz zur Reparatur einen neuen Anlagevermögensgegenstand und setzen deshalb betriebswirtschaftlich neue Abschreibungsfristen im Hinblick auf die betriebsübliche Nutzungsdauer in Lauf. Sie wirken sich nicht nur periodenbezogen aus, sondern bezwecken gerade die langfristige Verbesserung des Anlagevermögens. Der Aufwand für Renovierung und Erneuerung ist daher im Vermögenshaushalt, nicht aber im Gebührenhaushalt zu berücksichtigen. Letzterer kann nur die neuen Abschreibungsbeträge auf der Kostenseite ausweisen. Im Rechtsstreit um die richtige Zuordnung einer Maßnahme obliegt es dem Einrichtungsbetreiber, die in der Kalkulation getroffene Zuordnung plausibel zu machen. Diese, für die Behandlung von Aufwendungen für Wirtschaftsgüter der öffentlichen Einrichtung entwickelten, Rechtsgrundsätze gelten für die Behandlung von Nachsorgekosten entsprechend. Bei der Ermessensentscheidung, über welchen Zeitraum die Nachsorgekosten zu verteilen sind, können übliche Abschreibungszeiten ein Anhaltspunkt sein (vgl. Driehaus-Brünung, aaO., § 6 Rn 323).

Nach diesen Grundsätzen handelt es sich bei der vollständigen Umlegung eines Gewässers III. Ordnung keinesfalls um eine Reparatur oder Renovierung, weil eine solche ausschließlich an der vorhandenen Rohrleitung selbst ausgeführt werden müsste. Deren Zustand wurde aber nicht verändert. Die Baumaßnahme dürfte vielmehr als erneuerungsähnliche Maßnahme zu qualifizieren sein, was unmittelbar die – beklagtenseits unbeantworteten – Fragen nach sich zieht, wie ein Gewässer Einrichtungsbestandteil einer öffentlichen Einrichtung zur Abfallbeseitigung sein könnte, und wie ein Bachlauf (anders als eine Rohrleitung) abgeschrieben werden könnte. Die bestimmungsgemäße Abnutzung eines Bachbetts über einen längeren Zeitraum erscheint doch sehr fernliegend, und der Kammer ist bisher kein Fall bekannt, in dem ein Gewässer III. Ordnung abgeschrieben würde, das Bestandteil einer öffentlichen Einrichtung zur Niederschlagswasserbeseitigung ist. Die Beklagte hat trotz ausdrücklicher Aufforderung nicht nachgewiesen, dass die Rohrleitung durch die ehemalige Deponie bisher abgeschrieben wurde. Die Inbetriebnahme der Gewässerumleitung als Ausgangspunkt einer möglichen Abschreibung ist nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung jedenfalls nicht mehr im Kalkulationszeitraum 2019 erfolgt.

Die Kalkulation der Gebührensätze für die Restabfallbehälter beruht nach alledem auf einem methodischen, das Berechnungsverfahren betreffenden Fehler, da die Beklagte einrichtungsfremde Kosten für die Umlegung des B-grabens in diesen Teilleistungsbereich einbezogen hat. Dies führt zur Unwirksamkeit der Gebührensätze in § 2 Abs. 2 AGS (vgl. Nds. OVG, Urteil vom 03.05.2021 – 9 KN 162/17 –, juris, Rn. 309 und 302). Denn die gesetzliche „Toleranzgrenze“ des § 2 Abs. 1 Satz 3 NKAG findet nur Anwendung auf Fehler im Rechenvorgang betreffend einzelne Kostenbestandteile. Liegt demgegenüber ein methodischer, das Berechnungsverfahren betreffender Fehler vor, führt er automatisch zur Unwirksamkeit des beschlossenen Gebührensatzes.

Aus demselben Grund führt zur Unwirksamkeit der Gebührensätze des § 2 Abs. 2 AGS, dass im Drittleistungsentgelt des Abfallzweckverbands ein kalkulatorischer Gewinn berücksichtigt ist, der zu regelmäßigen jährlichen Ausschüttungen an die angeschlossenen Kommunen – hinsichtlich der Beklagten im unwidersprochenen Umfang von ca. 40.000 € jährlich – führt. Dieser Teil des Drittleistungsentgelts, der nach den Angaben der Beklagten in der mündlichen Verhandlung dem Eigenbetrieb zur Verfügung gestellt wurde, hätte auf der Einnahmenseite in die Kalkulation der Beklagten einbezogen werden müssen, was aber nicht zu erkennen ist. Ein kalkulatorischer Gewinnzuschlag scheidet wegen des Verbots einer Gewinnerzielung bei gebührenfinanzierten öffentlichen Einrichtungen von vornherein aus, wenn die Kommune diese gebührenfinanzierte öffentliche Einrichtung selbst oder beispielsweise durch einen kommunalen Eigenbetrieb führt. Entsprechendes gilt auch für die - in Form eines regionalen Entsorgungsverbunds zur Erfüllung einer allen obliegenden Aufgabe der öffentlichen Daseinsvorsorge gehaltene - Zusammenarbeit der Beklagten und weiterer Kommunen. Es wäre sowohl mit dem Verbot der Gewinnerzielung bei gebührenfinanzierten öffentlichen Einrichtungen als auch mit dem Sinn und Zweck einer solch engen Zusammenarbeit mit gegenseitigen Beistandspflichten unvereinbar, wenn die Vertragspartner sich einen kalkulatorischen Gewinn auf Kosten der Gebührenzahler in Rechnung stellen und auf diese Weise aus der öffentlichen Aufgabe der Abfallbeseitigung einen Gewinn erzielen könnte (Nds. OVG, Urteil vom 16.07.2015 – 9 LB 117/12 –, juris, Rn. 52 mwN.).

In die Gebührenkalkulation für das Jahr 2019 hat die Beklagte ferner einen Betrag von 713.820 € für „Öffentlichkeitsarbeit/Marketing (Nach %-ualen Ant. Arbeitsz. d.Beschäftigten)“ einbezogen (Erläuterungen zur Kalkulation, S. 34, Zeile 73). Auf die ausdrückliche Bitte des Gerichts um Erläuterung hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 14.04.2022 zu einem Teilbetrag von 34.300 € Einzelangaben zur Verwendung der Mittel gemacht. Danach waren diese Kosten größtenteils prognostiziert worden, um die Einrichtungsbenutzer über Abfalltrennung und -vermeidung zu informieren. Bereits bei diesen geringfügigen Teilbeträgen ist unklar geblieben, ob die kalkulierten Kostenansätze proportional auf die verschiedenen Teilleistungsbereiche aufgeteilt wurden. Zu dem weitaus überwiegenden Teil dieser Kostenposition in Höhe von knapp 680.000 € hat sich die Beklagte nur insoweit geäußert, dass darin Kosten der Abfallberatung enthalten seien; auch insofern gab es keine Informationen, ob und ggf. nach welchen Kriterien eine Aufteilung auf die Teilleistungsbereiche erfolgt war. Damit ist dieser Ansatz nach den Grundsätzen des Nds. OVG (Urteil vom 03.05.2021 - 9 KN 162/17 -, juris, Rn. 248 und 306) nicht gebührenfähig.

Soweit die Kläger dagegen ausführen, das Drittleistungsentgelt sei darüber hinaus überhöht, weil der Abfallzweckverband S. Umsatzsteuer auf die Verbandsumlage gezahlt habe, obwohl dazu keine Verpflichtung bestanden habe, und allein für die Beklagte hätte die Umlage im Kalkulationszeitraum 2019 ca. 850.000 € niedriger ausfallen müssen, führt das nicht zu einer Rechtswidrigkeit des Drittleistungsentgelts. Bei dem Beschluss der Gebührensätze und der billigenden Kenntnisnahme der Kalkulation am 14.12.2018 durfte die Beklagte noch davon ausgehen, dass die Zahlung der Verbandsumlage in voller Höhe umsatzsteuerpflichtig war. Eine entsprechende Anfrage der Beklagten vom Mai 2020 beantwortete das Finanzamt G. erst mit Schreiben vom 30.04.2021, so dass erst ab diesem Zeitpunkt berechnet werden konnte, welche Teile der Zahlungen an den Abfallzweckverband S. von der Umsatzsteuerpflicht befreit waren. Da keine Anhaltspunkte vorliegen, dass die Toleranzschwelle des § 2 Abs. 1 Satz 3 NKAG überschritten wurde, sind die durch die Umsatzsteuerzahlungen verursachten Überschreitungen der Kostendeckungsgrenze spätestens im dritten Jahr nach ihrer Feststellung auszugleichen.

Nach alledem kommt es nicht mehr darauf an, ob es sich bei den prognostizierten Kosten für Gebäude und Grundstücke, welche von 275.000 € auf 362.000 € gestiegen sind, um Investitionsaufwand handelt, dessen Abschreibung erst nach Fertigstellung beginnen darf.

Die seitens der Beklagten beantragte Zulassung zur Berufung hat nicht zu erfolgen, weil die entschiedenen Rechtsfragen weder grundsätzliche Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) haben, noch das Urteil von einer Entscheidung der in § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO genannten Gerichte abweicht (vgl. § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO).