Amtsgericht Holzminden
Beschl. v. 14.08.2001, Az.: 12 F 657/00

Anwaltsbeiordnung für einen Anwalt in einer Familiensache

Bibliographie

Gericht
AG Holzminden
Datum
14.08.2001
Aktenzeichen
12 F 657/00
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2001, 32737
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:AGHOLZM:2001:0814.12F657.00.0A

Fundstelle

  • FamRZ 2002, 760-761 (Volltext mit red. LS)

Tenor:

In der Familiensache ... wird dem Antragsgegner für den ersten Rechtszug Prozeßkostenhilfe bewilligt.

Der Antrag auf Beiordnung einer Verfahrensbevollmächtigten wird zurückgewiesen.

Der Antragsgegner ist Rechtsanwalt. Gemäß 78 IV ZPO kann sich ein Anwalt im Familienrechtsstreit selbst vertreten. Die Anwaltsbeiordnung nach § 121 ZPO bezweckt die Bereitstellung rechtskundigen Verfahrensbeistandes für die unkundige Partei. Soweit der Antragsteller eines Prozeßkostenhilfegesuchs im Stande ist, sein Anliegen selbst zu formulieren oder ihm dies mit Hilfe der Rechtsantragstelle des Gerichts möglich ist, entfällt die Erforderlichkeit anwaltlichen Beistandes (was nach herrschender Meinung beispielsweise dazu führt, daß in unstreitigen Kindschaftssachen in der Regel ein Anwalt nicht beigeordnet wird; vgl. auch zu weiteren Beispielsfällen Zöller/Philippi, ZPO, 21. Aufl., § 121 Rd.Nr. 4ff).

Es wird für denkbar erachtet, einem Anwalt anwaltlichen Beistand beizuordnen Zimmermann, PKH in Familiensache, FamRZ Buch 4, 1997, Rd. Nr. 326). Es kommt dann aber auf die Sachlage an (Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs, PKH und Beratungshilfe, 2. Aufl., Rd. Nr. 532). Aus ihr ergibt sich vorliegend ein Erfordernis für die Beiordnung einer Anwältin für den Antragsgegner nicht. Es handelt sich um eine einvernehmliche Scheidung nach verhältnismäßig kurzer, im Jahr 1996 geschlossener Ehe. Außer dem Versorgungsausgleich sind weitete Folgesachen nicht zu regeln. Im übrigen haben die Parteien über die Folgen der Scheidung Einvernehmen erzielt.

Der die Beiordnung einer Anwältin begehrende Anwalt übt seine Tätigkeit in seiner eigenen Kanzlei aus. Hinsichtlich einer Spezialisierung für bestimmte Rechtsgebiete unter Ausschluß des Familiengerichts ist weder etwas ersichtlich noch vorgetragen. Es muß deshalb davon ausgegangen werden, daß der antragstellende Anwalt aufgrund seiner Ausbildung genügend Kenntnisse erworben hat, um seine Belange im eigenen Verfahren sachgerecht wahrzunehmen. Zwar mag sich in Rechtsstreitigkeiten, die höchstpersönliche Angelegenheiten wie die eigene Ehescheidung betreffen, die Gefahr einer gewissen Betriebsblindheit bestehen, die einer fachlich fundierten, neutralen Korrektur bedarf (so wohl Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs, aaO). Dieser Gesichtspunkt führt aber nicht dazu, daß die nach § 78 IV ZPO zulässige Vertretung in eigener Sache entfiele.

Der in Zeiten zunehmender Bedeutung mediativer Elemente im Familienrecht deplaciert erscheinende Gesichtspunkt der Waffengleichheit bei anwaltlicher Vertretung der Gegenseite greift hier schon deshalb nicht, weil der Antragsgegner - um im Bild zu bleiben- selbst Waffe genug ist, um den "Vorteil" anwaltlicher Vertretung der Gegenseite auszugleichen.

Dieser Beschluß betrifft nur die ab Eingang des Prozeßkostenhilfegesuchs und der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse entstehenden Gerichtskosten. Die Prozeßkostenhilfebewilligung erstreckt sich auf die Ehesache und das Versorgungsausgleichsverfahren sowie gegebenenfalls auf einen in diesem Verfahren abzuschließenden Vergleich im Rahmen des § 630 I Zf. 3 ZPO. Für den Fall, daß sich in den nächsten vier Jahren die maßgeblichen persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse wesentlich ändern, bleibt eine Abänderung dieses Beschlusses zum Nachteil der PKH-berechtigten Partei vorbehalten (§ 120 IV ZPO).

Ziehm Richter am Amtsgericht